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Gewinner der Europawahlen sind vor allem die Konservativen und die Grünen, die traditionellen Sozial- und Christdemokraten werden zunehmend demontiert.
Das Ergebnis der Europawahlen zu werten als „die Rechte gewinnt, die Linke verliert“, wie es die meisten Analysten und Medien getan haben, ist zu einfach. Eine fundamentale Neuordnung der politischen Landschaft in ganz Europa ist im Gang - schon seit einiger Zeit übrigens, die Europawahl hat es jetzt nur schlagartig ans Licht gebracht. Auf der einen Seite haben die britische Labour Party und ihre sozialdemokratischen Schwesterparteien auf dem Kontinent „Wählerprügel bezogen“ - in Frankreich, Deutschland, Österreich, Spanien, in den Niederlanden, in Portugal und Ungarn -, und zwar in einem Ausmaß, der das Ende der Ära „New Labour“ deutlich macht. Der massive Ausdruck von Nichtvertrauen gegenüber den früheren sozialdemokratischen Arbeiterparteien ist die Reaktion von Millionen Wählern aus dem Gewerkschaftsmilieu darauf, daß die „neuen Sozialdemokraten“ nicht nur völlig versagt haben in dieser Weltwirtschaftskrise, sondern daß sie sogar auf der anderen Seite, nämlich bei den Globalisierern angekommen sind.
Auf der anderen Seite ist auch die Ära der traditionellen Christdemokratie zuende, wie sich an der Zunahme von Stimmen für hartgesottene Konservative zeigt. Die britischen Konservativen, die tschechische ODS und Polens PiS werden sich vom christlich-demokratischen Block (Europäische Volkspartei) abspalten, um eine eigene Gruppe im Europaparlament zu bilden.
Gleichzeitig beunruhigt die Zunahme für die Grünen, besonders in Frankreich und Deutschland, die jetzt an die dritte Stelle in den jeweiligen Parteisystemen gerückt sind und sich schon am Wahlabend als künftige Koalitionspartner für die Konservativen empfahlen. Überraschend ist die Geschwindigkeit, mit der diese Umgestaltung der Politik abläuft, nur in Frankreich, denn in Deutschland gibt es bereits zahlreiche offene Kontakte zwischen CDU und Grünen, die ja in der zweitgrößten deutschen Stadt Hamburg sogar schon eine schwarz-grüne Koalitionsregierung gebildet haben.
Wie es heißt, hat beim spektakulären Aufstieg der französischen Grünen, die nur um einen Prozentpunkt den Gleichstand mit den Sozialisten verpaßt haben, die massive Verbreitung eines radikal-ökologischen Films mit dem Titel „Home“ in den Kinos und als DVD an Schulen und Universitäten gerade in den Tagen kurz vor der Wahl eine wichtige Rolle gespielt. Der auch mit Geldern aus dem Regenwald-Projektfonds von Prince Charles finanzierte Film stellt die Behauptung auf, die Menschheit habe nur noch zehn Jahre, um sich dem angeblichen Klimawandel entgegen zu stemmen. Aufhorchen läßt weiterhin, daß französische Medien noch am Wahlabend damit begannen, den Spitzenkandidaten der französischen Grünen, Daniel Cohn-Bendit, als möglichen künftigen Präsidenten Frankreichs aufzubauen.
Der konservative französische Premierminister Fillon wertete die Europawahl als Erfolg nicht nur für seine eigene UMP, sondern auch für die grüne Liste Europe-Ecologie, und er machte dafür das starke Eintreten der Grünen für europäische Themen verantwortlich. Fillon sagte weiterhin, man müsse quer über die politischen Lager hinweg bei der Lösung zweier großer Probleme zusammenarbeiten - der Finanzmarktkrise und der globalen Erwärmung. Diese indirekte Einladung zur Kooperation zwischen UMP und Grünen honorierte Cohn-Bendit, indem er Präsident Sarkozy die grüne Unterstützung für die Forderung nach Ablösung des derzeitigen Präsidenten der EU-Kommission Barroso zusagte. Für Deutschland sagte Cohn-Bendit voraus, die Bundestagswahl werde keine ausreichende Mehrheit für CDU-CSU und FDP ergeben, dann kämen die deutschen Grünen ins Koalitionsspiel. Die Ära der Sozialdemokratie, so setzte Cohn-Bendit hinzu, sei ohnehin im Abklingen.
Das sind aber alles nur politische Codewörter für einen ganz anderen Transformationsprozeß, der sich hinter diesem Aufeinanderzugehen von Konservativen und Grünen verbirgt: das Ende der Demokratie, der Übergang in eine ökologisch begründete Diktatur. Nicht zufällig fand man Cohn-Bendit als prominenten Teilnehmer auf einer internationalen dreitägigen Konferenz in Essen unter dem Thema „Die große Transformation“, wo Vordenker der Ära von „New Labour“ wie die beiden englischen Lords Mandelson und Giddens ein Forum erhielten, um nicht nur über den Kampf gegen den angeblichen Klimawandel als neue politische Priorität zu reden, sondern auch darüber, daß „autoritäre Regime möglicherweise besser geeignet sind, um die notwendigen Maßnahmen durchzusetzen“. So las es sich im Programm der Konferenz, an der das von Angela Merkels Klimaguru Hans-Joachim Schellnhuber geleitete Potsdamer Klimaforschungsinstitut wesentlichen Anteil hatte. Zehn Jahre blieben der Menschheit noch, um den Klimawandel aufzuhalten, und Demokratien schafften das nicht, sagte in Essen auch Claus Leggewie, Mitglied im Beirat der Bundesregierung für „globale Umweltfragen“, dessen eigenes Essener Kulturwissenschaftliches Institut Gastgeber der Konferenz war. Der Marsch in die Ökodiktatur ist also in seine entscheidende Phase eingetreten. (Wir werden in der kommenden Woche ausführlicher über die Essener Konferenz berichten, d.Red.)
Den mittlerweile abgehalfterten Sozialdemokraten und Sozialisten der Ära „New Labour“ kommt hierbei, und zwar von London ausgehend, eine neue Rolle zu, nämlich als sozialarbeiterische Mitläufer des grünen Faschismus. Das Policy Network von George Mandelson und Anthony Giddens, das auch unter der jungen SPD, die sich selbst „Netzwerker“ nennen, dominierenden ideologischen Einfluß hat, strickt schon seit einigen Jahren an der neuen Weltanschauung für die Überreste der Parteien der Sozialistischen Internationalen, und der nun mit der Europawahl und den gleichzeitigen Kommunalwahlen in England sichtbare Absturz der Labour Party beschleunigt diesen Umwandlungsprozeß. In England selbst hat das von Mandelson und Giddens geknüpfte „Network“ bereits 170 Kommunen auf eine „Transformation Agenda“ des ökologischen Wirtschaftens politisch verpflichtet und sieht hierin ein Modell auch für Kommunen in anderen Ländern.
In Deutschland sind die Grünen in etlichen Kommunen an der SPD längst vorbeigezogen und haben in einigen Fällen, wie jetzt bei der Kommunalwahl in Stuttgart, sogar die CDU abgehängt und sind dort mittlerweile stärkste politische Kraft. Sollte dieser verhängnisvolle Trend nicht gebrochen werden, ist der Zeitpunkt, an dem ähnlich wie jetzt in Frankreich ein Spitzengrüner als möglicher künftiger Regierungschef gehandelt wird, nicht mehr fern.
Es ist nur zu hoffen, daß der konservativ-grüne Schock der Europawahl endlich die Masse der Bürger, vor allem die Nichtwähler, aufschreckt und dazu bringt, sich beim Aufbau einer Bewegung des Widerstandes gegen Monetarismus und Extremökologie gleichzeitig zu engagieren. Vorschläge dazu, wie das zu machen ist, gibt es schon seit langem von der BüSo.
Rainer Apel