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Aus der Neuen Solidarität Nr. 35/2006 |
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- Interview -
EIR-Redakteur Jeffrey Steinberg sprach am 17. August mit General (a.D.) Joseph Hoar. Der Vier-Sterne-General (Marineinfanterie) war 1991-94 Kommandeur des Zentralkommandos der US-Streitkräfte, das für den Nahen und Mittleren Osten zuständig ist. Hoar unterzeichnete jetzt einen Offenen Brief an Präsident Bush, der eine einschneidende Änderung der amerikanischen Mittlel-Ost-Politik fordert.
Einige Leute haben mir gesagt, sie sähen die israelischen Angriffe gegen die Hisbollah im Libanon als Teil eines größeren militärischen Planes, der letztlich in ein mögliches militärisches Vorgehen der USA gegen den Iran münden soll. Halten Sie angesichts des Charakters der jetzigen Regierung diese Gefahr für real?
Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, waren wir noch nie in einer unvorteilhafteren Situation, was den Angriff auf einen potentiellen Gegner angeht, denn wir haben praktisch keine verläßlichen Informationen über das Nuklearprogramm im Iran. Was wir haben, ist bestenfalls fragmentarisch. Der Iran hat natürlich seine Lehren aus dem israelischen Angriff auf den Irak [den Kernreaktor Osirak bei Bagdad] Anfang der 80er Jahre gezogen; er hat seine nuklearen Einrichtungen verstreut und unterirdisch angelegt, damit sie nicht leicht zu bombardieren sind. Schließlich dürfte Israel seine Schlüsse aus seinen jüngsten Angriffen gegen die Hisbollah ziehen, daß nämlich Luftangriffe keine Ziele zerstören, wenn der Gegner sich gut eingegraben und auf Luftangriffe eingestellt hat.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: George Washington, Ho Chi Minh, Osama bin Laden und Hisbollah. Sie alle werden, wenn man die politischen Rahmenbedingungen nicht ändert, letztlich gewinnen, solange sie strategisch in der Defensive bleiben und keine Entscheidungsschlacht suchen. Alles, was sie tun müssen, ist doch, weiter zu existieren. Die Hisbollah hat das bestens geschafft: Sie haben sich selbst zum Sieger erklärt. Sie genießen die moralische Unterstützung der Moslems in der ganzen Welt, und sie sind die ersten, die vor Ort helfen, den Schaden, den die Bombenangriffe angerichtet haben, wieder zu reparieren.
Ähnlich war es im Falle unserer Amerikanischen Revolution und in Vietnam. Die Briten suchten damals den Frieden, weil sie anderswo Wichtigeres vorhatten, und Washington, der seine Streitkräfte sorgfältig hütete und keine Entscheidung suchte, bis die Franzosen auf unserer Seite eingriffen, konnte gewinnen. Ho Chi Minh tat das gleiche. Wir haben die nordvietnamesische Armee und den Vietkong in der Tet-Offensive militärisch besiegt, aber wir haben den Krieg politisch verloren, weil das amerikanische Volk einfach nicht mehr bereit war, den Preis dafür zu bezahlen, weiterzumachen und die Natur dieses Kriegs weiter zu verändern.
Jetzt stehen wir vor denselben Problemen. Es sei denn, die politische Führung ist bereit zu sagen, was de Gaulle nach dem Algerienkrieg tat: "Jetzt ist Schluß, wir hören damit auf und wenden uns anderen Dingen zu."
Die Schwierigkeit ist, daß der Irakkrieg so große regionale Auswirkungen auf seine Nachbarn hat, daß wir nicht einfach so abziehen können. Aber wir könnten uns mit den Nachbarstaaten zusammensetzen und zumindest einen Rahmen entwickeln, von dem aus man Lösungen finden kann. Und jeder, der meint, das sei noch kein Bürgerkrieg, der macht sich entweder Illusionen oder hält sich an die Parteilinie, daß wir diesen Kampf im Irak immer noch irgendwie militärisch gewinnen können - was nicht stimmt.
Glauben Sie, 1. ein solcher Ansatz einer neuen Madrid-Konferenz könnte funktionieren? Und 2. sehen Sie Chancen, daß die Regierung Bush Lehren zieht und die Richtung ändert?
Ich schätze Jossi Beilin sehr. Vor Jahren, als er sehr eng mit der Führung der Arbeitspartei zusammenarbeitete und wir unter Rabin einer Lösung ganz nahe kamen, da erschien er mir immer als der Ideengeber, der Mann, der es schafft, von außen auf die Lage zu blicken, um Lösungen zu finden. Derzeit ist sein politischer Einfluß vielleicht nicht mehr so groß, aber er ist ein außerordentlicher Mensch.
Und um auf die zweite Frage zu antworten: Vor dem Hintergrund all dessen, was in den letzten sechs Jahren geschehen ist, kann ich mir kaum vorstellen, daß diese Leute [in der Regierung Bush] bereit sind, etwas so Abenteurliches zu tun wie sich mit allen Betroffenen zusammenzusetzen und über die Probleme zu reden.
[...]
Ich glaube, verändern wird sich nur etwas, wenn den Amerikanern bewußt wird, was ihre Regierung in den letzten sechs Jahren angerichtet hat. Meine Güte! Die Hälfte der Bevölkerung denkt immer noch, Al Kaida und Saddam Hussein hingen irgendwie zusammen und Hussein hätte Massenvernichtungswaffen gehabt! Manchmal verzweifle ich an dem Unverständnis der Amerikaner über das, was auf der Welt vorgeht!
Erst wenn der Kongreß der Vereinigten Staaten sich bemüht, herauszufinden, "wer was wann wußte", können wir dem Problem auf den Grund gehen und in der amerikanischen Bevölkerung ein Gefühl der Empörung hervorrufen.
2 600 Amerikaner sind schon im Irak umgekommen, ein paar Hundert weitere in Afghanistan, Zehntausende verwundet, und die Zahl der irakischen Opfer wächst täglich - wo bleibt der Aufschrei? Ich weiß es nicht. Ich bin bei dem, was in unserem Land geschieht, mit meiner Weisheit am Ende.
Lesen Sie hierzu bitte auch:
US-Militärs und Diplomaten gegen Bushs Irankriegspläne "Jetzt ist die Zeit, diese Leute loszuwerden" US-General: Die Genfer Konvention ist nicht "überholt" |
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