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Aus der Neuen Solidarität Nr. 1-2/2000:

"Ja, London ist ein Terroristenzentrum"


Die Flugzeugentführung

Die britischen Behörden und Medien verheimlichen die Rolle Londons als Kommandozentrale für Terroristen und Separatisten aus aller Welt gar nicht mehr. Zu den Gruppen, die von London aus mit zuvorkommender Unterstützung britischer Behörden operieren, gehören die Kreise des berüchtigten Osama bin Laden und die militanten Kaschmir-Separatisten, die seit zehn Jahren auf dem Indischen Subkontinent Krieg führen - ein Krieg, der bereits etwa 25000 Opfer gekostet hat.

Im Gefolge der Entführung eines indischen Airbus durch Terroristen am 24. Dezember wurde aus Kreisen des britischen Außenministeriums unmißverständlich klargestellt, welche Rolle Großbritannien spielt. Ein hoher Vertreter des britischen Establishments, der sowohl dem Foreign Office als auch dem britischen Verteidigungsministerium nahe steht, erklärte am 5. Januar gegenüber einem Journalisten auf die Frage, welche Initiativen das britische Außenamt angesichts der explosiven Lage auf dem Indischen Subkontinent erwäge: "Tatsache ist, daß London das Zentrum für Terrorgruppen ist." Auf weitere Nachfragen fügte er hinzu: "Nehmen wir beispielsweise die Kaschmir-Gruppen: London ist das Zentrum für viele Emigranten, die das Milieu für terroristische Aktivitäten bilden. Oft geschieht folgendes: Emigranten, die legal herkommen und hier eine Weile leben, bekommen Kinder, die dann britische Staatsangehörige sind. Diese werden dann in Guerilla-Aktivitäten, den internationalen Terrorismus und dessen Vorbereitung verstrickt. Das Problem ist, daß ihr Aufenthalt hier als rechtmäßig angesehen wird. Infolgedessen wird vieles an Theorie und Planung für internationale Terroraktionen hier in London gemacht. Top-Leute wie bin Laden beispielsweise operieren hier ganz offen."

Ob er denn nicht fürchte, daß jemand wegen der Unterstützung terroristischer Operationen einen Militäreinsatz gegen London fordern könnte - ähnlich wie ihn die amerikanische Außenministerin Albright im August 1998 gegen den Sudan inszenierte - warf sein Gesprächspartner ein. "Logisch wäre das schon," meinte der Mann daraufhin etwas nervös. London trage durch notorisches Beschützen terroristischer Gruppen dazu bei, die Auffassung zu bestärken, die Briten betrieben Terrorismus aus strategischen und politischen Gründen.

Er setze sich zwar seit einiger Zeit für schärfere Anti-Terror-Maßnahmen in Großbritannien ein, aber "es gibt viel Heuchelei in der ganzen Terrorismus-Frage. Im Privaten denken die Regierungen, und nicht nur die britische Regierung, wenn sie die Terroristen gewähren lassen, erhielten sie als Gegenleistung eine gewisse Immunität dagegen, selbst angegriffen zu werden, daher drücken sie ein Auge zu. Deshalb sind auch alle diese Gipfeltreffen über den Umgang mit dem internationalen Terrorismus Unsinn."

Die Flugzeugentführung

Einer der drei freigelassenen Kämpfer, die am 31. Dezember an die Flugzeugentführer übergeben wurden, ist Ahmed Omar Sayed Sheikh, Mitglied der Harkat-ul-Ansar und britischer Staatsangehöriger pakistanischer Herkunft. Ahmed Sheikh, Sohn einer wohlhabenden Familie, hat in Großbritannien eine Eliteschule besucht und Mathematik an der London School of Economics studiert. Als er 1994 nach Indien kam, begann er damit, westliche Indien-Touristen zu entführen, um Masood Azhar, den inhaftierten Chef der Harkat-ul-Ansar, freizupressen. Im Herbst 1994 gewann er sich dank seines perfekten britischen Akzents und seiner Manieren das Vertrauen von vier jungen Männern - drei Briten und ein Amerikaner - und überredete sie, mit ihm nach Saharanpur nordöstlich von Delhi zu kommen, wo sie überfallen und als Geiseln genommen wurden. Die indische Polizei konnte sie jedoch befreien und Sheikh zusammen mit anderen festnehmen.

Jetzt nach seiner Freilassung sprechen offizielle Vertreter Großbritanniens offen über die umfangreichen Hilfen, einschließlich finanzieller Unterstützung, die sie Ahmad Sheikh zukommen ließen. Das berichtete die Londoner Times am 3. Januar.

Trotz heftiger Proteste der drei Briten, die damals von Sheikh entführt worden waren, erklärte ein Sprecher des britischen Außenministeriums: "Es ist durchaus möglich, daß Sheikh in dieses Land zurückkehrt, wo seine Familie lebt. Als britischer Staatsbürger hat er jedes Recht zurückzukehren. Wir haben am Freitag mit seinem Vater gesprochen und ihm gesagt, wir würden die üblichen Hilfen gewähren, um ihm bei der Rückkehr zu unterstützen."

Am 29. Dezember, als die Entführung noch andauerte, ließen die indischen Behörden nach Darstellung des Hindu verlauten, "die Spur führt nach London". "Mit Großbritannien als einem der Hauptstützpunkte scheint ein internationales Netzwerk in die Entführung der indischen Maschine von Katmandu nach Kandahar verwickelt zu sein... Nachforschungen in London haben ergeben, daß ein Kreis der Harkat-ul-Mujahideen [der neue Name der Gruppe Harkat-ul-Ansar] offenbar an der Entführung beteiligt ist."

Aufrufe, die mit einem Mobiltelefon von Mumbai (Bombay) gemacht wurden, konnten bis zu einer Frau in Bolton, Großbritannien, verfolgt werden, eine enge Vertraute von Yusuf Suleiman Motala, einem wichtigen Spendensammler der Harkat-ul-Mujahideen.

Mary Burdman

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