Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
[an error occurred while processing this directive]
Neue Solidarität
Nr. 27, 7. Juli 2010

Leserbrief: Ihre veröffentlichte Warnung vor dem Übergewicht der Finanzlobby

Ein Offener Brief an die EU-Abgeordneten Burkhard Balz, Sven Giegold, Udo Bullmann, Jürgen Klute, Peter Simon, Thomas Händel.

Sehr geehrte Herren,

mit Erstaunen und einer gewissen Empörung habe ich Ihren Aufruf um Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen zur Kenntnis genommen.

Warum Empörung?

Nun - durch die Wahl zum Abgeordneten werden Menschen mit politischer Macht ausgestattet, um Entscheidungen zum Wohle des Volkes zu treffen. Statt dessen gestehen Sie Ihre politische Ohnmacht ein und fordern die Wähler auf, selbst noch NGOs zu bilden, damit die EU-Abgeordneten dann endlich wieder, ohne Repressalien durch Lobbyisten ausgesetzt zu sein, von dieser Macht auch Gebrauch machen können.

Man reibt sich die Augen - und stellt Fragen:

Warum können Sie als Abgeordnete nicht einfach knallharte Forderungen stellen? Wenn Sie dies nicht können - wozu, um Himmels Willen, sind Sie dann im EU-Parlament? Wie können Sie es zulassen, daß in den EU-Expertengruppen, in denen Gesetzesinitiativen beschlossen werden, nicht einmal Protokolle veröffentlicht werden? Kurz - es sei die Frage gestattet, warum wir uns EU-Abgeordnete für über 7000,- Euro pro Monat und Person leisten, wenn diese selbst faktisch die parlamentarische Demokratie für bankrott erklären?

Verehrte Herren - es gibt Alternativen! Umso erstaunlicher ist es, daß diese Ihnen offenbar unbekannt sind, denn anders ist es nicht zu erklären, daß bis heute nicht bekannt ist, daß Sie entsprechende Vorschläge in die parlamentarische Diskussion eingebracht hätten:

So hat am 17. Juni Senator Oskar Peterlini eine Resolution in den italienischen Senat eingebracht, in der er die Regierung zur Umsetzung einer Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, entsprechend dem Vorbild des Glass-Steagall-Gesetzes, auffordert.

Spekulative Finanzaktivitäten hätten das gesamte Kapital für die produktive Wirtschaft ausgetrocknet, und die Regierungen hätten in den vergangenen zwei Jahren allein die Verursacher des Problems gerettet, argumentiert der Senator. Am Ende der Resolution wird die italienische Regierung aufgefordert,

„die italienischen Bankgesetze zu revidieren, insbesondere in Bezug auf die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken, mit dem Zweck, daß die Herausgabe und der Handel mit finanziellen Verbriefungen, insbesondere mit jenen spekulativen Instrumenten in der Kategorie der Derivate (Futures, Optionsscheine, Swaps etc) vollkommen von den traditionellen Praktiken der Geschäftsbanken (Einlagen und Kredite) getrennt werden, und so, de facto, die Brandmauer wiederhergestellt wird, durch die bis in die 1990er Jahre hinein die herkömmlichen Finanzaktivitäten vor spekulativen Geschäften geschützt wurden.

…in allen internationalen Gremien multilaterale Abkommen zu fördern, die eine solche Rückkehr zur Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken bewirken und damit ein Klima für langfristige Investitionen in die Realwirtschaft begünstigen.“

Hier wäre der richtige Ansatzpunkt für eine Intervention Ihrerseits, die Ihrem Ansinnen nach einer wirksamen Kontrolle der Finanzlobby entgegen kommt. Was hindert Sie daran, eine solche Resolution einzubringen, die Diskussion darüber auf parlamentarischem Wege zu erzwingen?

Das Argument, dies sei nur international sinnvoll, greift keinesfalls: Dies sind genau die Art Argumente, mit denen die Finanzlobby verhindern will, daß solch regulative Entscheidungen durchgesetzt werden. Natürlich muß es einen nationalen Alleingang geben, falls internationale Blockaden der Finanzlobby nicht aufgebrochen werden können. Nur so können Sie den Anstoß dafür geben, daß auch andere Länder diesem Beispiel folgen. Ihren Wählern und dem Gemeinwohl sind Sie das schuldig!

Darum fordere ich Sie auf: Beklagen Sie sich nicht über die Finanzlobby, besinnen Sie sich darauf, daß Sie das Primat der Politik vertreten! Verhindern Sie, daß ganze Nationen mitsamt Volksvermögen und Sozialsystemen zur Refinanzierung von Spielschulden in Geiselhaft genommen werden! Bringen Sie Resolutionen ein für das Verbot toxischer Finanzinstrumente, für die Einführung des Trennbankensystems und die Rückübertragung der Währungshoheit sowie der Kreditschöpfung von den Banken auf den Staat - notfalls auf nationaler Ebene! Dies sind die wichtigsten und wirksamsten Schritte zur Kontrolle der Finanzmärkte! Bringen Sie die Diskussion über Trennbankensystem, produktive Kreditschöpfung statt virtueller Spielschulden und Sicherung von Gemeinwohl statt Bankenwohl ins Europäische Parlament! Es gibt eine Lösung - sie muß nur endlich konsequent vertreten werden. Die Lobby der Finanzinteressen ist nur so stark wie Sie es zulassen!

Weitere Informationen finden Sie hier:

http://bueso.de/trennbankensystem

http://bueso.de/news/ehemaliger-berater-im-osterreichischen-finanzministerium-fur-trennbankensystem

Mit freundlichem Gruß

Peter Hoppe, Wuppertal