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Am 2. April veröffentlichten vier prominente Mitglieder der Euro-Atlantic Security Initiative (EASI) in der New York Times einen Gastkommentar, in dem sie vor der wachsenden Gefahr eines Atomkriegs warnen und eine „Umgestaltung der euro-atlantischen Sicherheit“ fordern. Die EASI besteht aus hochrangigen Militärs und Politikern aus Europa, Nordamerika und Rußland. Im Vorstand sitzen der frühere US-Senator und langjährige Vorsitzende des Senats-Streitkräfteausschusses Sam Nunn, der ehemalige russische Außenminister Igor Iwanow und der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger. Zusammen mit dem ehemaligen britischen Verteidigungsminister Des Browne zeichnen sie verantwortlich für den Kommentar in der NYT.
Im Februar 2012 hatte die Initiative die Ergebnisse einer zweijährigen Studie zur Raketenabwehr veröffentlicht, die mit den Worten beginnt: „Für den Fortschritt bei der Schaffung einer umfassenden euro-atlantischen Sicherheitsgemeinschaft gibt es nichts dringenderes und wesentlicheres, als die europäische Raketenabwehr zu einem gemeinsamen Projekt der USA, der NATO und Rußlands zu machen.“
Seither haben die Regierung Obama und die NATO ihre Politik der Provokationen gegenüber Rußland leider verschärft. Deshalb läuten die vier Unterzeichner nun die Alarmglocken. Die Sicherheitspolitik des euro-atlantischen Gebiets sei „gefährlich veraltet und bedarf dringend der Aufmerksamkeit.... Sicherheitskonzepte aus der Ära des Kalten Krieges und die ihnen entsprechenden Waffen und militärischen Haltungen pflanzen sich weiter fort. Riesige strategische Nuklearkräfte stehen weiterhin zum sofortigen Zuschlagen, zum Abschuß innerhalb weniger Minuten bereit; in Europa stapeln sich immer noch Tausende taktische Atomwaffen; eine Jahrzehnte alte Debatte über Raketenabwehr ist festgefahren; und neue Sicherheitsherausforderungen im Zusammenhang mit Sofort-Schlag-Kapazitäten [Bombenangriff überall auf der Erde innerhalb einer Stunde], Cybersicherheit und dem Weltraum bleiben umstritten und unangemessen diskutiert... Das alarmierende Mißverhältnis zwischen militärischen Fähigkeiten und einer echten euro-atlantischen Partnerschaft ist gefährlich und potentiell destabilisierend, es untergräbt das notwendige Vertrauen für gemeinsame Anstrengungen gegenüber auftauchenden Sicherheitsgefahren in Europa und der ganzen Welt.“
Nach Überzeugung der EASI sollten die Regierungen „entschlossen und dauerhaft eine neue Sicherheitsstrategie ansteuern, eine Strategie, die offensive und defensive Militärkräfte, nukleare und konventionelle Waffen sowie Cybersicherheit und den Weltraum berücksichtigt. Das gemeinsame Nachdenken über diese Fragen auf integrierte Weise kann zu einem Transformationswandel bei der euro-atlantischen Sicherheit und der Aufstellung nuklearer und konventioneller Streitkräfte führen, vom fortdauernden Schatten des Kalten Krieges mit gegenseitig gesicherter Zerstörung hin zu gegenseitiger Sicherheit. In Zusammenhang mit Kernwaffen und Raketenabwehr stehende Fragen sollten während der ersten fünf Jahre oberste Priorität erhalten. Es sollte auch möglich sein, während der Eingangsphase Schritte in Bezug auf konventionelle Streitkräfte, Cybersicherheit und den Weltraum zu unternehmen.“
Neben der großen Bedrohung der Sicherheit erwähnen die Autoren auch den wirtschaftlichen Nutzen der Reduzierung der Arsenale. Die USA hätten derzeit Pläne für „neue, mit ballistischen Atomraketen bestückte U-Boote und strategische Bomber mit Kosten von mehr als 400 Mrd.$ und Verlängerung der Stationierung von Kernwaffen in Europa mit Kosten von 10 Mrd.$.“ Rußland wolle laut Berichten 61 Mrd.$ zur Modernisierung seiner strategischen Atomstreitkräfte ausgeben, Großbritannien 38 Mrd.$ für Nachfolger seiner U-Boot-gestützten Trident-Atomraketen.
Die Schlußfolgerung der Autoren des NYT-Kommentars: „Es bietet sich eine historische - und flüchtige - Gelegenheit zum Handeln. Für die Staatsführungen gibt es keine wichtigere Sicherheitsfrage, die angesprochen werden muß.“
eir