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Beim Space Renaissance Art & Science Festival in Berlin sprach Helga Zepp-LaRouche über den Raumfahrtpionier Krafft Ehricke.
Helga Zepp-LaRouche sprach am 7. Juli, dem ersten Tag des dreitägigen Space Renaissance Art & Science Festivals in Berlin, zum Thema „Die Aktualität von Krafft Ehrickes Vision“. Die Konferenz wurde von Space Renaissance International veranstaltet, einer Organisation, die Krafft-Ehricke-Enthusiasten in Europa und den Vereinigten Staaten gegründet haben. Ursprünglich hatten die Veranstalter die amerikanische Raumfahrtautorin Marsha Freeman eingeladen, über Ehricke zu sprechen, weil sie über ihn (und mit ihm zusammen) gearbeitet hat. Da Freeman nicht persönlich teilnehmen konnte, empfahl sie, Helga Zepp-LaRouche einzuladen, mit der Ehricke ebenfalls zusammengearbeitet hatte und die 1985 bei der Krafft-Ehricke-Gedächtniskonferenz in Washington ein Jahr nach seinem Tod eine bewegende Rede über ihn gehalten hatte.
Helga Zepp-LaRouche sprach über Ehrickes Vermächtnis und skizzierte dabei seine Errungenschaften in der Raumfahrttechnik, legte aber den Schwerpunkt auf seine Philosophie des Menschen und zitierte dazu ausgiebig aus Ehrickes Werken, u.a. seinen „Drei Gesetzen der Raumfahrt“ und aus seiner Anthropologie der Raumfahrt:
„Die Idee der Raumfahrt birgt eine ungeheure Kraft in sich, weil sie den Menschen an praktisch allen Fronten seiner physischen und geistigen Existenz herausfordert. Die Vorstellung, zu anderen Himmelskörpern zu fliegen, spiegelt im höchsten Grade die Unabhängigkeit und Gewandtheit des menschlichen Geistes. Sie verleiht den technischen und wissenschaftlichen Unternehmungen des Menschen höchste Würde. Vor allem aber berührt sie die Philosophie seiner Existenz überhaupt. Folglich kennt die Idee der Raumfahrt keine Staatsgrenzen, erkennt keine Unterschiede historischer oder ethnischer Abstammung an und durchdringt das Gewebe des einen soziologischen oder politischen Weltbildes ebenso rasch wie das eines anderen. Als technisches Konzept ist die Astronautik allumfassend und revolutionärer als alles, was der Mensch bisher erdacht hat, selbst die Atomtechnik eingeschlossen. Als wissenschaftliches Konzept wird sie praktisch alle Bereiche stimulieren und erneuern, von der Astronomie bis zur Zoologie. Sie ist von solcher soziologischer und politischer Tragweite, daß zukünftige Generationen sogar die kühnsten Vorhersagen unserer Zeit wohl noch als ,zurückhaltend‘ bezeichnen werden.”
Sie beschrieb auch, wie Krafft Ehricke über den Nullwachstums-Wahn spottete, der in den 1970er Jahren mit dem Club of Rome und dem Bericht Global 2000 aufkam:
„Von diesem Standpunkt der grenzenlosen Vervollkommungsfähigkeit der menschlichen Kreativität in einem sich anti-entropisch entwickelnden Universum aus erkannte Krafft natürlich die schrecklichen Implikationen der aufkommenden Nullwachstumsideologie, wie sie zu Beginn der 1970er Jahre mit dem Club of Rome und der daraus resultierenden grünen Ökologiebewegung aufkam. Er erkannte den intellektuellen Betrug von Meadows und Forrester, die in ihrem Buch Grenzen des Wachstums die Rolle von Wissenschaft und Technologie bei der Definition dessen, was eine Ressource ist, völlig außer Acht gelassen hatten, und wies auf den qualitativen Unterschied zwischen Vermehrung und Wachstum hin, eine Unterscheidung, die für die grüne Bewegung heute völlig verschwunden ist.“
Sie zitierte Krafft Ehricke:
„Für sie ist die Lebenswelt des Menschen ein geschlossenes System – begrenzt auf die Erde. Für mich nicht! Das Tätigkeitsfeld des Menschen ist heute so wenig eine geschlossene Kugel, wie es früher eine flache Scheibe war. Der Bericht (Global 2000) ist eine aufgewärmte Version desselben Unsinns, enthält offensichtliche Fehlinformationen und verkennt wie sein notorischer Vorgänger die menschliche Fähigkeit zu grenzenlosem Wachstum. Wachstum ist, im Gegensatz zur bloßen Vermehrung, ein Zuwachs an Wissen, Weisheit und Fähigkeit, auf neue Weise zu wachsen.“
Insbesondere ging sie auf Ehrickes Beobachtungen ein, wie sich die Lebensauffassung eines Menschen unter verschiedenen Umständen ändern kann. Heute gehe es darum, einen solchen Wandel in einer Bevölkerung zu bewirken, die sich unterdrückt und pessimistisch fühle, sagte sie. Ein solcher Perspektivwechsel könne eintreten, wenn der Mensch beginnt, den Mond zu besiedeln und zum Mars zu fliegen; dann würden die Menschen beginnen, die Menschheit von einem höheren Standpunkt aus zu betrachten, als eine raumfahrende Spezies.
Die an den Raumfahrtunternehmungen beteiligten Menschen hätten nun die Aufgabe, einen solchen Paradigmenwechsel in der Bevölkerung herbeizuführen: Astronauten, die in die Schulen und Universitäten gehen und die jungen Menschen ermutigen, „zu den Sternen zu blicken“ und hundert Jahre und mehr in die Zukunft zu schauen. Früher hätten die Menschen geglaubt, es wäre sehr gefährlich, mit 50 km pro Stunde zu reisen, sagte sie. Jetzt arbeite China an Magnetschwebebahnen, die 600 km pro Stunde fahren werden, und die Menschen werden sich an das neue Paradigma gewöhnen.
Sie zeigte den Zuhörern die künstlerische Darstellung von Ehrickes „Selenopolis“ – dem Entwurf für eine Stadt auf dem Mond (siehe Abbildung) – und betonte, daß Ehrickes Vision nicht nur war, eine Stadt oder ein Dorf auf dem Mond zu bauen, sondern die Grundlage für Reisen in die Galaxie und darüber hinaus zu schaffen. Sie verwies auf Ehrickes unvollendetes Werk über interstellare relativistische Raumfahrt:
„In der Erschließung des Mondes sieht er den ersten Schritt der Extraterrestrialisierung der Menschheit, welche die Menschheit verändern und zu einer höheren Stufe entwickeln wird. Er beschreibt, wie auf der Erde zuerst die Biosphäre entstand und sich dann durch Evolution die Menschheit entwickelte. Auf dem Mond wird es umgekehrt sein: Der Mensch wird zuerst dort ankommen, und erst dann werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß dort Leben existieren kann. Dies wurde auf wunderbare Weise durch die chinesische Mondlandefähre Chang'e 4 demonstriert, bei der die erste Pflanze, die jemals auf einer anderen Welt gekeimt und gesprossen ist, eine neue Ära des Lebens im Weltraum einläutete.“
Ihr Vortrag löste auch eine interessante Diskussion aus, und sie wurde von
den Organisatoren und dem Publikum herzlich aufgenommen. Der Moderator ihres
Panels war Bernard Foing, der sich ebenfalls sehr begeistert von Frau
LaRouches Vortrag zeigte. Foing war der leitende Projektwissenschaftler der
ESA-Mondmission SMART, ist Exekutivdirektor der International Lunar
Exploration Working Group (ILEWG) und Präsident von Space Renaissance
International. (Das vollständige Video der Konferenz ist hier verfügbar:
https://www.youtube.com/watch?v=Tz80F6TczJQ&t)
wcj/alh