|
|
Schon lange vor dem aktuellen Ukraine-Konflikt hat die EU-Kommission systematisch versucht, die Zusammenarbeit europäischer Länder mit Rußland bei Erdgaslieferungen zu sabotieren. So propagierte die Kommission jahrelang das Pipelineprojekt Nabucco von der türkisch-bulgarischen Grenze nach Österreich als vermeintliche Alternative zur Gasversorgung Europas, um Rußland zu umgehen. Dies scheiterte jedoch, weil es an alternativen Gaslieferanten fehlte und weil British Petroleum (BP) sich von dem Projekt zurückzog und lieber bilaterale Abkommen mit Rußland schloß.
Seither versucht die EU-Kommission, das russische Pipelineprojekt South Stream zu sabotieren, indem sie die Balkanstaaten zum Ausstieg drängt. Kürzlich konnte sie Bulgarien davon „überzeugen“, daß das Land seinen Anteil an der Leitung nicht bauen könne, weil das nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Aber andere Länder, wie Ungarn und Serbien, widersetzen sich den Bestrebungen der Kommission und Ende Juni tat dies auch Österreich, das den Endpunkt von South Stream in Mitteleuropa bilden soll.
Trotz der Kritik der EU, South Stream verstoße gegen EU-Recht, bekräftigte die österreichische Regierung am 26. Juni, daß sie entschlossen ist, ihren 50 km langen Anteil an der Pipeline zu bauen, damit ab 2016 Gas strömen kann. Der russische Präsident Wladimir Putin besuchte an dem Tag Wien, und in diesem Rahmen wurde ein neuer, langfristiger Vertrag zwischen dem österreichischen Erdgasunternehmen OMV und der russischen Gasprom unterzeichnet.
OMV-Chef Gerhard Roiss sagte dazu: „Uns muß klar sein, daß Europa russisches Gas braucht. Europa wird künftig mehr russisches Gas brauchen als heute, denn die Produktion des eigenen Gases in Europa geht zurück.“ Für Österreich, das schon 1968 als erstes europäisches Land ein Gasgeschäft mit der damaligen Sowjetunion abgeschlossen hatte, habe sich Gasprom in diesen 50 Jahren als verläßlicher Lieferant erwiesen. Für Österreich biete sich auch keine Alternative zum Gas an.
Österreichs Staatspräsident Heinz Fischer, der sich mit Putin in Wien traf, als das Gasgeschäft besiegelt wurde, wies Kritik daran ebenfalls zurück. Niemand könne ihm erklären und er könne den Österreichern nicht erklären, warum eine Pipeline, die durch EU- und NATO-Länder verläuft, nicht 50 km durch Österreich verlaufen dürfe. Der Endpunkt von South Stream wird in Baumgarten am Stadtrand von Wien liegen, von dort wird das Gas an andere Länder in Westeuropa verteilt werden - und möglicherweise auch nach Osteuropa, falls der traditionelle Lieferweg über die Ukraine wegen der Spannungen zwischen Moskau und Kiew ausfallen sollte.
Mit einer ungewöhnlich offenen politischen Intervention haben sich der Verband der US-Industrie (NAM) und die US-Handelskammer in einer ganzseitigen Anzeige in der Washington Post vom 26. Juni gegen neue Wirtschaftssanktionen gegen Rußland ausgesprochen. Es heißt darin:
„Angesichts eskalierender globaler Spannungen erwägen einige politisch Verantwortliche eine Politik der Sanktionen, obwohl die Geschichte gezeigt hat, daß dies amerikanischen Interessen schadet. Wir befürchten ein Vorgehen, das der amerikanischen Industrie schaden und amerikanische Arbeitsplätze kosten würde. Die wirksamste langfristige Lösung zur Ausweitung von Amerikas globalem Einfluß besteht darin, durch eine handelsfreundliche Politik und multilaterale Diplomatie unsere Fähigkeit zu stärken, der Welt Güter und Dienstleistungen zu liefern... Amerikanische Arbeiter und Unternehmen zahlen den Preis für einseitige Wirtschaftssanktionen, von denen kaum zu hoffen ist, daß sie die Fähigkeit der Vereinigten Staaten zur Durchsetzung ihrer außenpolitischen Ziele erhöhen.“