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Angesichts der „Griechenland-Krise“ wird intensiv über die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds und eine dafür notwendige Änderung des Lissaboner Vertrages debattiert. Aber eine solche „Lösung“ käme nicht nur in jedem Falle viel zu spät, sie würde auch das eigentliche Problem nicht lösen, denn nicht einzelne Nationen sind zahlungsunfähig, sondern das ganze Weltfinanzsystem.
Der Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Lissaboner Vertrag „weiterzuentwickeln“, um Rettungsaktionen für überschuldete Mitgliedstaaten der EU zuzulassen, beweist eigentlich nur, daß dieser Vertrag, der ja gerade erst in Kraft getreten ist, schon jetzt gescheitert ist. Wie Helga Zepp-LaRouche wiederholt gewarnt hatte, machen die derzeit in der EU geltenden Regelungen alle Beteiligten - die EU-Kommission, die EZB, die nationalen Zentralbanken und die Regierungen der Mitgliedstaaten - in Krisenzeiten handlungsunfähig, während die von den EU-Verträgen vorgeschriebene Wirtschaftspolitik gerade das Entstehen solcher Krisen garantiert.
Aber wenn dieser Vorschlag z.B. von der französischen Finanzministerin Christine Lagarde umgehend zurückgewiesen wurde, dann nicht nur, weil man dieses Scheitern nicht eingestehen will, sondern vor allem, weil man fürchtet, daß mit dem in diesem Falle notwendigen Verfahren zur Änderung des Vertrags eine „Büchse der Pandora“ geöffnet werden könnte. Denn es war schon schwierig genug, den Lissabon-Vertrag überhaupt in Kraft zu setzen, und das Ergebnis der Volksabstimmung in Island, wo nur 1,6% der Wähler die Entschädigung der ausländischen Gläubiger der Banken durch die Regierung befürworteten, zeigt die Stimmung in der Bevölkerung mehr als deutlich. Ob die Parlamente der 27 Mitgliedstaaten unter diesen Bedingungen noch einmal dazu zu bewegen wären, einer Neufassung des Vertrages zuzustimmen, ist also mehr als fraglich.
Das zeigt sich nicht zuletzt an dem Widerspruch gegen die Idee eines Europäischen Währungsfonds (EWF), der sogar aus den Reihen der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag kam, obwohl dieser Vorschlag - der übrigens, wie nicht anders zu erwarten, kein Geisteskind der Bundesregierung ist, sondern von Daniel Gros vom Centre for European Policy Studies in Brüssel und vom Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer stammte - zuletzt von Bundesfinanzminister Schäuble in einem Gastkommentar der Financial Times Deutschland nochmals bekräftigt wurde. Die FTD selbst schrieb hierzu:
„Ziehen die Fraktionen von Union und FDP nicht mit, hat das Projekt kaum noch eine Chance: Denn eine entsprechende Änderung der EU-Verträge für die Einrichtung eines Fonds müßte vom Bundestag ratifiziert werden. Auch wenn der Fonds nur auf Ebene der Euro-Länder vereinbart würde und nicht unter allen 27 EU-Staaten, müßte die finanzielle Ausstattung voraussichtlich vom Bundestag freigegeben werden. Damit stehen in Deutschland die Zeichen für den EWF auf Konfrontation.“ Und die FTD wies auch auf den Grund hin, warum sich dieser Widerstand regt: „Die Abgeordneten der schwarz-gelben Koalition sind auch deshalb skeptischer als Kanzlerin Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), weil sie vor der Parteibasis zu Hause in ihren Wahlkreisen regelmäßig unter großem Rechtfertigungsdruck stehen.“
Damit dürfte die Idee des EWF bereits gestorben sein, denn selbst wenn man, wie zuletzt beim Lissabon-Vertrag, alle Hebel in Bewegung setzte, um die notwendigen Änderungen durchzusetzen, würde man dafür viele Monate, wenn nicht Jahre benötigen. Und soviel Zeit steht angesichts des voranschreitenden Finanzkollapses und der akut drohenden Zahlungsunfähigkeit der Regierungen gar nicht mehr zur Verfügung. Der EWF käme schlicht und einfach viel zu spät, um noch irgend etwas bewirken zu können.
Das mag eines der Motive sein, warum man aus Zentralbankkreisen eher auf den Weltwährungsfonds (IWF) verweist. Jürgen Stark, Chefvolkswirt der EZB monierte, ein Europäischer Währungsfonds sei „nicht mit der Geschäftsgrundlage der Währungsunion vereinbar“, weil er finanzielle Unterstützungen für die betreffenden Länder impliziere, und empfahl stattdessen, in solchen Fällen den Weltwährungsfonds (IWF) einzuschalten.
Ähnlich Bundesbankpräsident Weber: Es sei auch für eine europäische Institution denkbar, finanziell bedrängten Staaten „mit Rat und Überwachung zur Seite zu stehen“, aber finanzielle Hilfen seien im Eurosystem „nicht vorgesehen und mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar“. Mit anderen Worten: Ein EWF dürfe keine Finanzhilfen geben, sondern müsse sich darauf beschränken, eine brutale Sparpolitik zu erzwingen.
Natürlich wissen die Herren Euro- und Bundesbankiers, daß sich der IWF in den letzten Jahrzehnten durch das völlige Versagen seiner Prognosen und Empfehlungen gründlich diskreditiert hat, aber er hat aus der Sicht der Bankiers den großen Vorteil gegenüber einem EWF, daß er eben schon existiert und nicht erst aus der Taufe gehoben werden muß.
Die Idee, den IWF oder auch einen EWF als Spardiktatoren vor die Nase der betreffenden Regierungen zu setzen, ist natürlich absurd, denn schon jetzt haben die Sparmaßnahmen der griechischen Regierung Großdemonstrationen und massive Proteste der Bevölkerung provoziert, denen sich inzwischen auch Hunderte von Polizeibeamten angeschlossen haben. Aber dies zeigt, wes Geistes Kind diejenigen sind, die solche Dinge vorschlagen: Vor die Wahl gestellt zwischen die Ansprüche der bankrotten Banken und die Rechte der breiten Bevölkerung, stellen sie sich auf die Seite der Banken, auch wenn man faschistische Regime bräuchte, um diese Politik gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität und Lyndon LaRouche warnen seit Jahren, daß unter den Bedingungen eines weltweiten Systemkollapses, wie wir ihn derzeit erleben, mit genau solchen Tendenzen zu rechnen ist.
Tatsächlich geht es bei der ganzen „Griechenland-Debatte“ gar nicht um Griechenland, sondern darum, einen Präzedenzfall für die Durchsetzung einer solchen Politik zu schaffen - und darum, davon abzulenken, daß die wirkliche Krise viel größer ist und ihren Schwerpunkt ganz woanders hat.
Lyndon LaRouche kommentierte dies am 12. März in einem Interview mit Miguel de Renzis im argentinischen Sender Radio Splendid, als er auf den Vorschlag eines Europäischen Währungsfonds angesprochen wurde:
„Der entscheidende Punkt ist: Die griechische Krise ist irrelevant. Denn die Griechenland-Krise entstand durch die Europäische Union, das Problem liegt bei der Europäischen Union und nicht in Griechenland selbst. Und das Problem ist in Südamerika, wegen Brasilien, denn Brasilien wird praktisch von der Inter-Alpha-Gruppe kontrolliert, in deren Mittelpunkt Rothschild steht...
Es ist das Britische Empire. Das Haus von Jacob Rothschild und seiner Familie ist eigentlich die führende Institution des Britischen Empire. Und das faktisch bankrotte Brasilien ist über Santander und ähnliche Institute die Grundlage, auf der das Britische Empire heute existiert.“
Der Fall Brasiliens sei einzigartig. „Denn vor einigen Jahren wurde eine Vereinbarung getroffen, die man BRIC nannte. Das war ein Versuch Londons, Europa insgesamt, aber auch Rußland, China und Indien zu kontrollieren. Und weil Brasilien in der Lage war, einen Berg fauler Schulden zu tragen, etwa gegenüber der Banco Santander, nutzte man Brasilien als Grundlage zur Gründung der BRIC-Gruppe. Aber Brasilien ist völlig bankrott! Der Kollaps der brasilianischen Interessen - beispielsweise der Banco Santander - würde schon am nächsten Morgen das ganze Weltsystem zum Einsturz bringen. Und es kann jederzeit kollabieren...
Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt nur noch einen Schritt, der verhindern kann, daß dies geschieht: Wenn die Vereinigten Staaten eine Politik der Rückkehr zu dem Standard Präsident Franklin Roosevelts vorschlagen, dem Glass-Steagall-Standard, und wenn Europa sich uns anschließt, dann können wie eine Glass-Steagall-Reform des Weltwährungs- und -finanzsystems schaffen. Das würde den größten Teil dieses rein inflationären Papiermüll-Geldes beseitigen.“
Alexander Hartmann