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Hungersnot und Hungertod sind in Gaza auf dem Vormarsch. In einem am 18. März veröffentlichten Bericht des UNO-Teams, das die Situation überwacht, wird festgestellt, daß die rund 300.000 Menschen im nördlichen Gazastreifen unter Hungerbedingungen leben. Mehr als 70% der 2,3 Millionen Palästinenser in Gaza seien von „katastrophalem Hunger“ betroffen. Nur ein sofortiger Waffenstillstand, der massive Lieferungen von Nahrungsmittelhilfe ermöglicht, könne ein Massensterben verhindern. Sie schätzen, daß täglich 450 Menschen sterben könnten – nicht durch Kugeln, sondern durch Hunger, Unterernährung und Krankheiten.
Die Schätzung basiert auf der „Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen“ (IPC), die vor 20 Jahren von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Zusammenhang mit der damaligen Hungersnot in Somalia entwickelt wurde (siehe „Die 5 Stufen von Ernährungssicherheit zur Hungersnot”, World Food Programme).
Der Bericht ist eindeutig: „Die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung einer Hungersnot erfordern eine sofortige politische Entscheidung für einen Waffenstillstand, in Verbindung mit einer deutlichen und sofortigen Verbesserung des humanitären und kommerziellen Zugangs zur gesamten Bevölkerung des Gazastreifens.“
Besonders Kinder leiden unter dem Mangel an Nahrungsmitteln. Aus einem UNICEF-Bericht vom 15. März geht hervor, daß 31%, praktisch jedes dritte Kind unter zwei Jahren, im nördlichen Gazastreifen an Unterernährung leiden, das ist ein Anstieg um 15,6% seit Januar. Dies zeige, daß sich die Unterernährung schnell ausbreitet und aufgrund der weitreichenden Auswirkungen des Krieges und der anhaltenden Beschränkungen bei der Bereitstellung von Hilfsgütern ein „verheerendes und noch nie dagewesenes Ausmaß“ erreiche.
Im Februar führten UNICEF und seine Partner Ernährungsscreenings im Norden Gazas durch und stellten fest, daß 4,5% der in Unterkünften und Gesundheitszentren lebenden Kinder an schwerer Auszehrung litten, der lebensbedrohlichsten Form der Unterernährung. UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russel bemerkte:
„Das Tempo, in dem sich diese katastrophale Unterernährungskrise bei Kindern im Gazastreifen entwickelt, ist schockierend, vor allem, wenn die dringend benötigte Hilfe nur ein paar Kilometer entfernt bereitsteht... Unsere Bemühungen, lebensrettende Hilfe zu leisten, werden durch unnötige Beschränkungen behindert, und das kostet Kindern das Leben.“
Erstmals durchgeführte Untersuchungen in Khan Younis im zentralen Teil des Gazastreifens ergaben, daß dort 28% der Kinder unter zwei Jahren schwer unterernährt sind, 10% davon leiden an schwerer Auszehrung. UNICEF weist darauf hin, daß sich die Zahl der akut unterernährten Kinder unter zwei Jahren auch in Rafah, wo die Menschen angeblich besseren Zugang zu Hilfsgütern haben, von 5% im Januar auf 10% im Februar verdoppelt hat.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt davor, daß in den nördlichen Gouvernements des Gazastreifens bis Mai jederzeit eine Hungersnot droht. Dies geht aus einem neuen Bericht hervor, der am 18. März von der Globalen Initiative für eine integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen veröffentlicht wurde (https://www.ipcinfo.org/). Die stellvertretende FAO-Generaldirektorin Beth Bechdol erklärte, die aktualisierte IPC-Analyse „bestätigt, was wir alle befürchtet haben – eine Verschärfung und rasche Verschlechterung der Ernährungssicherheit in Gaza“. Die Hälfte der Bevölkerung sei von einer katastrophalen Ernährungsunsicherheit betroffen (1,11 Millionen). „Dies ist das höchste jemals verzeichnete Niveau, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben“, sagte Bechdol.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sagte am 18. März: „Das Ausmaß der anhaltenden Einschränkungen für humanitäre Hilfe im Gazastreifen und die Art und Weise, wie Israel die Feindseligkeiten fortsetzt, kann auf den Einsatz von Hunger als Kriegsmittel hinauslaufen, was ein Kriegsverbrechen ist.“ Auch der Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, erkannte bei der Eröffnung einer Konferenz über humanitäre Hilfe für den Gazastreifen in Brüssel am 18. März, worum es geht: „In Gaza stehen wir nicht mehr am Rande einer Hungersnot. Wir befinden uns in einer Hungersnot.“
alh