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Neue Solidarität
Nr. 30-31, 28. Juli 2010

Ein außerordentlicher internationaler Dialog mit Lyndon LaRouche

- Teil 1 -

Freeman: Die erste Frage ergab sich aus Gesprächen, die heute morgen hier geführt wurden. Bekanntlich fanden in Washington gestern (28.4.) zwei Tagungen statt; eine war das erste Treffen der Peterson-Kommission zu den Sparbeschlüssen, und die zweite war ein Wirtschaftsgipfel, der unter Federführung der Peterson-Stiftung organisiert worden war. Im Verlauf der Diskussion dort machte der frühere Präsident Bill Clinton einige Bemerkungen, die von der Presse völlig verdreht wurden.

Eine Äußerung Clintons wurde in der Presse irrtümlich als Verteidigung von Goldman Sachs ausgelegt, obwohl das eindeutig nicht seine Absicht war: Er sagte, daß er sich unter der augenblicklichen Rechtslage, in der praktisch alles dereguliert sei, nicht ganz sicher sei, ob Goldman Sachs tatsächlich gegen Gesetze verstoßen habe. Womit er offensichtlich meinte, daß wir in einem ziemlich rechtlosen Universum leben, wenn um derlei Machenschaften geht.

Er sagte, der eigentliche und wichtigere Punkt sei, daß alle diese Finanzgeschäfte für die Gesamtwirtschaft keinen wirklichen Wert oder Nutzen hätten. Seiner Ansicht nach sei es für uns als Politiker viel wichtiger, dieses Problem wirklich anzupacken.

Eine Frage, die hier aufgeworfen wurde, lautete: Gab es vor dem ganzen Deregulierungswahn und all den daraus folgenden Produkten wie Ramschanleihen, Derivaten usw. jemals eine Zeit, in der Wallstreet-Investments mit der Realwirtschaft oder mit etwas von tatsächlichem Eigenwert zusammenhingen? Die Frage kam auf, einerseits wegen Clintons Bemerkungen und den heute erforderlichen Regulierungsmaßnahmen, aber auch in Bezug auf deine wiederholten Aussagen im letzten Jahr, man müßte die Wall Street insgesamt dicht machen, da sie keinerlei Wert darstelle. Hier wird gefragt, war das schon immer so, oder ist das eine Folge des Irrsinns in der Nachkriegszeit gewesen?

LaRouche: Zur letzten Frage der Wall Street: Die Skandale um die führenden Institute der Wallstreet wie Goldman Sachs und AIG zeigen, daß die Wallstreet von Leuten übernommen wurde, die auch nicht mehr das geringste mit dem zu tun haben, was irgendein anständiger Mensch in diesem Land haben will. Deshalb wäre es das richtige, die Wallstreet abzuschaffen.

Das ist ganz einfach, man muß sie nur wegen Diebstahl bestrafen und ihnen ihren Müll wegnehmen. Der erste Schritt, den wir zur Wiederbelebung der amerikanischen und der Weltwirtschaft ergreifen müssen, ist die Anwendung des Glass-Steagall-Standards nicht nur in den USA, sondern weltweit. Das sollte integraler Bestandteil diverser vertraglicher Vereinbarungen sein, die Nationen untereinander schließen sollten. Bevor wir einen wirtschaftlichen Aufschwung einleiten können, müssen wir den Glass-Steagall-Prozeß in Gang setzen.

Damit würden wir Firmen wie Goldman Sachs einfach beseitigen. Sie würden automatisch verlöschen, weil man sie nicht als rechtmäßige Unternehmen im Sinne der Verfassung einstufen kann.

Auf der anderen Seite muß man sich anschauen, wie heutzutage Gesetze geschrieben werden. Es gibt diese verrückte Senatsvorlage aus Connecticut. Es gibt enorm umfangreiche Gesetzesvorlagen, wie dieses Finanzreformgesetz, die nicht einmal eine Beschreibung ihres Zwecks enthalten. Man versucht, dieses Gesetz durchzupauken, mit Tausenden Seiten, ohne kohärente Aussage über das Prinzip, die Absicht dahinter. Es ist ein Sammelsurium, es erinnert an eine Köcherfliegenlarve, die alle möglichen Steinchen und Schmutzteilchen aufsammelt, um sich zu verpuppen. Derartige Gesetze darf es nicht mehr geben.

Alle wichtigen Gesetze zum Beispiel unter Franklin Roosevelt waren einfach, zumindest was den Umfang angeht. Man nannte das Prinzip und die Art und Weise, wie es umgesetzt werden sollte. Das genügte vollauf. Doch das war einmal. Das vorliegende Gesetz hat nur viele Seiten, aber keinen erklärten Zweck. Im dem Gesetz selbst wird gar kein Grund dafür angegeben, warum es überhaupt vorgelegt wird. Und es ist völlig inkohärent.

Kein einziger Kongreßabgeordneter wird dieses Gesetz jemals in seiner Gesamtheit durchlesen, d.h. die Abgeordneten wissen gar nicht, worüber sie abstimmen. Hinter dem Gesetz steht keinerlei kompetente Absichtserklärung. Sein Entwurf steht in keiner Beziehung zu den Grundsätzen der Verfassung. Und da sage einer, es sei nicht verfassungswidrig.

Gesetze dieser Art sollte es gar nicht geben. Wenn es nicht ausdrücklich der Verfassung entspricht, sollte es nicht existieren.

Man kann die Verfassung ändern, und zwar mit der gleichen Methode, wie sie geschaffen wurde. Aber auch die Präambel der Verfassung ist ein Prinzip. Unsere Nation wurde auf der Präambel der Verfassung gegründet. Auch diese Überlegung muß eine Rolle spielen.

Zuallererst muß Schluß sein mit solchen meterdicken Gesetzesvorlagen. Die brauchen wir nicht. Wir brauchen kompetente Gesetze, die die Mitglieder des Kongresses auch verstehen. Die meisten Vorlagen der letzten Zeit, die großen Gesetze, hat niemand verstanden. Wenn jemand lange Gesetzestexte vorlegt und verlangt, daß über sie sofort entschieden wird, ohne daß sie geprüft werden können, dann betrügt er die Nation. Solche Gesetze sind von Natur aus verfassungswidrig, denn sie entsprechen nicht einer klar geäußerten Absicht; außerdem enthalten sie viel Unsinn, der einfach völlig irrelevant ist.

Damit sollte Schluß sein.

Wir müssen in die Richtung von Glass-Steagall gehen, und wir brauchen das Einverständnis unter den Nationen, ein System fester Wechselkurse einzurichten. Die Beendigung des Systems fester Wechselkurse hatte bekanntlich zur Folge, daß Staaten keine Kredite mehr von anderen Staaten aufnehmen und sich darauf verlassen konnten, daß die ursprünglich vereinbarten Konditionen eingehalten würden, weil der Wert der Währungen auf dem Weltmarkt schwankte. Ganze Länder wurden durch diese Art Leihpraktiken ganz schnell aus dem Geschäft gedrängt. Roosevelt und die Leute hinter ihm hatten das noch verstanden.

Wir müssen uns an die amerikanische Verfassung halten, wenn wir ein Regierungsziel definieren wollen. Und ich glaube nicht, daß jemand etwas Neues gefunden hat, was den Grundcharakter der Verfassung, wie sie beschlossen und später erweitert wurde, ändern würde. Das ist das erste.

Zweitens, ohne ein System fester Wechselkurse kann es keinen Welthandel und keine Wirtschaftserholung geben, und das bedeutet, daß die Welt ein neues System schaffen muß. Der gesamte Müll der Wallstreet muß ausgemistet werden, wir brauchen wieder ein vernünftiges Bankensystem und bewährte Managementkriterien. Wahrscheinlich muß auch das Federal-Reserve-System abgeschafft und dessen Kapital und Verantwortlichkeiten an eine neu zu schaffende Nationalbank übertragen werden.

Unsere Banken wurden durch die Gesetze und anderen Reformen seit 2007 ruiniert. Somit haben wir kein kompetentes Bankensystem mehr. Es gibt zwar in einigen Banken noch einzelne Elemente kompetenter Bankgeschäfte, aber das zeigt um so dringlicher, daß wir eine Bankenreform nach dem Glass-Steagall-Standard brauchen. Wir brauchen etwas, um die bereits bankrotte Federal Reserve zu ersetzen.

Streng genommen ist das System der Federal Reserve so verdorben, daß es nicht mehr zu reparieren ist. Es besitzt jedoch entscheidende Elemente von Eigenwert, die geschützt werden müssen. Deswegen muß man nach der gleichen Methode den Finanzmüll aus der Federal Reserve herausnehmen. Die Handelsbanken müssen auf Landes- und Bundesebene neu aufgestellt werden, so wie wir sie zu Zeiten der Regulierung hatten. Außerdem muß ein Medium in Form des Hamiltonischen Nationalbanksystems geschaffen werden, das die Beziehung zwischen der Regierung und dem Bankensystem bzw. der Wirtschaft im allgemeinen regelt.

Diese Maßnahmen sind absolut unabdingbar, denn nur so lassen sich langfristige Beziehungen mit anderen Nationen auf Grundlage fester Wechselkurse aufbauen. Das muß schnell in Ordnung gebracht werden. Genauso wie innerhalb von Nationen brauchen wir auch eine Art Glass-Steagall-Standard für internationale Angelegenheiten. Dann müssen umfangreiche Kreditvereinbarungen getroffen werden, mit denen es möglich wird, die grundlegende Infrastruktur der Weltwirtschaft so auszubauen, wie wir sie uns vorstellen. Dafür brauchen wir Finanzierungsmechanismen, die im wesentlichen Rooseveltsche Mechanismen sind, aber an die heutigen Bedingungen angepaßt.

Unter Roosevelt, solange er lebte, herrschten beste Bedingungen. Die Lage der Welt heute ist jedoch eine ganz andere als damals. Man muß also den ruinierten Zustand der heutigen Welt, besonders der transatlantischen Welt, berücksichtigen, und man muß die Bedürfnisse der westpazifischen Regionen verstehen. Aus meiner Sicht brauchen wir eine Vereinbarung mit diesen Aspekten zwischen den Vereinigten Staaten, Rußland, China, Indien und anderen Ländern, wie zum Beispiel Japan, Südkorea usw. Wir brauchen eine solche Reform.

Mit einer aufgabenorientierten Reform werden wir die Weltwirtschaft retten, d.h. wir werden vorrangig in die wirtschaftliche Grundinfrastruktur investieren: Massentransportmittel, Energieerzeugung mit hoher Energieflußdichte, Wasserwirtschaft, Bildungswesen, ein funktionierendes Gesundheitswesen (in den USA nach Vorbild des Hill-Burton-Gesetzes statt des jetzigen AIG-Betrugssystems im Gesundheitssystem).

Wir brauchen solche Vereinbarungen zwischen den Nationen, und aus meiner Sicht gehören die Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien zu den absolut unerläßlichen Gründungsmitgliedern eines solchen internationalen Abkommens. Mit einem solchen Ansatz glaube ich ganz sicher, daß wir eine schnelle Erholung der Welt von diesem Schlamassel organisieren können, weil ich weiß, wie man das anstellt. Es wird zwei Generationen dauern, um das Ziel zu erreichen, aber wir können schnell damit beginnen.

Andererseits befindet sich die Wirtschaft Europas in einem allgemeinen Kollapszustand. Auch Rußland zerfällt unter der augenblicklich von britischem Einfluß bestimmten Politik. Deswegen ist sofortiges Handeln erforderlich. Im Grunde ist die Lösung relativ einfach - zumindest einfach für mich, weil ich mich mit diesen Ideen schon sehr lange trage. Und ich bin sicher, daß es funktioniert.

Das sollte für den Anfang genügen.

Eine russische Frage zu Glass-Steagall

Freeman: Die nächste Frage kommt von einem unserer Freunde hier, die Rußland vertreten. Er fügt einschränkend hinzu, daß seine Frage nicht unbedingt seine eigene Auffassung darstellt, sondern von vielen Leuten in seinem Land in bezug auf deine Bemerkungen zu Glass-Steagall gestellt würde.

Er sagt, er verstehe vollkommen die Notwendigkeit für eine Art Glass-Steagall-Verfahren in den Vereinigten Staaten, weil das Finanzsystem hier eine so unglaubliche Katastrophe geworden sei. Aber er hat Einwände gegen deine Forderung nach einem globalen Glass-Steagall. Eine solche Regulierung sei nicht unbedingt schlecht, aber sei das nicht ein typisch amerikanischer Vorschlag und deswegen eher eigennützig, da die Vereinigten Staaten derzeit unter der größten Verschuldung litten? Dies diene im wesentlichen dazu, die US-Schulden zu beseitigen. Würden sich nicht einige der Länder, die auf der Empfängerseite stünden, zu recht dagegen verwahren?

LaRouche: Das verhält sich ganz anders. Die Höhe der US-Schulden ist ein Ausdruck der Wirtschaftsgröße der USA und ihrer Rolle in der Welt. Die größte Schuldenanhäufung findet sich im Britischen Empire, wie etwa auf britischer Seite in Institutionen wie Mr. Rothschilds Inter-Alpha-Gruppe, eine der schlimmsten Plagen auf diesem Planeten.

Auch auf russischer Seite gibt es da ein Problem in Form eines politischen Konflikts. Rußland gehört zu den vielversprechendsten, aber auch zu den notleidendsten Nationen. Die Anstrengungen von Ministerpräsident Putin und seine Programme zur Entwicklung der Infrastruktur sind mir sehr sympathisch. Es gibt da aber auch andere russische Stellen, die im allgemeinen die Interessen wirklich nutzloser Firmen repräsentieren, die als russische Firmen mit Sitz in der Karibik geführt werden. Ich nenne sie immer „die Piraten der Karibik“. Wenn Rußland nicht mit umfangreichen Investitionen in die wirtschaftliche Grundinfrastruktur und die Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft vorangeht, wird Rußland den gleichen Weg gehen, wie ihn Europa jetzt schon geht.

Hier ist eine Krise. Ich weiß auch, daß es politische Differenzen in Rußland gibt. Es gibt Leute, die für den langfristigen Infrastrukturaufbau sind, was der vernünftige Weg ist. Nur so kann Rußland nach der Ausplünderung in der unmittelbaren Nach-Sowjetzeit wiederaufgebaut werden. Darin liegt Rußlands größeres Problem, denn wenn die Dinge so weiter gehen, ist Rußland verloren. Und ich will nicht, daß Rußland untergeht.

Insofern würde Rußland noch mehr von Glass-Steagall profitieren als die Vereinigten Staaten. Der große Parasit auf der Erde ist das Britische Empire, die britischen Interessen, wie sie die Rothschild-Gruppe verkörpert, die 1971 geschaffen wurden - zur gleichen Zeit, als britische Interessen die Vereinigten Staaten dazu brachten, aus dem Bretton-Woods-System fester Wechselkurse auszusteigen.

Ich kenne auch die Strömungen in Rußland, die in die andere Richtung gehen wollen. Kürzlich hielt sich ein Sonderbeauftragter des russischen Präsidenten hier in den Vereinigten Staaten auf, und was er von sich gab, klang für mich wie barer Unsinn. Die von ihm vorgeschlagene Politik würde Rußland ruinieren. Seine Idee, in Rußland eine Art Silicon Valley aufzubauen, ist verrückt. Ein Silicon Valley in Rußland wäre eine Farce. Das, was die amerikanische Regierung in einer bestimmten Periode in die Welt gesetzt hatte, war eine Bailout-Operation - der frühere Präsident Clinton versteht sehr gut, was das war, was er da durchgemacht hat. Schon die Regierung unter Bush sen. hatte diesen Prozeß in Gang gesetzt. Das ganze war eine Farce, ein Fehlschlag. Das Platzen der verrückten „Dot-com-Blase“ in Kalifornien war eine Folge davon, daß die US-Regierung diesen Schwindel, der unsere Wirtschaft fast ruiniert hätte, nicht länger finanziell stützen wollte. Und wir haben uns nie mehr erholt.

Nein, die größte Schuldenplage auf diesem Planeten ist das erweiterte britische System, wofür die Rothschild-Interessen typisch sind, die in Wirklichkeit die Interessen der britischen Monarchie sind. Für Rußland verkörpern die Piraten der Karibik russischer Herkunft die gleichen Interessen. Es ist absehbar, daß Rußland und auch andere Länder bei Fortsetzung dieses Prozesses zum Untergang verurteilt wären.

Ich weiß, daß Leuten in Rußland erzählt wird, die Vereinigten Staaten seien der große Schuldner, und das Ziel sei, die Vereinigten Staaten auf Kosten anderer Länder zu sanieren. Das ist Unsinn. Wenn wir einen klugen Präsidenten hätten, wären die Vereinigten Staaten der Motor für die wirtschaftliche Erholung der ganzen Welt. Ohne diesen Motor wird die gesamte Welt den Bach hinuntergehen. Wir sehen ja in dem Moment, wo wir hier sitzen, bereits den Zerfall des Euro-Systems.

Silicon Valley und Adam Smith

Freeman: Jemand, der vor Ort war, als Herr Dworkowitsch kürzlich die Universität Stanford besuchte, hat eine weitere Frage zu Rußland. Er sagt: „Viele Äußerungen unseres russischen Freundes während seines Besuchs an der Westküste haben mich einigermaßen überrascht. Was mich allerdings wirklich aufschrecken ließ, war seine Vorstellung, an verschiedenen Orten in Rußland Silicon Valleys zu errichten. Für jeden, der in den Vereinigten Staaten lebt, insbesondere jedem hier an der Westküste, ist klar, daß Silicon Valley besser Death Valley (Tal des Todes) genannt werden sollte. Es ist heute eine einzige Öde. Es stimmt zwar, daß kurzfristig dort eine ganze Menge Leute verdammt viel Geld gemacht haben, aber einige davon ziehen heute als Obdachlose durch die Straßen von San José und sind verrückt geworden.

Noch mehr verblüfft war ich von seinem Anliegen, daß Risikokapitalgeber nach Rußland kommen sollten, um diesen Prozeß zu beschleunigen. Denken wir nur an das globale Umfeld - ich spreche nicht nur von den Sachen mit Goldman Sachs, sondern man muß auch sehen, was sich vor einigen Monaten in Dubai abgespielt hat. Das ist ein weiteres Produkt von diversen Fonds und Risikokapitalgebern, und das geschieht, wenn man sein Land zum Tummelplatz immer größerer Spielkasinos werden läßt.

Ich war darüber dermaßen beunruhigt, daß ich ins Internet ging, um mehr über die Leute zu erfahren, die sich für so etwas stark machen. Ich las einige Interviews mit Leuten aus dieser Initiative, die auch zu einer viel größeren Gruppe gehörten, die am MIT war, bevor Dworkowitsch nach Kalifornien kam. Ich war erstaunt, festzustellen, daß diese Leute in den Interviews nicht nur Adam Smith, sondern auch von Hayek rühmten.

Mir geht das nicht in den Sinn. Das läuft allem zuwider, was ich bisher über die Wirtschaftsansichten in Rußland gedacht habe. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir in dieser Frage etwas Klarheit verschaffen könnten. Um es klar zu sagen: Ich stelle diese Frage nicht aus irgendeiner Feindschaft gegenüber unseren russischen Teilnehmern hier, sondern ich versuche dies wirklich zu verstehen, weil es mir als unglaublicher Mißklang erscheint.“

LaRouche: Die großen Fortschritte und die großen Denker Rußlands waren selbst in der Sowjetzeit mit bestimmten Teilen der Russischen Akademie der Wissenschaften verbunden. Und der Kern der Russischen Akademie der Wissenschaften - abgesehen vom mineralogischen Bereich, der aber mit dem anderen nicht unvereinbar ist - war das Werk des Akademiemitglieds Wernadskij, einem der größten Genies des letzten Jahrhunderts.

Technisch gesehen beginnt für uns derzeit eine neuartige Wirtschaft, in der die kosmische Strahlung, wie sie bereits von Wernadskij und seinen Nachfolgern untersucht wurde, der Schlüssel für große Veränderungen auf der Erde ist. Sie ist aber auch entscheidend, sobald wir davon reden, Menschen von der Erde beispielsweise zum Mars zu befördern. Für einige der Probleme, die sich bei einem Beschleunigungsflug vom Erdorbit zum Mars stellen, kennen wir noch nicht die Lösung, oder sogar die Probleme selbst sind nicht bekannt. Ein normaler Flug ohne Beschleunigung würde über 300 Tage dauern, und dabei würden die Leute im Raumschiff am Ende zu Matsch.

Die Herausforderung eines Marsfluges, den die Menschheit vor Ablauf dieses Jahrhunderts absolvieren sollten, ist der Markstein der langfristigen Perspektive, die zum Aufbau der Weltwirtschaft erforderlich ist.

Wernadskijs Arbeiten sind hierfür von großer Relevanz. Wir arbeiten derzeit an der Frage, wie das Periodensystem so umgearbeitet werden könnte, daß darin die Rolle der kosmischen Strahlung zum Ausdruck kommt. Hierüber ist derzeit nur wenig bekannt. Die schwachen Felder kosmischer Strahlung sind hierbei extrem wichtig, weil sie vor allem mit lebenden Prozessen zu tun haben, und das sollte uns Menschen besonders interessieren.

Diese Überlegungen sind absolut notwendig.

Das ist auch wirtschaftlich das Schicksal Rußlands seit Peter dem Großen, der nicht perfekt gewesen sein mag, dessen Politik aber Rußland nach dem Elend der vorherigen Jahrhunderte auf den Weg zu eigener Größe brachte. Wernadskij verkörpert zusammen mit Mendelejew zuvor das große Genie Rußlands, welches Rußland unter einigen Zaren vor dem Krieg und später in der Sowjetunion große Dinge zustandebringen ließ.

Die Welt hat sich seither, was physikalische Prinzipien angeht, nicht verändert. Allerdings kommen von Bertrand Russell und dem Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) Ideen, die nicht nur einfältig, sondern bösartig sind. Es sei daran erinnert, daß IIASA und der Club von Rom von ein und der gleichen Stelle gegründet wurden. Diese wirtschaftlichen Vorstellungen sind völlig inkompetent.

Ihre Frage nach den Umständen und nach der Politik von Adam Smith ist ein unmittelbarer Aspekt davon. Marx behauptete, Adam Smith sei sein Apostel gewesen; ich glaube allerdings, daß das nicht ganz stimmt. Es traf nur zu einem gewissen Grad zu. Was man sollte den positivistischen Verrücktheiten Bertrand Russells und seiner Anhänger das Genie großer Denker wie Wernadskij gegenüberzustellen.

Vergegenwärtigen Sie sich in diesem Zusammenhang die heutige Rolle Rußlands: Rußland ist eine große Nation und eine nicht nur europäische, sondern eurasische Kultur. Rußland verfügt über unermeßliche Bodenschätze zum Beispiel in Sibirien, die zwar in einigen Gegenden schwer zu erschließen sind, aber russische Wissenschaftler wissen, wie man damit umgehen muß.

Südlich davon liegen China, die Mongolei, Indien usw., die einen Mangel an Rohstoffen haben. Dabei leistet China derzeit ausgezeichnete Arbeit beim Ausbau seines Schienennetzes - das ist ganz wichtig. Seine Bemühungen sind aller Achtung wert. Indien bewegt sich in eine ähnliche Richtung. Gleichzeitig leben in China und Indien sehr viele arme Menschen. Das Verhältnis zu Rußland ist deshalb ganz natürlich: Es verfügt über die wissenschaftlichen Einrichtungen und andere Fähigkeiten, um die erforderlichen Mineralien und anderen Güter an China, die Mongolei, Indien und andere Länder im Süden zu liefern.

Es gibt auch große Kooperationsbereitschaft von Ländern wie Japan, das gerne bei der Entwicklung Sibiriens helfen würde. Auch Südkorea ist an diesem Prozeß äußerst interessiert. Das Schicksal Rußlands liegt somit vom realwirtschaftlichen Standpunkt in der Weiterentwicklung der russischen Wissenschaft und deren Anwendung auf diese Vorhaben. Beispielhaft hierfür wären Rußlands Beiträge zur Entwicklung und zum Ausbau der Kernenergie weltweit.

Hier liegt die Zukunft Rußlands.

Rußland wird ohne vertragliche Beziehungen mit den Vereinigten Staaten und dem, was hoffentlich von Europa gerettet werden kann, nicht auskommen. Es braucht die Zusammenarbeit mit Indien, mit China, Japan, Korea und anderen Ländern. Dazu brauchen wir ein System fester Wechselkurse, das von allem gereinigt ist, was auch nur nach Finanzderivaten riecht. Es sei daran erinnert, daß die Inter-Alpha-Gruppe größtenteils auf dem Schwindel mit solchen Finanzderivaten basiert.

Unter den negativen Trends, die Putins Politik entgegengesetzt sind, geht Rußland zum Teufel, wenn es diesen Schlamassel nicht bereinigt und sich von den Ideen Bertrand Russells u.a. trennt. Denn es war Bertrand Russell und sein Einfluß, der Rußland besonders während der achtziger Jahre ruinierte. Es hätte damals nicht zusammenbrechen müssen. Aber einige Einflüsse in der russischen Führung wendeten sich gegen die eigentliche russische Tradition, beispielsweise die Tradition Wernadskijs, und die haben das Land ruiniert und für die Ausplünderung durch die Briten und die an dieser britischen Operation beteiligten Amerikaner geöffnet.

Wir müssen diese Lehre aus der Geschichte ziehen. Und wir müssen erkennen, daß eine Zeit anbricht, wo die Zukunft der Menschheit in der Erkundung des Weltraums liegt. Rußland war ein Pionier der Weltraumfahrt. Diese Perspektive muß wiederbelebt und beibehalten werden. Man muß große Infrastrukturprojekte bauen, um so die russische Wirtschaft zu entwickeln, und das schnell. Rußland kann als Nation nur überleben, wenn es konstruktive, gegenseitig nützliche Beziehungen zu China, Indien und andere Länder in diesem Umkreis schafft.

Rußland ist wichtig für eine Erneuerung in West- und Mitteleuropa, das seit 1990, als Thatcher, Mitterrand und George Bush senior das Eurosystem durchsetzten, von den Briten ruiniert wurde. Genauso wurde Rußland auf britische Weisung von 1990 an ausgeplündert. Es gibt Bemühungen, Rußland wieder aufleben zu lassen, und es gibt Leute in Rußland, die das richtige tun wollen. Nach meiner Überzeugung müssen die Vereinigten Staaten Rußland nicht als Handelspartner, sondern als Verbündeten behandeln, genauso wie China und Indien. Und die Hoffnung bleibt, daß sich Westeuropa von der Euro-Krankheit erholt und auch zu einem Partner in diesem Prozeß wird.

Es warten große Projekte und große Ziele auf die Menschheit auf diesem Planeten. Entscheidend für die Zukunft des Planeten ist die Kombination dieser vier großen Nationen zusammen mit dem, was wir im westlichen Kontinentaleuropa als Partner gewinnen können. Ohne diese Zukunftsperspektive wird von der Menschheit nicht viel übrig bleiben.

BRIC und die Inter-Alpha-Gruppe

Freeman: Ich habe einige Fragen, die sich auf das beziehen, was du über Wernadskij gesagt hast. Aber zunächst möchte ich eine der Fragen aufgreifen, die sich spezifisch mit der Inter-Alpha-Gruppe beschäftigen. Dabei geht es um die BRIC-Gruppe (Brasilien, Rußland, Indien, China), ein Thema, über das es recht heiße Debatten zwischen unseren Freunden von der Stanford-Gruppe und unseren russischen Gästen gegeben hat.

Die Frage lautet: „Wir haben ausführlich über die Vier-Mächte-Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten, Rußland, Indien und China diskutiert, und angesichts dessen, was unser Freund aus Stanford über das derzeitige Verhalten der Vereinigten Staaten sagte, verstehe ich jetzt, warum die derzeitige Allianz zwischen Rußland, Indien und China, obwohl sie noch in ihrer Anfangsphase steckt, offenbar Fortschritte macht. Ich möchte aber behaupten, daß sie ohne die Vereinigten Staaten nicht funktionieren wird, wie Herr LaRouche in allen Einzelheiten dargestellt hat, seit er seinen Vorschlag erstmals vorgelegt hat.

Meine Frage bezieht sich aber auf die BRIC-Gruppe, die ich gerne verstehen möchte. Mir scheint, es wurde alles getan, um die Vereinigten Staaten aus diesem Vier-Mächte-Abkommen herauszuhalten und durch Brasilien zu ersetzen. Ich mag mich täuschen, aber so kommt es mir vor, und ich halte das für völlig unsinnig. Ich habe die größte Hochachtung vor Brasilien als Nation, aber es kann die USA nicht ersetzen. Lyn, könnten Sie bitte etwas zu dem ganzen BRIC-Arrangement sagen? Ich kann das nur so verstehen, daß Leute in Rußland das vorgeschlagen und gefördert haben und sich dabei die feindselige Stimmung gegen die Vereinigten Staaten, die wegen des Verhaltens der jetzigen und der vorigen US-Regierung teilweise gerechtfertigt ist, zunutze machen.

Ich kann verstehen, daß der Plan vielleicht verlockend war, nur habe ich den Eindruck, daß er in der Realität gar nicht funktioniert. Offenbar wurde das ausdrücklich gegen die Vier-Mächte-Vereinbarung, an der wir hier arbeiten, auf die Tagesordnung gesetzt.“

LaRouche: Zunächst muß man sagen: BRIC wurde nicht von Rußland in Gang gesetzt. BRIC ist eine Idee von Goldman Sachs und entstand aus der Zusammenarbeit von Goldman Sachs mit der Inter-Alpha-Gruppe. Die Idee der BRIC tauchte zum ersten Mal bei einem Treffen im italienischen Modena, hinter dem Goldman Sachs stand, öffentlich auf. Nach diesem Treffen begann Rußland, sich von den Vereinigten Staaten hinsichtlich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu distanzieren.

Zur BRIC gehören auch Spanien und Portugal. Doch das Schlüsselland in dieser britischen BRIC-Operation von Rothschild-Interessen in der Inter-Alpha-Gruppe ist Brasilien. Brasilien ist praktisch ein geteiltes Land - es gibt viele sehr arme Menschen und wenige gar nicht arme Menschen, die praktisch im Kriegszustand gegeneinander stehen. Es ist kein integriertes, stabiles Land und keinesfalls ein demokratisches Land. Brasilien hat gewisse Qualitäten, einige gute Leute, einige vielversprechende Industriezweige usw., aber es ist ein geteiltes Land. Das weiß jeder, der einmal dort gewesen ist. Städte und einzelne Stadtteile führen Krieg gegeneinander, und nur vorübergehend gibt es Waffenstillstände.

Alles ging von einer alten spanischen Firma aus, die aber praktisch ein Teil des Britischen Empire war. Alles liegt in den Händen von Jacob Rothschild und seinen Vertrauten, den wichtigsten Bankiers der britischen Monarchie. Sie haben das alles in Gang gesetzt.

Was hat Brasilien davon? Brasilien betreibt einen carry trade mit den höchsten Gewinnspannen auf der Welt. Das ganze ist ein Riesenbetrug. Aber aus verschiedenen Gründen, vor allem britischer Herkunft, machen auch Russen dabei mit, denn viele haben Rußland nach 1989 verlassen und leben jetzt an Orten wie Antigua, den Cayman Islands und anderen Vorbildern großer Tugendhaftigkeit unter den Piraten der Karibik. Viele von diesen Russen, wie zum Beispiel Tschubais, wurden von den Briten aufgebaut oder sogar ausgebildet. Diese Leute arbeiten für Interessen, die außerhalb Rußlands liegen, in Unternehmen, deren Sitz in der Karibik ist. Was mit den Russen in der russischen Heimat passiert, kümmert sie verdammt wenig.

Für mich ist offensichtlich, daß hier eine Spaltung vorliegt, eine Spaltung in der Wahrnehmung von Interessen zwischen russischen Auswanderern, die mehr britische Staatsbürgerschaft als russisches Empfinden haben, und Russen wie Putin, der als Präsident und Ministerpräsident versucht hat, sein Land zu entwickeln. Ich meine, die Leute, die mit ihrer Politik Rußland entwickeln wollen, so wie ich es angedeutet habe, vertreten das klare Interesse Rußlands.

Mir und jedem, der die Welt versteht, ist klar: Rußland ist eine eurasische Nation mit einem großen Territorium, mit ganz besonderen Aufgaben und Möglichkeiten. Es muß sich zu seinem Wiederaufbau wieder auf die Tradition der Russischen Akademie der Wissenschaften besinnen, besonders auf die großen Fachbereiche in der Tradition Wernadskijs. Das liegt in Rußlands existentiellem wirtschaftlichem Interesse.

Die gegenteilige Politik, die man BRIC nennt, wurde als großer Schwindel in die Welt gesetzt - nicht von Brasilien, nicht von Rußland, sondern von England, das die BRIC zusammen mit Goldman Sachs gründete, wie am Beispiel Modena deutlich wird.

Darüber müssen wir Klarheit haben. Es herrscht praktisch ein Bürgerkrieg in verschiedenen Teilen der Welt zwischen Vertretern und Gegnern solcher Schwindel, wie sie die BRIC repräsentiert. Die BRIC hat keine Perspektive. Sie vertritt nicht die Interessen Indiens, Chinas oder Rußlands. Sie vertritt die Interessen der karibischen Piraten, die von Lord Jacob Rothschild unter der britischen Königin gesteuert werden. Wenn man das versteht, gibt es kein wirkliches Geheimnis mehr.

Die Weltkrise innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten kam folgendermaßen zustande.

Damals, als Roosevelt im April 1945 starb, machte sein Nachfolger Truman mit Churchill gemeinsame Sache, um letztlich die Vereinigten Staaten zu zerstören. Er begann den Kalten Krieg mit der ständigen Kriegsdrohung gegen die Sowjetunion und andere Operationen. Aus Sicht amerikanischer oder russischer Interessen war der ganze Kalte Krieg nicht nötig. Viele in der Sowjetunion wußten das. Sie hatten verstanden, daß Franklin Roosevelt ein Amerika verkörperte, dessen Existenz für die Zukunft Rußlands bzw. damals der Sowjetunion förderlich war. Das gleiche gilt für China. Das war die eine Seite.

Dann gibt es die Leute in Rußland, die diese andere, britische Seite repräsentieren und sie über die russischen Interessen stellen. Es gibt aber auch Patrioten in Rußland, die mit Recht empört darüber sind, was sich in Rußland abspielt und was nicht nur ich sehe: Die Beutezüge von Leuten wie Tschubais, der einer der Drahtzieher der Operationen in den neunziger Jahren war.

Ich habe gesehen, wie Rußland komplett ausgeraubt wurde. 1994 besuchte ich eine große Maschinenfabrik, die damals in ihrem Bereich führend war. In dem Werk sah ich russische Arbeiter an ihren Maschinen, alte Leute. Diese Russen hatten dort schon während der Belagerung Moskaus durch die Nazis gearbeitet. Bis ins hohe Alter haben sie an ihrem Arbeitsplatz ausgeharrt. Kurz nach meinem Besuch wurde das ganze Werk geschlossen - eines der großen Werkzeugmaschinenwerke. War es auch veraltet? Teilweise ja. Aber die menschlichen Fähigkeiten waren noch da - die Mission von Menschen, ein Land wiederaufzubauen, das durch die Art und Weise des Zusammenbruchs der Sowjetunion Schaden genommen hatte.

Ich denke, man muß über dieses Thema auch in solchen Zusammenhängen diskutieren.

Nationalökonomie oder Empire

Freeman: Die nächste Frage kommt von unserer Gruppe an der Westküste, die schon sehr gute Arbeit geleistet hat. Die Fragestellerin schickt folgendes voran: „(...) Ich fand einige Ihrer Erklärungen auf dem Video, das wir eben gesehen haben, besonders interessant, wo Sie über monetäre Finanzsysteme gesprochen haben, die in ihrer Entwicklung eigentlich immer auf der Vorstellung eines Imperiums aufbauten. Wie Sie wissen, haben wir darüber besonders diskutiert und haben einige Zeit gebraucht, um in der Frage Kreditsystem contra Monetärsystem eine klare Vorstellung zu entwickeln.

Meines Erachtens muß der nächste Schritt darin bestehen - das tauchte auch in den Gesprächen mit unseren russischen Freunden auf -, zum eigentlichen Kern der Sache vorzustoßen, nämlich was eigentlich eine Nationalökonomie ist. Ich meine, hier besteht keineswegs ein klares Verständnis.

Ein Beispiel ist das ganze Hin und Her mit Rußland. Als der russische Präsident die Modernisierungskommission einsetzte, sah das auf dem Papier völlig in Ordnung aus, denn es wurden mehr Investitionen in Hochtechnologie, Energieproduktion, Infrastruktur usw. gefordert. Dann tauchte aber der erwähnte Herr an der US-Westküste auf, und dieses Hightech-Konzept - ich weiß nicht, ob es der russische Präsident selbst so sieht - wurde in diese Idee vom Silicon Valley umgemünzt. Ganz abgesehen davon, daß das Silicon Valley gemessen an der Rentabilität ein jämmerlicher Reinfall war, stellt sich hier die Frage, was es einer Nationalökonomie bringt? (...)

Wenn man von der imperialen Vorstellung wegkommen will, die in jedem monetären System steckt, so scheint es mir erforderlich, daß jede Nation zuallererst darum bemüht sein müßte, nicht nur im eigenen Land Güter erzeugen zu können, sondern auch im eigenen Land bewegen zu können. Insbesondere der Bau von Eisenbahnen - und heute offensichtlich Hochgeschwindigkeitsbahnen - scheint mir aus Sicht der Nationalökonomie und auch der Sicherheit und Souveränität einer Nation absolut entscheidend zu sein.

Offensichtlich muß das nicht an den Landesgrenzen Halt machen. Beispielsweise ist eines der größten Probleme in Afrika, daß es kaum Möglichkeiten gibt, Güter innerhalb eines Landes zu bewegen, vom Kontinent insgesamt ganz zu schweigen. Die Geschichte der Vereinigten Staaten zeigt, daß der Bau des kontinentalen Eisenbahnnetzes für die wahre Unabhängigkeit und wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar war. Dadurch läßt sich gut definieren, was eine Nationalökonomie wirklich darstellt und was die Aufgabe der Regierung ist - im Unterschied zu den Unternehmern, die eher Geschäfte nach Ebay-Art betreiben wollen. Hier muß man den Lackmustest anwenden!

Wenn man dann an Rußland denkt - diese ungeheure Landmasse mit so vielen verschiedenen Aspekten - dann wundert es einen, wenn sich die Regierung darum sorgt, Facebook und Twitter auszuweiten, statt überall schnelle Bahnverbindungen zu bauen. Ich möchte gar nicht lange auf dem Thema Rußland herumreiten, aber ich weiß, daß dies für uns alle hier eine wichtige Sache ist, wenn man bedenkt, was sich in den letzten Wochen ereignet hat. Ich möchte die Frage deshalb allgemeiner stellen: Was definiert eine Nationalökonomie im Unterschied zu einfachen Handelsgeschäften, an denen jemand verdient? Vielleicht können Sie dazu etwas sagen.

LaRouche: Die neuzeitliche Wirtschaftswissenschaft begann im Grunde mit der Renaissance des 15. Jahrhunderts, mit Leuten wie Brunelleschi, der als erster entdeckte, wie man eine nichtgeometrische, d.h. nichteuklidische Kurve, die Kettenlinie, anwendet. Er baute die Kuppel von Santa Maria del Fiore in Florenz mit Hilfe der Kettenlinie als aktivem Konstruktionsprinzip. Auf Brunelleschi folgte Nikolaus von Kues, der unter anderem zum eigentlichen Begründer der neuzeitlichen Wissenschaft wurde.

Das entwickelte sich weiter über Forscher wie Johannes Kepler, der besonders in seiner Weltharmonik ein allgemeines Prinzip der physikalischen Wissenschaft aufstellte. Im 17. Jahrhundert gründete Leibniz sein Werk auf Kepler. Wenn man sich somit ansieht, wie sich die Wirtschaft West- und Mitteleuropas nach dem finsteren Zeitalter des 14. Jahrhunderts entwickelte, wird deutlich, daß eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung immer auf einem Prinzip der physischen Ökonomie basierte. Jene, die technischen und wissenschaftlichen Fortschritt unterdrückten, verursachten auf unterschiedliche Weise, vor allem mit Kriegen, die großen Katastrophen.

Der Einfluß von Leibniz setzte sich im 18. Jahrhundert gegen seine Widersacher durch. Frankreich stieg zur großen, produktiven Nation auf. Deutschland und ebenso Rußland entwickelten sich in dieser Periode. In Deutschland war dafür im 19. Jahrhundert vor allem der Einfluß Bismarcks verantwortlich. Bei all dem, insbesondere auch bei den großartigen Fortschritten der Vereinigten Staaten seit Gründung der Massachusetts Bay Colony, war immer die physische Entwicklung entscheidend, sozusagen die Physik der Produktion und der Entwurf für die Herstellung der Produkte. Das heißt, die physische Ökonomie war die eigentliche Basis.

Die neue Seite der physischen Ökonomie, die am Ende des 19. Jahrhunderts ganz deutlich zutage trat, war die Idee der physikalischen Chemie. Seit dieser Zeit gab es einen sehr bedeutsamen Unterschied zwischen Mathematik, der sogenannten mathematischen Physik, Physik als solcher und physikalischer Chemie. Zwei Forscher, der Amerikaner William Draper Harkins und sein russischer Zeitgenosse Wernadskij, stehen aufgrund ihrer Beiträge zur physischen Ökonomie für eine neue Dimension wirtschaftlicher Entwicklung - im Gegensatz zu der als mathematische Physik gelehrten Physik, die nicht ganz so nützlich war.

Wernadskij und Harkins waren die zwei größten Genies, die im letzten Jahrhundert die Wissenschaft der physikalischen Ökonomie sowie der mathematischen Physik als solcher und der physikalischen Chemie entwickelten. Wenn wir als Völker und Nationen überlebt haben, wenn die potentielle Bevölkerungsdichte durch Steigerungen der Arbeitsproduktivität und des Lebensstandards angestiegen ist, so war das immer die Folge der Anwendung der physikalischen Chemie.

Für Rußland ist Wernadskij hierbei beispielhaft. Er ist wahrscheinlich die wichtigste Person in der Geschichte der Wissenschaft der physikalischen Chemie. Seine Entdeckungen sind eine große Quelle von Fortschritten im Gesundheitswesen, der Landwirtschaft und vielem anderen. Sie sind auch von Bedeutung für den Wandel in der heutigen Wissenschaft zur Lösung des Problems der kosmischen Strahlung; er wie auch Harkins waren Teil dieses Prozesses.

Tatsächliche Steigerungen der Arbeitsproduktivkräfte von Gesellschaft und Nation beruhen darauf, daß der menschliche Geist Prinzipien der physikalischen Chemie entdeckt und anwendet, um dem Menschen die Mittel zur weiteren Existenz zu beschaffen. Geld hat keinen Eigenwert. Geld ist lediglich die Bescheinigung für etwas. In einer gut geführten Volkswirtschaft orientiert man sich an der sogenannten physischen Ökonomie, d.h. an realer Produktion, realem Transport, den realen Lebensbedingungen, den realen Bedingungen der Gesundheitsversorgung usw., d.h. an verbesserten Fähigkeiten in der physikalischen Chemie pro Kopf und pro Quadratkilometer, die zu einer höheren Bevölkerungsdichte führen. Fortschritt ist immer in solchen Schritten erfolgt.

Schaut man zurück auf die Geschichte seit der Renaissance des 15. Jahrhunderts, so sieht man, wie durch die angewandte physische Ökonomie mit diesen Methoden, die eigentlich Methoden der physikalischen Chemie sind, die Gesellschaft und die Nation transformiert werden.

Wenn man weiß, was die physikalische Chemie verlangt, weist man den einzelnen Elementen der Ökonomie einen entsprechenden Wert zu.

Zuerst entscheiden wir als Menschheit, was uns etwas wert ist. Das vergleichen wir damit, was es uns kostet, das herzustellen, was von Wert für die Menschheit ist.

Die meisten Probleme in einer Volkswirtschaft kommen daher, daß die Geldwirtschaft auf Kosten der Realwirtschaft ausgedehnt wird. In einer monetaristischen Wirtschaft wird davon ausgegangen, daß eine statistische Beziehung zwischen finanziellen Vorgängen existiert, die das Funktionieren einer Volkswirtschaft definiert. Das ist falsch. Es ist nicht so.

Wir brauchen das, was das Amerikanische System verkörpert: Hamiltons und vor ihm Franklins Einfluß, die Massachusetts Bay Colony, bevor sie unter [Gouverneur] Andros unterdrückt wurde - unsere ökonomische Erfahrung hat immer darauf basiert. Wirtschaftlich gesehen hatten wir in Amerika von allen Nationen auf diesem Planeten stets das höchste Wachstum, außer wenn wir unter britischem Einfluß standen. Uns war immer klar, daß ein monetaristisches System nicht wünschenswert ist. Wir wollen ein Kreditsystem, das der Verwendung von Zahlungsmitteln, Verkäufen usw. zugrunde liegt. Das Geldsystem in Form des Kredits muß an zwei Werte angepaßt werden: die physischen Kosten zur Herstellung und Auslieferung eines Guts und sein Wert für die Menschheit entsprechend seines Nutzens - des relativen Werts, den es für die Menschheit hat, einschließlich der Krankenversorgung usw. In diesen Begriffen muß man denken.

Die Vorstellung, in einer Nation wie Rußland Innovationen über Computerspiele, Facebook oder ähnlichen Unsinn zu erreichen, der keinerlei wirtschaftlichen Wert hat, ist ein Schwindel und reine Zeitvergeudung. Man muß vielmehr das Konzept der physischen Ökonomie anwenden, bei dem alles, wofür man Geld ausgibt, eine physische Grundlage haben muß. Entscheidend ist für uns immer die Steigerung der realen Arbeitsproduktivkräfte und ihr realer Nutzen, den sozialen Nutzen eingeschlossen.

Seit dem Tode Roosevelts und ganz besonders seit dem Amtsantritt von Alan Greenspan bei der Federal Reserve ist die Wirtschaftspolitik international klinisch verrückt und kriminell geworden.

Das hat Rußland in den neunziger Jahren getroffen. Kriminelles Verhalten von wem? Seitens der Briten, teilweise auch der Franzosen und Amerikaner. Rußland wurde ausgeraubt, und der Raub setzt sich als karibisches Phänomen fort. In Antigua bekam man kein Hotelzimmer mehr, wenn man nicht russisch sprach. Diese Diebe russischer Herkunft bestahlen, betrogen und mißhandelten unter britischer Anleitung ihr eigenes Land. Und dann kommen Leute wie Tschubais, der typisch hierfür ist, daher und wollen uns weismachen, wie Rußland regiert werden müßte. Wenn man als Ökonom versteht, wie eine Volkswirtschaft funktioniert, dann weiß man, daß das, was Tschubais fordert, Betrug ist. Tschubais raubt sein eigenes Volk und seine eigene Nation aus.

Er steht aber nicht allein. Die jetzige amerikanische Regierung unter Obama ist genauso schlecht. Was sich in Frankreich seit de Gaulle entwickelt hat, war auch nicht besonders gut. Was man in der letzten Zeit mit Deutschland macht, ist ebenso Vergewaltigung. Was immer wieder in Italien passiert, ist Vergewaltigung. Was die Briten immer wieder ihren eigenen Leuten antun, ist automatisch Vergewaltigung, und manchmal sagen die Briten, das mache ihnen sogar Spaß.

Hier genau liegt das Problem, und hier müssen wir auch ansetzen.

Goldman Sachs ist Teil des britischen Imperialsystems. Dieses Geldhaus ist zwar nominell amerikanisch, aber eigentlich sehr unamerikanisch: Es ist die Wallstreet, und die Wallstreet ist nie wirklich ein patriotischer Teil der Vereinigten Staaten gewesen. Die Wallstreet war der von Verrätern geführte Ableger der Brischen Ostindiengesellschaft in den Vereinigten Staaten. Genauso betrachte ich auch einige dieser russischen Leute als Verräter an Rußland, so wie Tschubais schon ein Verräter an der Sowjetunion war.

Sie beraubten und betrogen ihr eigenes Land, bemächtigten sich seiner Reichtümer und parkten sie in der Karibik mit ihrer quasi steuerfreien Zone, ohne einen Cent an das Land zurückzuzahlen, das sie ausraubten. Genau das gleiche tun wir uns auch hier in den Vereinigten Staaten an, geschieht mit den Nationen Europas und anderswo. Wir müssen ein System einrichten, unter dem solche Dinge zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt werden, wie sie Hitler an der Menschheit verübt hat. Wir müssen klar sagen, daß wir diese Verbrechen nicht mehr tolerieren.

Wir brauchen wieder ein System, worin Länder arbeiten und kooperieren, um die Lebensbedingungen ihrer Nationen zu verbessern. Wenn wir beschließen, das umzusetzen, wird alles gut werden. Jedesmal, wenn die Vereinigten Staaten so handelten, hatten wir nur Vorteile davon, so wie unter der Führung Benjamin Franklins, zuvor unter der Massachusetts Bay Colony, unter Lincoln, unter McKinley und unter Franklin Roosevelt. Jedesmal, wenn wir diese Prinzipien beachteten, ging es uns gut, und wir waren für andere Nationen der Welt von Nutzen. Das ist die Grundlage der Wirtschaft.

(Die zweite Hälfte der Diskussion folgt in Ausgabe 32.)


1. Auf englisch unter http://www.larouchepac.com/14274.

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