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Die russische Regierung hat „Anstrengungen zur Transformation der BRICS in eines der wichtigsten Elemente des globalen Governance-Systems“ zur Priorität einer großangelegten außenpolitischen Initiative erklärt. In einer Erklärung des russischen Außenministeriums vom 27. Dezember, über die BRICSpost und andere Medien berichteten, heißt es:
„Der Fortaleza-Gipfel (16.-17. Juli 2014 in Brasilien) brachte entscheidende Fortschritte hin zu diesem Ziel mit der Entscheidung, einen multilateralen Rahmen für den Verband von Finanzinstitutionen zu schaffen - eine Neue Entwicklungsbank und ein Kontingent von Devisenreserven mit Gesamtmitteln von 200 Mrd. Dollar.“ Die BRICS-Staatschefs, die sich am Rande des G-20-Gipfels im November zu Gesprächen trafen, haben ihre Finanzminister angewiesen, bis zum nächsten BRICS-Gipfeltreffen in Rußland den Präsidenten für die neue Bank zu benennen. Bisher gehören zu den BRICS-Staaten Brasilien, Rußland, China, Indien und Südafrika. Die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO), beide dann unter russischem Vorsitz, werden im Juli in Ufa, der Hauptstadt der russischen Republik Baschkortostan, nacheinander Gipfeltreffen abhalten.
In der Stellungnahme des Außenministeriums heißt es weiter, Rußland habe sich „mit seinen Partnern in den BRICS mit einer Stimme für die Förderung der verschiedenen Dimensionen internationaler Stabilität eingesetzt“. Der 6. BRICS-Gipfel habe „unilaterale Interventionen und Wirtschaftssanktionen“ verurteilt.
Der amerikanische Ökonom und Staatsmann Lyndon LaRouche kommentierte diese Erklärung, er habe genau das kommen sehen. „In Wahrheit liegt der größte politische Spielraum weltweit in den Händen der BRICS-Allianz und ihrer Verbündeten. Der Gegner ist das, was von der saudisch-britischen Achse kommt, und auch in den USA befinden sich unter denen, die sich als US-Staatsbürger bezeichnen, eine ganze Reihe solcher gegnerischer Elemente.“ LaRouche betonte gegen Jahresende erneut, die Ursache der geopolitischen Konfrontation mit Rußland und der Gefahr eines thermonuklearen Krieges liege einzig und allein in dem drohenden Zusammenbruch des bankrotten transatlantischen Finanzsystems. In den USA müsse die Wall Street sofort durch eine Glass-Steagall-Bankentrennung entmachtet werden und die USA müßten sich der BRICS-Allianz für weltweiten wirtschaftlichen Aufbau anschließen.
Seit dem 29. Dezember wickelt China, wie drei Tage zuvor offiziell angekündigt worden war, Devisengeschäfte (Swaps und Forward Currency Trading) mit Rußland, Malaysia und Neuseeland direkt zwischen dem Yuan und den jeweiligen Landeswährungen ab. Die russische Nachrichtenagentur Sputnik berichtet dazu, die Maßnahme „entspricht Chinas Absicht, verstärkt Landeswährungen für internationale Zahlungsgeschäfte verwenden“, um die Rolle des Yuan als Alternative zum Dollar im internationalen Finanzsystem zu stärken.
Sputnik veröffentlichte dazu am 26. Dezember auch ein Interview mit dem indischen Analysten Radhika Desai zu den Verhandlungen zwischen Indien und Rußland über die Abwicklung des Handels in Eigenwährungen ohne den Dollar. Desai, der Professor für Politische Studien an der Universität von Manitoba in Kanada ist, betonte dabei folgendes:
„Genauso wie das Erdgasgeschäft zwischen China und Rußland wird das indisch-russische Abkommen zum Rubel-Rupie-Handel dazu beitragen, den Anteil des nicht in Dollar abgewickelten Welthandels zu steigern... Beide Länder wollen so im Rahmen einer allgemeineren, auf mehr Gleichheit basierenden Übereinkunft versuchen, die internationale Rolle des Dollars zu reduzieren, die internationale Rolle ihrer eigenen Währungen zu stärken und alternative Strukturen internationaler Wirtschaftsgouvernanz außerhalb der Kontrolle des Westens zu schaffen - so wie die vor kurzem vereinbarte BRICS-Bank, den Währungsreservefonds und andere Projekte wie die Chiang-Mei-Initiative.“
Desai kritisiert die Politik der amerikanischen Federal Reserve: „Sie ist nicht nur unfähig, die US-Wirtschaft auf den richtigen Kurs zu bringen, sondern gefährdet mit ihrer Unterstützung für amerikanische Spekulanten zunehmend auch die aufstrebenden Märkte... Viele behaupten, die Politik der Federal Reserve sei nicht darauf ausgerichtet, das Wachstum in der US-Wirtschaft wiederherzustellen, sondern nur die Gewinne des hochspekulativen US-Finanzsektors.“ Die bisherigen Schritte würden sicherlich zur Stabilisierung Rußlands und Indiens beitragen, aber letztlich müßten beide Länder „eine viel größere Kontrolle über Kapitalflüsse ausüben, um zu verhindern, daß die Politik der Fed schädliche Konsequenzen für ihre Volkswirtschaften nach sich zieht“, so Desai gegenüber Sputnik.
Lyndon LaRouche hat schon am 17. Dezember in einer Stellungnahme Rußland aufgefordert, Devisen- und Kapitalkontrollen einzuführen.
Bei der Diskussion über solche Maßnahmen sollte man vor allem bedenken, daß es bei den BRICS-Nationen um etwas ganz anderes geht als um Profite aus spekulativen Finanzgeschäften: Es geht um das realwirtschaftliche Zukunftspotential und die wissenschaftlich-technische Transformation ihrer Volkswirtschaften, wofür sie entsprechend stabile Finanzierungs- und Kreditmechanismen schaffen wollen.
So beruht auch die Stärke des Yuan auf Chinas Wirtschaftspolitik und seiner Ausrichtung auf Zukunftsinvestitionen. China steht an vorderster Front bei wissenschaftlichen Unternehmungen, wie dem Projekt zum Abbau des Fusionsbrennstoffs Helium-3 auf dem Mond, ebenso wie bei weltweiten Infrastruktur-Investitionsprogrammen auf der Grundlage allseitigen Nutzens („win-win“).
Man betrachte in diesem Zusammenhang das erstaunliche Wachstum Chinas vor allem seit dem Jahr 2000 in Schlüsselbereichen der realwirtschaftlichen Produktion, die im Gegensatz dazu im nachindustriellen Europa zugunsten der „Finanzwirtschaft“ ruiniert wurden. So kommt z.B. mittlerweile die Hälfte der weltweiten Eisen-, Stahl- und Kohleproduktion in absoluten Zahlen aus China; die Pro-Kopf-Raten liegen sogar 3-4mal höher als im Rest der Welt. Hier das Pro-Kopf-Wachstum bei Stahl, Eisen und Kohle von 2000-13 im Vergleich zur übrigen Weltproduktion:
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China |
Sonstige |
Stahl |
+14,6% |
-0,4% |
Eisen |
+13,9% |
+3,8% |
Kohle |
+11,8% |
-1,9% |
Die Entscheidung der BRICS-Nationen zur Gründung der Neuen Entwicklungsbank und des Reservefonds zum Schutz der BRICS-Währungen versinnbildlicht, wie sich die BRICS-Nationen im Jahr 2014 verändert haben. Dies erklärte der Direktor der Abteilung für interregionale Mechanismen im brasilianischen Außenministerium, Flavio Damico, am 17. Dezember gegenüber Xinhua. Die BRICS-Staaten diskutierten nicht länger nur über die Weltordnung, sondern hätten ein „Angebot zum globalen Wohl der Allgemeinheit“ vorgelegt, um den Entwicklungsprozeß der Schwellenländer zu unterstützen. „Statt zu reden, handelten wir. Das ist die grundlegende Veränderung. Darin besteht jetzt die große Aufgabe der BRICS: mit der Etablierung dieser beiden großen Einrichtungen [NDB und Währungsreservefonds] diesen Prozeß zu institutionalisieren.“
Bis zum BRICS-Gipfel im russischen Ufa im Juni 2015 sollen konkrete Resultate vorliegen, wie die parlamentarische Zustimmung zur Schaffung der Bank innerhalb eines Jahres, während gleichzeitig ein Interimsausschuß die vorbereitenden Arbeiten durchführt. Im April geht der Vorsitz der BRICS von Brasilien auf Rußland über. Bis dahin sind u.a. Treffen der jeweiligen Gesundheitsminister sowie der Stastistikbehörden der Länder geplant, ebenso wie Treffen der BRICS-Forschungsminister, der Landwirtschafts- und Erziehungsminister. Damico sagte, man werde sich auf die langfristige Wirtschaftskooperation konzentrieren und Maßnahmen zur Förderung von Handel und Investitionen zwischen den fünf BRICS-Kernländern ergreifen.