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Corriere della Sera, Italiens größte Tageszeitung, veröffentlichte am 17. Mai einen Artikel von Wirtschaftredakteur Massimo Mucchetti, in dem dieser eine Lanze für den Cantwell-McCain Antrag im US-Senat für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Standards bricht. Die klare Trennung zwischen Geschäftsbanken, Investmentbanken und Versicherungen solle, so der Autor, auch in Europa aufgegriffen werden. Unter der Überschrift, „Banken: Das Beispiel des US-Senats; ein parteiübergreifender Vorschlag das Finanzsystem zu reformieren“, schreibt Mucchetti:
„Arizonas Senator McCain und Senatorin Maria Cantwell aus dem Staate Washington beharren auf ihrem Vorhaben, ihre bereits im Dezember 2009 angekündigte Gesetzesvorlage, das Glass-Steagall-Gesetz wiedereinzuführen, jetzt als Anhang (Amendment) an das vom Weißen Haus befürwortete „Dodd-Gesetz“ zur Reform des Finanzsektors beschließen zu lassen. Der 74-jährige McCain, ein ehemaliger Offizier, ist Republikaner. Cantwell, die 52 Jahre alte Umwelt-Aktivistin, gehört der Demokratischen Partei an. Ihrer Ansicht nach müssen Geschäftsbanken wieder von Investmentbanken getrennt werden, wie es die Gesetzgebung von 1933 (die 1999 aufgehoben wurde) verordnet hatte...
McCain sagt: ,Wenn große Wall Street Institutionen riskante Transaktionen durchführen wollen - schön. Aber wir sollten ihnen nicht erlauben, dieses mit vom Staat garantierten Bankeinlagen zu machen’. Cantwell fügt hinzu: ,So viele Gelder amerikanischer Steuerzahler sind in Spekulationsgeschäfte in zwielichtigen Märkten umgeleitet worden, daß jetzt Kapital in den regionalen Banken und für die kleinen Betriebe fehlt, die von Darlehen abhängig sind, wenn sie sich vergrößern und Arbeitsplätze schaffen wollen.’
Das sind klare und einfache Konzepte. Profis in roten Hosenträgern, die der Spezialisten-Logik der Börsen folgen und allein am eigenen Einkommen interessiert sind, betrachten solche Positionen als unprofessionell. Aber das ist nicht wahr...“
Der Autor bezeichnet dann irrigerweise Paul Volcker als einen Unterstützer einer Glass-Steagall-Reform und fährt fort: „In Italien scheint die Reform der Finanzregulierungen eine Geisel des Komitees der Zentralbankiers in Basel zu sein. Und doch besteht auch bei uns ein Gesetz, das 1993 die - durch das Bankengesetz von 1936 errichtete - Brandmauer zwischen den zwei Arten von Bankaktivitäten niedergerissen hat, genau so, wie es [1999] mit Hilfe des Gramm-Leach-Bliley-Gesetzes in Amerika geschah. Aber das italienische Parlament hat sich nicht mit diesem Thema beschäftigt... In keiner Sitzung, unter den vielen nutzlosen, die abgehalten wurden, sind die Entscheidungen der neunziger Jahre in Frage gestellt oder überprüft worden.“
Nach Corriere della Sera rief am 20. Mai auch die Parlamentsabgeordnete Catia Polidori von der „Partei der Freiheit“ (PdL) dazu auf, die Betätigungsfelder von Geschäfts- und Investmentbanken als auch Versicherungen strikt von einander zu trennen. Polidori ist führendes Mitglied im Ausschuß für produktives Gewerbe, Handel und Tourismus und war früher Vorsitzende der Sektion junger Unternehmer im Verband kleiner Unternehmen (Confapi).
„In Anbetracht der Rolle, die rein spekulative Finanzinstrumente in dieser schweren wirtschaftlichen Krise spielen, müssen wir die Märkte regulieren, so daß die Finanzwirtschaft ein Diener der Produktion ist und nicht umgekehrt“, sagte Polidori der Nachrichtenagentur EIR. „Bezüglich der Debatte, die derzeit im US-Senat über das Finanzreform-Gesetz geführt wird und der Notwendigkeit der Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes von 1933, glaube ich, daß es wesentlich ist, auf dem Vorrang der produktiven Wirtschaft zu beharren, was wohldefinierte Regeln erfordert, zum Schutz vor den Raubtier-Mechanismen, welche schon so viel Schaden verursacht haben. Ich hoffe, daß die energische Debatte, die in den USA in Gang gekommen ist, zu ähnlichen Überlegungen und zum entschlossenen Handeln in Europa führen wird, bevor es für unsere Familien und Unternehmen zu spät ist.“
Am 17. Mai reichte Christiana Muscardini, Vizevorsitzende des internationalen Handelsausschusses im Europäischen Parlament, eine Resolution zur Abstimmung im EU-Parlament ein. Die Resolution trägt den Titel: „Über die Möglichkeit, die Prinzipien des ,Glass-Steagall Acts’ durch neu zu definierende Regelungen zur Überwindung der systemischen Finanzkrise wieder aufzurichten“. Dort heißt es:
„- In Anbetracht der verschiedenen Treffen des ECOFIN und der Mitgliedsstaaten der Eurozone, um der Krise des Euro, der im Verhältnis zum US-Dollar seit Januar diesen Jahres 14% verloren hat, zu begegnen,
- in Anbetracht früherer Resolutionen zur Finanzkrise und der Notwendigkeit, neue Regelungen zu bestimmen, um das Wachstum von spekulativen Blasen zu verhindern,
- in Anbetracht der Rolle welche der „Glass-Steagall Act“ 1933 in den USA spielte, der mitten in der „Großen Depression“ Bankeneinlagen vor Spekulation schützte,
- in Anbetracht des Gesetzesanhangs, der am 6. Mai durch die demokratische Senatorin Maria Cantwell und den republikanischen Senator John McCain dem Gesetzesentwurf zur Finanzreform - eingebracht durch Senator Chris Dodd - hinzugefügt wurde, ein Gesetzesanhang, der auf „Glass-Steagall“ aufbauend Geschäfts- von Investmentbanken trennen, und letztere davon abhalten würde, an Steuergelder zu gelangen,
- in Anbetracht der Unratsamkeit, bankrotte Bankenoperationen durch Steuergelder zu retten,
mögen EU-Rat und EU-Kommission
- die Ratsamkeit zu erwägen, sich bei der Erarbeitung neuer Regelungen zur Überwindung der systemischen Finanzkrise auf die Prinzipien des „Glass-Steagall Acts“ zu beziehen, und
- Initiativen zur Reduktion exzessiver Expansion virtuellen Geldes vorzulegen und solche Tätigkeiten zu fördern, die zu Investitionen in Entwicklung führen, also der Art von Investitionen, die realen Wohlstand produzieren und die allein zum Abbau von Schulden beitragen.“