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Neue Solidarität
Nr. 44, 28. Oktober 2009

Dr.-Karl-Brandt-Preis 2009 entblößt Weyma Lübbe

Euthanasie. Mit der Verleihung des „Dr.-Karl-Brandt-Preises“ protestierte die BüSo dagegen, daß die Verweigerung medizinischer Leistungen aus Kostengründen salonfähig gemacht wird.

Am Montag, dem 19. Oktober 2009 wurde in der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg ein Preis für besondere wissenschaftliche Leistungen verliehen. Es ging aber nicht um neue Erfindungen oder technologische Neuerungen, die die Menschheit voranbringen, sondern den Preis, der freundlicherweise von der CommerzBank-Stiftung mit 30.000 Euro dotiert ist, erhielt Frau Prof. Dr. Weyma Lübbe für ihre Arbeit an der Allokationsethik.1 Dieser blumige Begriff umschreibt die Richtlinien für die Zuteilung medizinischer Versorgung, eine Veränderung unserer Ansprüche, gerade jetzt in der Krise, wenn das Geld knapp ist.

Lübbe ist praktische Philosophin, d.h. sie muß sich nicht mit den ewigen Fragen nach der Würde des Menschen oder dem Sinn des Lebens auseinandersetzen, sie hat sich der Suche nach einer Begründung der Sparpolitik, insbesondere im Gesundheitswesen, verschrieben.Da wir in Deutschland aber aufgrund unserer Geschichte der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts besonders empfindlich auf Sparpolitik im Gesundheitswesen reagieren, nennt man Umverteilung oder Rationierung einfach Reallokation, und schon kann man dafür 30.000 Euro Unterstützung erhalten.

Nachdem ein Sprecher der Akademie der Wissenschaften das Wort ergriff - der Vorsitzende hatte kurzfristig abgesagt, sich also gedrückt - hatte Klaus Peter Müller von der Commerzbank-Stiftung die Möglichkeit, den mehr als 200 Anwesenden aus Politik und Wirtschaft seine Ansichten mitzuteilen. Er ging darauf ein, daß eine Wertediskussion gerade jetzt nötig ist, weil, wie er meine, alle Leute gierig sind, und deshalb sei diese Krise erst entstanden - jeder brave Deutsche fühlt sich bei diesem Vorwurf in seiner „Kollektivschuld“ bestätigt und würde mit Freude eine Wertediskussion beginnen.

In der Laudatio wurde Frau Lübbe von Christine Windbichler, Akademiemitglied und Spezialistin für Konzernrecht, gelobt: Bei der Entscheidung habe man einfach eine „gute Wahl getroffen“. Dann stellte sie Prof. Dr. Weyma Lübbe ein bißchen vor.

In ihrer Habilitationsschrift beschäftigte sie sich mit „komplexen sozialen Prozessen“, „Handeln und Nicht-Handeln bei Sterbenden“ und Allokationsethik. In Wirklichkeit geht es bei der Allokationsethik um die Verteilung medizinischer Versorgung im Gesundheitswesen. Dies ist Ausdruck der falschen Grundannahme, daß wir nur eine begrenzte Geldmenge zur Verfügung haben. Dies trifft aber nicht auf die „systemrelevanten“ und bankrotten Banken zu. Gerade die Hypo Real Estate Bank, welche einen Nominalwert von 0,- Euro (ja, genau, null – gar nichts, d.h. wertlos) hat, wurde mit mehr als hundert Milliarden Euro „gerettet“. Diese riesigen Geldmengen sind praktisch verloren und müssen jetzt woanders wieder „eingespart“ werden.

Gespart wird jetzt mit Hilfe von Gesundheitsökonomen, die entscheiden, welche Behandlungen und Therapien in Zeiten der Krise noch zur Verfügung gestellt werden können. Genau dafür braucht man „Experten“ wie Ezekiel Emanuel mit dem geplanten IMAC in den USA, ein Gremium namens NICE in Großbritannien oder das IQWIG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) in Deutschland - und eben auch Prof. Dr. Weyma Lübbe.

In ihrer Danksagung stellte Weyma Lübbe das Buch „Was bin ich Wert?“ von Jörn Klare vor. Im Verlauf des Vortrags merkte man, daß sie zwar „kritisch“ gegenüber einer Bewertung menschlichen Lebens sei, aber letzten Endes machte sie klar, daß es keine klare Grenze zwischen dem ökonomischen und ethischen Wert eines Menschen gibt.

Bevor Werner Güth seine mathematisch-statistische Verteidigungsrede zur Verhaltensökonomie geben konnte, um damit bereits die Anwesenden mit seinem Vortrag einzuschläfern, fand dann die Übergabe des Dr.-Karl-Brandt-Preises 2009 durch zwei junge Mitglieder der LaRouche-Bewegung statt.

Vor dem überraschten Auditorium, dem nicht nur Akademiemitglieder, sondern auch Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglieder aus Banken und Industrien angehörten, wurde der Preis offiziell übergeben. Man überreichte den Preis mit den Worten: „Wir haben uns entschlossen, Prof. Dr. Weyma Lübbe den Dr.-Karl-Brandt-Preis 2009 zu verleihen, denn durch Ihre Werke zeigen Sie sich würdig. Hier, Prof. Lübbe, diesen Preis haben Sie wirklich verdient!“

Viele Anwesende applaudierten, obwohl sich später bei Diskussionen am Buffet herausstellte, daß die Identität des Dr. Brandt - Leibarzt und Euthanasie-Beauftragter Hitlers - in diesem Zusammenhang kaum bekannt ist. Auf die freundliche Anfrage, ob Prof. Dr. Weyma Lübbe für ein Foto mit dem Dr.-Karl-Brandt-Preis 2009 etwas Zeit habe, reagierte sie unfreundlich zischend: „Sie haben wohl 'nen Vogel!“

Auf dem Gendarmenmarkt, direkt vor dem Akademiegebäude, veranstaltete die BüSo ein Straßentheater zur feierlichen Preisverleihung des Dr.-Karl-Brandt-Preises 2009, sodaß am Ende der Veranstaltung jeder der Gäste mit einem BüSo-Flugblatt gegen Rationierung im Gesundheitswesen verabschiedet werden konnte. Frau Prof. Dr. Weyma Lübbe wollte keins.

Leona S. Meyer, Kai-Uwe Ducke


Anmerkung.

1. Unter Allokation (lat.: locare, mlat.: allocare „platzieren“, im weiteren Sinne „zuteilen“) versteht man allgemein die Zuordnung von beschränkten Ressourcen zu potentiellen Verwendern. Kennzeichnend ist, daß eine bereits allozierte Ressource nicht gleichzeitig einem anderen Subjekt oder Objekt zur Verfügung stehen kann.

Mit Ethik meint man die praktische Philosophie, d.h. man bringt der normalen Bevölkerung ein bestimmtes Denkmodell bei, ohne auf zugrundeliegende Denkansichten einzugehen.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schluß mit der englischen Krankheit im Gesundheitswesen!
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