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Aus der Neuen Solidarität Nr. 9/2008 |
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Der Vorsitzende der französischen Partei Solidarité et Progrès und frühere Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade veröffentlichte am 9. Februar die folgende Erklärung zur Ratifizierung des Vertrags von Lissabon durch das französische Parlament.
Beide Kammern des französischen Parlaments ratifizierten den „vereinfachten“ Europäischen Vertrag, nachdem sie die Verfassung des Landes in einer gemeinsamen Sitzung geändert hatten, damit sie das überhaupt tun konnten. Sollen wir deshalb demoralisiert sein? Nein, aber wir sollten uns schämen, während wir darauf warten, daß die Farce zu Ende geht.
Schämen, ja, denn für unsere Eliten, unsere republikanische Demokratie und Europa war dies der schwärzeste Tag seit dessen Gründung durch die Römischen Verträge im Jahr 1957. Wir sind mit der Tatsache konfrontiert, daß das, was das Volk 2005 durch eine Volksabstimmung beschlossen hatte, ohne gründliche Debatte aufgehoben wurde. Das war vielleicht legal, aber der Bürger wird verspottet. Die Finanzeliten haben sich mit der Unterstützung durch, leider muß man es so sagen, unsere vertrottelten Parlamentarier gerächt. In dem Moment, in dem unsere fünfte Republik auf eine willkürliche Monarchen-Herrschaft zutreibt und als Gegenkraft denkende Volksvertreter bräuchte, ist es ein Tragödie, zu sehen, daß unsere Abgeordneten sich selbst auf solche Art in Verruf bringen.
Noch schlimmer: Die Annahme des Lissaboner Vertrags paralysiert den Kampf der europäischen Nationen gegen das Unrecht und Chaos der finanziellen Globalisierung. Praktisch heiligt der Vertrag das Verbot jeglicher Nutzung produktiven Kredits, was, jenseits höherer Steuern und Verschuldung, das einzige Instrument wäre, das unsere Volkswirtschaft aus ihrer gegenwärtigen finanziellen und monetären Kernschmelze herausmobilisieren könnte. Er verstärkt die absurde Politik der Europäischen Zentralbank, die den spekulativen Finanzinteressen für deren Giftmüllpapiere Bargeld anbietet und akzeptiert, daß unter der EZB eine Funktion des „Kreditgebers der letzten Instanz“, der Europas Produzenten und Arbeiter schützen könnte, nicht existiert. Darüber hinaus sieht er zahlreiche Ausnahmen und Privilegien für Großbritannien vor, ein Land, dessen Regierungen nichts als Komplizen oder verlängerte Arme der destruktiven Politik der Londoner City sind.
Wer dafür noch einen Beweis braucht, sehe sich die Erklärung des Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, in Brüssel an: „Wir dürfen uns nicht zum Protektionismus, zu vergeblichen Versuchen, die finanzielle Globalisierung aufzuhalten, oder zu einer künstlichen Stimulierung der Wirtschaft verführen lassen.“ Mit anderen Worten: Jede Maßnahme der Art, wie sie Sarkozy vorschlägt, um das französische Arcelor-Werk in Gandrange im Osten Frankreichs zu erhalten, steht in direktem Widerspruch zu genau den Zielen eben jenes Europas, zu dessen Wahl Sarkozy aufgerufen hat!
Europa scheint noch nie weiter vom gewöhnlichen Bürger, der es bestenfalls für eine empörende Bürokratie oder gar als Werk des Bösen betrachtet, entfernt gewesen zu sein.
Wie ich das Ende dieser Farce ankündigen kann? Weil dieses Konstrukt nicht auf seinen Füßen stehen kann. Es bleiben zwei Richtungen: Finanzieller Faschismus mit einer extrem kontrollierten Polizeistaats-Gesellschaft - oder eine Gesellschaft, die zu einer finanziellen und monetären Ordnung zurückkehrt, die wieder auf dem Prinzip des Globalen New Deal des amerikanischen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt und der Politik des Wiederaufbaus nach dem Krieg beruht. Darum geht es in diesem Kampf, für den wir unverzüglich mobilisieren müssen. Diese Farce wird bald zu Ende sein, angesichts der explodierenden Krise in Italien, der Immobilienkrise in Spanien und Großbritannien und, allgemeiner, der voranschreitenden Desintegration der herrschenden Währungs- und Finanzordnung.
Das Europa des „vereinfachten“ Vertrags von Lissabon als solches ist eine Totgeburt. Das wirkliche Europa wird das Europa der großen Infrastrukturprojekte sein, die den Atlantik mit Chinas Gelbem Meer verbinden, weil das wirkliche Europa nur durch eurasische Entwicklung im großen Maßstab definiert werden kann. Ohne diese Perspektive wäre „Europa“ nichts als ein Wort, das eine Rückkehr in die vierziger Jahre andeutet, eine Kampagne für niedrigere Löhne, einen Marsch in die soziale Austerität und den Krieg aller gegen alle. In unserem Kampf geht es darum, Europa ein neues Fundament für seine Wiedergeburt als Allianz von Vaterländern zur verstärkten und fortgeschrittenen Zusammenarbeit innerhalb einer endlich neu definierten Währungs- und Finanzordnung zu verschaffen.
Lesen Sie hierzu bitte auch: Nein zum Betrug des Europäischen Vertrags! - Neue Solidarität Nr. 45/2007 Internetseite von Jacques Cheminade - in französischer Sprache Internetseite der Solidarité et Progrès - in französischer Sprache |
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