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Aus der Neuen Solidarität Nr. 16/1996:

Der Unabomber und die Ökoterroristen

Grüner Terror. Ein verschrobener Mathematikprofessor, der einsam in einer Holzhütte in Montana lebte und zahllose Mordanschläge verübt haben soll, ist dem FBI nach 17jähriger Fahndung ins Netz gegangen.


Kaczynski und die Radikalökologen
Das Native Forest Network

Die Opfer des Unabombers

Am 3. April verhaftete das FBI den ehemaligen Mathematikprofessor Theodore Kaczynski in seiner abgelegenen Hütte nahe dem Städtchen Lincoln im US-Staat Montana. Er soll der sogenannte Unabomber sein, der 17 Jahre lang als Umweltterrorist Amerika in Atem gehalten hat. Bei der Durchsuchung der Behausung fand die Polizei zwei scharfe Bomben und genug Hinweise, daß es sich bei Kaczynski tatsächlich um den gesuchten Unabomber handelt. Schon jetzt ist überdeutlich, daß es Hintermänner und Mittäter gegeben haben muß. Ohne Unterstützung eines breiten Umfeldes hätte sich die tödliche Briefbombenaktion des Unabombers nicht solange hinziehen können. Die Unterstützer dürften vor allem im sogenannten Nativ Forest Network und in der terroristischen Gruppe Earth First! zu suchen sein.

Trotz zahlreicher Hinweise auf die Zusammenarbeit mit der radikalen Umwelt- und Tierschutzszene versuchten die Medien und auch die Ermittler des FBI Kaczynski als Sonderling und Einzeltäter hinzustellen, der von sich aus zum "Serienmörder" wurde. Allerdings hatte der Privatdetektiv Barry Clausen schon vor Jahren die Polizeiermittlungen in die jetzt erfolgreiche Richtung zu lenken versucht. In einem Interview des Senders ABC am 5. April stellte Clausen jetzt die Verbindungen zwischen Kaczynski und der terroristischen Gruppe Earth First! recht eindringlich dar.

Die zahlreichen Dokumente, die das FBI in Kaczynskis Hütte sicherstellen konnte, werden wahrscheinlich noch mehr dieser Beziehungen zutage fördern. Außerdem steht für die Techniker des FBI fest, daß Kaczynski unmöglich die Bomben mit den in seiner Hütte gefundenen Werkzeugen hätte herstellen können. Die Bundespolizei sucht nun in der weiteren Umgebung nach Werkstätten, die dafür geeignet sind. Schließlich paßt auch die Tatsache, daß Kaczynski in der Umgebung als Sprücheklopfer bekannt war, der sich gerne in öffentlichen Anhörungen und in Auseinandersetzungen mit den Angestellten der ansässigen Holzindustrie hervortat, nicht in das Bild des einsamen Mörders.

Aufschlußreich ist auch Kaczynskis Vorgeschichte. Nach seinem Mathematikexamen 1962 an der Universität Harvard setzte er sein Aufbaustudium an der Ann Arbor Universität in Michigan fort. 1967 wurde er Assistenzprofessor der Universität Berkeley in Kalifornien. Aber schon 1969 gab er diesen Posten wieder auf. 1971 kaufte er mit seinem Bruder David das Grundstück mit der Hütte, in der er gefaßt wurde. Es wird vollständig vom Helena-Nationalforst des Staates Montana eingeschlossen. Der Jahresbericht 1982 der Universität Harvard, der über den Verbleib ehemaliger Studenten Auskunft gibt, führt als Wohnsitz Kaczynskis Khadar Khel in Afghanistan an, damals eine der ersten Adressen für die vom Tavistock-Institut in London aufgebaute Rauschgift-Subkultur.

Kaczynski und die Radikalökologen

Nach Darstellung Clausens befindet sich Kaczynskis Name auf der Teilnehmerliste einer Konferenz des Native Forest Network, die am 9.-13. November 1994 in Missoula im Staat Montana stattfand. Clausen hatte diese Liste vor einem Jahr dem FBI übergeben und zahlreiche Gründe dafür angeführt, daß sich der damals noch gesuchte Unabomber auf dieser Konferenz befunden haben mußte. Auch das Nachrichtenmagazin EIR vom 13. Januar 1995 hatte auf diese Konferenz als wichtiges Treffen von Ökoterroristen und radikalen Tierschutzgruppen hingewiesen. An der Konferenz nahmen Repräsentanten aus dem breiten Spektrum der Umweltschutzbewegung teil, z.B. von Prinz Philips World Wide Fund for Nature (WWF), der Audubon Gesellschaft, Greenpeace und natürlich von Earth First!. Die Eröffnungsrede hielt Cecilia Rodriguez, die offizielle Vertreterin der Zapatistas in den USA.

Für die Zusammenarbeit mit dem Unabomber kommen am ehesten Earth First! und die radikalen Tierschützer von der sogenannten Tierbefreiungsfront in Frage. Der Unabomber hatte in einem Bekennerbrief an die New York Times am 20.4.1995 geschrieben: "Durch unsere Bombenanschläge hoffen wir für soziale Verunsicherung der Industriegesellschaft zu sorgen, industriefeindliche Ideen zu verbreiten und all denen Mut zu machen, die das Industriesystem hassen... Jeder, der anarchistische und radikale Umweltzeitungen liest, wird erkennen, daß die Opposition gegen das industrielle technologische System weit verbreitet ist und wächst".

Clausen weist daraufhin, daß es im genannten Netzwerk zahlreiche führende Leute gibt, die ähnlich argumentieren. Er nennt dabei insbesondere Sidney und Tanya Singer, von denen 1991 ein Buch mit dem bezeichnenden Titel Eine Kriegserklärung: Leute töten, um Tiere und Umwelt zu retten erschienen ist. Clausen verglich dieses im US-Untergrund weit verbreitete Buch mit dem Manifest des Unabombers und stieß auf verblüffende Übereinstimmungen sowohl inhaltlich wie in Sprache und Stil. Die Singers besaßen Land in Grass Valley, Kalifornien, das sie Earth First! und radialen Tierschützern als Übungsgelände überlassen hatten. Kürzlich siedelten sie nach Victoria in der kanadischen Provinz British Columbia über, wo sie sich an einem Projekt der dortigen Sektion des WWF beteiligen, das Kanada in verschiedene Regionen und Lebensräume aufspalten will.

Clausen hatte schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, daß der Unabomber seit der erwähnten Konferenz des Native Forest Network in Missoula, Montana, die Strategie zur Auswahl seiner Opfer änderte. Er verlegte sich darauf, Briefbomben nur noch an Leute zu schicken, die auf einer "Eco-Fucker Hit List" standen, welche in der Untergrundausgabe Live Wild and Die des Earth First! Journal 1990 abgedruckt war. Clausen, der bei seinem Versuch, Earth First! zu unterwandern, an der Konferenz teilgenommen hatte, weiß, daß die Ausgabe mit dieser Hit-Liste auf der Konferenz verteilt wurde. Herausgeber von Live Wild and Die war ein gewisser Mitch Friedman, früherer Vorsitzender von Earth First! im Staate Washington. Er führt jetzt die Greater Ecosystem Alliance an, die nach Vorgaben des WWF sämtliche Karten geplanter Bioregionen zeichnet.

Das Native Forest Network

Die Verbindung des Unabombers zum WWF laufen über das Native Forest Network. Wie EIR in dem Dossier Der Untergang des Hauses Windsor im einzelnen dargelegt hat, wurde der WWF 1961 auf Initiative von Prinz Philip aus Großbritannien und Prinz Bernhard der Niederlande gegründet. Der WWF verfolgt das Ziel, die Nationalstaaten aufzulösen, den wissenschaftlich technischen Fortschritt zu beenden und die Menschheit auf eine primitivere Lebensweise zurückzustufen. Um die verschiedenen Aspekte dieser Perspektive zu verfolgen, gründeten sich im Laufe der Zeit zahlreiche weitere Organisationen, so zum Beispiel Greenpeace 1969 in Vancouver. Es folgten Ende der 70er Jahre Earth First!, Sea Shepherd und ähnliche ökoterroristische Gruppen. Die Vielfalt der Organisationen erlaubt ein große Bandbreite möglicher Vorgehensweisen, von der Einflußnahme auf bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über friedliche Demonstrationen bis hin zu Sabotage- und Terrorakten und Mord.

Das Native Forest Network (NFN) selbst entstand 1982 in Tasmanien (Australien) während einer gemeinsamen Konferenz der Australian Conservation Foundation (AFC) und des Rainforest Action Network (RAN). Die AFC hatte Prinz Philip 1963 gegründet und zwischen 1971 und 1976 sogar persönlich geleitet. Zu dieser Zeit "radikalisierte" sich die Organisation und wurde zur "Mutter" des gesamten ökoterroristischen Apparats in Australien und verwandter Aktionen in Asien. Mitgründer und späterer Vorsitzender des NFN ist Phil Knight, der auch bei Earth First! und der Westsektion der Tierbefreiungsfront aktiv ist. Er tat sich besonders laut als Unterstützer der Zapatisten in den USA hervor.

Das Rainforest Action Network wiederum war 1985 in San Francisco von der regionalen Führung von Greenpeace, Earth First!, des Sierra Clubs und der National Wilderness Society gegründet worden. Diese Organisationen unterhalten u.a. in Japan gemeinsame Büros.

Die Opfer des Unabombers

Die letzten beiden Opfer des Unabombers befanden sich auf Position eins und drei der erwähnten "Eco-Fucker Hit List". Sie wurden aber auch in dem regulären Earth First! Journal prominent als Zielpersonen herausgestellt. Einer davon war Thomas Mosser vom Vorstand der PR-Firma Burston-Marsteller, der im Dezember 1994 von einer Briefbombe des Unabombers getötet wurde. Im Earth First! Journal war der Firma vorgeworfen worden, einen "elitären Umweltschutz" zu propagieren, um umweltverschmutzende Großunternehmen zu decken. Insbesondere wird der Firma vorgeworfen, nach dem Tankerunglück der Exxon Valdez in die Dienste von Esso getreten zu sein. In seinem Bekennerbrief nach dem Mordanschlag erklärte der Unabomber, Mosser habe geholfen, "das öffentliche Image von Esso nach dem Tankerunglück der Exxon Valdez wieder aufzupolieren". Tatsächlich war Burston-Marsteller aber gar nicht an der PR-Kampagne für Esso beteiligt. Einzig in besagtem Earth First! Journal wird dies behauptet.

In der gleichen Ausgabe des kultischen Journals werden Earth-First!-Mitglieder zu Sabotageakten aufgefordert. Ein Beitrag stammt von Mike Roselle, dem früheren Vorsitzenden von Earth First!, der bei Greenpeace angestellt war. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Artikel von Judi Bari, die darin genaue Anweisungen gibt, wie sich solche Sabotageakte durchführen lassen. In ihrem Auto war 1990 eine Bombe explodiert, wobei die Polizei jedoch davon ausging, daß sie die Bombe selbst gebastelt hatte.

Bari verlangte, Earth First! USA solle dem Beispiel der britischen Sektion folgen und wie die Befreiungsarmee der Zapatisten in Südmexiko eine verdeckte terroristische Untergrundorganisation bilden. "Sie (die Zapatisten) verstehen den Unterschied zwischen offener und verdeckter Arbeit, und sie verstehen, daß es für das Überleben der Organisation wichtig ist, beide Arbeitsweisen zu trennen". Unter "direkter Aktion" versteht sie Sabotage und Terrorismus, während "indirekte Aktionen" Akte des zivilen Ungehorsams und Lobby-Arbeit seien.

Earth First! hat offensichtlich allen Anlaß, nach der Verhaftung Kaczynskis über alle hysterisch herzuziehen, die eine Verbindung zwischen dem Unabomber und der gewalttätigen Umweltschutzszene herstellen.

Roger A. Maduro

 

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