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Neue Solidarität
Nr. 20, 19. Mai 2010

Patrioten im Senat mobilisieren

Schon seit einiger Zeit setzen sich einige Senatoren für die Wiederinkraftsetzung des Glass-Steagall-Gesetzes ein, um die Geschäftsbanken an Spekulationen zu hindern.

Da der für Europa entscheidende Kampf in den Vereinigten Staaten für Glass-Steagall und eine Pecora-Kommission bisher in Europa und besonders in Deutschland - wie so manches andere - völlig aus den Medien  ausgeblockt wird, ist es wohl angebracht, einmal den Prozeß zu schildern, der zu der Einbringung des Cantwell-McCain-Zusatzes für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankenstandards in den Entwurf für das Finanzreformgesetz in der letzten Woche führte. Der amerikanische Ökonom und Staatsmann Lyndon LaRouche hat in seinem Internetforum am Samstag ausführlich die global-strategischen Gründe erläutert, warum dieses Gesetz jetzt unverzüglich von amerikanischen Patrioten durchgesetzt werden muß (lesen Sie dazu unseren nebenstehenden Bericht).

Die Sponsoren des überparteilichen Glass-Steagall-Antrags (amendment) im US-Senat - die Senatoren John McCain, Maria Cantwell, Russ Feingold, Ted Kaufman und Tom Harkin - führen eine konzertierte Kampagne für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems. Seit Dezember 2009, als McCain, Cantwell und mehrere Co-Sponsoren die Wiedereinführung von Glass-Steagall per Gesetzesvorschlag im Senat einbrachten, gab es zahlreiche Pressekonferenzen, Interviews, Presseerklärungen und Reden im Senat mit diesem Ziel.

Am Donnerstag, den 6. Mai 2010, fügten McCain, Cantwell, Feingold, Kaufman und Harkin die Forderung nach Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems als Zusatz in den Gesetzesentwurf 3217 - das nach Senator Christopher Dodd benannte sog. „Dodd-Gesetz“ des Senats, das vom Weißen Haus unterstützt wurde - ein und veränderten diesen dadurch radikal. Kurz nach der Einführung dieses Zusatzes hatte sich Lyndon LaRouche dazu geäußert: „Dieser Zusatz ist die ernsthafteste Bedrohung für das wildgewordene britische Imperium. Er muß unter allen Umständen volle Unterstützung bekommen - ohne Gezauder. Wer das nicht unterstützt, schert sich einen Dreck um die Zivilisation!“

Senatorin Cantwell ist besonders aktiv im Kampf für Glass-Steagall und gegen die Glücksspielpraktiken von Wall Street. Am 20. April hielt sie in Washington, D.C. eine Pressekonferenz, bei der sie die legislativen Vorstöße von Senatorin Blanche Lincoln zur Kontrolle von Derivaten unterstützte: „Unregulierte, undurchsichtige Derivatmärkte ließen Wall-Street-Händler Milliarden absahnen, bis ihre toxischen Wertpapiere die amerikanische Wirtschaft zur Implosion brachten... Diese faulen Wettgeschäfte haben Auswirkungen weit über Lower Manhattan hinaus... ohne eiserne Regulierung der Derivate wird es wieder zu Finanzkrisen kommen, die unserer Wirtschaft bis jetzt schon so großen Schaden zugefügt haben... Als Tochter eines Landwirtes kennt Senatorin Lincoln den Unterschied zwischen der legitimen Absicherung (hedging) in der Landwirtschaft und den toxischen Papieren, die von Spekulanten an der Wall Street zusammengebastelt werden. Das von Senatorin Lincoln vorgelegte Modell sollte die Grundlage zur Schaffung einer starken, schlupflochfreien Reformgesetzgebung für  Derivate werden.“

Senatorin Lincolns Vorschlag ist dem Senatsentwurf 3217 inzwischen ebenfalls als Zusatz eingefügt worden, worauf man im Weißen Haus absolut hysterisch reagierte.

Der Senat unternahm einen vergleichbaren Schritt, als ein weiterer Zusatz von Senatorin Cantwell in mündlicher Abstimmung beschlossen wurde. Dieser wird ein Schlupfloch schließen, das bisher die Verfolgung von „Marktmanipulatatoren“ durch die Commodities Future Trading Commission (CFTC) verhindert hatte. In einer Presseerklärung aus Cantwells Büro hieß es, daß dieser Gesetzesanhang sicherstellen würde, daß „Marktmanipulation durch rücksichtsloses Verhalten zukünftig illegal sein wird“. Anders als bei der US-Finanzaufsicht SEC oder den Regulierungen der US-Handelskommission konnte die CFTC bisher nur rechtliche Schritte einleiten, wenn die klare „Absicht, schaden zu wollen“ nachgewiesen werden konnte. Jetzt wird „rücksichtsloses Verhalten“ selbst ungesetzlich.

Senator John McCain veröffentlichte seinerseits am 6. Mai eine Presseerklärung zum Glass-Steagall-Zusatz des Dodd-Gesetzes, die derjenigen Cantwells sehr ähnlich ist. McCain verwies auch auf das Video der Pressekonferenz vom 16. Dezember letzten Jahres, als er und Senatorin Cantwell ihren gemeinsamen Gesetzesentwurf vorgestellt hatten.

In der Erklärung hatte es geheißen: „Ab 1933 etablierte Glass-Steagall eine Mauer zwischen Handels- und Investmentbanken, um Geldeinlagen vor Spekulationsrisiken durch die Wall Street zu schützen. Beinahe 60 Jahre lang hat diese Brandmauer die Integrität unseres Bankensystems bewahrt, finanziellen Mißbrauch verhindert, und Börsenspekulation eingegrenzt. Seit der Abschaffung des Gesetzes haben Banken ihre normalen Geschäfte mit Börsenaktivitäten vermengt; sie haben Schlupflöcher und Schleichwege finden können, um Finanzinstrumente wie Aktien und Investmentfonds zu schaffen und diese gleichzeitig für ihre Kunden zu zeichnen. Der Steuerzahler mußte damit das Scheitern dieser gigantischen Institutionen doppelt bezahlen.“

Senator Russ Feingold gab am Tag der Einführung des Glass-Steagall-Zusatzes ebenfalls harte Statements ab: „Mit dem Inkrafttreten des Gramm-Leach-Bliley-Act 1999... wurde die schützende Brandmauer niedergerissen, die bis dahin Handelsbanken von Wall Street Investmentfirmen getrennt hatte. Diese Brandmauer war in Folge der letzten großen Finanzkatastrophe vor 80 Jahren mit dem Bankengesetz von 1933 errichtet worden - die berühmte Glass-Steagall-Reform.

Vor der Einführung von Glass-Steagall waren verheerende Finanzkrisen ein regelmäßiger Bestandteil unserer Wirtschaft. Das änderte sich aber mit der Einführung dieser bedeutsamen Gesetzgebung, die unser Bankensystem durch zwei Schlüsselreformen stabilisierte. Es wurde einerseits ein Einlagenversicherungssystem geschaffen, welche den Bankkunden Sicherheit gab und damit Anstürme auf die Banken verhinderte. Zusätzlich wurde eine Brandmauer errichtet, die das normale Bankgeschäft vom Wertpapierhandel trennte. Finanzunternehmen mußten sich entscheiden, welche Art von Geschäft sie führen wollten.

Diese Brandmauer war ein entscheidender Teil für die Schaffung der Einlagenversicherung, denn damit wurden die Banken, welche diesen Schutz durch die FDIC in Anspruch nahmen, davon abgehalten, Gelder für spekulative Investitionen zu nutzen.

Das Gramm-Leach-Bliley-Gesetz riß diese Brandmauer nieder und hob damit auch die Trennung zwischen Versicherungen und Wall-Street-Banken auf - und wir sehen die verheerenden Folgen dieser Entscheidung. Ich stimmte damals gegen diese Maßnahme, aus demselben Grund, aus welchem ich auch gegen die Rettungspakete stimmte: weil ich auf meine Wähler in Wisconsin gehört habe, die nicht wollen, daß die Wall Street mehr und mehr Macht erhält. Die Wall Street spekuliert mit den Geldern hart arbeitender Familien, und zu viele Kongreßabgeordnete erlaubten es ihr. Ich habe das damals nicht unterstützt und werde es auch heute nicht tun. Wir müssen dafür sorgen, daß den Bürgern in Wisconsin - und auch in jedem anderen Bundesstaat - so etwas nie wieder geschieht... Ich werde also den McCain-Cantwell-Feingold-Vorschlag unterstützen.“

Senator Feingold kündigte in einer Presseerklärung zwei weitere Initiativen an:

„Senator Feingold ist Co-Sponsor eines Gesetzesanhanges, der durch Senator Byron Dorgan eingereicht wurde. Dieser Zusatz sieht vor, daß Finanzinstitutionen, die bisher zu groß waren, um scheitern zu können (too big to fail), sich solange aufspalten müssen, bis sie keine Gefahr mehr darstellen. Senator Feingold unterstützt außerdem einen Anhang der Senatoren Sherrod Brown und Ted Kaufman, der die Größe von Finanzinstitutionen zukünftig begrenzen wird, damit sie gar nicht erst ,zu groß’ werden können.

Senator Feingold ist auch Teil der überparteilichen Bemühungen u.a. der Senatoren Bernie Sanders, Sam Brownback und Jim DeMint, es dem Government Accountability Office zu ermöglichen, eine unabhängige Prüfung der Federal Reserve Bank durchzuführen, um herauszufinden, wie sie mit den mehr als zwei Billionen Dollar Finanzhilfen der Steuerzahler umgegangen ist, die an große Finanzhäuser weltweit gingen. Die Federal Reserve hat sich bisher geweigert, dem Steuerzahler gegenüber offenzulegen, wie diese Finanzhilfen aus Steuergeldern verteilt worden sind.“

Senator Ted Kaufman - von 1976 bis 1995 als Stabschef für den jetzigen Vizepräsidenten Joe Biden tätig - hat seit Februar diesen Jahres etwa ein Dutzend Interviews, Reden, Artikel und Presseerklärungen veröffentlicht, in denen er für die Wiedereinführung von Glass-Steagall und andere Maßnahmen geworben hat, um die Wall Street in den Griff zu bekommen. Nach der ganztägigen Goldman-Sachs-Anhörung durch Senator Carl Levin am 20. April 2010 veröffentlichte Kaufman eine längere Stellungnahme, in der sich auch der folgende Abschnitt über die Untersuchungen der Pecora-Kommission im US-Senat befindet, die mit Präsident Franklin Roosevelts Unterstützung stattgefunden hatten:

„Levins Anhörungen können mit denen Pecoras in den dreißiger Jahren durchaus verglichen werden, bei denen der Banken- und Währungsausschuß des Senats die Ursachen des Wall-Street-Krachs von 1929 untersuchte. Der Name Pecora bezieht sich auf den vierten und letztlich wichtigsten Berater der Untersuchung, Ferdiand Pecora, einen Bezirksstaatsanwalt aus New York. Als Chefberater vernahm Pecora selbst viele hochprofilierte Zeugen, zu denen einige der einflußreichsten Banker und Börsenhändler des Landes zählten. Die Untersuchung deckte betrügerische Praktiken von Banken und ihren Zweig- und Tochtergesellschaften in großem Umfang auf. Dazu gehörten vor allen Dingen Interessenkonflikte wie die Zeichnung unsolider Wertpapiere zur Finanzierung fauler Kredite oder Manipulationen der Börsenwerte der Banken.

Pecoras Anhörungen riefen schlagartig weitreichende Unterstützung der Öffentlichkeit für neue Banken- und Wertpapiergesetze hervor. Zu den Auswirkungen der Pecora-Untersuchungen gehörten: die Verabschiedung des Glass-Steagall-Gesetzes durch den Kongreß 1933, das Handels- von Investmentbanken trennte; die Verabschiedung des Securities Act 1933, das Falschinformationen über Aktienangebote unter Strafe stellte; und die Verabschiedung des Securities Exchange Act 1934, durch das die Finanzaufsichtsbehörde SEC geschaffen wurde, um die Börsen zu regulieren. Dank der Untersuchungen Pecoras und der daraus folgenden Gesetze fußte das amerikanische Finanzsystem für etwa ein halbes Jahrhundert auf einem gesunden Fundament - bis wir so verrückt  geworden sind, das zu zerstören.

Levins Anhörungen haben das Rampenlicht auf die Rolle offenen Betruges durch Akteure des Finanzsektors und die Inkompetenz und Mittäterschaft der Bankenaufseher geworfen.“

nbs

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