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Aus der Neuen Solidarität Nr. 12/2007

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Wie das Stretto einer guten Fuge

Zum Abschluß ihres Oberbürgermeisterwahlkampfs in Wiesbaden dominierte die BüSo mit ihren Umzügen und Demonstrationen das Stadtbild wie keine andere Partei - sehr zum Ärger des Wiesbadener Establishments.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie sehr der Wiesbadener Oberbürgermeisterwahlkampf der BüSo den Nerv des politischen Establishments getroffen hat, so lieferte ihn der Wiesbadener Kurier am 14. März. Nachdem die Zeitung den BüSo-Wahlkampf vor der Wahl soweit wie möglich verschwiegen hatte (aber diesmal, ohne eine erneute Wahlanfechtung wegen Irreführung der Wähler zu riskieren), berichtete sie drei Tage nach der Wahl, was eine anständige Zeitung ihren Lesern schon vor der Wahl mitgeteilt hätte: „Überall in der Stadt hingen die Plakate, schier allgegenwärtig die BüSo-Stände, an denen die Aktivisten aus Berlin und den USA für das Programm der Splittergruppe warb, die bis zum Sonntag nie mehr als ein Prozent der Stimmen bekommen hat.“ Wohlgemerkt: hat, denn am Sonntag waren es 1,8%, doppelt soviel wie bei der letzten Wahl - offenbar mehr, als es sich der Kurier gewünscht hat. In etlichen Stimmbezirken lag der BüSo-Anteil über 3, 4 oder 5%, im industriell geprägten Wiesbadener Vorort Biebrich wurden sogar bis zu 7,6% erreicht.

Wenn man, wie das politische Establishment, die Parteien nur noch als Ämtervermittlungsvereine betrachtet, dann erscheint es natürlich müßig, bei einer Wahl zu kandidieren, wenn man davon ausgehen kann, daß ein anderer Kandidat mehr Stimmen erhalten wird. „Trotz ständig wiederkehrenden Mißerfolges versucht es die BüSo immer wieder“, ereifert sich der Kurier. Aber aus der Sicht der BüSo geht es um etwas anderes, nämlich darum, Einfluß auf das politische Geschehen dadurch zu nehmen, daß man in der Bevölkerung eine Debatte über die Themen in Gang setzt, die wirklich wichtig sind.

Dort, wo es der BüSo möglich war, die Bürger direkt anzusprechen, hat sie das auch erreicht - „mit Gesang und Flugblättern“, wie der Kurier (richtig) bemerkt. Auf diesen Flugblättern wurden die Wiesbadener Bürger gewarnt, nicht auf den neuesten Schwindel hereinzufallen - den Klimaschwindel, den das anglo-holländische Finanzestablishment sich ausgedacht hat, um die Bevölkerung genau in der Phase, in der das alte Finanzsystem zusammenbricht, von den wirklich wichtigen Fragen abzulenken. Und wenn es dem Establishment schon nicht paßt, wenn man den Bürger auch als Bürger direkt anspricht, dann paßt es ihm erst recht nicht, wenn man die Bürger auf die Methoden aufmerksam macht, mit denen das Establishment die Bevölkerung manipuliert. Das ist dann, nach Ansicht des Kurier, „verschwörungstheoretische Artistik“.

Ein Feuerwerk politischer Aktionen

Tatsächlich veranstaltete die BüSo in den letzten Tagen des Wahlkampfs ein ganzes Feuerwerk politischer Aktionen, oder, wie man wohl richtiger sagen sollte: sie beendete die Fuge ihrer politischen Aktionen mit einem klassischen Stretto. Am Anfang der letzten Woche stand, wie wir bereits berichteten, die Intervention beim Kurier-Forum zur Oberbürgermeisterwahl, am Mittwoch abend (7.März) wurde Lyndon LaRouches Internetforum auch in Wiesbaden von den Aktiven und Unterstützern der BüSo mitverfolgt. Am 8. März zogen die Aktiven der LYM, wie der Kurier verspätet berichtete, durch Biebrich. Am 9. März war BüSo-Kandidat Alexander Hartmann eingeladen, sich beim Freitagsgebet in einer Moschee vorzustellen. Anschließend demonstrierten Mitglieder der LYM den interessierten Moslems bei einem Glas Tee anhand der Choräle aus Bachs Motette Jesu, meine Freude die Prinzipien der klassischen Komposition, was eine intensive Debatte mit den anwesenden Moslems auslöste. (Lesen Sie dazu bitte auch unseren Bericht auf S. 11.)

Am Abend kam dann die Bundesvorsitzende der BüSo, Helga Zepp-LaRouche zur Hauptveranstaltung des BüSo-Wahlkampfs ins Hilde-Müller-Haus, um zu schildern, in welchem weltweiten Kontext dieser Wahlkampf in Wiesbaden stattfand. Nachdem der Chor der LYM mit seinen Bach-Chorälen den Ton gesetzt hatte, berichtete sie über den Finanzkrach, der seit der Zinsanhebung in Japan ins Rollen gekommen ist, und über den Versuch der Oligarchie, mit Hilfe des CO2-Schwindels von dieser wichtigen Frage abzulenken. Nach dem Wahlsieg der Demokratischen Partei in Amerika im November sei es nun möglich, Präsident Bush und Vizepräsident Cheney ihrer Ämter zu entheben und durch eine Neuordnung des Finanzsystems eine Politik im Stile Franklin Roosevelts einzuführen. Und um das zu verhindern, sei mit dem Klimaschwindel Al Gore wieder ins Rampenlicht geholt worden - der Mann, dem die Welt seit 2000 die Präsidentschaft von George Bush jun. verdanke und der seither politisch tot gewesen sei.

Unter den rund 40 Gästen entwickelte sich eine intensive Debatte, vor allem über die Frage, was man denn als „kleiner Mann“ tun könne. Helga Zepp-LaRouche sagte hierzu, man müsse sich selbst als Staatsbürger sehen, der, wenn es notwendig sei, bereit sein müsse, seinem Land z.B. als Bundeskanzler oder Wirtschaftsminister zu dienen. Alexander Hartmann wies darauf hin, daß es darauf ankomme, eine Diskussion in der Bevölkerung darüber in Gang zu setzen. Dort müsse man nicht nur darüber reden, was alles falsch laufe, sondern vor allem darüber, was denn die richtige Politik wäre, um das Land wieder aufzubauen. Wie werden Wirtschaftswunder gemacht? Jeder könne helfen, diese Debatte in Gang zu setzen - „am Biertisch oder im Kaffeekränzchen, beim Friseur oder am Arbeitsplatz. Im Fußballklub oder im Kaninchenzüchterverein“.

„Was hat denn Bach mit CO2 zu tun?“

Und wer mehr tun wollte, der hatte gleich am nächsten Tag Gelegenheit dazu. Da veranstaltete die BüSo nämlich eine Kundgebung auf dem Wiesbadener Mauritiusplatz, auf dem die Parteien traditionell an den Samstagen vor der Wahl mit ihren Infoständen „Präsenz zeigen“. Aber nur die BüSo kam mit einem Lautsprecherwagen und einem Dutzend junger Sänger. Und so konnte man sehen, wie die Funktionäre der etablierten Parteien - im wesentlichen CDU und Grüne, die SPD hatte ja keinen Kandidaten - in ihren Zelten vor allem miteinander über die BüSo sprachen, anstatt auf die Bürger zuzugehen.

In ihren Lautsprecherdurchsagen machten Mitglieder der LYM und BüSo-Kandidat Alexander Hartmann deutlich, worum es - nicht nur in dieser Wahl - geht: mit dem industriefeindlichen Paradigma der 68er zu brechen, eine „Revolution gegen die 68er zu machen“, und „alles wieder aufzubauen, was die 68er ruiniert haben“. Das fand nicht nur bei den jungen Wiesbadenern Anklang, sondern auch bei vielen Senioren; aber natürlich nicht bei den Vertretern der etablierten Parteien.

Um 14 Uhr folgte dann ein Umzug der BüSo, ausgehend vom Mauritiusplatz. Zunächst ging es durch die Fußgängerzone, am Pressehaus vorbei. Mit ihren Liedern wie Die Gedanken sind frei, der amerikanischen Battlehymn of the Republic oder auch der deutschen Nationalhymne erregten die Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung großes Aufsehen; allerdings waren unter den Passanten, die stehenblieben, auch viele Auswärtige. „Ich wähle hier doch gar nicht“, sagten viele, wenn man ihnen das Wahlpamphlet der BüSo oder das Flugblatt über den CO2-Schwindel anbot.

Dann ging es weiter in Richtung Bleichenviertel, wo es viele kleine Läden gibt, deren Besitzer türkischer oder marokkanischer Herkunft sind. In den engen Straßen des Viertels, das der Umzug in vielen Windungen durchzog, herrschten hervorragende akustische Verhältnisse, und die Reaktion der Bevölkerung war eine ganz andere. Waren die Besucher der Fußgängerzone vornehm-zurückhaltend, so kamen die Passanten hier den Demonstranten freudig entgegen, sie lehnten sich aus den Fenstern, um zu sehen, was da vor ihren Häusern los ist, und oft kamen Gäste und Wirte aus den Kaffeestuben, um sich Flugblätter oder Hefte geben zu lassen. „Ich drücke Euch die Daumen!“ oder „Wir wählen Euch ganz bestimmt!“, hörte man von vielen.

Nach einer guten Stunde kam der Zug zurück auf den Mauritiusplatz, wo inzwischen die anderen Parteien ihre Zelte abgebrochen hatten. Der Chor der LYM beherrschte den Platz, und zahlreiche Passanten blieben nun stehen, um sich die Bach-Choräle anzuhören und darüber zu diskutieren, was denn Bach mit CO2 zu tun habe.

Roosevelt, Kepler und Bach

Am Abend trafen sich die Aktiven dieses Wahlkampfs noch einmal, um den Abschluß des erfolgreichen BüSo-Kampagne zu feiern. Bruce Director von der amerikanischen LaRouche-Bewegung berichtete zunächst über eine Debatte, die der Chef des amerikanischen Rechnungshofes in den letzten Wochen angestoßen habe: Wenn die geburtenstarke Nachkriegsgeneration („Babyboomer“) in den kommenden Jahren in Rente gehe, werde dies sowohl das Rentensystem als auch das Gesundheitswesen ruinieren. Das eigentliche Problem sei aber die Zerstörung der Realwirtschaft, denn sonst wäre die Versorgung der Alten kein Problem.

Es entwickelte sich ein lockeres Gespräch zwischen den Anwesenden. Man brauche ein Aufbauprogramm, wie es Roosevelt in den 30er Jahren startete, um den Zustand ganzer Regionen völlig zu verändern, wie es im Tennessee-Tal geschah. Aber wo kommen der Wohlstand und die Produktivität eigentlich her? So kam das Gespräch auf die menschliche Kreativität, die die Ideen erzeugt, deren Umsetzung dann den Wohlstand erschafft.

Den Höhepunkt des Abends bildete jedoch der Auftritt eines Streichquartetts, das sich ad hoc aus Wahlkampfhelfern gebildet hatte. Vier Nationen - Jamaika, Kanada, Italien und Deutschland - fanden sich zusammen, um das, was zuvor über die menschliche Kreativität gesagt worden war, mit Bachs Musik zu feiern. Anhand mehrerer Stücke aus der Kunst der Fuge - der Grundfuge I, der Umkehrungsfuge I, der Grundfuge II und der Tripelfuge II - demonstrierten Caroline und Claudio (1. und 2. Violine), Kwami (Viola) und Jean-Sebastian (Cello), wie Bach sein Fugenthema weiterentwickelt. In der Tripelfuge verbindet Bach das Hauptthema des Werkes mit den Gegenthemen der vorangegangenen Fuge und einem nahezu als eigenständiges Thema zu wertenden Kontrapunkt. Anschließend trugen Violine, Viola und Cello die Tripelfuge I vor, dann folgte, gespielt von Viola und Cello, der Kanon III der Oktave. Schließlich folgten noch einige Stücke für Soloinstrument: Die Viola spielte das Adagio aus der Sonate I in g-moll aus Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo, das Cello das Präludium, das 2. Menuett und die Gigue aus der 1. Cello-Suite in G-Dur.

„So etwas gibt es in keiner anderen Partei - daß die jungen Wahlhelfer ihren Wahlkampf mit Bach ausklingen lassen“, kommentierte einer der Anwesenden. Tatsächlich lauschten die rund 20 Wahlhelfer gebannt den vier Musikern, sie alle wurden von einer erhabenen Freude erfaßt. So fand nicht nur der Abend, sondern auch der Wahlkampf, in dem es darum ging, an die Stelle der Verblödung durch die Massenmedien einen Prozeß zu stellen, der die menschliche Kreativität wiederbelebt und so die Lösung der Probleme der Menschheit ermöglicht, einen wunderbar passenden Abschluß.

Alexander Hartmann

 

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