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Die diesjährige „Dubna-Konferenz“ in der Region Moskau begann mit Redebeiträgen von Sergej Glasjew, Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche.
Am 22. Dezember veranstaltete die Internationale Universität für Natur, Gesellschaft und den Menschen in Dubna in der Region Moskau die diesjährige „IV. Internationale Konferenz über fundamentale Probleme der nachhaltigen Entwicklung im System Natur-Gesellschaft-Mensch: Wissenschaft, Ingenieurswesen und Bildung“. In der Eröffnungssitzung der Konferenz wurden Videobotschaften des amerikanischen Ökonomen Lyndon LaRouche und der Gründerin des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche vorgeführt. Die beiden Videoansprachen wurden mit viel Applaus aufgenommen und mehrere Redner bezogen sich im weiteren Verlauf auf LaRouche als einen der führenden Denker unserer Zeit, was die weitverbreitete Anerkennung seiner Leistungen in Rußland zeigt.
Die Hauptorganisatoren der Konferenzreihe sind der Rektor der Dubna-Universität, Prof. Oleg Kusnezow, und Prof. Boris Bolschakow, beide ehemalige Mitarbeiter des visionären russischen Wissenschaftlers Pobisk Kusnezow (1924-2001), einem Vordenker und Organisator der industriellen Entwicklung Rußlands und Freund LaRouches. An der diesjährigen Konferenz nahmen mehr als hundert Wissenschaftler und Studenten teil, die Redner kamen aus Weißrußland, Kasachstan und Rußland.
Eröffnet wurde die Konferenz mit einem Beitrag des Putin-Beraters Sergej Glasjew in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Russischen Akademie der Wissenschaften für „Komplexe Probleme der Integration, Modernisierung und nachhaltigen Entwicklung Eurasiens“. Die Rede wurde von Glasjews Kollegen in dem Beirat, Prof. Jewgeni Naumow, verlesen.
O. Kusnezow, Bolschakow, Prof. Jurij Jakowez und Prof. P.G. Nikitenko aus Weißrußland befaßten sich mit verschiedenen Aspekten der einschneidenden strategischen Krise der Welt. So warnte Kusnezow, die Welt bewege sich auf Messers Schneide und Rußland stehe nicht allein in seiner Wirtschaftskrise, vielmehr treffe die Krise die ganze Welt. Er forderte dazu auf, von der „Konsumgesellschaft“ zu einer „erschaffenden Gesellschaft“ überzugehen.
Der Ökonom Jakowez erklärte, wir stünden an einer „Wasserscheide der Zivilisation“. Die G-7-Staaten befänden sich „in der Gegenphase“ (so seine höfliche Formulierung) zu den Ländern Asiens. Rußlands Lage bleibe weiterhin unklar: Auf der einen Seite habe das Land ein gewaltiges wissenschaftliches Potential, das nun nach den Rückschlägen in der unmittelbaren postsowjetischen Periode der 90er Jahre wieder aufgegriffen werde. Aber gleichzeitig nähre eine mächtige „Herde von Neoliberalen“ immer noch eine Schicht geldgieriger Zwischenhändler in der Volkswirtschaft. Kräfte von außen, enttäuscht über das Scheitern ihrer bisherigen Versuche, in Rußland eine „Farbenrevolution“ zu organisieren, wollten nun Unzufriedenheit schüren, indem sie den Lebensstandard der russischen Bevölkerung herabdrücken. Dabei handelten auch die großen Banken in Rußland mit ihren Devisengeschäften gegen das nationale Interesse.
„Das Zeitalter der Supermächte ist vorbei“, erklärte Prof. Jakowez und forderte, die wissenschaftliche Zusammenarbeit Rußlands mit nicht-westlichen Ländern zu stärken. In dem Zusammenhang lobte er die Bemühungen der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW) um die Gründung einer Akademie der Wissenschaften und Bildung der BRICS-Länder (Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika).
Prof. Bolschakow griff das traditionelle Thema der Dubna-Konferenzen auf, die „nachhaltige Entwicklung“, was nach russischem Verständnis soviel wie „stabile“ oder „kontinuierliche“ Entwicklung bedeutet. Bolschakow wies darauf hin, daß die „russische Schule der nachhaltigen Entwicklung“ ein anderes Verständnis dieses Begriffs der nachhaltigen Entwicklung als der Westen habe: „Die russische Schule ist gegen die Theorie des ,Wärmetods’“, sagte er. Vielmehr solle Wladimir Wernadskijs Konzept der Noosphäre die Grundlage für eine Vereinheitlichung des menschlichen Denkens über Entwicklung und eine Überwindung der Vorstellungen von „grüner Wirtschaft“ und „Nullwachstum“ bilden.
„Alle Länder brauchen technologische Durchbrüche“, betonte Bolschakow, „aber für Rußland sind technologische Durchbrüche eine Überlebensfrage für den russischen Staat und für die russische Zivilisation.“ Er forderte die „Beseitigung des spekulativen Kapitals“. Russische Medien haben über seinen Vorschlag berichtet, das BIP als Maßstab der Volkswirtschaft durch einen „Glückseligkeits-Index“ zu ersetzen.
Nach dem Eröffnungsplenum gab es drei Arbeitsgruppen.
Eine befaßte sich mit dem Wirken des schon erwähnten Wissenschaftlers Pobisk Kusnezow, dessen 90. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wurde. Eine zweite war dem Erbe des Philosophen Ewald Iljenko gewidmet, der ebenfalls 1924 geboren wurde und 1979 starb. Ende der 70er Jahre berichtete die Neue Solidarität in einem Artikel von Susan Welsh über einen (damals revolutionären) Artikel Iljenkos in der offiziellen Zeitschrift Kommunist über die Arbeit des sowjetischen Psychologen Boris Meschtscherjakow bei der Ausbildung taubblinder Kinder, wobei er in erstaunlicher Weise von den Grundannahmen des Materialismus abwich und sich mit der Ausbildung bei fehlenden Sinneseindrücken befaßte. A.W. Suworow, der vor 40 Jahren unter Merschtscherjakow studierte, nahm an der Konferenz und dieser Diskussionsrunde teil.
Der dritte Arbeitskreis, der besonders für junge Konferenzteilnehmer gedacht war, befaßte sich mit dem russischen Universalgenie Dmitri Mendelejew, dessen 180. Geburtstag in diesem Jahr gewürdigt wurde. Das Thema der Diskussionsrunde war die Planung für die Zukunft der Menschheit durch die Entwicklung neuer Technologien.
Erstmals nahmen auch Gäste aus Sewastopol auf der Krim an der Konferenz teil; sie beschrieben die Bemühungen um den Wiederaufbau der Wissenschaft auf der Halbinsel. Andere Konferenzredner nannten die gegenwärtige Krise zwischen Rußland und der Ukraine eine Katastrophe für die Wissenschaft und beklagten, die Beziehungen zu den Wissenschaftskreisen der Ukraine seien vollkommen abgeschnitten. Prof. Kusnezow betonte auch, daß die Beziehungen zu den Wissenschaftskollegen in den Vereinigten Staaten und Europa trotz der gegen Rußland verhängten Sanktionen nicht abgebrochen werden dürften.
Sergej Dyschlewskij
(Die Texte der Redebeiträge von Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche finden Sie in dieser Ausgabe.)