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BüSo-Kandidaten stellen sich vor. - Lydia Makhloufi tritt bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Wahlkreis 92 - Bielefeld I für die BüSo an.
Guten Tag, ich bin Lydia Makhloufi, 35 Jahre alt, gelernte Steuerfachangestellte, geschieden. Seit fünfeinhalb Jahren bin ich Mitglied der BüSo.
Innerhalb dieser fünfeinhalb Jahre ist es nun das zweite Mal, daß ich mich für Wahlen zur Verfügung stelle. Die Gründe dafür, von denen ich im folgenden einige nenne, sind zahlreich, und sie haben alle ihre Ursache in der verfehlten Wirtschaftspolitik der letzten vierzig Jahre, die jetzt gerade in der Zusammenbruchskrise der globalisierten Weltwirtschaft ihren Höhepunkt findet:
1. Die Globalisierung reißt Familien auseinander. Die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, wo Menschen teilweise für einen Euro am Tag arbeiten müssen, hat in Deutschland schon so viele Arbeitsplätze vernichtet, sodaß man es für üblich hält - ja, schon fast als Pflicht betrachtet -, wie ein Nomade hinter den schwindenden und immer schlechter bezahlten Arbeitsmöglichkeiten her kreuz und quer durch die Republik zu laufen oder gar ins Ausland zu ziehen. Freundeskreis und Familie, das soziale Netz, das den einzelnen hält, zählen nicht mehr.
Damit werden Ehen und Familien zerrissen, Menschen leiden unter Einsamkeit, chronischem Streß, Depressionen u. ä. Kinder wachsen bei einem allein erziehenden Elternteil auf, das ihnen trotz redlicher Mühen die nötige Geborgenheit kaum noch geben kann. Und zum anderen verwaisen die Städte regelrecht: Denn welche Beziehung soll man schon zu einer Stadt aufbauen, die doch nichts weiter ist als ein mehr oder weniger kurzer Aufenthalt zwecks Broterwerb?
2. Unterfinanzierung der Städte und der Länder. Dies sowie die Kahlschlagspolitik der industriefeindlichen „Dienstleistungsgesellschaft“ haben zum einen dahin geführt, daß die Kaufkraft der Bevölkerung und die Gewerbesteuern, die Unternehmen zu leisten haben, kontinuierlich gesunken sind. Die Städte bieten nicht nur weniger Arbeitsmöglichkeiten als noch vor Jahrzehnten, auch die kommunale Infrastruktur verkommt zusehends, also Frischwasserversorgung und Abwasserkanalisation, die Verkehrswege, Kindertageseinrichtungen, Schulen und Bibliotheken. Der Anteil der öffentlichen Krankenhäuser an den Krankenhäusern insgesamt nahm von 2006 auf 2007 um 6% ab, bei den frei-gemeinnützig finanzierten um 2%. Der Anteil der Privatkliniken nahm dagegen um 6% zu.1 Die privaten Träger, wie z. B. die Rhön-Kliniken AG, nutzen das Defizit der Krankenhäuser und die knappe Haushaltslage der betreffenden Bundesländer für ihre Übernahmeaktionen aus. Vor allem betrifft dies die östlichen Bundesländer, die man nach der friedlichen Revolution von 1989 hat ausbluten lassen, aber auch hier in NRW sind schon Klinik-Standorte in die Hand solcher börsennotierten Gesundheitskonzerne übergegangen. Das Ergebnis ist eine Drei-Klassen-Medizin, in der bestimmte Krebsbehandlungen nicht mehr von den Kassen übernommen werden, in der also Menschenleben ganz bewußt einer Politik der Kosteneinsparung geopfert werden.
Ein anderer, aber damit zusammenhängender Bereich ist der Abbau der Industrie. Bielefeld, wo ich als Direktkandidatin antrete, war einst der fünftgrößte Maschinenbaustandort Deutschlands. Besonders die Textilproduktion war hier stark vertreten, und deshalb war auch der dazugehörige Sondermaschinenbau hier ansässig. Heute ist Bielefeld weitgehend deindustrialisiert und steht unter dem Nothaushaltsrecht nach §§ 81, 82 GO NRW, was zur Folge hat, daß um jedes prekäre Investitionsprojekt mit der vorgesetzten Behörde gerungen werden muß. Die vorgesetzten Behörden in Regierungsbezirk und Land wiederum stehen selbst bis zum Kragen in der Kreide und müssen sich ihre Finanzpolitik von ihren Gläubigerbanken vorschreiben lassen.
Und, was noch schwerer wiegt: Unter der Weltwirtschaftskrise und der völlig inkompetenten Herangehensweise der etablierten Parteien droht sich das Szenario noch weiter zu verschärfen. Spekulanten, die sich durch ihre unverantwortlichen Methoden an den Rand des Bankrotts gespielt haben, erhalten Rettungspakete aus der Staatskasse. Die Ausgaben dafür belaufen sich weltweit inzwischen auf mehr als 25 Bio. US-Dollar und haben hier in Deutschland ein Loch von 310 Mrd. Euro in den Staatshaushalt gerissen.
Statt aber nun die Derivatspekulation als Ursache des Übels klar zu benennen und aus der Welt zu schaffen, versucht man, durch Einsparungen das Haushaltsloch wieder zu stopfen. Das aber wird nicht möglich sein, denn die Banken spekulieren mit den erhaltenen Steuergeldern munter weiter, die Gefahr neuer Crashs ist bereits vorprogrammiert, und selbst wenn man die gesamte Weltbevölkerung dafür verhungern lassen wollte: das BIP der ganzen Welt würde doch nur ausreichen, um einen Bruchteil der Derivatschulden zu begleichen. Derzeit leiden bereits 1,3 Mrd. Menschen weltweit an Hunger und eine weitere Milliarde lebt im Elend, obwohl die Mittel durchaus vorhanden sind, allen Menschen auf diesem Planeten ein menschenwürdiges Dasein zu sichern.
Noch beugen sich die Staaten dem Druck der Banken. Genau die Banken, welche die Krise verschuldet haben, maßen sich jetzt an, demokratisch gewählte Regierungen zu erpressen und geben vor, diese Krise mit denselben Methoden beheben zu können, mit denen sie uns in sie hineingeführt haben. Sie sind es, die den Regierungen die besagte Einsparpolitik diktieren. Sie wollen, daß die Kosten der Krise dem Volk auferlegt werden.
Doch souveränes staatliches Handeln im Sinne des Gemeinwohls erfordert, dieser unverschämten Erpressung Paroli zu bieten und eine gänzlich neue Politik zu beginnen.
3. Warum trete ich an? NRW war einst das Herzstück der Industriegesellschaft Europas. Hier liegt das Ruhrgebiet, der größte zusammenhängende Ballungsraum Deutschlands. Auch Bielefeld und Ostwestfalen-Lippe können und sollen in einer globalen Vision ihren Teil für eine bessere Zukunft der gesamten Menschheit beitragen:
Ich trete an, weil ich die Eurasische Landbrücke befürworte. Durch ca. 100 km breite Infrastruktur-Korridore sollen die Bevölkerungs- und Industriezentren der europäischen Nationen mit den asiatischen verbunden werden. Rußland und China sind im Oktober 2009 bereits einige sehr begrüßenswerte Schritte in diese Richtung gegangen. Deutschland sollte sich dem anschließen. Ich bin dafür, alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern in Deutschland per Transrapid miteinander zu verbinden. Insbesondere sollten traditionsreiche alte Industriestandorte wie das Ruhrgebiet, Bielefeld, Stuttgart und Berlin miteinander verbunden werden. Mittel- bis langfristig bietet das auch die wunderbare Gelegenheit, unsere freundschaftlichen diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu allen unseren Nachbarländern in Europa auszubauen.
Innerhalb der Städte bieten sich RailCabs, die an der Uni-GH Paderborn entwickelt wurden, für den ÖPNV und CargoCaps (eine Art unterirdischer Rohrpost) für den Frachtverkehr an. Beide funktionieren auf der Basis der Supraleiter-Technik, sind also umweltschonend und könnten so unsere Innenstädte und unsere Straßen vom Verkehrschaos entlasten. RailCabs können auch überregional anstelle des Transrapid eingesetzt werden. Das würde es ermöglichen, direkt von zu Hause aus, ohne umzusteigen, ein weiter entferntes Ziel zu erreichen.
Apropos Europa: Ein Maastrichter Sparkorsett, das Investitionen verbietet, eine Kommission in Brüssel, die die Liberalisierung der Märkte vorantreibt, was nur einigen Privilegierten zugutekommt oder gar eine Zwangsmilitarisierung Europas unter dem Lissabonner Vertrag brauchen wir für unsere Zukunft nicht. Im Gegenteil: Sie sind absolut hinderlich. Das wird auch bei den derzeitigen Querelen um Griechenland, Island und andere arme Nationen in der EU deutlich, denen eine brutale Sparpolitik aufgenötigt werden soll, um britische und holländische Banken auszuzahlen.
Das Europa, für das ich mich einsetze, muß die Souveränität seiner Mitgliedsländer achten und den Mitgliedsländern helfen, so in ihre Infrastruktur und Industrie zu investieren, wie das Gemeinwohl der Bevölkerung es erfordert. Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, daß Deutschland aus den Verträgen von Amsterdam, Nizza, Maastricht und Lissabon austritt und die DM wieder einführt. Ferner werde ich andere Nationen anregen, es Deutschland gleichzutun.
Die Bundesbank oder die KfW sollten zur Nationalbank umgewandelt werden. Denn nur, wenn der Staat von Kreditgebern unabhängig ist, kann er seine Wirtschafts- und Finanzpolitik souverän selbst bestimmen. Und nur dann kann eine Regierung wirklich für ihre Bevölkerung da sein. Eine Regierung, die nicht für die Bevölkerung da ist, sondern sich zur Handlangerin fremder Finanzinteressen macht, verliert dagegen all ihre Glaubwürdigkeit und Legitimität.
Wir haben den Fehler gemacht, uns zu sehr auf bloß monetäre Werte zu fixieren. Die EU, wie sie derzeit existiert, die ihre Mitgliedsländer - und erst recht Bundesländer wie NRW - zu bloßen Regionen herabwürdigt, ist ein Produkt dieser Denkweise. Der Mensch wird heutzutage nur noch als Kostenverursacher und Umweltverschmutzer gesehen.
Dem setze ich die Vision eines Europa entgegen, in dem der einzelne Mitgliedsstaat und in ihm das einzelne Bundesland seine vorteilhafte geographische Lage und sein historisches Gewachsen-Sein nutzen kann, um aktiv seinen Teil zur gemeinsamen Zukunft aller Menschen beizutragen. Das heißt für NRW, daß es wieder das Herzstück der europäischen Industrie und das Tor für Deutschlands Wirtschaftsbeziehungen zu seinen westlichen Nachbarn werden muß.
Und ebenso brauchen wir wieder eine Kultur, die dem einzelnen Menschen die Möglichkeit bietet, sich auf denkbar höchster Ebene selbst zu verwirklichen: nicht auf Kosten der anderen, sondern mit ihnen und für sie.
Die Menschheit braucht wieder große gemeinsame Ziele, die den technologischen Optimismus, den Wissenschaftsgeist und den Gemeinsinn aufs neue entfachen. Ein Projekt zur Erforschung des Weltraums wäre dafür das richtige. Dabei sollte auch NRW seine Rolle spielen. Ich setze mich dafür ein, daß in NRW wieder Kernreaktoren gebaut werden, daß die Erforschung von Kernfusion, Supraleiter-Technik, Nano-Technologie und Materie-Antimaterie-Reaktionen mit Ehrgeiz vorangetrieben wird. Ich werde mich eigens dafür einsetzen, daß hierzu ein Forschungszentrum für Weltraumforschung in NRW neu errichtet und mit einem großzügigen Etat ausgestattet wird. Außerdem werde ich ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern um dieses Forschungszentrum herum ins Leben rufen. NRW sollte auch am zivilen Flugzeug- und Raketenbau wieder aktiv mitwirken.
Statt das Thema Integration zu problematisieren, setze ich mich dafür ein, die Menschen um groß angelegte Infrastruktur- und Forschungsprojekte herum zusammenzubringen. Den Wissenschaften und sowohl der deutschen Sprache, Kunst und Kultur als auch denjenigen der eingewanderten Menschen muß vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dazu bietet sich neben naturwissenschaftlich-technischen Forschungsarbeiten die besondere Förderung von Theatergruppen, Dichterwettbewerben und Schüleraustausch sowie des Lernens von Fremdsprachen an.
Geschichtliche Erfahrungen wie etwa die hervorragende Zusammenarbeit von Christen, Juden und Muslimen im maurischen Spanien oder auch das Aufblühen Europas im Gefolge der jüdischen Renaissance des 18. Jhds. und der anschließenden Weimarer Klassik können dabei einen wichtigen Vorbildcharakter haben.
[1] Quelle: Statistik-Foliensatz der DKG, 2006/2007, Folie 4.