|
|
Die Aufrüstung der NATO in Osteuropa nimmt immer größere Dimensionen an. Ende April berichtete das Wall Street Journal ausführlich über den Plan, 4000 NATO-Soldaten in das Baltikum und nach Polen zu verlegen. Am 4. Mai wies Associated Press in einem Bericht über die Europareise von US-Verteidigungsminister Ash Carter darauf hin, daß Präsident Obama im Rahmen des vorgelegten Verteidigungshaushalts für 2017 eine weitere US-Kampfbrigade mit 3500-4000 Soldaten nach Osteuropa verlegen will. Das bedeutet, daß die Zahl der NATO-Soldaten, die nach Osteuropa verlegt werden sollen, insgesamt bei etwa 8000 liegt. Die Pläne sind allerdings noch nicht bewilligt, denn der US-Kongreß muß den Haushalt für 2017 beschließen, und auch der NATO-Gipfel im Juli in Warschau muß den Vorhaben zustimmen. Obama beantragt im Haushalt 2017 für die „European Reassurance Initiative“ („Europäische Rückversicherungs-Initiative“) viermal soviel wie 2016, nämlich 3,4 Mrd. $.
Die Bezeichnung „Rückversicherung“ ist irreführend, denn in Wirklichkeit ist der NATO-Truppenaufmarsch schon Teil des Übergangs zur Vorbereitung eines Krieges gegen Rußland. Ein namentlich nicht genannter hoher US-Militär machte dies am 1. Mai gegenüber US News deutlich: „Wir gehen von Rückversicherung über zur Abschreckung, von Rückversicherung zu einer Kampfaufstellung.“ Das bezog sich auf die Position, die Carter vor dem Europäischen Oberkommando der US-Streitkräfte vertreten werde. Carter wiederholte bei seiner Rede in Stuttgart am 3. Mai, als er das Oberkommando vom kriegerischen General Philip Breedlove auf den noch kriegerischeren General Curtis Scaparrotti übergab, mehrmals, der Truppenaufmarsch sei die Reaktion auf Rußlands „Aggression“ auf der Krim, in der Ukraine, in Georgien, in Moldawien und im Baltikum.
Carter behauptete zwar auch, die USA suchten „keine Konfrontation“ und seien offen dafür, daß Rußland „die Rolle eines konstruktiven Partners übernimmt“; aber selbst AP merkt an, daß er die beiden Hauptstreitpunkte gar nicht erwähnte - nämlich die Osterweiterung der NATO bis vor Rußlands Haustür und die Stationierung der Raketenabwehr in Europa.
Rußland hat schon im Januar angekündigt, daß es als Reaktion auf die Aufrüstung der NATO in Osteuropa im Laufe des Jahres drei neue Divisionen zu je 10.000 Mann in seinen westlichen und südlichen Militärbezirken aufstellen wird.
Als weitere Provokation gegen Rußland begann am 2. Mai das NATO-Manöver „Frühlingssturm“, an dem neben estnischen Einheiten Truppen von zehn weiteren NATO-Ländern teilnehmen. Die Übung findet im Osten Estlands unmittelbar an der russischen Grenze statt und wird bis zum 20. Mai andauern.
Von den 6000 Soldaten, die an dem Manöver teilnehmen, kommen 1500 aus den NATO-Staaten Lettland, Litauen, Niederlande, USA, Großbritannien und Deutschland. Wie RT berichtete, werden auch finnische Stabsoffiziere sowie kanadische Sondereinheiten teilnehmen. Auch das militärische Gerät für die Übung - die größte, die in diesem Jahr in Estland stattfindet - wird aus den NATO-Ländern kommen. In einer von Sputnik zitierten Erklärung sagte der Oberkommandierende der estnischen Streitkräfte, Generalleutnant Riho Terras, die Übung werde den militärischen Einheiten als wichtige Ausbildung dienen „und sie auf Kriegszeiten vorbereiten“.
Wie die Zeitung der chinesischen Volksbefreiungsarmee am 4. Mai berichtete, werden Rußland und China noch in diesem Monat eine gemeinsame computergestützte Raketenabwehrübung durchführen. Die Stabsübung mit der Bezeichnung „Luft- und Weltraumsicherheit 2016“ wird im Wissenschaftszentrum der russischen Luft- und Weltraum-Verteidigungskräfte stattfinden. Es ist die erste gemeinsame Übung dieser Art für die beiden Länder.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte dazu: „Der Hauptzweck dieser Übung ist es, die Fähigkeiten der beiden Länder zur Reaktion auf versehentliche oder provokative Angriffe mit ballistischen Raketen oder Marschflugkörpern zu verbessern, indem solche Übungen gemeinsamer Luftverteidigungs- und Raketenabwehroperationen abgehalten werden.“
Damit reagieren Rußland und China auf die Bestrebungen der USA, ihr THAAD-Raketenabwehrsystem in Südkorea zu stationieren, worin beide Länder eine Bedrohung sehen. Chinas Außenminister Wang Yi erklärte, eine Stationierung der THAAD-Systeme „geht weit über den Verteidigungsbedarf der beteiligten Staaten hinaus. Wenn es stationiert wird, wird sich dies unmittelbar auf die strategische Sicherheit sowohl Chinas als auch Rußlands auswirken.“
Wie der russische Verteidigungsminister Shoigu am 28. April ankündigte, werden die beiden Großmächte 2016 allgemein mehr gemeinsame Militärmanöver durchführen als bisher.