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Neue Solidarität
Nr. 33, 17. August 2017

War der „russische Hackerangriff“ in Wirklichkeit ein Insiderjob?

Ein Interview mit Ray McGovern von den „Geheimdienstveteranen für Vernunft“

Jason Ross sprach am 28. Juli im Freitagsforum des LaRouche-Aktionskomitees mit Ray McGovern, einem langjährigen früheren Rußlandexperten der CIA und prominentem Mitglied der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ (VIPS). Die Gruppe hatte am 24. Juli US-Präsident Trump in einem Memorandum aufgefordert, Ermittlungen gegen CIA und FBI wegen des Verdachts illegaler Datenmanipulation einzuleiten. Das Video des Interviews mit deutschen Untertiteln finden Sie in Internet unter: https://www.youtube.com/watch?v=cfNQ7EFthEM

Jason Ross: Seit mehreren Monaten dauert nun der sog. Russiagate-Skandal an, dessen angeblicher Auslöser jetzt in einem von den Geheimdienstveteranen für Vernunft (VIPS) verfaßten Memorandum vollkommen auseinandergenommen wurde.

Ich freue mich, Ray McGovern hier zu haben, Gründungsmitglied der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ und früherer Topanalyst der CIA – rundherum ein großartiger Mensch.

Das Memorandum, das Ihre Gruppe am Montag [24.7.] vorgelegt hat, entkräftet eine der zentralen Behauptungen des ODNI [Büro des Direktors der nationalen Nachrichtendienste] vom 6. Januar, wonach russische Hacker an dem Versuch beteiligt gewesen seien, direkten Einfluß auf die US-Wahlen zu nehmen. Sie legen insbesondere neue kriminaltechnische Beweise dafür vor, daß die Daten kopiert und nicht gehackt wurden. Können Sie das für uns einmal in den Kontext stellen? Was bedeutet das?

Ray McGovern: Gerne. Lassen Sie mich vorausschicken, daß wir bei den Geheimdienstveteranen für Vernunft über alle möglichen Fachkenntnisse verfügen – Ärzte, Anwälte, wir haben keine Indianerhäuptlinge, aber wir haben hochqualifizierte Techniker, pensionierte Leute. Zwei von ihnen sind frühere technische Direktoren der National Security Agency (NSA). Das sind die Leute, die die Systeme entwickelt haben, die immer noch verwendet werden; diese Leute wissen also genau, wovon sie sprechen.

Wir waren es satt, immer nur die Tatsache zu wiederholen, daß es aufgrund technischer Aspekte keine „russischen Hacker“ gegeben haben konnte. Als ich noch als nationaler Geheimdienstbeamter für die Regierung arbeitete, mußten wir uns oft mit schmutzigen Dingen befassen, etwa mit der Frage, was zu tun sei, wenn die italienischen Kommunisten an die Regierung kämen. Das sind durchaus harte Sachen. Es ging auch um technische Dinge: Was geschieht, wenn die Türken unsere Erfassungsgeräte gegen russische Interkontinentalraketen abschalten? Wenn man dann den Vorteil hat, mit Leuten zu arbeiten, die vom technischen Standpunkt her wissen, wovon sie sprechen, dann ist das großartig! Denn dann weiß man, wer ehrlich ist, man weiß, was durch die Physik bewiesen werden kann. Es stimmt wohl, daß wir irgendwann die Erfassungsgeräte in der Türkei verlieren werden, aber wir haben andere Dinge, die dann in Betrieb gehen werden...

Ich will damit sagen: Wenn man technische Experten hat, die wissen, wovon sie reden, und die sich als ehrliche, verläßliche Leute erwiesen haben, dann ist das wirklich ein Segen.

Ich habe mich also an Bill Binney, den letzten technischen Direktor der NSA, gewandt und habe ihn gefragt: „Bill, warum sagst du, daß das ein Leck war, und kein Hack?“ Und er sagte: „Ray, ich kenne das Programm, um das es hier geht; ich habe es mit entworfen, und jetzt kann ich darüber sprechen.“ „Wie kommt das, Bill?“ „Wegen Snowden – das sind diese Schaubilder! Er hat alle diese Spuren aufgezeigt, mit denen man den Weg zurückverfolgen kann - alle diese kleinen Dinge im Internet. Ich weiß, das ist kaum zu glauben. Ray, ich weiß, daß du mich jetzt etwas seltsam anschaust, aber es ist wahr, die NSA verfolgt jede E-Mail und jedes Telefongespräch. Sie hören sie sich nicht an, aber sie speichern sie und man kann sie offensichtlich wiederfinden.

Wenn es also diese Möglichkeit gibt – und wir wissen, daß das so war – und jemand hackt das DNC [Führungsgremium der Demokratischen Partei], dann muß die NSA das mit Sicherheit wissen! Sie würden wissen, wer gehackt hat, und sie wüßten, wer der Empfänger war. Glaub mir, Ray: so funktioniert das. Willst du die Schaubilder sehen?“ Und er zeigte mir die Schaubilder von Ed Snowden und sagte: „Siehst du diese Spurenlesegeräte? Die sind überall im System. Die E-Mail wird in kleine Pakete zerlegt, wenn sie versendet wird, und diese Pakete sind alle markiert, damit man hinterher weiß, wie man sie wieder zusammensetzen muß. Glaub mir, Ray, das muß ein Leck sein. Jemand hat einen Speicherstick in den Computer des DNC gesteckt, und so hat Julian Assange seine Informationen erhalten.“

Diese Frage, so glauben wir, ist damit geklärt. Aber jetzt kommen wir zur Frage der sogenannten „russischen Hacker“, denn angeblich gibt es ja Beweise dafür, daß die Russen die Computer des DNC gehackt haben. Was sind diese Beweise? Aus irgendeinem seltsamen Grund sind sie in keiner der Einschätzungen von CIA, NSA und FBI zu finden. Es heißt immer nur: „Wir kommen zu diesem Schluß und wir kommen zu jenem Schluß“ – das sind aber keine Beweise. Das ist eine Blamage für den Berufsstand der Geheimdienste!

Ross: Der halbe Bericht befaßte sich mit RT [Russia Today].

McGovern: Ja, damit, daß RT eine Diskussion mit Kandidaten einer dritten Partei veranstaltete.

Ross: Ich weiß. Ein Angriff auf die Demokratie!

McGovern: Eine Unterwanderung unserer Demokratie!

Das war wirklich laienhafte Arbeit, was mich nicht überrascht, denn Clapper und John Brennan haben ja diese Sache geleitet.

Wie sieht es jetzt aus? Wie uns vor etwa drei Wochen bekannt wurde, haben sich einige unabhängige Leute die Metadaten angesehen, die mit dem angeblichen „russischen Hack“ beim DNC zusammenhängen, und sie kamen zu einigen unglaublich interessanten forensischen Schlüssen – kriminaltechnischen Schlüssen aufgrund der Physik und den Möglichkeiten des Internets.

Ich will hier chronologisch vorgehen, und ich bitte alle, die zuhören, um etwas Geduld, weil es ein bißchen kompliziert ist, aber ich will versuchen, es einfach darzustellen.

Am 12. Juni 2016 gab Julian Assange bekannt: Wir haben E-Mails, die mit Hillary Clinton zusammenhängen, und wir werden sie demnächst veröffentlichen. Am 15. Juni, also drei Tage später, erklärte CrowdStrike, der Vertragspartner des DNC: Das System des DNC wurde beeinträchtigt, jemand hat sich daran zu schaffen gemacht oder, wie es hieß, Malware in das System eingespielt, und wir glauben, daß es die Russen waren; es gibt Hinweise darauf, daß es die Russen waren. Das war am 15. Juni, drei Tage nach Julian Assanges Mitteilung.

Und noch am gleichen Tag, welch ein Zufall, meldete sich dieser [angebliche Hacker] Guccifer 2.0 zu Wort und sagte: „Aha, das DNC; CrowdStrike hat recht, wir waren das...“

Ross: „Ich habe das alles gemacht, ich habe das herausgefunden!“

McGovern: „... und wir arbeiten für WikiLeaks.“ Mannomann!

Das nächste, was wir wissen, ist, daß am 5. Juli – mehrere Wochen später – jemand Informationen von den Computern des DNC oder aus dem lokalen Netz, mit dem der Server verbunden war, nicht gehackt, sondern kopiert hat. Das war jemand an der Ostküste, denn die Metadaten zeigen die Ostküsten-Sommerzeitzone an, und dieser jemand hat die Daten mit einer Geschwindigkeit kopiert, die weit über alles hinausgeht, wozu das Internet in der Lage ist.

Was bedeutet das für den Laien: Es bedeutet, es war kein Hacker. „Hacken“ passiert aus der der Ferne – man hackt sich in einen Computer ein. Aber mit einer solchen Geschwindigkeit – und ich könnte Ihnen, wenn Sie wollen, die Geschwindigkeiten nennen, aber das hier war unglaublich schnell – läßt sich das nur machen, wenn man z.B. einen Speicherstick benutzt. Wenn man den in einen Computer steckt, lassen sich solche Geschwindigkeiten erreichen.

Das ist wichtig! Es bedeutet nämlich, daß wir es mit einer anderen Art des Kopierens zu tun haben; über das, was Julian Assange bekam, haben wir schon gesprochen. Das hier war etwas ganz anderes.

Warum sollte jemand so etwas tun, sobald am 12. Juni bekannt wurde, daß Julian Assange E-Mails hatte, die mit Hillary Clinton zusammenhingen? Ich kann es nur so rekonstruieren: Man hat beschlossen zu sagen: „Das kommt von den Russen.“ Und deshalb hat CrowdStrike – das für das DNC arbeitet – erklärt: „Hier sind Schadprogramme, und wir glauben, die kommen von den Russen.“ Und noch am gleichen Tag meldete sich Guccifer: „Ja, ja! Wir waren es, und wir arbeiten für Assange.“

Die Idee war natürlich – so interpretieren wir das: Wenn Julian Assange, Gott weiß wann, mit diesen E-Mails herauskommt – vielleicht unmittelbar vor dem Demokratischen Nationalkonvent, mein Gott, das wäre ja schrecklich! Also sagen wir, er hat das Material von den Russen bekommen, und auf diese Weise kann man von dem ablenken, was in den E-Mails drinsteht. Denn wer weiß, was er da alles hat, er könnte ja vielleicht zeigen, daß wir Bernie Sanders die Nominierung gestohlen haben! Das könnte da wirklich drinstehen. Greifen wir dem also ein wenig voraus – noch im Juni, bevor er das alles veröffentlicht. Julian verändert diese Dinge nicht, er ordnet sie nur in einem Format an, das durchsucht werden kann, und das kann eine Weile dauern. Wir haben also etwas Zeit, etwa sechs Wochen oder so. Also tun wir es gleich, und wenn Julian Assange damit herauskommt, dann ist alles vorbereitet, um zu sagen: „Aha! Es waren russische Hacker!“

Das ist schon wunderbar. Es erinnert mich an den alten Film oder das Buch Die wunderbare Macht1 – eine wunderbare Ablenkung. Als nämlich Julian Assange die mit Hillary Clinton zusammenhängenden E-Mails veröffentlichte – das war am 22. Juli, drei Tage vor dem Beginn des Demokratischen Nationalkonvents – war man bereits darauf vorbereitet, einfach zu sagen: „Da sieht man es ja, es war Rußland, das hat Rußland getan!“

Man sieht praktisch, wie sie um den Tisch sitzen. Hillary sagt: „Mein Gott! Was sollen wir tun? Was wird Bernie sagen? Er hatte sich eigentlich [mit seiner Niederlage] bereits abgefunden, aber was wird er jetzt sagen?“ Dann meldet sich jemand zu Wort: „Ich weiß, was wir tun. Wir schieben die Schuld den Russen zu.“ – „Aber es waren nicht die Russen, es war Julian Assange.“ – „Das macht nichts. Wir sagen einfach, daß Julian Assange für die Russen gearbeitet hat.“ – „Ja, aber mit welcher Begründung?“ – „Na hör mal! Die Russen wollen, daß Trump gewinnt, weil Trump nette Dinge über Putin gesagt hat, das kann man ganz leicht beweisen. Hat jemand eine bessere Idee?“ – „Okay, dann machen wir das.“

Es hat wunderbar funktioniert. Alle Mainstream-Medien haben die Geschichten über den russischen Hackerangriff verbreitet. Wir haben Jennifer Palmieri erlebt, die Pressesprecherin von Hillary Clintons Wahlkampfteam; sie prahlte in einem Artikel in der Washington Post, daß sie mit einem Golf-Cart auf dem Parkplatz vor dem Konvent zu den Stationen aller Sender gegangen ist und die Linie verbreitete, daß die Russen den DNC gehackt hätten. Sie sagte: „Das war nicht leicht zu verkaufen. Selbst wir hatten Probleme, das zu glauben, aber wir haben es mit großem Nachdruck forciert.“ Und weiter sagte sie: „Einige Wochen später , als wir in Brooklyn zurück waren“ – dort war Hillarys Hauptquartier – „holten wir die Geheimdienstleute und die Geheimdienst-Korrespondenten zusammen, die uns die Informationen gaben, um zu beweisen, daß es die Russen waren. Auch die Obama-Administration begann uns zu bestätigen, was die Geheimdienstleute behauptet hatten, und von da an waren wir auf uns selbst angewiesen.“

Wir sprechen hier über durchgesickerte Informationen, die Lecks, denen Trump jetzt auf den Grund gehen will. [FBI-Chef] Comey wollte sich das nicht anschauen, und er [Trump] versucht, [Justizminister] Jeff Sessions dazu zu bewegen, sich damit zu beschäftigen.

Es scheint alles ziemlich kompliziert zu sein, aber letztendlich ist es ganz einfach. Sie wußten, daß Julian Assange ihnen auf die Schliche gekommen war. Wenn man sich den Inhalt betrachtet, dann hat man gesehen – und das ist keine Übertreibung –, daß Hillary und [die damalige Vorsitzende des DNC] Debbie Wasserman-Schultz Bernie Sanders die Nominierung gestohlen haben. Warum sind Debbie Wasserman-Schultz und ihre vier wichtigsten Leute sofort zurückgetreten? Sagt uns das nicht etwas?

Aber mit Hilfe der Medien gelang es ihnen, diese „wunderbare Ablenkung“ zu inszenieren, und wenn wir uns jetzt die angeblichen Beweise dafür anschauen und kriminaltechnisch untersuchen,  kommen wir zu dem Schluß, daß es von jemandem im DNC publik gemacht worden ist. Aufgrund der Physik und der Möglichkeiten des Internets können es die Russen nicht gewesen sein. Das ist schon ein starkes Stück!

Ross: Richtig. Es geht also nicht nur darum, daß es kein Hacken, sondern ein Leck war; es zeigt auch, daß es ein präventives bzw. vorsätzliches Leck war, dem man russische Fingerabdrücke angehängt hat, um diese Narrative zu schaffen.

McGovern: Ja. Es war ein copy-and-paste-Job. Man fand ein brauchbares Format bzw. eine Schablone, und fügte dann diese Schablone in das Material ein – natürlich in Kyrillisch, der russischen Sprache.

Für mich war damals am interessantesten, daß man uns allen versicherte, daß dies „ein professioneller Job des russischen Militärgeheimdienstes] GRU gewesen sein muß – die sind wirklich gut darin.“ Doch dann – ups! – hinterlassen sie etwas, was in Kyrillisch geschrieben ist!

Ross: Ja, sie sind so gut, daß sie ihren Nutzernamen von Microsoft-Word als „Felix Edmundowitsch“ registrierten, in kyrillisch geschrieben!

McGovern: Ja, Felix Edmundowitsch [Dserschinski] war natürlich der erste Chef der Tscheka, des KGB!

Ross: Wie wunderbar! Nur wie dumm von ihnen, das drin zu lassen!

McGovern: Sie wollten nicht, daß man das übersieht.

Ross: Genau. In dem VIPS-Memo, das Sie unter dem Titel „War der ,russische Hackerangriff‘ ein Insiderjob?“ veröffentlicht haben, schreiben Sie am Ende: „Wir wissen nicht, wer oder was dieser undurchsichtige Guccifer 2.0 ist. Vielleicht sollte man das FBI fragen.“ Warum sollte man das FBI fragen?

McGovern: Diese Frage sollte man dem früheren FBI-Direktor James Comey stellen, der in dem unverdienten Ruf steht, weithin respektiert zu sein; er hat immerhin Folter und Abhöraktionen genehmigt, weswegen wohl die New York Times und die Washington Post sagen, er sei „weithin respektiert“.

Nachdem enthüllt wurde, daß das DNC „gehackt“ worden sei, hätte man in einem solchen Fall normalerweise, wenn ich mich nicht schrecklich irre, das FBI gebeten, die Sache zu untersuchen, um zu sehen, wer das getan hat. Oder das DNC hätte das FBI gebeten, zu kommen, um herauszufinden, wer das getan hat. Aber offenbar war niemand besonders interessiert gewesen zu sein, sich damit zu beschäftigen.

Also bei allem Respekt – viel Respekt ist hier allerdings nicht vonnöten: James Comey hat sich nicht bloß eines Dienstvergehens schuldig gemacht. Alles schreit, dies sei ein Kriegsakt gewesen, und er sitzt da und sagt: „Ich will meine Fachleute nicht dorthin schicken.“ Warum? Ich kann Ihnen sagen, warum. Wenn man ein Geheimdienstanalytiker ist – jedenfalls, was wir einen Rundum-Analytiker nennen –, dann neigt man dazu, zwei und zwei zusammenzuzählen. Man sieht sich nicht nur die technischen und kriminaltechnischen Details an, die wir inzwischen ja haben, sondern auch das, was drum herum geschieht, was man aus den Zeitungen erfährt. Dadurch weiß man, daß die CIA mit Hilfe der NSA in 15 langen Jahren eine unglaubliche Kapazität entwickelt hat.

Ich möchte Ihnen schildern, wie das aus meiner persönlichen Sicht ablief. Ich trete oft in RT auf. Warum trete ich nicht in CNN oder MSNBC auf? Weil die sich für das, was ich zu sagen habe, nicht interessieren. RT wartet immer bis um 11 morgens und fragt dann: „Können Sie heute nachmittag kommen, um darüber zu sprechen?“ Wirklich ungewöhnlich bei RT ist, daß der Sender, anders als die anderen, nie ein „Vorinterview“ führt. Die BBC macht das, CNN macht das, Fox News macht das. Ich wurde von Fox und BBC einmal zu Vorinterviews eingeladen, und dann hieß es: „Wir haben jemand anderen gefunden, trotzdem vielen Dank!“

Ross: Das hört sich ja eher wie ein Bewerbungsgespräch als wie ein Nachrichten-Interview an.

McGovern: Sie sagen es! Man hört dann: „Sie wollen doch wieder einmal bei uns auftreten, nicht wahr?“

Was war also geschehen? RT ruft mich gewöhnlich gegen 11 Uhr an. Aber diesmal war es um 7:15 Uhr morgens; ich war gerade aufgewacht und brauchte einen Kaffee. Man sagte mir: „Herr McGovern, können Sie gleich kommen? Es gibt unglaubliche Enthüllungen von WikiLeaks.“

Das war am 31. März. „Können Sie gleich kommen, denn wir müssen das sofort diskutieren!“ Ich fragte: „Aber Sie haben doch noch gar nicht geöffnet?“ – „Nein, aber wir werden das Eurovisions-Studio benutzen, aber schaffen Sie es bis 9 Uhr?“ Mir ging durch den Kopf, wie ich das im Berufsverkehr schaffen sollte.  „Aber ja, ich komme, schicken Sie mir den Link.“

Ich schaue mir den Link an und sage mir: Mein Gott, ich sollte wirklich dorthin. Aber ich sollte mir überlegen, was ich sagen will.

Im Auto nehme ich mein Handy und rufe Bill Binney an, den früheren technischen Direktor der NSA, und sage: „Hallo Bill, hast du das schon gesehen?“ Und er sagt: „Ja, Mann, das ist etwas!“ Ich sage: „Bill, sag mir, was ich sagen soll!“

Er sagt: „Schau her, Ray, ich war dabei, als das vor 15 Jahren anfing. CIA und NSA arbeiteten an diesem unglaublich ausgeklügelten Programm, für das sie 700 Millionen Programmzeilen brauchten!“ Ich sage: „Das hört sich ziemlich viel an, Bill.“ Er sagt: „Ja, Ray, das hast du richtig verstanden. Schau es mal von der Seite an: Jede Programmzeile kostet 25$. Rechne es aus! Du kannst doch multiplizieren!“ Ich sage: „Ja, das wären“ – für das Programm, das sie „Marble“ nannten – „selbst wenn das nur 100 Millionen Programmzeilen hätte, wären es immer noch Milliarden Dollar.“ „Das ist richtig. Sag ihnen das. Sag ihnen, es ist unglaublich ausgeklügelt, und sag ihnen, was die CIA und die NSA damit machen können – nämlich verschleiern!

Das ist das Drei-Dollar-Wort, das die CIA in ihrem ursprünglichen Dokument verwendete; wir reden hier nicht über Berichte. Wir reden hier über Julian Assange, der, wie er sagt, von einem Auftragnehmer, der für die CIA gearbeitet hat, diese Dokumente erhalten hat – die Originaldokumente. Und was heißt eigentlich „verschleiern?“ Es bedeutet, daß man sich in ein System hineinhackt und diesen Vorgang verschleiert, d.h. jenen versteckt, der sich hineinhackt. Das ist in fünf verschiedenen Sprachen möglich – Chinesisch, Arabisch, Farsi, Koreanisch und Russisch!

Ross: So läßt sich die Schuld verschiedenen Leuten zuschieben, nicht wahr?

McGovern: Ja! Ich habe aber nicht gehört, daß sich irgendwelche Araber oder Iraner, Chinesen oder Koreaner darüber beschwert haben, daß man sie gehackt hätte.

Ich sage also: „Wow!“ Und dann las ich, noch bevor wir auf Sendung gingen, daß dieses Programm 2016 von der CIA genutzt wurde. Es heißt nicht, „wurde in Rußland oder in Korea genutzt oder so etwas, sondern nur, es wurde genutzt.“ Nebenbei dachte ich, ich bin hier bei RT, aber wenn ich bei CNN wäre, würde ich dasselbe sagen – das ist schon bemerkenswert.

Vor dem Hintergrund, den ich kenne, und vor dem Hintergrund, was Bill Binney mir gesagt hat, erklärte ich bei RT: „Das kommt von Experten, und das bedeutet wahrscheinlich, daß wir die Möglichkeit in Erwägung ziehen sollten, daß das sogenannte ,russische Hacken‘ von diesen anderen Profis gekommen sein könnte – so guten Profis, die das konnten und dann auch noch etwas auf Kyrillisch oder Russisch hinterließen, was auch professionell war!“

Soviel zu den Berichten über das russische Hacken. Ich bin Geheimdienstanalyst und weiß das. Aber wissen das auch die Leute, die die New York Times lesen? Nein, sicherlich nicht – interessant.

Das alles kommt aus einem unglaublichen Schatz von Originaldokumenten der CIA, die nach Julian Assange genauso interessant und vernichtend sind wie die Dokumente, die Ed Snowden veröffentlicht hat. Das ist beachtlich.

Wir wissen, daß es 2016 genutzt wurde. Und deshalb sagt McGovern: „Könnte das vielleicht hiermit zusammenhängen?“ Und McGovern sagt: „Wir bewegen uns hier auf gefährlichem Boden, aber du bist Analyst und du sagst es, wie du es siehst.“ Deshalb dachte ich, daß der Präsident grundsätzlich über diese Kapazitäten Bescheid wissen sollte, über die er vermutlich nicht informiert wurde. Vielleicht wurde auch CIA-Chef Pompeo noch nicht darüber informiert. Aber diese Kapazitäten gibt es. Ob diese für das „russische Hacken“ verantwortlich waren oder nicht, weiß ich nicht. Aber der Präsident könnte das sicher herausfinden, wenn man es ihm sagt.

Damit kommen wir zur Frage über den „Staat im Staat“. Ich finde es genauso glaubhaft – und ich bin schon eine Weile dabei, 50 Jahre – daß Pompeo nie gewagt hat, sich bei den Cyberangriffs-Leuten, die John Brennan angeheuert hat, zu erkundigen. Man sollte sich daran erinnern, daß John Brennan vor fünf Jahren die ganze Behörde umstrukturiert und ein neues Direktorat für Cyberkriegführung geschaffen hat. Darin arbeiten Hunderte von Leuten, und sämtliche Instrumente, die aus dem Programm „Vault-7“ hervorgingen, wurden von diesen Leuten entwickelt.

Von Vault-7 gab es bis März drei Versionen. WikiLeaks hat im März drei Berichte darüber veröffentlicht. Schon die Berichte 1 und 2 waren interessant genug. Sie zeigten, daß die CIA die Fähigkeit hat, die Kontrolle über Ihr Auto zu übernehmen und es auf 180 km/h zu beschleunigen. Wow! Das ist schon was! Und es gibt noch andere Möglichkeiten: Haben Sie einen Fernseher in Ihrem Schlafzimmer? Sie denken, er sei ausgeschaltet? – doch man kann alles verfolgen, was Sie sagen!

Das allein war schon packend genug. Aber als dann Bericht Nr. 3 herauskam, nämlich Marble, das Programm, mit dem man Hackerangriffe verschleiern kann, da dachte die New York Times aus irgendeinem Grund, das sei nicht berichtenswert. Vielleicht haben sie einige Anweisungen bekommen; jedenfalls ist darüber nichts erschienen. Die Washington Post hatte aber offenbar „das Memo nicht bekommen“: Ellen Nakashima schrieb einen Artikel, der besagte, das könnte das CIA-Cyberspionage-Programm sprengen. Danach kam aber nichts weiter darüber.

Nur nebenbei kann man daraus lernen, daß die New York Times das tut, was die CIA ihr sagt, während die Washington Post manchmal „das Memo nicht bekommt“, sich dann aber nach dem richtet, was geschieht.

Ich denke, der Präsident sollte über diese Dinge Bescheid wissen, weswegen ich mich auch an den Präsidenten gewendet habe. Ich denke, er sollte wissen, daß es dieses Programm gibt und daß es sehr wohl mit diesem sogenannten „russischen Hackerangriff“ zusammenhängen könnte. Ich erwähnte auch, daß Wladimir Putin darauf angespielt hat. Vielleicht hat er auch in seinen Diskussionen mit Präsident Trump darauf angespielt, aber ich weiß, daß er in seinen Diskussionen mit Megyn Kelly darauf angespielt hat. Er sagte, es gebe diese wunderbare Fähigkeit – er sprach nicht von „verschleiern“, sondern sich zu tarnen und ständig anzugreifen. Er sagte: „Sie sollten sich das anschauen.“ Und sie sagte: „Nun, kommen wir zur nächsten Frage.“

Ross: Lassen Sie mich noch etwas anderes fragen über diese Fähigkeiten und die Behörden, die diese Dinge tun können. Das FBI hatte Verbindungen oder finanzierte möglicherweise [die private Intelligence-Firma] Fusion GPS, die einen völlig abwegigen Bericht verfaßte, wonach die Russen Trump in der Tasche hätten und ihn mit einer Reihe schlüpfriger Details erpressen könnten. Kürzlich sagte John Brennan beim Aspen Security Forum, wenn Trump Robert Mueller entlasse, dann sollten die Geheimdienste rebellieren und sich im Grunde weigern, Trumps Anweisungen auszuführen. Wir haben von James Clapper gehört, daß es den Russen in den Genen liege, die ganze Welt zu übernehmen und die Vereinigten Staaten zu zerstören -

McGovern: In den Genen...

Ross: Genau. Sie kennen sich mit Rußland aus, das gehört zu Ihrer Expertise. Was halten Sie von diesen Ansichten über Rußland, und warum denken diese Leute so?

McGovern: Für mich ist es immer ein Rätsel, ob sie diesen Kram wirklich glauben. Ich weiß, daß eine Menge Leute viel Geld damit verdienen, Waffen herzustellen und an Leute zu verkaufen, die einen Feind brauchen. Rußland war einmal ein wirklich überzeugender Feind, als es dort noch eine Menge gab! In den 1990er Jahren lag Rußland am Boden und gewinnt erst jetzt seine militärischen Kapazitäten zurück. Das ist ein Aspekt davon.

Wirklich seltsam ist aber, daß niemand an ein ganz großes Leck denkt, und das war ein Leck des FBI-Direktors James Comey: Er ließ seine Leute mit der New York Times sprechen, und er sagte einige wirklich böse Dinge über Trump und das, was Trump unternehmen werde. Warum hat er das getan? James Comey zufolge sollte ein Sondermittler eingesetzt wird – tout de suite [sofort], wie die Franzosen sagen. Und es wurde tout de suite ein Sonderermittler eingesetzt. Wer war das? Einer von Comeys besten Freunden, Bob Mueller.

Überall heißt es, Bob Mueller sei „weithin respektiert.“ Ich kann Ihnen folgendes darüber sagen. Ich hatte einmal einen Meinungsaustausch mit Bob Mueller vor etwa 300 anderen Leuten an der Georgetown University. Er war gerade als FBI-Direktor abgetreten, und ich sagte: „Herr Mueller, was halten Sie von Parallelkonstruktion? Haben Sie irgendwelche Bedenken, Informationen durch illegale Überwachung von Amerikanern zu beschaffen, diese Informationen dann an die Polizeibehörden zu geben und zu sagen: ,Sagt niemandem, wie wir sie bekommen haben, aber hier sind die Hinweise. Ihr könnt euch die bösen Buben schnappen.’ Die bösen Buben werden geschnappt, und dann werden nicht nur die Richter, sondern auch die Verteidiger darüber belogen, wie man auf sie aufmerksam wurde... Direktor Mueller, haben Sie irgendwelche rechtlichen Probleme damit?“

Wissen Sie, was er sagte? Er sagte: „Nein! Überhaupt nicht! Nach dem 11. September haben wir Sondervollmachten erhalten. Nächste Frage.“

Ich saß damals in einem ziemlich feindseligen Publikum. Die meisten von ihnen waren meine früheren Kollegen von der CIA. Aber da haben wir es! Mueller ist angeblich Anwalt, er ist angeblich eine weithin respektierte Person. Er war im Amt, als gefoltert wurde. Sie wissen ja, daß er und Comey sich ihre Sporen verdient haben, als die verhinderten, daß [der frühere US-Justizminister] Ashcroft wegen dieses Programms bedrängt wurde. Das Programm wurde fortgesetzt – einfach unter einem anderen Namen.

Woher weiß ich das? Eine in unseren VIPS ist Coleen Rowley, die für das FBI gearbeitet hat. Interessant ist, daß sie einen Gastkommentar für die New York Times geschrieben hat, als Mueller zum Sonderermittler ernannt wurde. Sie hat diesen Artikel geschrieben, weil sie diese Kerle kennt! Sie ist nicht auf Muellers Seite, nur um das klarzustellen. Sie hat Mueller einmal auf zwei sehr große Schwächen im Verhalten des FBI vor dem 11. September hingewiesen, und er sagte dazu: „Oh, das wird sich nicht wiederholen.“ In zwei Memoranden, die publik wurden, warnte sie ihn erneut. Wenn wir über Mut reden: das war ein Jahr, bevor sie ihren Pensionsanspruch erreicht hatte! Klar ist, daß die New York Times sich sehr dafür interessierte, was das FBI vor dem 11. September nicht getan hatte, und sie interessierte sich auch sehr für Coleen Rowleys Ansichten über Comey, als dieser zum Chef des FBI nominiert wurde. Aber als Coleen Rowley einen Gastkommentar über Comey und Mueller und ihre Verbindung schrieb, und darüber, was beide über Folter, Abhöraktionen und alle diese Dinge wußten, da interessierte dies die New York Times nicht mehr. Wir mußten den Kommentar online veröffentlichen [https://consortiumnews.com/2007/061807a.html]. Das sagt uns eine ganze Menge.

Es wird immer wieder vergessen, daß es hier ein großes Leck gibt, und zwar vom Chef des FBI, der selbst zugibt, daß seine Leute mit der New York Times sprechen. Und es hat mit diesem privaten Memo zu tun, das er verfaßt hat. Die Times bringt das groß heraus, und Comey sagt: „Ich will einen Sonderermittler“, und zwar sofort. Schon am nächsten Tag – schwupps! - bekommen wir einen Sonderermittler. Und raten Sie mal, wer es ist? – Bob Mueller.

So inzestuös ist das ganze, doch die Leute meinen, das ist gut. Mueller wird nichts herausfinden – außer dem, was er herausfinden will.

Ross: Was das Russiagate und die Opposition gegen eine Entspannung mit Rußland bzw. eine Normalisierung der Beziehungen zu Rußland angeht, so wurden gerade im Kongreß neue Sanktionen gegen Rußland beschlossen, die sich meiner Meinung nach ebenso gegen Donald Trump wie gegen Rußland richten. Was sehen Sie als das Motiv hinter dieser Opposition gegen eine Entspannung und der Opposition gegen eine friedliche, normale und potentiell sogar gegenseitig vorteilhafte Beziehung zu Rußland?

McGovern: Das kommt vor allem von den Demokraten, seltsamerweise. Ursprünglich war es, wie ich schon erwähnte, ein Versuch, die Russen anzuschwärzen, damit Hillary die Wahl gewinnt. Als sie dann aber nicht gewählt wurde, hieß es, diese Sachen sind immer noch brauchbar! Wie konnte man sie gebrauchen? Man könnte zeigen, daß Hillary die Wahl gar nicht verloren hat! „Es kann gar nicht sein, daß sie keine gute Kandidatin war und ihr niemand vertraute. Das waren die Russen!“ Deshalb glauben die meisten Amerikaner – wenn man den Umfragen glauben darf –, daß Trump, der jetzt Präsident ist, nur mit Hilfe von Wladimir Putin gewählt worden ist. Das ist schlimm! Das ist wirklich schlimm!

Das Ziel dabei ist nicht nur, Trump die Legitimität zu entziehen, sondern die Spannungen mit Rußland weiter zu schüren, damit es keine wirkliche Détente gibt. Wir können die Russen weiter anschwärzen und sagen: „Seht doch, was sie anrichten!“

Ich kenne keinen, der glaubt, daß die Russen in Estland einmarschieren werden. Glauben Sie das? Oder in Lettland oder Litauen? Ich war dort, und ich glaube nicht, daß es das wert wäre.

Und was die Ukraine angeht, gibt es nicht die Spur eines Beweises dafür, daß Putin oder irgendeiner seiner Berater vorhatten, sich die Krim einzuverleiben, bevor wir diesen Putsch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew veranstaltet haben. Das war der unverschämteste Putsch in der Geschichte, wie sich George Friedman von Stratfor ausdrückte. Warum? Weil die Machenschaften dafür schon 16 Tage vor dem eigentlichen Putsch auf Youtube erschienen sind, als unsere Staatssekretärin Victoria Nuland unserem Botschafter in Kiew sagte: „Okay, Jaz ist unser Mann, Klitschko soll warten. Wir müssen das zuende bringen. Jaz ist unser Mann.“ „Jaz“ war Jazenjuk.

Als ich das auf Youtube gesehen habe, tat mir dieser Jaz tatsächlich etwas leid. Der Kerl wollte antreten, war aber jetzt kompromittiert und konnte sicherlich nicht Premierminister werden. Dann wache ich am 23. Februar auf und erfahre, daß die Ukraine einen neuen Premierminister hat. „Mein Gott, es ist Jaz!“ – Jazenjuk – richtig? Die Regierung der Vereinigten Staaten hat die neue Regierung sofort anerkannt, obwohl es ein Putsch war.

Wie hat Wladimir Putin darauf reagiert? Sie müssen gedacht haben: „Mein Gott, wir haben den Amerikanern doch gesagt, daß die NATO in der Ukraine eine rote Linie ist!“ Dennoch war es geschehen. Dank Bradley Chelsea Manning haben wir das Telegramm, in dem es heißt: „Das ist unsere rote Linie.“

Putin hat auf seine Weise einen wirklich guten Sinn für Humor, als er bemerkte: In Bezug auf unseren Marinestützpunkt, unseren einzigen Ganzjahreshafen in Sewastopol auf der Krim, würden wir uns nicht gerne mit der Idee abfinden, Genehmigungen zum Besuch in der NATO-Basis in Sewastopol einzuholen. Ich weiß, daß das alles prima Kerle sind, aber wir würden es wirklich vorziehen, daß es so bleibt, wie es jetzt ist. Jeder kann gerne kommen und uns in unserem Marinestützpunkt Sewastopol besuchen.

Das war eine humorvolle Art und Weise zu sagen: Das können wir nicht zulassen.

Nur noch eines, wenn man davon redet, die Russen wegen der Krim zu bestrafen: Ich mag es nicht, wenn Grenzen geändert werden, aber ich wage zu sagen, wenn ich als Amerikaner sähe, daß die Russen etwas entsprechendes in Kanada oder sogar auf Kuba täten – sie haben es auf Kuba einmal versucht, und wir haben, wie ich mich erinnere, damals ziemlich stark reagiert. Oder in Mexiko: Wir hätten genauso gehandelt. Die NATO ist ein Militärbündnis!

Nimmt man all das zusammen, dann ergibt sich eine Art künstliches Konstrukt von Wladimir Putin als leibhaftigem Teufel. Die ganze Presse folgt dieser Darstellung, und alle machen mit – insbesondere die Demokraten. Das ist das seltsamste, was ich je gesehen habe.

Donald Trump seinerseits will mit Putin reden, aber alle sagen, das gehe gar nicht. Dann spricht aber Trump mit Putin, und was geschieht? Sie einigen sich auf ein Waffenstillstandsabkommen! Nicht für ganz Syrien, aber für einen kleinen Teil von Syrien. Wird darüber in den Medien berichtet? Nein – höchstens irgendwo im Innenteil.

Ross: Es heißt, Trump gebe Rußland nach.

McGovern: Wenn jemand von uns ein Interesse hat, das Blutvergießen in Syrien zu beenden, was wir tun sollten, dann sollten wir die Bemühungen Trumps und aller anderen, mit den beteiligten Kräften zusammenzuarbeiten, begrüßen – nicht nur mit den Russen, sondern auch mit den Syrern, den Türken und den Iranern. Wenn wir kein gemeinsames Ziel haben, ISIS zu bekämpfen – welche gemeinsamen Ziele haben wir sonst?

Es gibt weitere interessante Entwicklungen: Trump beschloß diese Woche, die sogenannten „moderaten“ Rebellen nicht weiter zu unterstützen – weder mit Waffen noch mit Geld. Das ist sehr wichtig. Die USA hatten bisher die Rebellen in Syrien mit Milliarden Dollars aus der Kasse der CIA unterstützt.

Wie wird es nun weitergehen? Trump hat sich in dieser Frage mit der CIA angelegt. Soweit ich mich erinnere, ist niemand so lange in Washington wie Senator Chuck Schumer, der führende Demokrat im Senat. Er gab Rachel Maddow am 3. Januar ein Interview. Er sagte: „Ich habe Trump immer für einen ziemlich klugen Kerl gehalten, aber er hat etwas sehr dummes getan.“ Sie fragte: „Was war das?“ „Er hat sich mit den Leuten in den Geheimdiensten angelegt, und die haben unendlich viele Möglichkeiten, es ihm heimzuzahlen. Ich dachte, er sei ein ziemlich schlauer Geschäftsmann, der weiß, wie man das macht, aber er hat etwas ganz dummes getan.“ Doch Rachel Maddow unterbricht: „Jetzt machen wir eine Pause.“

Entschuldigen Sie bitte: Wenn Sie an ihrer Stelle gewesen wären, hätten Sie dann nicht gefragt: „Wollen Sie damit sagen, daß der Präsident der Vereinigten Staaten die Geheimdienste fürchten sollte?“

Ross: „Meinen Sie, daß er den Geheimdiensten nachgeben sollte?“

McGovern: „Die Vereinigten Staaten von Amerika sollten Angst vor den Geheimdiensten haben.“ Denn das ist es natürlich, was er eigentlich meinte.

Warum weise ich darauf hin? Es wird eine Grand Jury geben. Trump hat sich ein wenig dagegen gewehrt. Ob er sich auch in Bezug auf die „russischen Hacker“ mit ihnen anlegen wird, weiß ich nicht. Vielleicht fürchtet sich Pompeo, diese Leute zu befragen, vielleicht hat er Angst davor.

Aber wenn er Angst hat, wird er dem Beispiel seines Vorgängers folgen. Denn Obama hatte Todesangst vor John Brennan, deshalb hat er ihn verteidigt, als Brennan die Computer des Senats hackte. Deshalb versuchte er, die Veröffentlichung des Senatsberichtes über die Folterpraktiken der CIA zu verhindern. Denn darin wurde deutlich, daß Brennan und andere über die Wirksamkeit der Foltertechniken nach Strich und Faden gelogen haben. Obama hat sich da letztendlich selbst verteidigt. Wir werden sehen, ob Schumer recht hat - wahrscheinlich eher früher als später.

Ross: Unsere Zeit ist um. Vielen Dank, Ray. Es ist immer gut, mit Ihnen zu reden.

McGovern: Vielen Dank.


Anmerkung

1. Der Film Magnificent Obsession (1954) nach dem gleichnamigen Roman von Lloyd C. Douglas.