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Die US-Regierung kündigt die Vereinbarungen mit Moskau, die Neokons machen verrückte Verschläge für ein direktes Vorgehen gegen die syrischen Regierungstruppen.
Die syrische Armee, unterstützt von ihren iranischen und russischen Verbündeten, erobert gegenwärtig nach und nach bisher von Dschihadisten gehaltene Bereiche im Osten Aleppos, insbesondere nördliche und zentrale Stadtteile. Offenbar fürchtet man in Washington, der „Fall“ Aleppos in die Hände der Regierungstruppen könne unausweichlich sein. Vertreter der US-Regierung erklärten gegenüber NBC, die syrische Regierung habe um die Stadt 10.000 Soldaten aus ihrer Armee, der libanesischen Hisbollah, Iranern und Milizen zusammengezogen. Dem Vernehmen nach gehören dazu allein rund 3000 iranische Soldaten. Die Truppen sollen in einer entscheidenden Bodenoffensive die Stellungen der Rebellen im Osten der Stadt zerschlagen und ganz Aleppo zurückzuerobern. Und der stellv. Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, erklärte: „Das könnte schon bald geschehen.“
Medien berichteten zudem, Rußland habe mehr Kampfflugzeuge auf seinen syrischen Luftwaffenstützpunkt Latakia verlegt. Al Masdar News zufolge sind es Su-24-Bomber, Su-34-Kampfbomber und Su-25-Kampfunterstützungsflugzeuge. Gleichzeitig stationierte Rußland seine gefürchteten Luftabwehrsysteme SS-300 und SS-400 in Syrien.
Für die Regierung Obama ist dies ein Dilemma, da ihre erklärte Zielsetzung, den syrischen Präsidenten Assad zu stürzen und gleichzeitig wenigstens nominell ISIS und Al-Nusra zu bekämpfen, eindeutig gescheitert ist.
Im Leitartikel der Washington Post vom 1. Oktober geht die Autorin Liz Sly darauf ein. Unter der Überschrift „Keine Anzeichen für den von Obama vorhergesagten ,Morast’, während Rußland sein Engagement in Syrien verstärkt“ schreibt sie, seit Rußland vor einem Jahr seine Luftangriffe in Syrien aufgenommen habe, sei Präsident Assads Machtposition in Damaskus nach fünfjährigem Aufstand nicht mehr in Frage gestellt. Präsident Putin erreiche seine Ziele. „Rußlands Rolle als regionale und globale Macht, als ein entscheidender Akteur bei allen Versuchen, den Krieg in Syrien beizulegen, wurde ebenfalls gesichert... Bisher spricht nichts dafür, daß Rußland sich in dem ,Morast’ befände, den Präsident Barack Obama vorhergesagt hatte, als die Intervention vor einem Jahr begann, und Moskau zeigt auch noch keine Anzeichen der Ermüdung in seinem militärischen Engagement.“
Die gleiche Einschätzung äußerte auch die chinesische nationale Nachrichtenagentur Xinhua.
Die Regierung Obama - in der die Befürworter einer Verhandlungslösung mit Rußland, wie Außenminister Kerry, immer eine Minderheit waren - hat am 3. Oktober erklärt, daß sie alle bilateralen Gespräche mit Rußland über die Einstellung der Kämpfe in Syrien ausgesetzt habe. Das wird damit begründet, daß Rußland „versäumt, seine eigenen Zusagen einzuhalten - einschließlich seiner Verpflichtungen nach dem internationalen humanitären Recht und der UN-Sicherheitsratsresolution 2254 - und entweder nicht bereit oder nicht in der Lage war, sicherzustellen, daß das syrische Regime die Vereinbarungen einhält, denen Moskau zugestimmt hat“. Verschwiegen wird natürlich, daß die USA selbst ihren Teil der Vereinbarung, vor allem die Trennung der moderaten Oppositionsgruppen von den Al-Nusra-Terroristen, nicht eingehalten haben.
Als Reaktion auf die amerikanische Entscheidung veröffentlichte das russische Außenministerium eine Erklärung, in der Präsident Obama faktisch vorgeworfen wird, daß er mit der Terrorgruppe zusammenarbeitet, die das World Trade Center zerstört hat. „Die jüngsten Gespräche zwischen russischen und amerikanischen Vertretern konzentrierten sich auf Jabhat Al-Nusra, die niemals Teil des Waffenstillstands waren“, heißt es in der Erklärung. Al-Nusra sei direkt mit Al-Kaida verbunden, die „für die schrecklichen Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten vor 15 Jahren“ verantwortlich sei. Anstatt die regierungsfeindlichen Gruppen von Al-Nusra zu trennen, „schützt Washington diese Terrorgruppe durch Oppositionsgruppen, die offiziell erklärt haben, sich dem Waffenstillstand anzuschließen, obwohl CIA-Direktor John Brennan im Februar versprochen hatte, so schnell wie möglich die Trennung der moderaten Opposition Syriens von den Terroristen herbeizuführen“.
Washingtons Entscheidung zur Einstellung der Gespräche sei entweder der Beweis dafür, daß die Regierung Obama nicht in der Lage sei, diese entscheidende Voraussetzung für eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit Rußland zur Beendigung des Konflikts zu schaffen - „oder vielleicht war das auch niemals die Absicht der Regierung Obama. Wir gelangen immer mehr zu der Überzeugung, daß Washington in dem Versuch, einen Machtwechsel in Damaskus herbeizuführen, bereit ist, mit dem Teufel zusammenzuarbeiten, d.h., mit offenen Terroristen zusammenzugehen, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen und die ihre unmenschlichen Werte in den besetzten Gebieten durchsetzen.“
Die Erfolge der syrischen Truppen treiben Vertreter der Kriegspartei in Washington zu immer verrückteren Vorschlägen für ein direktes militärisches Eingreifen, und sie scheinen sogar bereit zu sein, dafür einen großen Krieg gegen Rußland in Kauf zu nehmen.
Aber selbst wenn solche „Lösungen“ wie durch ein Wunder nicht zu einem Dritten Weltkrieg führen, wäre die garantierte Folge, daß die Terroristen in Syrien die Macht übernehmen, so wie schon nach den US-Interventionen im Irak und in Libyen. Die Washingtoner Zeitung The Hill zählt vier Vorschläge für eine direkte militärische Intervention in Syrien auf, die Obama vorlägen:
1. Durchsetzung einer Flugverbotszone über ganz Syrien oder Teilen davon. Nach Aussage von Luftwaffengeneral a.D. Ralph Jodice, der 2011 den Krieg in Libyen führte, müßte man dazu bis zu 40 Flugzeuge einsetzen. Wie The Hill schreibt, gehen die Befürworter dabei von der gefährlichen Annahme aus, „daß Rußland keinen Krieg mit den USA riskieren wird“.
2. Schaffung von Sicherheitszonen entlang der syrischen Grenzen zur Türkei und Jordanien. Dies wird insbesondere von General a.D. Jack Keane befürwortet, dem Autor der Truppenverstärkung im Irak 2007, der heute die neokonservative Denkfabrik „Institut für Studien des Krieges“ leitet, und dem früheren Kommandeur des Irakkrieges, General a.D. David Petraeus. Petraeus glaubt sogar, die USA könnten solche Zonen allein mit Marschflugkörpern durchsetzen, wie er gegenüber Charlie Rose von PBS erklärte.
3. Angriffe auf die Stützpunkte der syrischen Luftwaffe. Das wäre der „einfachste, billigste und direkteste Weg“, Syriens „Transportkapazitäten zu beseitigen“, und „könnte sehr, sehr schnell durchgeführt werden“, so Luftwaffengeneral a.D. David Deptula. Er gibt jedoch zu, daß das auf „Kriegsakte“ gegen Syrien hinauslaufen kann.
4. Lieferung schultergestützter Boden-Luft-Raketen (sog. MANPADS) an die Oppositionsgruppen. Keane ist auch ein großer Befürworter dieser Option. Er behauptet, man könne die Gruppen, die diese Waffen erhalten, in der gleichen Weise auswählen wie vorher bei der Lieferung von Panzerabwehrraketen (TOW). Dabei ist allgemein bekannt, daß ein Großteil der amerikanischen TOW-Waffen bei den mit Al-Kaida verbundenen Terrorgruppen landeten.
Das russische Verteidigungsministerium ließ am 6. Oktober verlauten: „Die USA sollten die Folgen von Luftangriffen auf Stellungen der syrischen Armee sorgfältig bedenken, denn solche Angriffe würden offensichtlich russische Soldaten gefährden.“ Das Ministerium drohte, anfliegende Raketen würden abgeschossen. Die Mannschaften der SS-300 hätten praktisch keine Zeit, vorher zu klären, woher die Raketen kommen.
Der Koordinator der Rußlandpolitik der deutschen Regierung, Gernot Erler, äußerte sich am 5. Oktober in einem Interview mit dem ZDF sehr besorgt über die jüngste Entwicklung im Syrienkonflikt. Eine unmittelbare Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland sei nicht auszuschließen. Erler sagte: „Es gibt eine ganze Reihe von Signalen aus Rußland, die zeigen, daß man im Augenblick vor keiner Konfrontation zurückschreckt... Wir hören aus Washington, daß dort im Augenblick ein militärisches Vorgehen neben den diplomatischen, geheimdienstlichen und wirtschaftlichen Optionen geprüft wird. Die Situation ist sehr, sehr angespannt, weil wir nicht wissen, wie das Ergebnis dieser Prüfung sein wird.“
eir