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Überall in Europa machen sich Einleger Sorgen, daß ihre Ersparnisse durch die Nullzinspolitik an Wert verlieren und im Falle einer Bankenkrise durch einen „Bail-in“ (Zypernmodell) beschlagnahmt werden könnten. Aber EZB-Präsident Mario Draghi hat einen „guten Rat“ für sie, wie er am 27. April gegenüber der Bild-Zeitung sagte. Er verteidigte vehement seine Nullzinspolitik und schlug vor, wenn die Deutschen Zinsen auf ihr Geld haben wollten, dann sollten sie es doch seinen Freunden von Goldman Sachs & Co. anvertrauen. Die Menschen hätten es „mit ihren Anlage-Entscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen. Die Sparer müssen ihr Geld nicht nur auf dem Sparbuch anlegen, sondern haben auch andere Möglichkeiten.“
Mit anderen Worten, wenn Bankkonten und andere sichere Anlageformen wie Lebensversicherungen keine Zinsen bieten, sollten die Deutschen - und dies gilt natürlich genauso für alle EU-Staaten - ihr Geld in Aktien, Anleihen und riskante Finanzprodukte aller Art stecken.
Dazu sollte man sich klarmachen, daß nach den neuen Bail-in-Regeln der EU alle nicht ausdrücklich staatlich versicherten Geldanlagen zum Hochrisikobereich zählen, wie die Teilenteignung bei vier lokalen Banken in Italien im Dezember gezeigt hat. Draghi selbst hatte sich vehement für die Bail-in-Regelung eingesetzt, sowohl als Chef des „Global Stability Board“ als auch seit 2011 als EZB-Chef.
Aber schon bevor er internationale Bedeutung erlangte, hatte Draghi einen gigantischen Diebstahl an den Einlegern mitorganisiert. Als Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums (1991-2001) war er zusammen mit Bürokraten wie Carlo Azeglio Ciampi, Romano Prodi und Giuliano Amato entscheidend daran beteiligt, die italienische Aktienbörse massiv künstlich aufzublähen. Diese Technokraten - oft „Britannia-Boys“ genannt, nach dem berüchtigten Treffen auf der Yacht von Königin Elisabeth 1992 - lenkten durch ein riesiges Privatisierungsprogramm einen Großteil der Ersparnisse der italienischen Privathaushalte in die Aktienblase. Als 2001 die IT-Blase platzte, verloren diese Haushalte 216 Mrd.€.
Heute werden wegen der Nullzinspolitik - deutsche zehnjährige Staatsanleihen haben sogar negative Zinsen - zunehmend Ersparnisse aus sicheren Anlagen wie Staatsanleihen abgezogen. Aber wenn man sein Geld auf ungesicherte Anlagen verlagert, kann es Draghis Bail-in zum Opfer fallen. In Italien schätzt die Zentralbank, daß Investitionen von Privathaushalten in Höhe von 427 Mrd.€ für einen Bail-in in Frage kommen - und das trotz des „halben Bail-in“ vom Dezember.
Die privaten Ersparnisse in Deutschland werden auf mehr als 800 Mrd.€ geschätzt, etwa 27% des deutschen BIP. Dieses Geld ist natürlich eine große Versuchung für das bankrotte Bankensystem, dessen faule Kredite in der Eurozone mehr als eine Billion betragen, ganz zu schweigen von den darauf aufgebauten Billiarden an Derivatwetten.
Der Mitherausgeber des Strategic Alert, Claudio Celani, gab der vielgelesenen Internetzeitung Deutsche Wirtschaftsnachrichten (DWN) am 1. Mai ein ausführliches Interview über das auseinanderbrechende Weltfinanzsystem, den in „Todesstarre“ daniederliegenden Euro und die Alternativen des realwirtschaftlichen Aufbaus in Zusammenarbeit mit den BRICS-Nationen. Dabei betont er, eine wirtschaftliche Erholung sei nur möglich, wenn das gescheiterte Universalbankenmodell durch ein Trennbankensystem abgelöst wird.
Celani erklärt: „Mittlerweile sind alle Banken in Hedgefonds und Wettgeschäfte verwickelt. Die Krise von 2008 hat das nicht gebremst: Die Lage ist sogar schlimmer geworden. Die Verhältnisse stimmen nicht mehr, wie etwa bei der Deutschen Bank mit einem jetzigen Aktienkapital von knapp 20 Mrd. € und einer Bilanz von 1,7 Bio. € sowie Derivatgeschäften von 52 Bio. € (!). Der Fall der anderen ,systemrelevanten Banken’ ist nicht anders. Der Zusammenbruch des Systems ist unvermeidbar.“
Das von der EZB ins Gespräch gebrachte Helikoptergeld würde die Lage nur schlimmer machen. „Wir müssen das gescheiterte Modell der Universalbanken ablehnen und das Trennbankensystem nach Glass-Steagall wieder einführen. So lange die Geschäftsbanken und die Investmentbanken unter dem gleichen Dach leben, wird es unmöglich, bankrotte Institute fallen zu lassen. Wenn wir die zwei Sparten dagegen trennen und die reale, Güter produzierende Wirtschaft vom Finanzspielkasino abkoppeln, können wir erstere retten.“
Dazu habe Movisol seit 2012 etliche Gesetzentwürfe im italienischen Parlament direkt oder indirekt gesponsert bzw. entworfen. „Es gibt im Moment sieben Gesetzentwürfe im Senat und mindestens vier im Abgeordnetenhaus, und zwar von fast allen Parteien. Nur wurde die Legislative - wie in den meisten Euroländern - so sehr der Exekutive unterworfen, und letztere der EU, daß man hier schnell dafür sorgt, daß solche wichtigen Vorschläge nicht zur Debatte kommen.“
Die DWN erwähnen daraufhin das Investitionsprogramm der EU, den sog. Juncker-Plan, und Celani antwortet: „Der Juncker-Plan reicht nicht. Gerade hat die EU-Kommission angekündigt, der erste Teil des Programms sei in Gang gesetzt worden und solle 76 Mrd. € Investitionen bringen. In Wirklichkeit sind aber nur 10 Mrd. von der EU da, der Rest muß von Privatinvestoren kommen. Vor allem aber gibt es keine Strategie, keinen Gesamtplan! Es werden nur Einzelprojekte finanziert und dabei meistens kleine, die keine wesentliche makroökonomische Wirkung haben können.
Stattdessen sollte die EU am chinesischen Projekt der ,Neuen Seidenstraße’ teilnehmen und vernünftige Summen für Investitionen in Infrastrukturkorridore zur Verfügung stellen. Der Wiederaufbau Syriens und anderer Länder in Nahost und Nordafrika könnte Teil dieser Strategie sein. Das könnte durch eine Entwicklungsbank finanziert werden, was wiederum erfordert, die ganze EU-Wirtschaftspolitik zu überdenken.“
Am Ende des Interviews, das sich auch mit George Soros, dem Euro und dem berüchtigten „Britannia-Plot“ beschäftigt, wird Celani als stellv. Vorsitzender der italienischen Movisol vorgestellt, die mit der deutschen Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) und einer internationalen Bürgerrechtsbewegung verbunden sei und „für die unveräußerlichen Rechte aller Menschen kämpft“. Das vollständige Interview finden Sie hier: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/05/01/endspiel-euro-koennte-ziel-einer-attacke-von-spekulanten-werden/