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Von Machiel Renier van Niekerk
Beim Kopenhagener Seminar des Schiller-Instituts zur Weltlandbrücke am 30. Januar hielt Botschaftsrat Machiel Renier van Niekerk, Leiter der politischen Abteilung der südafrikanischen Botschaft, den folgenden Vortrag.
Ich danke Frau LaRouche und dem Schiller-Institut für diese Gelegenheit, darüber zu sprechen, was die BRICS für uns bedeutet. In den letzten Jahren gab es viel Kritik an Südafrika, auch in der BRICS-Organisation. Wir sind stolz darauf, das „S“ in den BRICS zu werden, und auch darauf möchte ich noch etwas eingehen.
Südafrika steht mit seinem Wirtschaftsprodukt weltweit an 26. Stelle, unsere Aktienbörse an 18. Stelle. Wir haben 17 Millionen wirtschaftlich aktive Menschen und einen wachsenden Finanz-, Immobilien- und Dienstleistungssektor, der 21% der Wirtschaft umfaßt. Südafrika ist auch das wirtschaftliche Kraftzentrum Afrikas, es ist der weltgrößte Produzent von Gold, Platin und Chrom. Wir können uns selbst ernähren, und wir exportieren Nahrungsmittel. Wir haben eine unabhängige Gerichtsbarkeit und eine freie Presse. Wir haben freie Wahlen und wir halten uns an eine fortschrittliche Verfassung. Wir haben nach dem Ende der Apartheid viele Herausforderungen und sind immer noch damit beschäftigt, einige der Erbschaften dieses Systems zu überwinden.
Das „S“ in BRICS steht nicht nur für Südafrika, sondern auch für den Rest des afrikanischen Kontinents, und wir hoffen, daß wir Chancen für Afrika in Afrika schaffen können.
Südafrika ist als eine engagierte und verbindliche regionale und globale Macht anerkannt - in den Vereinten Nationen, in der Afrikanischen Union, in den G-77 und in der Blockfreien-Bewegung. Südafrika ist auch der einzige Vertreter Afrikas in den G-20. Daher haben wir keine Zweifel bezüglich unserer Mitgliedschaft in den BRICS, und wir sehen darin keinen Konflikt mit unserem erklärten Ziel, ein besseres Leben für alle sicherzustellen.
Liebe Freunde, der historische und epochemachende Augenblick in der Ära nach Bretton Woods war der, als die Finanzminister der BRICS zwei Gründungsvereinbarungen unterzeichneten: eine Neue Entwicklungsbank (New Development Bank, NDB), und ein Notfall-Reserve-Arrangement (Contingent Reserve Arrangement, CRA). Südafrikas Präsident Jacob Zuma begrüßte die Gründung der NDB als ein dauerhaftes Erbe, welches das Gesicht der Weltwirtschaft und das Gesicht aller Entwicklungsländer zum besseren verändern werde.
Und wir hoffen darauf, daß die Zukunft das als richtig erweist.
Wie die BRICS-Staats- und Regierungschefs bei ihrem 4. Gipfeltreffen in Neu-Delhi zu verstehen gaben, soll diese Bank die Zusammenarbeit zwischen den Schwellenländern und den Entwicklungsländern stärken, indem die Ersparnisse der BRICS, insbesondere die Devisenreserven, die auf etwa vier Billionen Dollar geschätzt werden, sowie andere, private Finanzmittel innerhalb ihrer Zuständigkeit vereinigt und gebündelt werden, um dem Entwicklungsbedarf von Ländern, mit denen Südafrika gemeinsame Ziele teilt, gerecht zu werden.
Vor der Unterzeichnung dieser beiden wichtigen Vereinbarungen wurde Afrikas Führung konsultiert - der Vorsitzende der Afrikanischen Union, der Vorsitzende der NEPAD („Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas“) sowie die Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union, die dann einen Brief an Präsident Zuma schickten, um allen Staatsführern der BRICS die Dringlichkeit und Bedeutung dieser Initiative für die Hoffnungen des afrikanischen Kontinents nahezulegen.
Man erinnert sich vielleicht: Als Präsident Zuma als Antwort auf dieses Mandat anläßlich des 5. BRICS-Gipfeltreffens, das wir veranstalteten, eine Konferenz der Staatsführer der BRICS und Afrikas einberief, stand bei den Gesprächen der Ausbau der Infrastruktur in Afrika in Verbindung mit dem Projekt der Seidenstraße im Mittelpunkt. Davon hängen Afrikas Handel, kultureller Austausch und Erfolg ab.
Südafrika veranstaltete das 5. Gipfeltreffen der BRICS 2013 in Durban. Während dieses Treffens wurden unter der Schirmherrschaft des Interbank-Kooperationsmechanismus der BRICS die folgenden Abkommen unterzeichnet: die multilaterale Infrastruktur-Kofinanzierungs-Vereinbarung der BRICS, das BRICS-Abkommen für multilaterale Kooperation und Kofinanzierung für eine nachhaltige Entwicklung sowie ein neues Kooperationsabkommen für Innovationen - das zeigt Ihnen bereits, wie eng wir Afrika und die BRICS-Länder zusammenbringen.
Der Prozeß der Verhandlungen über die Gründung der NDB-Bank und der Reserve-Vereinbarung wurde im wesentlichen unter dem Vorsitz Südafrikas abgeschlossen, dank der beispiellosen Entschlossenheit der BRICS-Partner, diese Projekte schnell umzusetzen. Angesichts der politischen, finanziellen, rechtlichen und verfassungsmäßigen Voraussetzungen, die bewältigt werden mußten, um zu diesen Vereinbarungen zu gelangen, ist das ein Beleg für die politische Rolle der Führung der BRICS.
Wie in der Erklärung von Fortaleza festgehalten, vereinbarten die BRICS-Führer, ein Startkapital von 100 Mrd. Dollar bereitzustellen - wovon zunächst 10 Mrd. $, d.h., 2 Mrd. $ pro Mitglied, gezeichnet werden -, die über einen Zeitraum von sieben Jahren von allen Mitgliedstaaten gleichermaßen einbezahlt werden. Der erste Aufsichtsratschef - der turnusmäßig wechselt - wird aus der der Russischen Föderation kommen, der erste Präsident der Bank aus Indien, der Sitz der Bank wird in Shanghai sein, und das Regionalzentrum für Afrika wird in Südafrika sein.
Die Staatschefs beauftragten die Finanzminister der BRICS, den Sitz und das Regionalbüro bis zum nächsten Gipfeltreffen operationell zu machen, und wir sind im Zeitplan.
Die Entscheidung für die Einrichtung des Hauptsitzes in Shanghai, das sich schnell zu einem bedeutenden globalen Finanzzentrum entwickelt, wird es auch leichter machen, der Bank die Mittel für die Schaffung und Umsetzung von Projekten als vorrangige Aufgabe zu verschaffen.
Die Entscheidung, gleichzeitig auch ein afrikanisches Regionalzentrum einzurichten, war eine Demonstration, daß die BRICS-Partner und die Welt Südafrikas solide finanzielle Qualifikationen anerkennen. Auch in Anbetracht der Notwendigkeit, daß diese Bank mit großen Kunden Kontakt hält, wird sie eng mit dem Hauptquartier in Shanghai verbunden sein, um sicherzustellen, daß die unternommenen Arbeiten einander ergänzen und pünktlich und präzise ausgeführt werden. Sie bringt die Mittel offensichtlich näher heran an die afrikanische Kundschaft, die damit rechnet, daß daraus möglichst viele Projekte hervorgehen. Ein wichtiger zusätzlicher Vorteil ist, daß das Regionalbüro besonders auf die Planung und Umsetzung der Projekte achten wird.
Es wurde in den letzten vier bis fünf Jahren immer wieder davon gesprochen, daß dies das Jahrzehnt Afrikas ist, und wir hoffen, daß auch das zur Reife kommen wird.
Mit der Neuen Entwicklungsbank (NDB) soll das zentrale Wunschziel erreicht werden, sie soll nämlich sicherstellen, daß vorrangige Infrastrukturprojekte und nachhaltige Entwicklungsprojekte finanziert werden können. Die Frage, ob dieses zentrale Ziel erreicht werden kann, ist nun geklärt - es wird Wirklichkeit, daran gibt es keinen Zweifel.
In Südafrika haben wir auch einen eigenen Infrastrukturplan, der mehr Mittel erfordert, als unsere Staatskasse liefern kann, und diese Bank wird mit Sicherheit ergänzende finanzielle Mittel liefern, um die Umsetzung solcher Projekte zu erleichtern.
Die direkten Investitionen der Mitgliedstaaten in Rand, Real, Rubel, Rupien und Renminbi werden die Hebelwirkung der Bank zur Erreichung der Ziele vervielfachen. Faktisch sind unsere Beiträge zur Bank keine Ausgaben, sondern Investitionen, und man erwartet, daß die Bank solide wirtschaftet, u.a. auch um die gewünschte Bonität zu erreichen. Und ihr Vermögen wird mit Sicherheit wachsen und sich vervielfachen, genauso wie im Fall anderer, ähnlicher multilateraler Entwicklungsbanken.
Südafrika ist auch an verschiedenen anderen Finanzinstituten beteiligt, sei es über die Weltbank oder die Afrikanische Entwicklungsbank.
Das Notfall-Reserve-Arrangement (CRA) wird praktisch eine Devisenreserve von 100 Mrd.$. nach dem Vorbild der Chiang-Mai-Initiative sein. China wird zunächst 41 Mrd.$ beitragen, Brasilien, Indien und Rußland jeweils 18 Mrd.$, und Südafrika 5 Mrd.$. Dies hat keine unmittelbaren oder direkten finanziellen Folgen, weil es nur dann aktiviert wird, wenn es benötigt wird. Das CRA wird natürlich auch zusätzliche und ergänzende Unterstützung für die globale Finanzstabilität geben, etwa in Fällen, wenn Zahlungsbilanzen unter Druck kommen.
Es sei daran erinnert, daß Südafrika beim 6. BRICS-Gipfel die Klausel der Sanya-Erklärung [vom 3. Gipfel 2011] für Dialog mit anderen Ländern aktiviert hat, wir verhandeln also mit den afrikanischen Ländern. Man hat gesehen, daß das gleiche in Brasilien geschieht, wo die brasilianische Staatschefin andere Länder, die Regierungen von Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien, Ekuador, Guyana, Uruguay, Peru, Surinam, Paraguay und Venezuela einbezieht. Das war am 15. Juli letzten Jahres.
Diese Staatsführer haben, wie ihre afrikanischen Kollegen, die Bankinitiative besonders unterstützt und begrüßt, und sie geben zu verstehen, daß sie bereits Vorschläge für Projekte haben, die sofort umgesetzt werden können. Und sie fügten hinzu - und das ist uns sehr wichtig -, daß es seit dem Zweiten Weltkrieg viele Versuche gegeben hat, solche Initiativen auf den Weg zu bringen, aber die Neue Entwicklungsbank das erste greifbare Ergebnis in der Hinsicht ist.
Beim Treffen der BRICS-Handelsminister wurden sie in Verbindung mit den Entscheidungen zur Ausweitung von Handel und Investitionen innerhalb der BRICS auch auf das Potential aufmerksam gemacht, engere Beziehungen zwischen Mikro-, Klein- und Mittelbetrieben der BRICS zu fördern. Inzwischen ist auch ein Mechanismus vorhanden, um das zu etablieren.
Die BRICS-Führer begrüßten auch die Unterzeichnung einer Absichts- und Kooperationserklärung zwischen den Export-Import-Banken der BRICS, die ein besseres Umfeld zur Ausweitung der Handelsmöglichkeiten zwischen den BRICS-Nationen und ihren Nachbarn schafft. Sie wiesen die entsprechenden Behörden an, Wege für eine solche Zusammenarbeit zu erkunden.
Beim Gedankenaustausch zwischen den BRICS-Führern und dem BRICS-Wirtschaftsrat (Business Council) lobte Brasiliens Präsidentin Rousseff den scheidenden Vorsitzenden des Rates, Herrn Patrice Motseope, einen erfolgreichen Unternehmer in Südafrika, für die hervorragende Arbeit des Rates unter seiner Leitung. Die Staatschefs nahmen den Jahresbericht des Rates zur Kenntnis, er enthielt wesentliche Empfehlungen zur Verbesserung der Interaktion zwischen Unternehmen, die wir als sehr unterentwickelt betrachteten.
Abschließend kann man sagen, daß diese Initiativen den Zusammenhalt und die Reife der Zusammenarbeit innerhalb der BRICS belegen, die bereits nach dem ersten Zyklus von Gipfeltreffen erreicht worden sind. Wir erwarten weitere reale wirtschaftliche Vorteile und große Initiativen, wenn wir nun den Aktionsplan von Fortaleza umsetzen und mit den Vorbereitungen zum 7. BRICS-Gipfel beginnen, der im Juli 2015 im russischen Ufa stattfinden wird.
BRICS ist nur der Anfang einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung. Es wird ein gradueller, aber stetiger Fortschritt sein. Obwohl es auch einige Kritiker der neugeschaffenen Bank gibt, ist die Gründung der Bank aus drei Gründen wichtig für die zukünftige internationale Ordnung, wie mein Kollege, Herr Thembile Yoini von der ständigen Mission bei den Vereinten Nationen, vor zwei Wochen bei der Konferenz des Schiller-Instituts [in New York] dargelegt hat.1
Erstens beweist sie die Lebensfähigkeit und Dynamik der BRICS trotz aller Skepsis und Kritik der letzten Jahre.
Zweitens demonstriert die BRICS-Bank Chinas globale Führungsrolle, und angesichts seiner enormen Größe und schnellen Entwicklung bestehen kaum Zweifel an Chinas Bedeutung für die Welt.
Drittens ist die BRICS-Bank bedeutsam, weil sie eine direkte Herausforderung für die vom Westen geführte globale Ordnung darstellt. Viele sehen in der neuen BRICS-Bank eine Reaktion auf die gescheiterten Reformen des Weltwährungsfonds (IWF) und der Weltbank, da Entwicklungsländer wie China und Indien ihren Einfluß in diesen Institutionen nicht vergrößern können.
Aber man sollte dabei daran denken, daß die BRICS-Bank den IWF oder die internationale liberale Wirtschaftsordnung nicht in Frage stellt. China und Indien sind wahrscheinlich die größten Nutznießer einer offenen Wirtschaftsordnung, und deshalb sollte die BRICS-Bank versuchen, den IWF und die Weltbank zu veranlassen, offener und transparenter zu sein. Letztendlich sollte es beim Wettbewerb zwischen der BRICS-Bank und dem IWF und der Weltbank um Effizienz gehen, nicht um einen Kampf zwischen einer liberalen und einer alternativen Wirtschaftstheorie.
In diesem Sinne besteht zwischen BRICS-Bank, IWF und Weltbank eine starke komplementäre Beziehung. In diesem Sinne sollten der Westen, der IWF und die Weltbank die BRICS-Bank nicht als eine Bedrohung für ihre vorherrschende Stellung in der globalen Wirtschaftsordnung betrachten.
Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich nur noch sagen: Südafrika gehört zur BRICS, und wir fangen bereits an, Afrika die Vorteile davon zu liefern.
Vielen Dank.
Anmerkung
1. http://www.larouchepub.com/eiw/public/2015/2015_1-9/2015-04/pdf/25-27_4204.pdf