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Neue Solidarität
Nr. 32, 5. August 2009

Italien: Senat fordert systemische Reform

Der italienische Senat stimmte am 28. Juli einer von Senator Oskar Peterlini eingebrachten Resolution zu, in der erklärt wird, daß bloße Korrekturen am existierenden Finanzsystem nicht ausreichen.

Nachdem auf dem G8-Gipfel Anfang Juli im italienischen L’Aquila wieder versäumt wurde, ernsthaft gegen die akute Zusammenbruchskrise der Weltwirtschaft vorzugehen, unternimmt in Italien die bedeutende Fraktion für ein Neues Bretton Woods neue Schritte für eine Konkurssanierung des internationalen Finanz- und Währungssystem, wie sie Lyndon LaRouche vorgeschlagen hat. Im Rahmen der Parlamentsdebatte über die Ergebnisse des G8-Gipfels stimmte der Senat für eine von Senator Oskar Peterlini eingebrachte Resolution, worin die Regierung zum Handeln aufgefordert wird, „um eine fundamentale Änderung des internationalen Währungs- und Finanzsystems auf der Grundlage des Neuen Bretton Woods zu erreichen“. (Sie finden die Resolution im Wortlaut in dieser Ausgabe auf Seite 6.)

Peterlini, der die Südtiroler Volkspartei (SVP) in der Region Trentino-Südtirol vertritt, hatte schon im Oktober 2008 eine ähnliche Resolution für ein Neues Bretton Woods eingebracht, über die dann am 24. Februar im Senatsplenum eine ausführliche Debatte zu den notwendigen Maßnahmen zur Überwindung der Krise stattfand.

Die neue Initiative ist Teil des laufenden Machtkampfs zwischen der Fraktion des Britischen Empire auf der einen Seite und andererseits den Kräften, die auf eine Reform im Sinne LaRouches hinarbeiten. Dabei ist die politische Lage in Italien unter den Industrieländern ziemlich einzigartig, weil es dort eine Reihe intelligenter Politiker gibt, die keine Angst haben, ihre Ansichten offen auszusprechen. Als Resultat der zahlreichen Interventionen der LaRouche-Bewegung in diese politisch offene Lage in den vergangenen Jahren wurde Italien beim G8-Gipfel praktisch zum Vertreter der Position des Neuen Bretton Woods. Dies ist nicht zuletzt Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti zu verdanken, einem erklärten Befürworter einer Reorganisation des Weltfinanzsystems, der sich auch nicht scheut, zu sagen, daß er diese Idee von LaRouche übernommen hat.

Als Italien turnusmäßig den Vorsitz der G8 führte, förderte Tremonti einen Diskussionsprozeß unter den Mitgliedstaaten über neue Regeln für das globale Wirtschafts- und Finanzsystem. Dies ist inzwischen unter der Bezeichnung „Lecce-Rahmen“ bekannt, nach dem Ort Lecce, wo die Finanzminister der G8 sich am 13. Juni auf ein Dokument einigten, das die Grundlage für die Diskussion über neue, strengere Regeln für das Weltfinanz- und Wirtschaftssystem bilden soll. Bisher gehen die Vorschläge allerdings noch nicht über Maßnahmen jener Art hinaus, wie sie beim G20-Gipfel Anfang April in London vorgeschlagen wurden - wie einige schwache Vorschriften für mehr „Transparenz“ sowie eine weitere Machtkonzentration in den Händen gerade der Institutionen, die das Übel der Globalisierung, die Wurzel der gegenwärtigen Krise, besonders gefördert haben.

So sollen ausgerechnet dem Finanzstabilitätsrat (FSB) und seinem Vorsitzenden Mario Draghi, dem Chef der italienischen Zentralbank und langjähriger Unterstützer der globalistischen Agenda Londons, zusätzliche Befugnisse eingeräumt wurden. Allein daran läßt sich schon erkennen, daß diese Politik verhindern soll, daß souveräne Nationen das Finanzsystem grundsätzlich verändern. Solange die Macht in den Händen der Globalisierer liegt, wird man sogenannte „größere Transparenz“ nur dazu nutzen, wirklich sinnvolle Maßnahmen zu vermeiden.

System nicht regulieren, sondern ersetzen

Peterlinis Resolution im Senat in Rom zielt nun darauf ab, den Reformkräften mehr Sichtbarkeit und Unterstützung zu verschaffen. Während die Resolutionen anderer Fraktionen zum G8-Gipfel weitgehend von engstirnigen Argumenten für und gegen die gegenwärtige Regierung bestimmt waren, konzentriert sich Peterlinis Antrag auf die Inhalte. Es wird darin betont, daß die Diskussion über den Lecce-Rahmen in der Zeit bis zum G20-Gipfel in Pittsburgh Ende September weiter vorangetrieben werden und man sich dabei auf LaRouches Konzept eines Neuen Bretton Woods konzentrieren sollte. Besonders bemerkenswert ist, daß ausdrücklich festgestellt wird, die gegenwärtigen Reformvorschläge seien ein sinnloser Versuch, ein System mehr zu regulieren, das eigentlich ganz abgeschafft und durch ein neues ersetzt werden sollte.

Die wesentlichen Elemente der notwendigen Reform, die bereits in der Resolution vom Oktober 2008 enthalten waren, werden dann in der neuen Resolution beschrieben. Anschließend heißt es über die Mängel der bisherigen Diskussion bei der G8 und G20:

„(...) tatsächlich wurden die Mechanismen, die der Spekulation zugrunde liegen und zur Trennung der Finanzbewegungen von den Aktivitäten der Realwirtschaft geführt haben, nicht in Frage gestellt: die Verbriefungen, mit der die Verbindung zwischen Geldinstitut und Kunden gebrochen wird und die den Banken und Geldinstituten allgemein ermöglichen, von Bürgern aufgenommene Schulden als Werte zu behandeln, die man auf einem Markt handeln kann, dessen einziger Zweck ist, durch extreme Formen der Hebelung (Leverage) neue Quellen des Profits zu finden; die weitverbreitete Nutzung von Derivaten, deren ursprünglicher Zweck es war, Landwirte zu schützen, die aber zum zentralen Element einer Finanzblase geworden sind, die inzwischen so groß ist, daß man sie in Billiarden zählen muß, gegenüber der die Realwirtschaft winzig erscheint;

auch wenn es unverzichtbar ist, alle Finanzinstrumente zu regulieren - wenn wir den wirtschaftlichen Kurs ändern wollen, reicht es nicht aus, einfach nur weitergehende Informationen zur Verfügung zu haben, oder Kriterien wie eine Beschränkung der Managergehälter oder stärkere Maßnahmen gegen Korruption und Steuerhinterziehung zu schaffen; das Risiko ist, daß wir über die Praktiken, die eigentlich Teil der Ursache des Problems sind, nämlich die Monetarisierung der Wirtschaft, einfach nur mehr wissen und ihnen den Anschein von Stabilität verleihen könnten; (...)“

In der Plenardebatte am 21. Juli war die Diskussion über die Resolution unterbrochen und auf den 28. Juli vertagt worden. Die Regierung gab später bekannt, daß sie drei Resolutionen der Opposition ohne weitere Änderungen zustimmen könne, darunter auch Peterlinis Resolution. Sie wurde mit großer Mehrheit angenommen. Änderungen verlangte die Regierung hingegen bei zwei anderen Resolutionen, darunter einem Antrag der Partei „Italien der Werte“ (IDV) des Populisten Antonio Di Pietro, deren Vertreter zwar einige Elemente von LaRouches Vorschlägen aufgegriffen, aber in den Kontext eigener, utopischer Pläne für eine Weltregierung eingebettet hatten.

Andrew Spannaus und Claudio Celani

Lesen Sie hierzu bitte auch:
„Fundamentale Änderung des Weltwährungs- und Finanzsystems“
- Neue Solidarität Nr. 32/2009
Nach dem G8-Gipfeltreffen in Italien: La lotta continua - Der Kampf geht weiter
- Neue Solidarität Nr. 29/2009
Die Krise wird solange weitergehen, bis die Lösungen der BüSo akzeptiert werden!
- Neue Solidarität Nr. 17/2009
Senator Oskar Peterlini: „Wir brauchen LaRouches Neues Bretton Woods“
- Neue Solidarität Nr. 14/2009
Bretton-Woods-Debatte im italienischen Senat
- Neue Solidarität Nr. 42/2008