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Neue Solidarität
Nr. 42-43, 16. Oktober 2013

Geheimdokumente des IWF zeigen:
2010 wurde nicht Griechenland gerettet, sondern die Banken

Geheime Protokolle der Ratssitzungen des Weltwährungsfonds (IWF) vom Mai 2010 zeigen, daß es dort beträchtlichen Widerstand gegen die „Rettungspakete für Griechenland“ gab. Viele Delegierte im IWF-Rat erkannten sehr wohl, daß die Griechenland-Stützung nichts anderes war als eine Rettungsaktion für die Banken und daß das „Rettungspaket“ so absurd konstruiert war, daß es zum Scheitern verurteilt war und die griechische Wirtschaft vollends ruinieren mußte.

Das Wall Street Journal veröffentlichte am 8. Oktober Auszüge aus diesen Protokollen. Demnach sagte der brasilianische Exekutivdirektor Nogueira Batista bei einem Treffen des Rates am 9. Mai 2010: „Die Risiken des Programms sind immens... So wie die Dinge liegen, droht bei diesem Programm, daß die private Finanzierung durch eine staatliche Finanzierung abgelöst wird. Mit anderen und stärkeren Worten, man kann es so sehen, daß es keine Rettungsaktion für Griechenland ist, das eine erdrückende Anpassung durchlaufen muß, sondern eine Rettungsaktion für die privaten Inhaber der griechischen Staatsanleihen, vor allem für europäische Finanzinstitute.“

Die Protokolle zeigen, daß fast ein Drittel der Ratsmitglieder - insbesondere Vertreter von mehr als 40 nichteuropäischen Ländern - große Vorbehalte äußerten.

So sagte der argentinische Exekutivdirektor Pablo Andrés Pereira: „Die Alternative einer freiwilligen Schuldenneuordnung hätte auf den Tisch kommen sollen... Die europäischen Behörden wären gut beraten gewesen, einen geordneten Prozeß zur Umstrukturierung der Schulden vorzulegen. Die Quintessenz ist, daß die beschlossene Strategie die griechischen Solvenzprobleme nur marginal berühren würde... Es ist sehr wahrscheinlich, daß Griechenland nach der Umsetzung dieses Programms schlechter dasteht.“ Mit diesem Programm „sollen offenbar die Fehler“ einer wirtschaftlich kontraproduktiven Sparpolitik „wiederholt werden, die im Vorfeld der argentinischen Krise 2001 gemacht wurden“.

Der Schweizerische Exekutivdirektor René Weber sagte: „Wir haben beträchtliche Zweifel an der Umsetzbarkeit dieses Programms... Wir haben Zweifel an den Wachstumsannahmen, die viel zu wohlwollend erscheinen. Selbst eine kleine negative Abweichung von den zugrundeliegenden Wachstumsprojektionen würde das Schuldenniveau auf lange Sicht unerträglich machen... Warum wurde eine Umstrukturierung der Schulden und die Beteiligung des privaten Sektors bisher nicht in Betracht gezogen?“

Der Vertreter Indiens Arvind Virmani sagte: „Das Ausmaß der Haushaltskürzung ohne irgendeinen Ausgleich durch die Geldpolitik ist beispiellos... Es ist eine Mammutlast, die die Wirtschaft kaum ertragen wird. Selbst wenn das Programm erfolgreich umgesetzt wird, kann es eine deflationäre Spirale aus sinkenden Preisen, sinkender Beschäftigung und sinkenden Steuereinnahmen auslösen, was letztendlich das Programm selbst unterminieren könnte.“

Alle Einwände wurden jedoch von den USA und von der Mehrheit der europäischen Länder ignoriert, und diese konnten die Zustimmung zu dem Programm dagegen durchsetzen, weil sie mehr als die Hälfte der Stimmrechte im Weltwährungsfonds halten.

eir