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Neue Solidarität
Nr. 25, 17. Juni 2009

Die gefährliche Politik des Barack Obama:
Stoppt den Faschismus der Finanzoligarchie!

Von Helga Zepp-LaRouche

Präsident Obama will die Kosten der Bankenrettungspakete wieder hereinholen, indem er ein Drittel der Gesundheitskosten einspart - also auf Kosten der Kranken und Alten. Dabei wird so getan, als sei die Finanzkrise bereits überstanden, obwohl die Wirtschaftskrise mit riesigen Schritten voranschreitet.

Dem riesigen Lug und Trug in den Medien zu diesem Thema zum Trotz: die Weltfinanz- und Wirtschaftskrise wird keineswegs bald die „Talsohle“ erreichen. Im Gegenteil, während geldversessene Spekulanten schon wieder vor Ungeduld platzen, zu ihrer Lieblingsbeschäftigung zurückzukehren, und die Börsen trotz eines beispiellosen Kollapses der Realwirtschaft schon wieder im kurzfristigen Höhenflug sind, warnen Spitzenmanager intern vor einer neuen „Mega-Korrektur“ im 3. Quartal. In Wirklichkeit ist der Zustand des Weltfinanzsystems so angespannt, daß schon der kleinste Fehler einen unkontrollierbaren Kollaps auszulösen kann. Gleichzeitig versucht die internationale Finanzoligarchie, den Schock über die Krise bei der Bevölkerung auszunutzen, um faschistische Spar- und Bevölkerungspolitik nach dem Modell der dreißiger Jahre durchzusetzen, und fordert offen die Errichtung autoritärer Regime.

Auch wenn es dem Wunschdenken derjenigen, die der Obamania verfallen waren, widerspricht: die Speerspitze dieser Politik liegt in dem Versuch Präsident Obamas, bis Juli seine Gesundheitsreform in beiden Häusern des Kongresses durchzusetzen, bei der nach seinen Worten in den nächsten zehn Jahren zwei Billionen Dollar (2000 Milliarden!) an Kosten gespart werden sollen.

Das Darthmouth-Institut für Gesundheitspolitik und klinische Praxis ist in einer zehnjährigen Studie über die Gesundheitskosten für Senioren zu dem zynischen Schluß gekommen, daß mehr Aufwand für medizinische Versorgung nicht verhindert, daß die Menschen doch sterben müssen, und da die meisten Kosten in den letzten beiden Lebensjahren auftreten, man da drastisch kürzen müsse.

In Green Bay/Wisconsin gab die Senioren-Versicherung Medicare statt der üblichen 46.412 nur 33.334 Dollar für die medizinische Versorgung alter Menschen in ihren letzten zwei Lebensjahren aus und verkürzte die Krankenhausaufenthalte von durchschnittlich 19,6 auf 14,1 Tage. Damit entsprachen die Kürzungen schon fast den von Obamas Haushaltsdirektor Peter Orzag geforderten 30%.

Jeffrey E. Thompson, Vorstandsvorsitzender des Gunderson Lutheran Health System in LaCrosse/Wisconsin, wo man ähnliche Einsparungen erreichte, brüstete sich damit, daß man dies dadurch erreicht habe, weil man Patienten hätte überreden können, Patiententestamente zu unterschreiben.

Die Washington Post verriet nun, warum Obama ausgerechnet die Stadt Green Bay im nördlichen Wisconsin mit gerade einmal 100.000 Einwohnern ausgesucht hat, um seine Werbetour für seine Gesundheitsreform zu beginnen: „Es waren die Feststellungen des Dartmouth-Instituts für Gesundheitspolitik und klinische Praxis, die in der Regierung Obama die größte Begeisterung auslösten, bis hinauf ins Oval Office.“ In seiner Rede in Green Bay betonte Obama zwar, daß die USA das teuerste Gesundheitssystem der Welt haben, verschwieg allerdings, daß rund 35% dieser Kosten der exzessiven Bürokratie und den extrem hohen Profitraten der privaten HMOs von 14-18% zu verdanken sind. Eine sophistische Verdrehung mit statistischen Zahlen war auch seine Behauptung, wenn nichts getan würde, müßte man in 30 Jahren jeden dritten verdienten Dollar für Gesundheitskosten ausgeben, was völlig außer acht läßt, daß sich dieses Verhältnis völlig danach richten wird, für welche Wirtschaftspolitik die USA und die Welt sich entscheiden werden.

Selbst die New York Times bemerkte in einem Artikel vom 7. Juni, Obama habe das „Yes we can“ längst durch ein „Ich, Ich, Ich“ ersetzt. Reporter Stanley Fish schrieb in einem Kommentar über einen neuen Ton in Obamas GM-Rede: „Es war eine Note imperialer Besessenheit, Akzente und Kadenzen eines Mannes, der sich seiner Autorität im höchsten Grade bewußt ist und sich bei deren Ausübung äußerst wohlfühlt.“

Aber auch in der Bevölkerung wächst die Ernüchterung und die Erkenntnis, daß Obama, Larry Summers, Tim Geithner, Peter Orszag und Rahm Emanuel im Prinzip die gleiche Rettungspolitik für die Banken auf Kosten der Gesundheit und des Lebensstandards der Bevölkerung machen, wie zuvor Bush und Paulson. Der wesentliche Unterschied ist die neue prominente Rolle der Verhaltensökonomen, die darauf spezialisiert sind, die Bevölkerung so zu manipulieren, daß sie die drakonischste Sparpolitik irgendwie akzeptieren soll.

Selbst als Obama noch während des Wahlkampfs und in den ersten Wochen seines Amtes den Leuten weiszumachen suchte, daß er einen wirklichen Wechsel beabsichtige, fragten sich die uninformierten, aber nachdenklicheren Zeitgenossen besorgt, ob Obama sich überhaupt, selbst wenn er es wirklich ernst meinte, gegen die führenden Finanzinteressen würde durchsetzen können. Nun wird überdeutlich: Er will oder kann es nicht, er tut exakt das, was die Finanzoligarchie, die City of London und ihre amerikanische Dependance, die Wall Street wollen; die Banken werden mit riesigen Rettungspaketen versorgt, die Kosten für Gesundheit und andere Sozialpakete sollen dramatisch gekürzt werden. Obama ist zum „Kantianer“ geworden, von „Yes, we can“ zu „No, I can’t“.

Daß Obama aber kein eigenes Wissen über Gesundheitspolitik oder Ökonomie hat, wird auch klar. Während er sich in Green Bay zum ersten Mal persönlich für die brutalen Kürzungen exponiert hat und damit konkret gegen alle Medicaid- und Medicare-Empfänger vorgeht - zuvor taten es nur seine Berater -, zeigen neue Studien, daß die Arbeitslosenzahlen schon jetzt höher sind als in der großen Depression und daß die Mittel für diese beiden Institutionen rapide kollabieren. Kalifornien und viele andere Staaten sind pleite: das Problem ist die steigende Arbeitslosigkeit, nicht die Kosten für Medicare.

Die einzige Chance, den Absturz der USA in einen faschistischen Alptraum zu verhindern, liegt in der Kampagne von Lyndon LaRouche, Obama durch eine breite Mobilisierung der Bevölkerung zu zwingen, Larry Summers, Peter Orszag, die Emanuel-Brüder und Co. zu feuern, die HMOs zu verbieten und statt dessen wieder zu der Gesundheitspolitik des Hill-Burton-Gesetzes zurückzukehren und die Obama-Administration generell auf die Tradition von Roosevelt, dem New Deal und einem Neuen Bretton Woods zu verpflichten, was Obama während des Wahlkampfs ja eigentlich versprochen hatte. Wenn die Regierung Obama nicht von ihrer menschenverachtenden Gesundheits- und generell katastrophalen Wirtschaftspolitik abgebracht werden kann, werden nicht nur die USA im Chaos versinken, sondern dann wird es keine Barriere gegen eine Eskalation der Zusammenbruchskrise weltweit geben.

Obama, der erst allmählich seine Affinität zu bestimmten britischen Kreisen offenbart hat, imitiert letztlich nur die britische Gesundheitspolitik, wo das Nationale Institut für Gesundheit und klinische Exzellenz (NICE) mit faschistischen Programmen wie „qualitätsgewichteten Lebensjahren“ (QALY) seit langem vorexerziert, wie alte und chronisch kranke Menschen systematisch wegrationiert werden.

Daß London, das Hauptquartier für über 80% aller Hedgefonds, natürlich auch das Zentrum der Verteidigung der globalen Kasinowirtschaft ist, wird auch an dem aufschlußreichen Konflikt zwischen der EU und der britischen Regierung deutlich. Der Vorstoß der EU-Kommission - die im übrigen voll an der gescheiterten neoliberalen Freihandelspolitik festhält -, drei „Aufsichtsbehörden“ in London, Frankfurt und Paris für Banken, Versicherungen und Wertpapiere einzurichten, die auch Kontrollfunktionen über die City of London ausüben könnten, hat dort zu wahren Wutausbrüchen geführt. So äußerte sich David Heathcote-Amory, ehemaliger Europaminister der Tories, London müsse die „nukleare Option“ gegen die EU einsetzen: „Wenn wir die Kontrolle über die Londoner City erst einmal verloren haben, dann werden wir sie nie wieder zurückgewinnen, und die Folgen wären katastrophal.“

Aber nicht nur die Gesundheitspolitik soll in der Tradition der dreißiger Jahre mit der Einteilung in lebenswertes und unlebenswertes Leben auf Stromlinienform gebracht werden; angefangen mit einer Konferenz am 5. Juni in der London School of Economics finden derzeit eine ganze Reihe von Konferenzen statt - soeben in Essen und Mitte des Monats in Washington -, auf denen ganz offen die Forderung erhoben wird, daß demokratische Regierungen durch autoritäre Regime ersetzt werden müssen, um angesichts des angeblichen menschengemachten Klimawandels die entsprechenden Ökodiktaturen durchzusetzen.

Es ist nur zu offensichtlich, daß die Berliner Regierung angesichts all dieser Entwicklungen mit allen Mitteln versucht, die wahre Lage der Dinge zu verschleiern, um irgendwie bis zum Wahltermin am 27. September so zu tun, als habe man alles im Griff. Daß auch der angebliche Opel-Magna-Deal eine solche Finte ist, vermutet z. B. der der IG Metall nahestehende Ökonom Heinrich Neuhof. Wie absurd und irrational die Situation in Wirklichkeit ist, belegt die Tatsache, daß einerseits der DAX seit März um knapp 40% angestiegen ist, während andererseits die Auftragseingänge im deutschen Maschinenbau im April den stärksten Einbruch in der Geschichte um 58% erlebt haben. Das Inlandsgeschäft fiel um 52%, die Auslandsnachfrage um 60% im Vergleich zum Vorjahresniveau.

Die Wirkung davon wird natürlich ein katastrophaler Einbruch bei den Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden sein. Und genau darauf spekuliert u.a. der Rhön-Klinik-Konzern, der eine Kriegskasse von 500 Millionen Euro angesammelt hat, um zum Jahresende den gestreßten Gemeinden die öffentlichen Krankenhäuser abkaufen zu können und damit dem Ziel eines flächendeckenden privaten Gesundheitsanbieters näher zu kommen. In der Zwischenzeit beginnt das Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Minister zu Guttenberg, dessen Familie bis März 2002 26,5% der Rhön Kliniken gehörten, die Weichen für eine neuerliche Verbriefung von Exportkrediten zu stellen. Das Kasino geht weiter, aber nicht mehr lange.

Auch wenn zum Glück die meisten Ärzte in Deutschland sich den Ungeheuerlichkeiten in Großbritannien und den USA entgegenstellen, die Eskalation von Finanz- und Wirtschaftskrise wird auch hier noch tiefere Löcher in die Finanzierung reißen, und wenn dann Kliniken und medizinische Versorgungszentren das öffentliche Gesundheitswesen immer mehr ersetzen, wird das Kosten-Nutzen-Denken auch hier ähnliche Konsequenzen haben. Sehr wichtig ist deshalb, daß der Vatikan jetzt vor weiteren Einschnitten bei der weltweiten Gesundheitsfürsorge warnt; vor allem die ärmeren Länder stünden vor dem Kollaps, und schon jetzt könnten Millionen Kinder ihre Möglichkeiten nicht entwickeln, weil im Gesundheitswesen große Unterschiede und Ungerechtigkeiten bestünden. Man kann nur hoffen, daß diese Worte bei der „C“SU und der „C“DU vernommen werden.

Ein Ausweg aus der Krise existiert. Er liegt genau in dem, was Lyndon LaRouche und die BüSo seit langem vorschlagen, einer Reorganisation in der Tradition des Amerikanischen Systems der Ökonomie von Alexander Hamilton, Friedrich List, Henry Carey, F.D. Roosevelt. Die große Gefahr ist eine Politik wie in den dreißiger Jahren unter Mussolini und Hitler. Es ist jetzt Zeit, zu beweisen, daß wir aus der Geschichte gelernt haben: Never again!

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