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Neue Solidarität
Nr. 4, 27. Januar 2016

Entwicklungskorridore

Hochgeschwindigkeitsbahnen sind mehr als ein praktisches Mittel, um Menschen und Fracht schnell von einem Ort zum anderen zu transportieren. Die neuen Eisenbahnkorridore werden zu Entwicklungskorridoren mit einer hohen Konzentration von Bevölkerung und Ressourcen, um die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur optimal zu nutzen und um so den Lebensstandard und die Produktivkräfte des einzelnen zu erhöhen.

Einen typischen Infrastrukturkorridor kann man sich im Prinzip so vorstellen: ein durchgehender Landstreifen von etwa 100 km Breite, in dessen Mitte ein Hauptverkehrsweg verläuft, beispielsweise eine Bahnmagistrale. Parallel zu der Bahnlinie entstehen Öl- und Gaspipelines, Strom- und Wasserleitungen, ggf. Bewässerungskanäle und Zuleitungen, Glasfaser-Kommunikationsleitungen usw. Damit sind schon die wichtigsten Voraussetzungen für verschiedene Wirtschaftszweige von Industrie, Bergbau und Landwirtschaft ebenso wie für den Städtebau in diesem Korridor geschaffen. Keine Region innerhalb des Korridors ist weiter als 50 km von den großen Verkehrsadern entfernt. Das macht es sehr einfach und kosteneffizient, nach und nach ein Netz von „Abzweigungen“ und „Kapillaren“ zu schaffen, das an die zentrale Verkehrsader angeschlossen ist und jeden Teil des Korridors mit Verkehrsanschlüssen, Energie, Wasser und Kommunikationsdienstleistungen versorgt, wie es die Entwicklung erfordert.

So bilden sich in diesem Korridor nach und nach städtische Zentren, bis eine „Perlenkette“ schöner Städte entsteht, umgeben von kleineren Städten und Dörfern mit Regionen intensiver Land-, Garten- und Forstwirtschaft sowie Erholungsgebieten. Einer der wirtschaftlichen Vorteile dieser Korridorentwicklung ist die gewaltige Effizienzsteigerung und ökonomische Ausstrahlung der Infrastrukturlinien selbst. Ein dichtes Netz von Bevölkerungszentren und landwirtschaftlichen und industriellen Aktivitäten entlang einer solchen Bahnmagistrale schafft einen wirtschaftlichen „Multiplikator“, und die Auslastung der Eisenbahn und der übrigen Infrastruktureinrichtungen erhöht sich stark.

Anders als beim Schiffs- oder Flugverkehr ermöglicht eine solche Landverbindung eine Entwicklung entlang der Strecke, im Gegensatz zu bloßen Inseln der Entwicklung, die durch teure Verkehrsverbindungen verbunden sind, die lediglich die Entfernungen überbrücken. Diese Bündelung der Verkehrs-, Energie-, Wasser-, Kommunikations- und sonstigen Infrastrukturanlagen entlang einer gegebenen Route schafft ideale Bedingungen für das Wachstum eines Bandes von intensiver Landwirtschaft, Industrie- und Bevölkerungszentren entlang der Strecke.

So erhält die Bahnstrecke von A nach B die Funktion eines riesigen „Förderbandes“, auf dem während des Transports von einem Ort zum anderen ein deutlicher Wertzuwachs entsteht. Die Bahnstrecke übernimmt damit viele Aufgaben, die früher die Binnenschiffahrtswege hatten, als sie die Ausbreitung der menschlichen Siedlung und Zivilisation in das Innere sonst schwer zugänglicher landeingeschlossener Regionen ermöglichten und eine lange Kette miteinander verbundener Industrie von der Küste ins Innere der Kontinente und zurück schufen. Die Infrastrukturkorridore entlang der „künstlichen Flüsse“ der Eisenbahnen und übrigen Verkehrswege schaffen praktisch eine höhere Plattform für die Entwicklung der Bevölkerung und des Territoriums, was den Wert der voneinander abhängigen wirtschaftlichen Aktivitäten darin vervielfacht, und als Resultat steigern sie sowohl die potentielle Produktivität der Bevölkerung entlang der Strecke als auch die potentielle Bevölkerungsdichte, die auf dem Territorium insgesamt versorgt werden kann.

eir