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Neue Solidarität
Nr. 35, 26. August 2009

Realwirtschaft im freien Fall:
Schluß mit der Realitätsverdrängung von Medien und Politikern!

Von Katarzyna Kruczkowski,
OB-Kandidatin der BüSo für Essen

Die These des baldigen Wirtschaftsaufschwungs wird mit akrobatischen Statistiken und phantasiereichen Zukunftsprognosen untermauert und zielt natürlich darauf ab, das naive Wunschdenken in der Bevölkerung und bei den Entscheidungsträgern der Politik zu verstärken.

Man hört es von Finanzanalysten, Investoren, Chefvolkswirten, Wirtschaftsforschern und vielen anderen selbsternannten Experten: „Die Zuversicht auf ein baldiges Anziehen der Konjunktur wächst - spätestens 2010... Man muß nur abwarten, denn der Markt regelt sich schon von selbst.“

Hin und wieder werden einige Schreckensmeldungen verbreitet, die nur dem Zweck dienen, die Notwendigkeit weiterer Sparmaßnahmen im Sozialsystem bei gleichzeitiger Bereitstellung von Rettungspaketen für marode Banken zu akzeptieren. Sicherstellen muß der Märchenerzähler dabei nur, auf keinen Fall einen Hoffnungsschimmer oder eine wage Idee aufkommen zu lassen, daß es eine Alternative zur neoliberalen Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt.

So werden wir nun von der Medien-Märchenwelt informiert über die „erzkonservativen Republikaner“, „Angstmacher“ und den „radikalen Mob“, der verhindern will, daß US-Präsident Barack Obama seine geplante Gesundheitsreform durchführt, die angeblich für die fast 50 Millionen nicht versicherten Amerikaner eine allgemeine Krankenversicherung schaffen soll. Dabei wird dieser gute Samariter fast überall zitiert: „Irgend jemand hat das Gerücht in Umlauf gebracht, daß Todes-Komitees bei Oma den Stecker rausziehen werden, weil es zu teuer wäre, sie leben zu lassen. Ich will heute Klarheit schaffen: So etwas befürworte ich nicht.“

Nicht erwähnt wird, daß Obama nach eigener Aussage in den nächsten zehn Jahren 2 Bio. $ im bestehenden Krankenversicherungssystem einsparen will, vor allem bei Medicare und Medicaid, die Kinder, Behinderte, ältere und arme Menschen versichern. Ebenso werden die Erfinder und Vollstrecker seiner Gesundheitsreform in der deutschen Medien-Märchenwelt nicht zitiert - wohlwissend, welche Assoziationen damit ausgelöst würden -, wie beispielsweise der derzeitige Gesundheitsberater des weißen Hauses, Ezekiel Emanuel, der in seinem Artikel vom 31.01.2009 in der britischen Medizinzeitschrift Lancet über die moderne Bevölkerungsreduzierung schreibt. Seine Methode „liefert eine Kurve, auf der Personen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren die besten Chancen haben, während die Chancen bei den jüngsten und ältesten Menschen abfallen“ und daß „der Tod einer 20jährigen Frau intuitiv schlimmer ist als der eines zweimonatigen Mädchens.“

Bild: Lancet/Ezekiel Emanuel
Diese Kurve zeigt, mit welcher Wahrscheinlichkeit Patienten der entsprechenden Altersgruppen nach den Vorstellungen von Obamas Gesundheitsreform-Berater Zugang zu „knappen“ medizinischen Ressourcen erhalten sollen: Wer älter als 55 ist, hat dann eben Pech gehabt...

Dieser Emanuel ist nun beauftragt worden, eine einheitliche Regelung zur Verweigerung von Behandlungen zu entwerfen, und daß die US-Bevölkerung dagegen auf die Barrikaden geht, ist nicht nur verständlich, sondern von der Moral und vom gesunden Menschenverstand her geboten. (Wenn Sie sich ein wahres Bild von der Revolte bei den überfüllten Bürgerversammlungen machen wollen, sollten Sie sich die folgenden Seiten im Internet ansehen: www.youtube.com/watch?v=J-Bpshk5nX0 oder www.youtube.com/watch?v=a8UjY3YDIwA.)

Diese neue revolutionäre Lage in den USA wird bestimmend für die Wahlen in Deutschland, und gerade deswegen will man uns einen Märchenprinzen aufbinden. Die Masche, einen Teil der Kosten der Rettungspakete für die maroden Finanzinstitute durch radikale Sparkonzepte - insbesondere im Gesundheitswesen - zu decken, macht nämlich auch in Deutschland erschreckende Fortschritte.

Wir sehen kollabierende Steuereinahmen, die wachsende Belastung der Kranken-, Renten- und Sozialversicherungen durch die steigende Anzahl von Arbeitslosen, das Wegbrechen grundlegender Kernstücke der Realwirtschaft, sowie die in immer größere Not geratenden kleinen und mittelständischen Betriebe, die immerhin 99,7% aller deutschen Unternehmen ausmachen und 70% der Arbeitsplätze und 83% der Ausbildungsstellen in Deutschland bieten. Viele behelfen sich kurzfristig damit, ihre Mitarbeiter in die Kurzarbeit zu schicken, wie die Stauder-Brauerei mit ihren 110 Mitarbeitern oder Thyssen-Krupp, das in Folge der Globalisierung nach Entlassungen, Fusion und anderen Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre dieses Jahr 48% weniger Aufträge erhielt und nun deutschlandweit 29.000 Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzte und einen weiteren Arbeitsplatzabbau plant.

Die Reaktion von Seiten der Politik - ob Abwrackprämie oder Konjunkturpaketchen - zeigt, daß sich unsere Politiker im Wunderland der Medien verlaufen haben und sich nun wie kleine Kinder über das Geld des Konjunkturpaketchens II (für Essen 70,1 Mio Euro) freuen, um neben „Haushaltkonsolidierungen“ endlich diverse Gebäude der Stadt Essen schön anstreichen zu können - anscheinend nur, um den Schein zu wahren, denn damit ist das Absterben einer Stadt nicht aufzuhalten, die einst eine Industriemetropole mit aufstrebenden Perspektiven und der Inbegriff von technologischem und wissenschaftlichem Fortschritt war.

Um diese katastrophale Entwicklung der letzten Jahrzehnte und die komplette Stillegung unserer produktiven Kapazitäten aufzuhalten, muß eine Ursachenanalyse dieser Zusammenbruchskrise auf allen Ebenen durchgeführt werden, um einerseits die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen und anderseits eine schützende Gesetzgebung zu verfassen, die solche spekulierende Machenschaften unterbindet und unter hohe Strafen stellt. Der Giftmüll der Banken, der bisher weiterhin mit unseren Steuergeldern honoriert wird, muß abgeschrieben werden, und die Banken müssen ein ordentliches Insolvenzverfahren durchlaufen. Dann sollte die Regierung, nachdem sie sich ihre Souveränität von den Brüsseler Bürokraten zurückgeholt hat, eine Kreditlinie schaffen zu niedrigen Zinsen und auf langfristiger Basis, die nur von Betrieben der produktiven Realwirtschaft bezogen werden kann und sich an diversen Projekten, wie z.B. dem Bau eines Transrapid-Verkehrsnetzes oder des CargoCap, direkt oder indirekt beteiligt.

Nicht die Wirtschaftskrise, auch die Glaubwürdigkeit der etablierten Politiker hat die Talsohle erreicht. Je länger unsere Politiker tatenlos zusehen, wie die Realwirtschaft und damit das Herz einer gesunden Wirtschaft auseinanderbricht, je länger sie sich weigern, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, für die ich mich mit der BüSo einsetze, desto mehr Menschen werden mit den immer schlimmeren Auswirkungen im realen Leben konfrontiert sein, und desto stärker wird sich die wachsende Wut und Verzweiflung in der Bevölkerung über Rettungspakete, Kurzarbeit und hohle Wahlversprechen zu einem Widerstand entladen. Selbst wenn die Mehrheit derzeit noch eher den Eindruck macht, daß sie alles über sich ergehen läßt, können - wie das Beispiel der USA zeigt - einige wenige, die überzeugt an den Prinzipien der menschlichen Vernunft festhalten, einen wirkungsvollen Widerstand schaffen und derart verbreitern, daß sich die Politik danach richten muß, ähnlich wie das deutsche Volk 1989 den Mauerfall erzwang, auch wenn es sich gleich darauf wieder betrügen ließ.

Entweder werden unsere Politiker von derselben betrügerischen Absicht der Finanzoligarchen geleitet, oder sie befinden sich geistig immer noch in der Märchenstunde und hoffen auf ein romantisches „Happy End“. In beiden Fällen sind sie gerade in dieser entscheidenden Phase nicht geeignet, die Interessen des Volkes zu vertreten - weder auf Kommunal- noch auf Bundesebene.

Schon allein aus seinem Eigeninteresse heraus sollte jeder Bürger diese Politiker durch die Wahlen am 30. August  und 27. September aus dem Verkehr ziehen, bevor sie noch mehr Schaden anrichten. Wie es sich bei den Entscheidungen über den EU-Vertrag, Rettungspaketen oder Bad Banks zeigte, sind sie mehrmals als „Volksvertreter“ kläglich durchgefallen, und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß die notwendige Umorientierung zum Schutze des Gemeinwohls auch nur ansatzweise vollzogen wurde.

Wir müssen uns auf das Grundgesetz stützen, das vorsieht, unsere Vertreter spätestens bei den Wahlen auf Herz und Nieren zu prüfen. Nachdem diese seit über dreißig Jahren ihre Pflichten vernachlässigen und zur Verbreitung von Irrglauben durch die Medienwelt beitragen, sollten wir Bürger uns nicht entmutigen lassen, sondern wesentlicher Teil der Abkehr vom neoliberalen Denksystem werden und den Wiederaufbaus einer realen produktiven Wirtschaft erzwingen, in der der Mensch als kreativer Dichter, Denker und Erfinder gesehen wird, und nicht bloß als Kostenfaktor und Umweltverschmutzer.

Wählen Sie am 30. August und am 27. September die Kandidaten der Bürgerrechtsbewegung Solidarität!

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Für eine neue industrielle Revolution!
- Neue Solidarität Nr. 34/2009
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- Neue Solidarität Nr. 33/2009
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- Neue Solidarität Nr. 14/2005