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Neue Solidarität
Nr. 44, 28. Oktober 2015

Wie halten wir's mit Saudi-Arabien?

Von Rainer Apel

Außenminister Steinmeier bemüht sich mit verstärkter Diplomatie, den Krieg in Syrien beenden zu helfen und eine Friedensordnung in Nahost zu schaffen. Aber ob seine jüngste Reise nach Riad etwas dazu beigetragen hat, ist zweifelhaft. Solange Saudi-Arabien nicht damit aufhört, islamische Kämpfer zu unterstützen, wird es von den Russen und ihren Erfolgen beim militärischen Eingreifen abhängen, ob der Islamische Staat und andere Gruppen besiegt werden und Syrien endlich zur Ruhe kommt.

Der entscheidende Hebel, um ganz schnell die saudischen Drahtzieher hinter den IS-Kämpfern zu neutralisieren, liegt übrigens außerhalb des problematischen Wüstenkönigreichs, nämlich in den USA: Dort ist auf den 28 bisher zur Veröffentlichung nicht freigegebenen Seiten des offiziellen Untersuchungsberichtes über die Drahtzieher hinter den Anschlägen vom 11. September 2001 einiges über die Saudis dokumentiert. Die dunklen Kanäle, über die aus Riad nicht nur die Täter jenes Septembertages, sondern auch viele andere unter der angeblichen Fahne des „Islam” mordende Terroristen gelenkt, versorgt und geschützt werden, würden mit einer Veröffentlichung jener 28 Seiten endlich offengelegt.

Während jedoch in den USA selbst, vor allem im Kongreß, etliche Abgeordnete und Senatoren die Aufhebung der amtlichen Geheimhaltung und eine volle Offenlegung der 28 Seiten fordern, weckt das Thema in Deutschland bisher wenig Interesse, obwohl beispielsweise Politiker der Linken in Berlin und anderswo mit Hinweisen darauf reichlich versorgt worden sind - per e-mail, durch Interventionen der BüSo auf politischen Veranstaltungen, über andere Kontakte. Es dauert eben auch bei der Linken manchmal länger, bis es klingelt, und bei Politikern der anderen Parteien dauert es noch länger.

Gewöhnlich erschöpfen sich kritische Kommentare aus Berlin darin, daß man die Einstellung deutscher Waffenexporte nach Saudi-Arabien fordert, was zwar ohnehin sinnvoll ist, aber nur bedingt etwas bringen würde, weil das Hauptproblem in Riad viel mit der Rückendeckung der Saudis durch London und Washington zu tun hat. Steinmeier weiß das eigentlich auch, weil dort auch die Leute sitzen, die seine eigene Initiative von 2012, alle Konfliktparteien, also auch Vertreter der Assad-Regierung, an einen Konferenztisch zu bringen, sabotierten und zum Scheitern brachten - was den Krieg in Syrien um drei Jahre verlängerte. Öffentlich schweigt der Bundesaußenminister aber dazu.

Nun, vielleicht haben die Ausführungen, die der deutsch-iranische Autor Navid Kermani bei seiner Rede anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Buchhandels am vergangenen Sonntag an ihn in Frankfurt machte, einige der bisherigen politischen Schlafmützen aufgeweckt. Kermani sagte: „Wir fragen nicht, warum unser engster Partner im Nahen Osten ausgerechnet Saudi-Arabien ist.” Das sei immerhin das Land, dessen Schulbücher zu 95 Prozent mit den Lehrbüchern des Islamischen Staats übereinstimmten. Gesponsert mit Milliardenbeträgen aus dem Öl der Saudis sei der „religiöse Faschismus” des Islamischen Staats über Jahrzehnte hinweg in Moscheen, Büchern und im Fernsehen vorbereitet worden. Kermani sagte, er predige keinen Krieg, aber kriegerische Mittel könnten wohl nicht vermieden werden, um das IS-Problem zu lösen und den Krieg in Syrien zu beenden.

Aber was auch Kermani nicht sagte, ist, daß die Veröffentlichung der 28 Seiten und eine Debatte darüber ganz wesentlich helfen könnte, den Krieg drastisch zu verkürzen und den Verlust vieler weiterer Menschenleben zu vermeiden. Ohne ein Ende des Krieges wird jedenfalls der anhaltende Flüchtlingsstrom aus Syrien, Irak und anderen Staaten der Region nicht abebben.