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Von Helga Zepp-LaRouche
Der Grund, warum Medien und Politiker bei ihren Prognosen für die US- Präsidentschaftswahl wieder – wie schon beim Referendum zum „Brexit“ – vollkommen daneben lagen, ist offensichtlich: All jene „Experten“ und Establishment-Figuren, die sich am „Morgen danach“ als äußerst schockiert artikulierten, wie Frau von der Leyen, haben längst den Kontakt mit den realen Prozessen in der Bevölkerung verloren, und schon ganz und gar die Empathie für die Opfer ihrer neoliberalen Politik.
Trump hat sich in der letzten Phase des Wahlkampfs auf zwei Themen konzentriert, die den Ausschlag gaben. Er betonte, 1., daß Hillary Clintons Politik in Syrien auf einen Nuklearkrieg mit Rußland hinauslaufe, und daß 2., sofort Roosevelts Glass-Steagall-Trennbanken-Gesetz wieder eingeführt werden müsse, das die Kasino-Wirtschaft der Wall Street beenden würde. Damit hat er den Nerv der Bevölkerung vor allem in den Staaten des sogenannten „Rostgürtels“ des Mittleren Westens der USA, also der ehemaligen Industriezentren, die sich in rostende Ruinen verwandelt haben, präzise getroffen. Denn die dort lebenden Menschen, die keine Zukunft mehr für sich gesehen haben, haben einen tiefsitzenden Haß gegen eine Machtelite entwickelt, die den Spekulanten der Wall Street Mega-Gewinne ermöglicht, während es bei ihnen zum Nötigsten nicht reicht.
Die bemerkenswerte Arroganz, mit der unverbesserliche Repräsentanten der neoliberalen Globalisierung, wie unsere Verteidigungsministerin, der Präsident der EU-Kommission Jean-Claude Juncker oder Bildzeitungs-Schreiberling Wagner, nach der Wahl Trumps immerhin zum Präsidenten der USA meinten, diesen von oben herab abkanzeln zu müssen, reflektiert eine ungesunde Mischung von Chuzpe und Realitätsferne. Denn die Wahlniederlage von Hillary Clinton als Quittung für die klare Ankündigung der Fortsetzung der Politik Bushs, Cheneys und Obamas ist Reflektion eines globalen Prozesses, es ist gewissermaßen der Auftritt des Chors in Schillers „Kranichen des Ibykus“: die Wähler haben erinnert an jene höhere Macht, „die richtend im Verborgnen wacht“. Es ist die klare Absage an die angloamerikanische imperiale Politik, die die Welt an den Rand der thermonuklearen Auslöschung, des Zerreißens der EU nicht zuletzt durch die Flüchtlingskatastrophe und eines erneut drohenden Finanzchaos’ gebracht hat.
Trumps Wahlsieg hat die Weltkriegsgefahr für kurze Zeit unterbrochen. In diesem kurzen Intervall müssen grundsätzliche politische Korrekturen erfolgen, ohne die eine allgemeine Instabilität sehr bald erneut den Weltfrieden bedrohen wird.
Als ersten wichtigsten Schritt muß die Beziehung zwischen den USA und Rußland wieder auf eine verläßliche Basis gestellt werden. Präsident Putin, der russische Ökonom Sergej Glasjew und eine ganze Reihe weiterer russischer Offizieller begrüßten ebenso wie wichtige Politiker im Westen die Wahl Trumps als Chance für den so dringenden Neubeginn zwischen den beiden Großmächten. Putin sagte als Reaktion auf Trumps Wahlsieg: „Rußland ist zur Rückkehr zu einer umfassenden Beziehung mit den USA bereit. Lassen Sie es mich wiederholen, wir wissen, das dies nicht einfach sein wird, aber wir sind bereit, diesen Weg einzuschlagen, Schritte unsrerseits zu ergreifen und alles zu tun, um die russisch-amerikanischen Beziehungen wieder auf einen stabilen Entwicklungskurs zu bringen. Dies würde sowohl dem russischen, wie dem amerikanischen Volk von Vorteil sein und eine positive Wirkung auf das generelle Klima bei den internationalen Beziehungen haben, angesichts der besonderen Verantwortung, die Rußland und die USA für die Erhaltung der globalen Stabilität und Sicherheit haben.“
Trump selbst kündigte einen Besuch bei Putin noch vor dem Amtsantritt an. Er wird allerdings mit einem enormen Widerstand aus den Reihen der Neokons in beiden Parteien zu kämpfen haben. Ihre Vertreter in der Republikanischen Partei hatten Trump während des Wahlkampf nicht unterstützt, selbst, als er bereits der Spitzenreiter unter den Kandidaten war. Weil aber so viele Kräfte in der ganzen Welt die Kriegspolitik Obamas und deren potentiell bevorstehende Fortsetzung durch Hillary Clinton im Visier hatten, sind die Neokons in den USA eben nicht die einzigen Kräfte, die jetzt um das Schicksal der Welt ringen, das ohne eine positive Neubestimmung des amerikanisch-russischen Verhältnisses keine positive Zukunft haben kann.
Der zweite, ebenfalls akut notwendige Schritt ist die sofortige Verabschiedung des Glass-Steagall-Gesetzes, bevor es zu der jederzeit drohenden Wiederholung der Finanzkrise von 2008 in einem viel größeren und diesmal katastrophalen Maßstab kommt. Der amerikanische Kongreß wird ab Montag, dem 14. November zurück in Washington sein, und noch in der sogenannten „lame duck“-Periode muß das Glass Steagall Gesetz, das in die Wahlplattformen sowohl der Demokratischen wie der Republikanischen Partei aufgenommen war und in beiden Kammern des Kongresses als Gesetzesvorlage vorliegt – im Repräsentantenhaus mit 71 Co-Sponsoren –, verabschiedet werden. Nur so kann verhindert werden, daß ein jederzeit drohender neuer Finanzcrash à la 2008 Chaos auslöst und damit die Kriegsgefahr zurückbringt, noch bevor Trump ins Weiße Haus einzieht.
Natürlich werden Wall Street und Londoner City ebenso wie deren Jünger in der EU mit allen Mitteln versuchen, die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes zu verhindern. Aber die Schlacht um TPP und TTIP hat die Finanzoligarchie gerade verloren, sie ist also keineswegs so unbesiegbar, wie so manches Hasenherz glauben mag. Wenn selbst der Spiegel-Autor Thomas Fricke in einem für den Spiegel extrem ungewöhnlichen Artikel fordert, Europa müsse jetzt einen Rooseveltschen New Deal einführen, wenn eine Wiederholung der Entwicklungen der 30er Jahre verhindert werden solle, dann ist sogar bei einem Repräsentanten der Qualitätspresse ein kleiner Türspalt geöffnet, durch den die frische Luft des klaren Denkens hereindringen kann.
Klarsichtig äußerte sich auch der Chefökonom der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, in den Wirtschaftsnachrichten, der im Wahlsieg Trumps nicht nur ein Risiko, sondern „eine außerordentliche Chance“ für die Neudefinition der europäischen Außenpolitik erkennt. Die chinesische „One Belt - One Road“- und Seidenstraßen-Initiative biete gerade für die „hidden champions“ des deutschen Mittelstandes eine enorme Chance. Die Zukunft liege in den aufstrebenden Ländern, die für mehr als 62% der Weltwirtschaft stehen, 85% der Weltbevölkerung ausmachen und mit 4%-5,5% wachsen. Jetzt sei der Zeitpunkt, die Landbrücke zwischen Lissabon, Wladiwostok, Beijing und Neu Delhi zu bauen, dann brauche einem um die Zukunft Europas nicht bange zu sein.
Lyndon LaRouche betonte, es sei eine absolut unerläßliche Voraussetzung für die Überwindung der strategischen Krise, die internationalen Beziehungen zwischen den Nationen dieser Welt auf eine völlig neue Ebene zu heben.
Ausgangspunkt für die Diskussion über eine solche Neubestimmung müssen die Prinzipien der UN-Charta sein, ebenso wie die Richtlinien Präsident Xi Jinpings für die Neudefinition der Beziehungen zwischen großen Staaten, die er den USA vorgeschlagen hat, und die Prinzipien, die die Basis für die Zusammenarbeit der beim Ausbau der Seidenstraße kooperierenden Staaten sein sollen - also absoluter Respekt für die Souveränität des anderen, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, Respekt für das andersartige soziale System des anderen und Außenpolitik im gegenseitigen Interesse.
Die vier Gesetze, die LaRouche für die Reorganisation der Weltwirtschaft vorgeschlagen hat, erfüllen diese Prinzipien mit ökonomischem Inhalt: 1. die globale Einführung des Glass-Steagall-Gesetzes, 2. die Schaffung einer Nationalbank in der Tradition Alexander Hamiltons in jedem Land, 3. die Verwirklichung eines internationalen Kreditsystems, eines Neuen Bretton-Woods-Systems, und 4. die internationale Kooperation beim Ausbau zukunftsorientierter wissenschaftlicher und technologischer Bereiche, wie der Kernfusion und der Weltraumforschung zur Anhebung der Produktivität der Arbeitskraft.
Zu dem notwendigen neuen Paradigma, auf das sich die Nationen einigen müssen, muß der Vorrang der gemeinsamen Ziele der Menschheit vor allen nationalen Interessen ebenso gehören, wie der Dialog der Kulturen vom Standpunkt des Besten, was eine jede Kultur hervorgebracht hat. Nur wenn wir aus einer solchen Renaissance heraus Prinzipien definieren und leben können, die der Identität der Menschheit als kreative Gattung gemäß sind, werden wir die existentielle Gefahr überwinden, in der wir uns befinden.
Der von Entwicklungsminister Gerd Müller vorgeschlagene „Marshall-Plan“ von einer Milliarde Euro geht in die richtige Richtung, greift aber viel zu kurz. Deutschland kann jetzt einen einzigartigen Beitrag für den notwendigen Epochenwandel leisten, indem es offiziell seine Kooperation mit Chinas Neuer Seidenstraße erklärt, vor allem bei dem Wiederaufbau des Nahen Ostens und der Industrialisierung Afrikas.