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Neue Solidarität
Nr. 41, 7. Oktober 2009

Widerstand gegen EU-verordnete Sparpolitik wächst

Vor dem zweiten Referendum in Irland am 2. Oktober wendet sich die Stimmung zunehmend gegen den Lissaboner Vertrag - trotz einer massiven Propaganda-Offensive der Europäischen Kommission.

Erneut werden Vorwürfe gegen die Europäische Kommission erhoben, sie mische sich widerrechtlich in den Wahlkampf vor dem zweiten Referendum in Irland über den Vertrag von Lissabon ein, diesmal durch eine 16-seitige „Informations-Beilage“, die in einer Auflage von 1,1 Millionen Exemplaren den führenden Zeitungen des Landes beigelegt wurde. Kostenpunkt: nicht weniger als 139.000 Pfund Sterling, nach einem Bericht des Daily Telegraph vom 29. September. Natürlich war diese „Information“ voller Propaganda für die EU, mit solchen Aussagen wie „Heute genießen die Mitglieder der EU einen Reichtum an Vorteilen: einen freien Markt mit einer Währung, die den Handel erleichtert und effizienter macht, Arbeitsplätze schafft und die Rechte der Arbeitnehmer stärkt.“ Der Telegraph erwähnt, daß es sogar innerhalb der EU und der Kommission Vorbehalte hinsichtlich der Legalität einer solchen Intervention gab.

Patricia McKenna, eine frühere Europa-Abgeordnete der irischen Grünen Partei, verurteilte diese Einmischung: „Die EU-Kommission kann mit den massiven Geldern und Ressourcen, die ihr Dank des Steuerzahlers zur Verfügung stehen, einfach Geld rausschmeißen, um die Meinung der Iren vor der Abstimmung zu beeinflussen. Wir dagegen müssen mit äußerst knappen Mitteln arbeiten.“ Das sei eine gesetzeswidrige Nutzung der Gelder europäischer Steuerzahler, da die Europäische Kommission bei der Ratifizierung des Vertrages keinerlei Kompetenzen hat. „Es ist eine grobe Einmischung. Ich lasse mich derzeit von Anwälten beraten. Wir werden eine einstweilige Verfügung beantragen, wenn sie das Heft noch anderswo herausbringen.“

Die EU hat gute Gründe zu dieser Mogelei, denn die Nein-Stimmung in Irland wächst. Eine Umfrage, die Anfang September von Gegnern des Lissaboner Vertrags durchgeführt wurde - die übrigens vor dem ersten Referendum über den Vertrag als einzige richtig lagen -, ergab, daß 51% der Iren mit Nein und nur 33% mit Ja stimmen würden.

So berichtete in der Montagsausgabe der Irish Times ein Journalist über seine Tour mit der „No“-Kampagne von Declan Ganley. Unter dem Titel: „Wohngebiete werden zu Niemandsland“ beschrieb er, wie “normale arbeitende Menschen“, die „am schlimmsten von Arbeitsplatzverlust und sozialen Einschnitten betroffen sind“, mit „Nein“ stimmen würden, und zwar aus Wut und Ärger über die Regierung. Auch die Mehrheit der unentschiedenen Wähler tendiere nach seinen Beobachtungen eher zu einem „Nein“. Der Reporter berichtete, er habe nur einen einzigen Wähler gefunden, der mit „Ja“ stimmen wolle.

Über 20.000 irische Taxi-Fahrer demonstrieren mit Aufklebern, Postern und Flugblättern ihren Unmut über die Regierung. Diese müsse die Verantwortung für die Wirtschaftskrise tragen, aber statt dessen rette sie jetzt die „Bankster“.

Die No-Kampagne der CAEUC-Allianz weist direkt auf die jetzt schon von der EU verordnete massive Sparpolitik  hin. Bei einer öffentlichen Veranstaltung im Dubliner Büro des EU-Parlaments griff  CAEUC-Sprecher Brendan Young den irischen Premierminister Cowen wegen dessen Kürzungsforderungen an. Dieser hatte gesagt, laut EU-Regeln müsse das Defizit drastisch reduziert werden, und sich dabei auf Äußerungen seines „Freundes Barroso“ vom April bezogen.

Brendan Young wörtlich: „...Statt die Politik zu verändern, die zu der Finanzkrise führte, wollen Cowen und Barroso sie noch verstärken. Genau das würde durch den Lissabon-Vertrag passieren. Eine Ja-Stimme für Lissabon bedeutet erhöhten Druck, zu sparen, denn Artikel 136 überträgt der EU noch mehr Macht, öffentliche Ausgaben zu begrenzen. In der Zwischenzeit wird die Regierung sich 54 Mrd. Euro von der Europäischen Zentralbank ausleihen, um irische Banken von ihren schlechten Schulden zu befreien. Bezahlen müssen die Steuerzahler durch das NAMA-Programm, das von der EU abgesegnet ist. Die Bedingungen der EZB für ihre Geldvergabe lauten, daß die Banken nicht von ihrer ,Profitmaximierung zugunsten anderer Ziele' abgelenkt werden sollen, z.B. Vollbeschäftigung, öffentliche Dienste oder Umweltschutz. Es ist sicherlich an der Zeit, die neoliberale Politik eines Cowen und Barroso, die zum Krach führte und die der Lissabon-Vertrag noch verstärken würde, zu beenden.“

Dem kann man nur zustimmen. Statt der Diktatur der Finanzmärkte über Regierungen nebst ihren Bürokratenhelfern brauchen wir jetzt das Abschreiben des Giftmülls, das Ende von Maastricht und Euro sowie ein weltweites System staatlicher produktiver Kreditschöpfung, das dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Ein irisches „Nein“ am 2. Oktober wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

bueso