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Neue Solidarität
Nr. 13, 31. März 2010

Wladimir Mau

Dokumentation.

Wladimir Mau war zum Zeitpunkt dieses Interviews 1996 Vizedirektor von Jegor Gaidars Institut für die Wirtschaft im Übergang. Heute leitet er die Akademie für Volkswirtschaft der russischen Regierung.

 

Frage: Wer waren die ökonomischen Denker, an denen Sie sich orientierten? War von Hayek wichtig für Sie?

Mau: Dafür waren wir zu pragmatisch. Für mich war Hayek ein hochgeachteter, aber auch sehr ideologischer Ökonom. Das ist keine wirtschaftliche Methode, sondern eine wirtschaftliche Ideologie. Also, auch wenn es niemand glaubt: Ich weiß beispielsweise, daß für Gaidar Adam Smith und [John Maynard] Keynes am wichtigsten waren. Niemand glaubt das mit Keynes, denn unsere Kommunisten, die Keynes niemals gelesen haben, glaubten, Keynes sei ein Kommunist.

Was die Philosophie der Wirtschaft angeht, war es natürlich Adam Smith. Mir ist vor kurzem klar geworden, daß alle Menschen und ganz besonders Ökonomen und Politiker in zwei Lager gespalten sind. Es gibt diejenigen, die in allem eine Verschwörung suchen - das kann eine negative Verschwörung sein, wie z.B. ein zionistisches Komplott, oder eine positive, wie vielleicht [die sowjetische Planungsbehörde] Gosplan. Aber für sie steht die Welt unter Aufsicht, unter irgendeinem Management. Und dann gibt es diejenigen, die glauben, wenn etwas geschieht, dann nicht wegen, sondern trotz der Versuche, etwas zu regeln. Ich nenne das die Smithsche philosophische Tradition. Das ist sehr wichtig. Wenn man heute alle die politischen Debatten in Rußland genau untersucht, dann beruht alles darauf. Das versteht zwar fast niemand, aber so ist es.

 

Frage: Hatte das CRCE einen Einfluß auf russische Reformer wie Sie?

Mau: Definitiv. Und die schufen eine sehr gute organisatorische Struktur. Offen gesagt, Ljubo Sirc gehörte zu den ersten, die begannen, mit jüngeren Leuten zu arbeiten, mit Menschen, die damals erst Ende zwanzig, Anfang 30 waren. Und sie fingen diese Zusammenarbeit an. 1986 war Gaidar 30, ich war 25. Bei den ersten Treffen war ich noch nicht dabei.

 

Frage: Das war ein Gedankenaustausch über Adam Smith?

Mau: Es war ein Gedankenaustausch, der von keiner Zensur beschränkt wurde. Sie trafen sich in Budapest und in Westeuropa, vor allem in Großbritannien, und in fortschrittlichen Ländern Ost- und Mitteleuropas, und in St. Petersburg. Es gab Seminare, bei denen Ideen ausgetauscht wurden. Der größte Teil unserer Regierung von 1992 traf sich auf diesen Seminaren.

 

Frage: Diese Seminare waren also recht wichtig.

Mau: Sie alle, wir alle kannten einander. Und es war eine Struktur, wo diese Leute gute Chancen hatten, zusammenzukommen und miteinander zu diskutieren, nicht nur mit ausländischen Kollegen, obwohl das auch sehr wichtig war. Ich denke, was Ljubo tat, war sehr wichtig - manchmal glaube ich, daß er gar nicht wußte, was er da tat. Damals konnte man das auch noch gar nicht verstehen.

 

Frage: Sie und Ihre Gruppe hatten also diese Ideen. Wie kamen Sie dann an die Macht?

Mau: Das war vor allem Gaidar. Es kam eine neue Generation, und es zeigte sich, daß Gaidar in einem wichtigen Moment am richtigen Platz war. Und weil unser Institut sehr viel zu dieser Regierung beitrug, als sie im November 1991 gebildet wurde - ein großer Teil der Regierung kam aus dem Institut -, war das Institut fast völlig leer, als die Regierung gebildet worden war.

 

Frage: Ihr Institut brach beinahe zusammen, weil alle in die Regierung wechselten?

Mau: Genau. Gaidar war stellv. Premierminister, [Andrej] Netschajew Wirtschaftsminister, [Wladimir] Maschtschitz Minister für die Beziehungen zu den GUS-Staaten, [Pjotr] Awen Minister für Angelegenheiten der internationalen Wirtschaft, ich selbst Assistent des Premierministers für Wirtschaftspolitik, [Leonid] Grigorijew, der jetzt [1996] bei der Weltbank ist, Vorsitzender des Komitees für ausländische Investitionen, [Sergej] Wasiljew Chef des Zentrums für Wirtschaftsreformen der Regierung.

 

Frage: Wie begann Ihr Institut ursprünglich?

Mau: Ideologisch betrachtet ist das wirklich interessant. Denn [Akademiemitglied Abel] Aganbegjan, der ein prominenter Ökonom war, war auch ein guter Geschäftsmann. Er beschloß, ein Institut für Wirtschaftspolitik zu gründen, und lud Gaidar ein, es zu leiten. Und Gaidar holte seine Freunde, Leute, deren Schriften er im Kommunist publiziert hatte.