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Massenstreik. Die Ölkatastrophe am Golf von Mexiko ist für viele Amerikaner nun der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt.
„Ich war noch nie politisch, aber da mußte ich einfach dabei sein.“ So formulierte es letzte Woche in San Francisco ein Teilnehmer einer Protestkundgebung gegen Präsident Obama, der einen Wahlkampfauftritt in einem Luxushotel im Viertel Nob Hill (Spitzname „Snob Hill“) hatte, gegenüber einem Fernsehreporter. Und genau das gleiche sagen jetzt immer mehr Amerikaner in allen Teilen des Landes. Im Sommer 2009, als wütende Bürger bei den Versammlungen der Kongreßabgeordneten massenhaft gegen Obamas mörderische Sparpläne im Gesundheitswesen protestierten, sprach Lyndon LaRouche zum ersten Mal von einem „Massenstreikprozeß“. Dieser Prozeß weitet sich immer weiter aus und wird zum „Monster“, das die sonst so selbstzufriedenen Politiker in den USA das Fürchten lehrt.
Die Kongreßpolitiker und ihre Helfer in den Medien versuchten zunächst, diese Bewegung als eine kurzfristige Aufwallung abzutun - angeblich sei sie von den Republikanern manipuliert, um der Regierung der Demokraten zu schaden -, nun können sie nur noch beten, daß sie wieder verschwindet, weil sie überall im Land unaufhaltsam wächst und an Schärfe zunimmt. (Zu der Behauptung der Medien, hinter dieser Bewegung stünden die Republikaner, und insbesondere der rechte Ex-Abgeordnete Dick Armey organisiere diese Demonstrationen, kann man nur sagen: Wer jemals diese lahme Ente Armey reden gehört hat, der weiß, daß das völliger Humbug ist. Der Mann könnte nicht mal einen Autokorso von zwei Autos organisieren, wie man in Texas sagt.)
Was als scheinbar unausgereifte und unorganisierte Reaktion begann, hat sich inzwischen so sehr erweitert, daß kein Politiker es mehr ignorieren kann. Die Menschen beschränken sich nicht mehr darauf, bei Bürgerversammlungen der Politiker Erklärungen zu fordern. In Kalifornien (San Francisco), New Jersey (Trenton) und Arizona (Phoenix) gab es jüngst Demonstrationen mit wachsender Teilnehmerzahl, und diese Demonstranten kamen aus allen Teilen des politischen Spektrums. Und sie sorgen bei immer mehr Wahlen dafür, daß die amtierenden, etablierten Politiker abgewählt werden.
Die Demonstration in San Francisco (siehe letzte Ausgabe) mag zeigen, wo dieser Prozeß hinsteuert: Die programmatische Führung der Wahlkampagne von Summer Shields von der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) zeigte dort, daß man die Kreise, die immer noch die Ideologie verbreiten „Es gibt keine Alternative zur Globalisierung“, sehr wohl besiegen kann. Mitten unter den Demonstranten und gut sichtbar waren Wahlkampfhelfer von Shields mit Plakaten, auf denen sie die Absetzung von Präsident Obama forderten und das berühmte Bild Obamas mit dem Hitler-Bärtchen zeigten.
Shields’ Wahlhelfer waren nicht die einzigen, die dort auf ihren Plakaten Obamas Sturz forderten, aber sie wurden von den Medien interviewt, und der Präsident persönlich sah sich genötigt, darauf zu reagieren. In einer Ansprache vor seinen Unterstützern bemühte er sich, darüber zu witzeln, wirkte aber sehr defensiv, als er einräumte, daß es ein hartes Jahr für ihn war und daß er nie gedacht hatte, daß man ihn auf Plakaten mit diesem Schnauzbart zeigen würde.
Da die Popularität des Präsidenten in den Umfragen immer weiter abstürzt und die der Kongreßabgeordneten sich dem Niveau des berüchtigten früheren Vizepräsidenten Cheney nähern, läßt sich die Massenstreik-Bewegung nicht mehr ignorieren oder als unbedeutend abtun.
Die Zahl der amtierenden Abgeordneten, die politisch ihren Skalp verlieren, wächst bei den Vorwahlen von Woche zu Woche. Es wird viel heruminterpretiert, doch dieser Prozeß hat zwei Aspekte, die ihn hauptsächlich auszeichnen.
Erstens: Politiker aus beiden Parteien sind davon betroffen. Der seit 18 Jahren amtierende Senator Bob Bennett, ein Republikaner aus Utah, fiel beim Landeskonvent seiner Partei durch, wo er weniger als 26% der Stimmen erhielt. Die Gegenkandidaten nutzten seine Unterstützung für das Bankenrettungspaket TARP, als Argument gegen ihn. Der demokratische Abgeordnete Alan Mollohan aus West-Virginia, der seit 28 Jahren amtierte, lag in seiner Vorwahl 12% hinter seinem Gegenkandidaten. Als Hauptargumente gegen ihn nannten die Wähler sein Votum für Obamas Gesundheitsreform und seine Unterstützung für den Emissionsrechtehandel. Und Senator Arlen Specter, der im vergangenen Jahr von den Republikanern zu den Demokraten übergewechselt war, wurde bei der Vorwahl der Demokraten in Pennsylvania, wo er mit voller Rückendeckung Obamas antrat, von den Wählern zurückgewiesen.
Zweitens: Obwohl die Wähler sich häufig nicht einig sind, welche Lösungen sie wollen, wissen sie doch genau, was sie nicht wollen. Ein sehr großer Teil von ihnen ist gegen alles, was die Regierung Obama tut, weil sie den Eindruck haben, daß diese nur privaten Interessen dient - z.B. der Wall Street oder BP. In den genannten Fällen waren die drei abgewählten Politiker allesamt Unterstützer der inzwischen 24 Billionen Dollar teuren Rettungspakete für die Spekulanten der Wall Street und der Londoner City. Trotz größter Mühe von beiden Parteien, die Politik der Bankenrettung zu verteidigen - sie begann im September 2008 mit der Regierung Bush und wurde von der Regierung Obama noch ausgeweitet - sind nur sehr wenige Amerikaner dafür. Die große Mehrheit glaubt den Politikern nicht, wenn sie behaupten, es sei nötig gewesen „erst einmal das Finanzsystem stabilisieren“, bevor man sich um die Probleme „der Menschen“ wie Arbeitslosigkeit oder Wohnungsnot kümmern könne.
Tatsächlich liegen die reale Arbeitslosigkeit, die Zahl der Insolvenzen und der Eigenheim-Versteigerungen weiter auf einem Niveau, wie man es seit der Großen Depression nicht mehr erlebt hat. Gleichzeitig versinken Bundesstaaten und Gemeinden in Schulden, und manche erwägen ernsthaft einen Konkursantrag. Dagegen weitet die Regierung die Rettungspakete sogar noch aus und übernimmt jetzt auch noch die Rettung von Finanzinstituten, die wertlose Euro-Schuldenpapiere halten. Allgemein wächst die Erkenntnis, daß alle diese Billionen, die die Regierung den Banken hinterherwirft, absolut nichts dazu beitragen, die Nöte der Bevölkerung zu lindern.
Auch wenn die Wähler vielleicht keine Experten für „Leerverkäufe“ sind, wollen sie sich doch in der Politik keine „leeren Flaschen“ mehr verkaufen lassen. Politiker, die auf der Seite der Wall Street stehen - wie der berüchtigte Vorsitzende des Bankenausschusses, Barney Frank - werden den Zorn der Wähler zu spüren bekommen.
Die jüngste Mobilisierung des LaRouche-Aktionskomitees für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Standards für Finanzinstitute stößt daher bei demokratischen, republikanischen wie unabhängigen Wählern auf offene Ohren. Auch wenn die Massenmedien den Wählern weitgehend den Ergänzungsantrag der demokratischen Senatorin Maria Catwell (Bundesstaat Washington) und des republikanischen Senators John McCain (Arizona) zum faulen Finanzreformgesetz des Senators Chris Dodd verheimlicht haben, der das Glass-Steagall-Gesetz wieder in Kraft gesetzt hätte, übernahm doch die LaRouche-Bewegung, angeführt von den drei Kongreßkandidaten Kesha Rogers in Texas (die ihre Vorwahl in der Demokratischen Partei gewonnen hat), Rachel Brown in Boston und Summer Shields in San Francisco, eine landesweite Mobilisierung für das Zusatzgesetz. Die Büros der Kongreßkandidaten wurden geradezu überschüttet mit Anrufen, Mails und Briefen für den Cantwell-McCain-Antrag, die durch die Mobilisierung der LPAC-Kandidaten veranlaßt waren, und die LPAC-Aktivisten berichten über die starke Unterstützung, die sie bei ihren Demonstrationen in großen Städten, kleinen Orten und sogar bei einigen Bankern in den Bankenvierteln erleben.
Aber mit Rückendeckung des Weißen Hauses und unzähliger Lobbyisten der Wall Street, die weiter ungestört mit dem Geld der Bankkunden spekulieren will, würgte der demokratische Senatssprecher Harry Reid (Nevada) die Debatte über den Antrag ab, und mit der Ausnahme von Maria Cantwell und Russ Feingold stellten sich alle demokratischen Senatoren hinter ihn. Auch vier republikanische Senatoren stimmten für Reids Antrag, darunter sogar Scott Brown aus Massachusetts, der erst im Januar durch den Massenstreik in den Senat gekommen war. Damals gab er sich noch als Gegner der faulen Absprachen zwischen Wall Street und Washington. Nun ließ er sich praktisch kaufen mit einer Zusicherung von Barney Frank, daß auch die Finanzinstitute in seinem Staat, vor allem die einflußreichen Bostoner Banken, weiter von den Rettungspaketen profitieren würden. Als Browns Wähler von diesem Verrat hörten, reagierten sie wütend, und in den lokalen Radiotalkshows meinten viele Anrufer, sie würden alles tun, um Browns Wiederwahl zu verhindern.
Die Republikaner stimmten zwar gegen das Dodd-Gesetz, aber kein einziger von ihnen kämpfte für das Verfassungsprinzip der Beaufsichtigung von Banken und Finanzdienstleistungen, wie es das Glass-Steagall-Gesetz verkörpert. Auch sie können also nicht behaupten, daß sie sich gegen die Wall Street gestemmt hätten.
Nach der Abstimmung über das Dodd-Gesetz - durchaus treffend beschrieben als ein „Haufen Mist, den nur ein Spekulant lieben kann“ - verkündeten LaRouche und die drei Kandidaten der LaRouche-Jugendbewegung, daß sie weiter für das Glass-Steagall-Gesetz kämpfen werden. Ohne Glass-Steagall, erklärte LaRouche, könne nichts die Bürger vor einem kettenreaktionsartigen Zusammenbruch schützen, der die Menschheit in eine schlimmere Lage als im finsteren Zeitalter des 14. Jahrhunderts bringen würde.
Verschlimmert wird die Lage dadurch, daß Obama nun die Unterstützung der Republikaner sucht, um brutale Sparmaßnahmen durchzusetzen, mit dem Ziel, „das Haushaltsdefizit abzubauen“. Das soziale Sicherheitsnetz liegt in Trümmern, und diese „Einsparungen“ durch Kürzungen im Gesundheitssektor, Rentenprivatisierung und die Aufgabe aller sozialen Programme des New Deal oder aus späterer Zeit werden die Sterberate vor allem unter den Alten, Kranken, Armen sowie der jetzt verarmenden früheren Mittelschicht drastisch erhöhen.
Inmitten dieses schlimmsten Finanz- und Wirtschaftskollapses der Geschichte sollte man alle Kongreßabgeordneten, der diese Forderung nach brutalen Kürzungen unterstützen, vor Gericht stellen wegen einer Politik, die - wie schon Obamas „Gesundheitsreform“ - darauf hinausläuft, „nutzlose Esser“ zu beseitigen, wie es die Nazis nannten.
Man könnte noch viel mehr über die verheerende Politik in anderen Bereichen sagen, die die schon jetzt helle Wut der Bürger weiter anheizt. Ein Beispiel ist, daß der Präsident angesichts der Bedrohung der Küstenstaaten durch das Ölleck im Golf von Mexiko sich schützend vor British Petroleum stellt, so daß selbst frühere Obama-Fans wie die liberale Maureen Dowd von der New York Times sich über seine Gefühllosigkeit lustig machen und ihn mit dem Dr. Spock aus der Serie „Raumschiff Enterprise“ vergleichen - nur daß ihm dessen logischer Verstand fehle. In San Francisco gehörten zu den Demonstranten gegen den Präsidenten auch Leute, die sich als „linke Umweltschützer“ verstehen, und sie demonstrierten dort Seite an Seite mit den Gegnern seines verrückten Emissionshandelsgesetzes.
Es ist der Öffentlichkeit auch nicht entgangen, daß unmittelbar vor dem Memorial Day, an dem die Amerikaner ihrer Kriegstoten gedenken, der tausendste US-Soldat in Afghanistan ums Leben kam. Daß Obama sein Wahlversprechen, den Krieg zu beenden, gebrochen hat, ist noch ein Grund dafür, daß der Massenstreik sich nun ganz stark gegen seine Person wendet.
Es bleibt abzuwarten, ob es gelingt, den Massenstreik so zu entwickeln, daß er über die bloße Stimmung „schmeißt alle Politiker raus“ hinaus zu einer Bewegung wird, die den Verfassungsprinzipien der Gründerväter wieder zur Geltung verhilft.
Zu diesem Zweck hat Lyndon LaRouche gerade eine neue Grundsatzerklärung veröffentlicht, in der er zwei wesentliche Punkte beschreibt, die sich die Anführer des Massenstreiks zum Ziel setzen müssen, wenn dieser nicht in Anarchie ausarten soll wie es 1789 in Frankreich auf Betreiben der Briten geschah. Damals gelang es London, die legitime Massenstreikbewegung der Franzosen von dem Ziel einer konstitutionelle Republik nach dem Vorbild des Amerikanischen Systems abzulenken, und es folgten erst der Terror der Jakobiner und dann Napoleons Diktatur.
Der erste dieser beiden von LaRouche betonten Punkte ist, daß man Obama „wieder wegwählen“, d.h. absetzen oder zum Rücktritt zwingen muß, weil das der einzige Weg ist, wirkliche Änderungen durchzusetzen. Obama widersetzt sich als Marionette der Londoner Interessen jeder politischen Änderung, die jetzt oder in Zukunft dem Interesse der Vereinigten Staaten dienen würde, und deshalb blockiert er jedes Gesetz - wie z.B. Glass-Steagall -, das die räuberischen Gelüste seiner Drahtzieher behindern würde.
Der zweite Punkt betrifft die Frage der „Ära nach Obama“. Denn auch wenn die Ablehnung von Obama weit verbreitet ist, ist sie allein keine Lösung, und sie wird auch kein neues finsteres Zeitalter verhindern. Dazu schlägt LaRouche zwei Lösungen vor: 1. durch ein Vier-Mächte-Bündnis der Vereinigten Staaten, Rußlands, Chinas und Indiens den Glass-Steagall-Standard weltweit durchsetzen und so die Macht der britischen Finanzinteressen zu beenden, die für die mörderische „Globalisierung“ verantwortlich sind und derzeit Obama und den US-Kongreß beherrschen. 2. entschlossen Wissenschaft und Technik vorantreiben, vor allem mit einem großen Raumfahrtprogramm, um so den Weg in eine produktive Zukunft zu bahnen. Diese Themen sind Gegenstand eines neuen Videos mit dem Titel „The New America“, das auf der Internetseite des LaRouche-Aktionkomitees zu finden ist (www.larouchepac.com, in englischer Sprache).
Die Mobilisierung für diese „Ära nach Obama“ liefert den notwendigen Optimismus für alle, die wie der anfangs zitierte Demonstrant zu dem Schluß gelangen, daß sie sich in die Politik einschalten müssen. Bei einer Wahlveranstaltung der Bostoner LPAC-Kandidatin Rachel Brown in New Bedford/Massachusetts, bei der ihre Wahlhelfer klassische Musik aufführten, und bei einer Veranstaltung von Kesha Rogers nahe des Johnson Space Center in Houston/Texas versprachen zahlreiche Bürger, die durch die Massenstreikbewegung aktiviert wurden, politisch an der „Bildung dieses Massenstreiks“ mitzuwirken.
Wenn diese Bewegung Erfolg haben soll - in den Worten von Percy Bysshe Shelley in seiner Verteidigung der Poesie: „ein großes Volk wachrütteln, damit es eine Veränderung zum besseren in seinen Anschauungen und Einrichtungen bewirke“ -, dann gibt es keine Alternative zu dem optimistischen Kurs, den Lyndon LaRouche und die mit ihm verbündeten Kandidaten eingeschlagen haben.
Harley Schlanger ist Lyndon LaRouches Sprecher für den Westen der Vereinigten Staaten.