|
|
In seinem autobiographischen 7. Brief, den er nach dem Tod seines Freundes Dion verfaßt hat, spottet Platon über die Behauptung des Dionysos II., er habe ein Buch über Platons Philosophie verfaßt:
„Es gibt ja von mir einmal über jene Dinge keine Schrift und wird auch keine geben. Denn in bestimmten sprachlichen Ausdrücken darf man sich darüber wie über andre Lerngegenstände gar nicht aussprechen, sondern aus häufiger fortgesetzter Unterredung gerade über diesen Gegenstand sowie aus innigem Zusammenleben entspringt es plötzlich aus der Seele wie aus einem Feuerfunken das angezündete Licht und bricht sich dann selbst weiter seine Bahn.“ (341C)
Platon führt den Leser durch die Übung, die Idee - und nicht bloß die Form - des Kreises zu entdecken, und schließt:
„Denn zugleich muß man jene beide Gebiete studieren, sowohl das Unwahre als auch das Wahre des ganzen Seins mit allem Mühe- und Zeitaufwand, wie ich schon von Anfang bemerkte. Und wenn erst durch fleißige gegenseitige Vergleichung der Namen, der erklärenden Beschreibungen mittels der Sprache und der Anschauungen und Wahrnehmungen, ihre Aussagen vom Wesen der Dinge in leidenschaftslosen Belehrungen berichtigt werden, und wenn wir hierbei ohne leidenschaftliche Rechthabereien die rechte dialektische Methode anwenden, dann erst geht uns das Licht der geistigen Wahrnehmung und der reinen Vernunftauffassung des Wesens der Dinge auf.“ (344B)
„Mag nun Dionysius oder ein anderer nieder oder höher Stehende seine Gedanken über die höchsten und wichtigsten Fragen schriftlich veröffentlicht haben, so ist gewiß, daß er nach meiner Ansicht wenigstens über die Gegenstände, worüber er in die Welt hineingeschrieben hat, irgend einen gesunden vernünftigen Gedanken nicht besaß, nicht durch Hörung eines Vortrages und auch nicht durch die Erfindung seiner inneren Geistestätigkeit. Denn sonst würde er dieselbe heilige Scheu vor jenen Wahrheiten haben wie ich, und würde sich nicht unterstanden haben dieselben auf so unpassende und unschickliche Weise unter die Menge zu werfen, denn für die Schreiberei über solche Wahrheiten hat es gar keine haltbare Entschuldigungsgründe. Will er sie erstlich zu seiner eignen Erinnerung zu Papier gebracht haben, so ist dieser Grund einmal unhaltbar, denn es gibt ja gar keine Gefahr, daß sie jemand vergißt, wenn er sie nur ein Mal recht erfaßt hat.“ (344E)
(Quelle: http://www.opera-platonis.de/Briefe.html, nach der Übersetzung von Dr. Wilhelm Wiegand in: Platon's Werke, Fünfte Gruppe: Zweifelhaftes und Unächtes, 2 Bändchen, Stuttgart, 1859)