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Neue Solidarität
Nr. 44, 28. Oktober 2009

Wiederbelebung des Glass-Steagall-Standards:
Der erste Schritt zur Überwindung der Finanzkrise

Interview. Phil Rubinstein, langjähriges führendes Mitglied der LaRouche-Bewegung an der Westküste der USA, erläuterte am 7. Oktober in einem Interview mit Alicia Cerritani im Internetsender des LaRouche-Aktionskomitees, LPAC-TV, wie das Glass-Steagall-Gesetz arbeitete, und warum es wieder in Kraft gesetzt werden muß.

Alicia Cerritani: Hallo und Willkommen zu einem LPAC-Sonderbericht mit Phil Rubinstein vom LaRouche-Aktionskomitee. Willkommen, Phil.

 

Phil Rubinstein: Hallo.

 

Cerritani: Heute wollen wir über das Bankwesen reden. Derzeit hat die Regierung Obama das amerikanische Volk verpflichtet, eine Schuld von 23 Billionen Dollar zu übernehmen, während sie gleichzeitig den Vorsitz über Rekordverluste bei den Jobs in unseren produktivsten Industrien führt. Wir sind in einer Periode, deren einziger Präzedenzfall der hyperinflationäre Kollaps in der Weimarer Republik 1923 war, als die Durchsetzung unbezahlbarer Reparationen Deutschland den Rücken brach und die Bedingungen für faschistische Sparpolitik schuf.

Aber damals war die Reichsmark nicht die Weltreservewährung, sodaß der Kollaps relativ begrenzt war, im Vergleich zu der Lage, mit der wir es heute zu tun haben.

Der zweite fundamentale Unterschied ist, daß wir heute, anders als damals Deutschland, die Autorität haben, die fiktiven Schulden zu streichen, bevor sie platzen und das gesamte Dollar-System mit sich reißen.

Aber wir haben nicht nur den Präzedenzfall der Weimarer Republik, um die Lage zu illustrieren, sondern auch Lyndon LaRouches Tripelkurve. Könntest Du darüber einige Dinge sagen?

 

Rubinstein: Ja. Wir sind in einer Lage, wie sie LaRouche beschrieben hat, in der eine integrierte Funktion drei Aspekte der Funktionsweise einer Wirtschaft beschreibt, was den Kredit, die Ausgabe von Zahlungsmitteln und den produktiven Aspekt der Wirtschaft angeht, der der entscheidende Aspekt sein sollte: die physische Wirtschaft.

Was wir jetzt haben, und was Du in Bezug auf die Weimarer Republik beschrieben hast, ist eine Lage, in der die monetären Aggregate - i.e. Geld - das bestimmende sind: der unkontrollierte und unregulierte, bestimmende Faktor für alles übrige. Die letzten Jahrzehnte, insbesondere seit 1987, waren durch eine völlige Deregulierung gekennzeichnet. Das bedeutet, die Geldemission bestimmt alles. Sie beherrscht die Finanzinstrumente, die wenigstens noch in irgendeiner Weise mit einem Einkommensstrom aus der Realwirtschaft verbunden sind. Die Periode, in die wir eingetreten sind, ist also eine der unkontrollierten Ausgabe monetärer Aggregate, was den Versuch darstellt, ein kollabierendes Finanzaggregat zu stützen, das letztlich von der Realwirtschaft etwas verlangt: Einnahmen.

Und wir sehen jetzt den Versuch, seit ein paar Jahren, die Sozialversicherung zu berauben und massive Kürzungen bei der Krankenversorgung vorzunehmen, was der Kern von Obamas naziartiger Gesundheitsreform ist.

Und wenn man sich dieses Bild betrachtet, sieht man eine hyperinflationäre, steigende Geldausgabe, finanzielle Aggregate, die dazu tendieren zu kollabieren, und kollabiert sind, und nun durch die Ausgabe von Zahlungsmitteln, von monetären Aggregaten, aufgepumpt werden, und ein zunehmendes Maß an Plünderung der realen, physischen Wirtschaft. Das ist etwas, was tatsächlich schon seit vier Jahrzehnten im Gang ist, aber 1987 beschleunigt wurde, als es zu einem depressiven Kollaps des Finanzsystems kam. Und dann kam Alan Greenspan mit einem, wie LaRouche gezeigt hat, völlig verrückten, monetaristischen Ansatz ohne jegliche Befähigung.

 

Cerritani: Genau. Aber was Greenspan tat, konnte er nur tun durch die Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes, das von Franklin Roosevelt geschaffen worden war - durch die langsame Beseitigung dessen, wofür Glass-Steagall sorgte.

 

Rubinstein: Tatsächlich war Greenspan einer der führenden, wenn nicht der führende Befürworter der Abschaffung von Glass-Steagall. Als er ins Amt kam, da gab es, genaugenommen, Glass-Steagall noch. Es wurde mehrfach und in verschiedener Hinsicht beschnitten, darauf  können wir in der Diskussion noch weiter eingehen. Aber er war es, der 1987 daran ging, Glass-Steagall völlig zu zerbrechen, und daran in den neunziger Jahren arbeitete. Und tatsächlich wurde es immer mehr beschnitten.

Schließlich, 1999, mit Larry Summers als Finanzminister, der jetzt in der Regierung Obama ist, wurde Glass-Steagall aufgehoben, und damit waren nicht nur Pferd und Kuh verloren, sondern auch der Stall - alles war weg.

 

Cerritani: Was genau war denn eigentlich Glass-Steagall?

 

Rubinstein: Nun, Glass-Steagall war Teil der ersten 100 Tage der Regierung Roosevelt. Der Name Glass-Steagall erinnert an zwei Kongreßabgeordnete, Carter Glass und Henry B. Steagall, die das Gesetz einbrachten. Man nannte es das Nationale Banken-Gesetz, und es schuf die Bundeseinlagenversicherung (FDIC), die Wertpapier- und Börsenkommission (SEC) und in diesem Fall trennte Glass-Steagall faktisch, es schuf eine Brandmauer zwischen Geschäftsbanken und spekulativem Investmentbanking, d.h., den Dingen, mit denen sich spekulative Investmentbanken befassen - etwa der Spekulation mit Waren, oder der Spekulation auf dem, wie ich es nennen würde, sekundären Schuldenmarkt.

Mit anderen Worten: man nimmt ein Finanzinstrument [irgendein „Wertpapier“], und man spekuliert auf seinen Wert - von Tag zu Tag, ganz im Gegensatz - wenn man die Zeitrahmen betrachtet - zu allem, was in der Realwirtschaft vor sich geht.

Das Glass-Steagall-Gesetz besagte, daß eine Geschäftsbank - eine Bank, die Einlagen der Bürger hält und diese Einlagen für bestimmte Dinge verwendet, Hypotheken etc., also Investitionen in die Realwirtschaft - keine Spekulationen betreiben durfte. Und es gab eine Reihe von Vorschriften, daß sie daran keine Eigentumsrechte haben durfte. Mit anderen Worten: die Bank durfte nicht mit den Ersparnissen der Bürger spekulieren, um damit Gewinne für sich selbst zu machen.

Es war also eine vollkommene Brandmauer. Es gab zwei verschiedene Formen von Banken, und die einen durften sich nicht in den Aktivitäten der anderen engagieren. Es gab auch bestimmte Kontrollen in Bezug auf die Zinssätze, die bestimmte Banken zahlen durften, etwa Sparkassen. Man nannte das die Q-Regel, die die Sparkassen bis 1980, als das auf Initiative von Phil Gramm aufgehoben wurde, hinsichtlich der Natur ihrer Investitionen und der Zinsen, die sie zahlen konnten, regulierte.

Das war also eine sehr rigorose Regulierung, die die Geschäftsbanken, d.h. die von den Bundesstaaten und der Bundesregierung zugelassenen Banken, in  Schranken hielt. Es gab auch eine gewisse Trennung zwischen den Banken des Bundes und denen der Bundesstaaten. Diese Dinge waren streng geregelt, sodaß die Banken ihre Investitionen auf die Realwirtschaft hin ausrichten mußten und ziemlich beschränkt waren. Wie ich sagte, es gab keinen sekundären Markt für Schulden. Man konnte nicht Hypotheken verkaufen und sie dann verbriefen - wie man es heute tut - und sie in Instrumente verwandeln, deren Wert dann der Spekulation ausgeliefert ist.

Glass-Steagall war also eine völlige Trennung von dieser Art von Bankwesen. Und das wollte Greenspan durchbrechen, sodaß man faktisch die Einlagen der Geschäftsbanken nehmen und für die verrücktesten, unregulierten Spekulationen verwenden konnte.

 

Cerritani: Wenn man diese Brandmauer zwischen den Konsumentenbanken und den Investmentbanken nicht hat, dann haben die Konsumentenbanken, wenn sie Schulden machen, nichts mehr, womit sie diese absichern können, es sei denn, daß sie die reale Wirtschaft plündern.

 

Rubinstein: Offen gesagt, dann haben sie auch keine Vermögenswerte, mit denen sie diese Schulden absichern können - man betrachte nur die Verfahrensweise bei den Hypotheken. Bei einigen dieser Dinge reagieren die Leute und sagen, ,Das kann doch nicht wahr sein!’, aber genau so ist es, und es ist verrückt!

Ein hypothekenbesichertes Wertpapier z.B. ist eigentlich keine Hypothek. Sie besitzen die Hypothek nicht. Sie bündeln eine Reihe von Hypotheken, und geben ihnen verschiedene Bewertungen, und dann schließen sie Wetten über den Wert dieses Wertpapiers ab, das nicht die Hypothek selbst ist. Man könnte vielleicht sagen, daß sie irgendwie dahintersteht, aber es ist nicht die Hypothek selbst. Es geht nur darum, wieviel die Leute bereit sind, für diese Wertpapiere, diese neuen Finanzinstrumente zu bezahlen. Und dann wetten sie über deren Wert - und  diese Wetten können natürlich sehr kurzfristig sein. Diese Dinge können über Nacht kollabieren. Während man, wenn man die Hypothek besitzt, diese Hypothek 20 oder 30 Jahre lang besitzt. Und das ist die Investition.

 

Cerritani: Franklin Roosevelt sagte, ich glaube, es war gegenüber J.P. Morgen: „Sie können eine Geschäftsbank sein, oder sie können eine Investmentbank sein - aber nicht beides.“ Was haben Roosevelt oder seine Regierung da in Bezug auf die Banken verstanden? Denn es war nicht - das wird offensichtlich, wenn man Roosevelts Geschichte betrachtet, oder die Wirkung, die die Deregulierung in der physischen Wirtschaft bewirkte - es war nicht bloß das unverantwortliche monetäre und finanzielle Verhalten. Es hat ein politisches Ziel, es hat physische Implikationen für das künftige Leben der Menschen. Was war es, was Franklin Roosevelt verstand, als er 1933 dieses ganze Bankregulierungspaket in Kraft setzte?

 

Rubinstein: Nun, er verstand, daß die Regierung eine Aufgabe hatte, daß sie dafür existierte, der künftigen Entwicklung der Wirtschaft für die Bevölkerung insgesamt wenigstens einen gewissen Schutz zu geben. Er ging also von Prinzipien aus. Ich glaube, der eine Teil des Problems ist, daß man es als Bankwesen an sich betrachtet. Man beschäftigt sich mit den technischen Details des Bankwesens, was ist mit diesem Fall oder mit jenem. Aber man muß nach einem Prinzip arbeiten.

Und um Roosevelt zu verstehen: Roosevelts Ur-Ur-Großvater Isaac Roosevelt arbeitete mit Alexander Hamilton zusammen, bei der Gründung der ersten Nationalbank. Nun, das gibt wirklich eine Vorstellung: Roosevelt hatte eine Idee des Nationalbankwesens, daß die Regierung eine Rolle dabei hatte, im Fall von Hamilton, die Staatsschulden zu nutzen, die im Revolutionskrieg aufgenommen worden waren, und ihre Laufzeit zu verlängern, um sie als Basis für Investitionen in die physische Wirtschaft zu nutzen - Infrastruktur, Technologie, alles, was Alexander Hamilton in seinem „Bericht über das Manufakturwesen“ beschrieb.

Roosevelt schrieb als junger Mann eine kurze Abhandlung, in der er seinen Ur-Ur-Großvater und Alexander Hamilton unterstützte. Das war seine Vorstellung vom Bankwesen.

 

Cerritani: Dann ging es also nicht nur darum, daß die Regierung den Leuten sagte, was sie tun sollen?

 

Rubinstein: Nein. Ich glaube, eine der Fragen, die hier Aufmerksamkeit verdienen, ist: Was war Hamiltons Argument in den Federalist Papers? Wir brauchen eine Union. Wir brauchen eine Union von Staaten, die ein nationales, souveränes Land bilden, das vor allem seinen Kredit steuern muß, die Kreditausgabe steuern, nämlich den Kredit für die die Zukunft betreffenden physischen Aktivitäten.Und das beruht auf der gemeinsamen Entscheidung der Bundesregierung, auf der Grundlage politischer Prozesse usw., in Bezug auf das, was wir tun werden.

Nun, das ist es, was LaRouche unter einem „auf Kredit gründenden System“ versteht. Man gibt kein Geld aus und läßt die Leute dann über den Wert des Geldes spekulieren, und dann wird auf der Grundlage irgendwelcher Spekulationen am freien Markt irgend etwas investiert. Man beginnt damit, daß man die Bedürfnisse der Bevölkerung, die man durch den politischen Diskurs feststellt, nutzt, um Kredit auszugeben, und das ist alles, was die nationale Währung abdeckt. Das ist die einzige Emission von Zahlungsmitteln, und sie wird von der Regierung organisiert und vom Kongreß bewilligt.

Das war also Roosevelts Hintergrund.

Nun, Roosevelt hatte, denke ich, eine sehr direkte Erfahrung als Gouverneur des Bundesstaats New York. Denn er kämpfte intensiv gegen Holdinggesellschaften, die Eigentümer öffentlicher Versorgungsunternehmen waren. Es wurde einfach eine Strohfirma als Holdinggesellschaft gegründet, die sich dann das Einkommen der Versorgungsunternehmen gutschrieb und ihre eigenen Verluste auf die Versorgungsbetriebe übertrug, um dann auf der Grundlage dieser Einkommensströme den Wert der Aktien der Holdinggesellschaft in die Höhe zu treiben. Das war ein perfektes Beispiel für eine spekulative Hülle, die dieses Geld benutzte, um den Wert ihrer eigenen Aktien aufzupumpen und die Versorgungsbetriebe zu plündern.

 

Cerritani: Auf  Kosten der realen, physischen Wirtschaft.

 

Rubinstein: Tatsächlich versuchte Roosevelt, das Stromnetz des Bundesstaats New York zu verflechten - das hat er dann als Präsident auch getan. Und er sah das, als Gouverneur von New York, ganz ausdrücklich als Kampf gegen das Monopol der Versorgungsbetriebe.

Er wandte dabei genau das gleiche Prinzip wie bei den Banken an, denn das Gesetz über die Holdinggesellschaften für Versorgungsbetriebe tat, ich glaube 1934, genau das gleiche für die Versorgungsbetriebe. Es sagte, man kann nicht eine Holdinggesellschaft und einen Versorgungsbetrieb haben, und dann die Holding das Einkommen der Versorgungsbetriebe nehmen und finanziell investieren lassen. Der Versorgungsbetrieb muß sein Einkommen in die Infrastruktur des Versorgungsbetriebs investieren.

Er wandte also das realwirtschaftliche Prinzip an, das auf Hamilton zurückgeht. Und ich denke, daß er das in hohem Maße als sein eigenes Erbe betrachtete. Er studierte dies eingehend, als er an Polio erkrankt war. Ich glaube, wichtig dabei ist zu erkennen, daß das ein Prinzip ist, auf dem das Land gegründet wurde.

Man erinnere sich: Die Verfassung wurde 1787-1789 ausgearbeitet. Die Revolution war 1783 beendet. Bis zum Inkrafttreten der Verfassung galten als Übergangslösung die Articles of Confederation. Aber das Land zerfiel, denn es war die Beute der freimärktlerischen Interventionen des Britischen Empire. Deshalb ging es beim Verfassungskonvent darum, eine Union zu bilden, in der die Bundesregierung ein universelles Prinzip repräsentierte und die Bundesstaaten bestimmte Rechte hatten.

Das gleiche kam im Bürgerkrieg wieder auf. Lincoln kämpfte für diese Union. Ohne die Union haben wir keine Souveränität. Faktisch war das Bankengesetz von 1933, vom 16. Juni 1933, eine Wiederherstellung der Souveränität des Bundes, der Nation, über die Wirtschaft der Vereinigten Staaten, bei völliger Respektierung von privatem Besitz und privaten Investitionen. Aber es gibt ein allgemeines Prinzip, das die Ausgabe von Zahlungsmitteln regelt, das unter die Prinzipien des Kredits fällt. Ich denke, das war es, wovon Roosevelt ausging.

 

Cerritani: Und das wurde danach abgebaut. Was LaRouche sagt, ist, daß wir heute in einer Lage sind, in der wir eine Verpflichtung eingegangen sind - wir haben eigentlich den vorherrschenden Finanzmächten einen Blankoscheck ausgestellt, und wenn das Amerikanische Volk dieses Versprechen einhalten will, dann muß es sich selbst eine faschistische Sparpolitik auferlegen.

Wenn LaRouche statt dessen vorschlägt, daß wir diese fiktiven Schulden streichen, dann ist das also eigentlich eine erneute Bekräftigung dieser grundlegenden Prinzipien, auf denen das Land gegründet wurde und ohne die wir nicht mehr wirklich die Vereinigten Staaten wären; ohne die wir keine wirkliche Souveränität haben - diese einzigartige Souveränität der Vereinigten Staaten würde es nicht mehr geben.

Glaubst Du, daß dieser Abbau von Glass-Steagall und die Rettungspakete - das alles: Glaubst Du, daß das von Feinden der gleichen Art begangen wird, mit denen es Roosevelt zu tun hatte, und von den internationalen Bankenkreisen, mit denen es Lincoln zu tun hatte, und gegen die wir eine Revolution gemacht haben?

 

Rubinstein: Ja, absolut. Die Zerstörung der Vereinigten Staaten vor dem Bürgerkrieg kam von der Wiedereinführung der Sklaverei nach dem Hartford-Konvent, in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts. Und in diesem Zusammenhang kam immer wieder die Frage der Sezession auf, die Annullierung der Union, von der Calhoun aus Süd-Carolina sagte, sie sei ein Recht der Bundesstaaten: daß sie faktisch die Union zerstören dürften - und das war sogar noch vor der Gefahr der Sezession.

Die Volkswirtschaft der Vereinigten Staaten wurde durch Andrew Jackson, Martin van Buren und Belmont angegriffen, und sie gingen von dem Standpunkt aus, daß sie den damaligen britischen Freihandel durchsetzen wollten, der den Süden durch die Sklaverei plünderte, und die Idee war es, die Union zu zerstören, die Vereinigten Staaten zu zerstören, sie aufzuspalten. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten durchlitt 1837, nach der Schließung der Zweiten Nationalbank durch Jackson, eine schreckliche Krise. Die Wirtschaft kollabierte. Es gab keine Infrastruktur.

Wenn man sich beispielsweise die Frage des Eisenbahnnetzes ansieht - da gab es eine gewisse Entwicklung in den 1820er und den frühen 1830er Jahren - Baltimore & Ohio, usw. Aber dann hörte das auf. Es gab keine Entwicklung der Infrastruktur. In Illinois beispielsweise versuchten sie ein riesiges Infrastrukturprojekt, das kollabierte. Aber das Eisenbahn- und Wasserstraßennetz, das unter Lincoln, der damals Landtagsabgeordneter war, und anderen geschaffen wurde, bildete letztendlich die Grundlage für das Wachstum von Illinois.

All das wurde also angegriffen, und die Vereinigten Staaten kollabierten, bis Lincoln ins Amt kam und es hart auf hart kam, sozusagen. Es war klar, daß das Land gespalten würde. Er kam also ins Amt, und was tat er? Er führte einige universelle Prinzipien wieder ein: die Entwicklung des Eisenbahnnetzes, Wasserregulierung, die Agrar- und Bergbauschulen, die durch Landzuweisungen finanzierten Hochschulen. Und das führte zur industriellen Explosion der Vereinigten Staaten. Und es war die Politik der „Greenbacks“: er mußte die Währung wieder unter wirksame Kontrolle bringen.

Als Roosevelt ins Amt kam, war wieder ein Punkt erreicht, an dem mit der Federal Reserve - nach der Ermordung von McKinley - die Industriepolitik und die Infrastrukturpolitik kollabiert war. Die amerikanischen Eisenbahnen waren seit Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch kaum gewachsen.

 

Cerritani: Das stimmt...

 

Rubinstein: ...sogar bis heute. Wir hatten um 1900 wahrscheinlich ein ebenso gutes Eisenbahnnetz - man brauchte damals genauso viel Zeit, um mit dem Zug von Washington nach New York zu kommen, wie heute.

Und wie du schon erwähnt hast, wurden die Morgan-Interessen von den Briten hierhergeschickt. Wir haben es also mit einem britisch-venezianischen monetaristischen System zu tun, das die Vereinigten Staaten plündert und sie zerstört: die massiven Spekulationen in den 1920er Jahren, die völlige Kontrolle des Finanzsystems. Und Roosevelt kam an die Macht und stoppte das an dem Punkt, an dem wir den gleichen Weg hätten gehen können wie Europa, in den Faschismus. Roosevelt hat das verhindert.

Wir sind dann durch einen Zeitraum von 40 Jahren gegangen, nach dem Tod von Roosevelt - es begann mit Harry Truman, mit der Globalisierungspolitik, mit der Kolonialpolitik. Aber auch da ging es auf und ab. Als Kennedy ermordet wurde, stürzten wir uns in einen Krieg in Asien, was seitdem die gängige britische Politik war. Ein Krieg in Asien nach dem anderen. Das bringt eine inflationäre Tendenz in die Wirtschaft.

Aber dann kam in den achtziger und neunziger Jahren diese ganze Demontage des Finanzsystems, der Abbau von Roosevelts Regulierungen. Und dann, mit dem Finanzkrach Anfang der 2000er Jahre, am Anfang des 21. Jahrhunderts: Jetzt ist es eine pure monetäre Explosion, von rein monetären Werten. Und dieses fast körperlose Zirkulieren von monetären Aggregaten, von dem sie sagen, es sei der einzige Weg, die Finanzaggregate hoch zu halten: das mag sie vielleicht kurze Zeit hoch halten, aber dazu muß die physische Wirtschaft geplündert werden,  dadurch daß die Leute die Hypotheken und die medizinische Versorgung bezahlen. Und das ist die treibende Kraft hinter dem Faschismus, wie es LaRouche immer wieder betont.

Und solange es diese unkontrollierten monetären Emissionen gibt, haben wir faktisch Hyperinflation. Heute hat das vielleicht nicht die Form, daß man 300 Dollar für eine Gallone Milch bezahlen muß, sondern es hat die Form eines drohenden Dollarkollapses.

 

Cerritani: Richtig. Die physische Wirtschaft wurde geplündert. Und LaRouche hat gewarnt, daß, wenn diese Schulden nicht gestrichen werden, indem man auf alles im Währungs- und Finanzsystem den Glass-Steagall-Standard anwendet und sagt, „Das ist fiktiv, das streichen wir, während dieser Haufen hier tatsächlich legitime Forderungen der Finanzwirtschaft sind“ - wenn diese beiden Dinge nicht voneinander getrennt werden, dann werden die legitimen finanziellen Forderungen und Schulden, für die Landwirtschaft, Unternehmenskredite, Hypotheken, die persönlichen Konten der Leute – all das wird mit den fiktiven Schulden zugrunde gehen. Und das ganze Finanzsystem, unser ganzes Finanzsystem wird untergehen.

Dann haben wir eine Lage, in der die Bevölkerung des Planeten um mehr als die Hälfte reduziert werden könnte. Das hat es schon einmal gegeben, in dem, was LaRouche als das Finstere Zeitalter des 14. Jahrhunderts bezeichnet. Und es wird deutlicher, wenn man das aus der historischen Perspektive betrachtet, daß wir hier zwei verschiedene Systeme betrachten: Wir sehen ein monetäres System, das auf einem Empire beruht, um das Leben auf der ganzen Welt zu beherrschen gegen das, was die Vereinigten Staaten mit Erfolg in Gang gesetzt haben, nämlich eine Republik mit souveräner Kontrolle über ihre Währung, was sie zum größten Feind dieses monetaristischen Systems machte.

Wir haben vielleicht nur Tage oder Wochen, um das zu schaffen. Denn wir sind in einer Periode, wo praktisch alles einen Run auf den Dollar auslösen kann. Menschen, die unsere Schatzanleihen halten, können dann sagen: „Das ist gar nichts mehr wert“, weil das tatsächlich so ist, und dann könnte der Wert abstürzen. Und dann haben nicht nur wir, die den Dollar haben, nichts mehr, sondern auch die übrige Welt. Und es gibt einen völligen Zusammenbruch.

Wie können wir es schaffen?

 

Rubinstein: Nun, diese Dinge sind viel einfacher, als die meisten Menschen glauben. Man geht zum Kongreß und sagt: Wir setzen Glass-Steagall wieder in Kraft, das wird wieder zur  Norm. Mit anderen Worten, die Vorstellung, auf die LaRouche meiner Meinung nach hinaus will, ist die: Es geht nicht um eine schrittweise Reform, mit der wir jetzt beginnen. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat LaRouche das Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken gefordert. Und beim Vorgehen gegen die Hypothekenkrise hätte man das System wirksam gestalten, und sozusagen ausbluten können. Und das wäre das Vorbild gewesen für das, was im Laufe der Zeit zu tun gewesen wäre.

Aber durch die Stimulierungs-Programme - da wurden Billionen Dollars hineingeworfen - ist das System nun durch und durch infiziert. Und es ist unmöglich, einen einzelnen Sektor herauszugreifen und zu sagen: Wenn wir das säubern, dann haben wir einen Anfang gemacht.

Wir müssen also eine Norm schaffen. Und dieser Standard ist: Alles, was Finanzinstrument einer Investmentbank ist, tun wir in die Kühltruhe, am besten in einem einzigen Schlag. Alles, was nach Glass-Steagall von einer Geschäftsbank getrennt werden muß, wird  weggewischt. Und ich sage Dir: eine Menge von dem wird wahrscheinlich nicht einmal einen Penny für einen Dollar bringen. Wenn sie dadurch verloren haben, damit spekuliert haben, dann war das völlig aufgeblasen - ich meine, einiges davon waren elektronische Übernacht-Transfers, um ein Zehntel eines Prozents auf Myriaden von Dollar zu verdienen. Und all diese Derivate, das sind alle sekundären und tertiären Wetten auf Wetten auf Wetten - all das kommt weg.

Und die Art, das zu tun, der Standard dafür, ist: alles, was nach dem Glass-Steagal-Standard nicht in eine Geschäftsbank gehört, ist bestenfalls dubios. Und damit haben wir mit einem Schlag das Bankensystem verändert, und wir haben dann den legitimen Teil des Bankensystems geschützt. Und so kann man die hyperinflationäre Gefahr beseitigen. Und alles, was man tun muß, ist, die Aufhebung von Glass-Steagall zurückzunehmen. Das könnte an einem einzigen Tag geschehen. Und die Leute wüßten dann, daß das der Standard ist, der den Wert des Dollars schützen wird.

 

Cerritani: Das bedeutet, daß sich Larry Summers einen anderen Job suchen muß.

 

Rubinstein: Ja, richtig.

 

Cerritani: Okay. Nun, ich glaube, man könnte die Frage stellen, was geschieht, wenn wir das nicht tun, aber ich glaube, die Leute können auch ihre Phantasie einsetzen. Ich denke, das Wichtigste ist, dafür zu sorgen, daß es geschieht.

 

Rubinstein: Ich denke, wenn wir uns das Gesundheits-Gesetzes betrachten: Was ist da das Prinzip? Wir können uns es [das Gesundheitssystem] angeblich nicht mehr leisten - das nennen sie „die Kostenkurve kratzen“. Buchhalter können also Mörder sein, Massenmörder. Das sind Todesräte. Deswegen sind sie so verzweifelt bemüht zu sagen, es seien keine Todesräte. Und das bedeutet es auf breiter Front.

Seht euch die Lage bei den Arbeitsplätzen an. Es bedeutet vielleicht, daß vielleicht schon bald weitere fünf Millionen Jobs verloren gehen.

 

Cerritani: LaRouche sagte kürzlich in seiner Abhandlung „Die Zeit eines 20. Jahrestages: Jetzt, im Oktober!“ [siehe Neue Solidarität 42/2009], ganz am Ende dieses Papiers, nachdem er die Kollapsfunktion und Glass-Steagall beschrieben hatte: Wenn man es von einem moralischen Standpunkt betrachtet, dann wird deutlich, was wir tun müssen. Und dann wird auch klarer, wie die Geschichte unseres Landes organisiert wurde, was der moralische Präzedenzfall ist.

 

Rubinstein: Für mich repräsentiert LaRouche das Amerikanische System, aber in seiner fortgeschrittensten Form. Denn wir wurden durch große Projekte der Forschung und Entwicklung aufgebaut: Der Westen, die Vereinigten Staaten selbst, Kolumbus’ Reise hierher. Ich meine, jetzt reden wir über die Entwicklung des Menschen im Sonnensystem, das Mars-Projekt. Aber das bedeutet die größte Entwicklung des menschlichen Geistes, der menschlichen Kreativität, neuer Elemente des menschlichen Entdeckens.

Und man braucht LaRouches erkenntnistheoretisches Konzept über die Beschaffenheit des menschlichen Geistes und die Natur des Menschen. Und das gibt uns ein Gefühl des gewaltigen, wirklichen Respekts für das menschliche Leben, eine Liebe zum menschlichen Leben. Denn diese Eigenschaft im Menschen, die es ihm erlaubt, diese Dinge zu tun, ist die größte Macht im Universum.

 

Cerritani: Wenn man darüber nachdenkt, wenn man diese Perspektive hat, und dann zurückschaut auf das Banken- und Finanzsystem, dann zeigt das etwas mehr auf, was wir tun müssen.

 

Rubinstein: Ein gutes Beispiel hierfür ist das, was Roosevelt im Vorwort zu seinen publizierten Werken schreibt - denn man sieht Roosevelt oder Lincoln meiner Meinung nach viel zu oft als Pragmatiker, die sich einfach durchwurschtelten und irgendwie den richtigen Instinkt oder so etwas hatten. Er schreibt dort:

„Der New Deal war im Grunde beabsichtigt als ein moderner Ausdruck der Ideale, die vor 150 Jahren in der Präambel der Verfassung der Vereinigten Staaten vorgetragen wurden: eine vollkommenere Union, Gerechtigkeit, Frieden im Innern, gemeinsame Verteidigung, Gemeinwohl und der Segen der Freiheit für uns und unsere Nachkommen.“

Nun, Lyndon LaRouche hat immer wieder den Punkt hervorgehoben, daß es um dieses Prinzip geht: das ist das Prinzip, auf dem unser Land begründet ist. Was Roosevelt sagt, ist, daß dies das Prinzip des New Deal war. Und das ist das Prinzip, das man verstehen muß, um das Bankengesetz, Glass-Steagall zu verstehen - darum geht es in einem Kreditsystem, wie es uns Lyn [LaRouche] zeigt.

 

Cerritani: Genau. Es ist das gleiche Prinzip, nur eine andere Zeit...

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Warum wir zum Glass-Steagall-Standard zurückkehren müssen
- Neue Solidarität 43/2009
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