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Jacques Cheminades Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich durchbricht die Medienblockade.
Der 31. Januar war ein historischer Tag für Frankreich und die Welt. 1995 hatte Jacques Cheminade von unserer Schwesterpartei Solidarité et Progrès in seinem Präsidentschaftswahlkampf dargelegt, warum und wie die Spekulation als ein „finanzieller Krebs“ die Welt in eine tödliche Krise stürzen würde. Dafür wurde er in bösartigster Weise angegriffen, verleumdet, von den Medien ausgeblendet, verfolgt und ruiniert. Nun aber berichtete der Sender Europe 1 in einer 40-Sekunden-Meldung: „Marine Le Pen hat heute einen guten Grund, unglücklich zu sein: Cheminade hat soeben bekannt gegeben, daß er die erforderlichen 500 schriftlichen Unterstützungszusagen hat, um zur Wahl zugelassen zu werden: Jacques ist zurück!“
In Frankreich müssen Bewerber für das Amt zum französischen Staatspräsidenten 500 Unterschriften gewählter Mandatsträger, z.B. von Bürgermeistern oder Abgeordneten, vorlegen, um zur Kandidatur zugelassen zu werden. Auch wenn die endgültigen staatlichen Formulare erst ab dem 23. Februar unterzeichnet werden können, hat diese Ankündigung offenbar wie eine Bombe eingeschlagen, denn andere prominente Kandidaten wie Dominique de Villepin, Jean-Pierre Chevenement, die rechtsextreme Marine Le Pen und andere sind längst nicht so weit, und die Medien spekulieren darüber, ob sie es überhaupt schaffen werden.
Cheminade hatte dies am gleichen Tag morgens in einem zehnminütigen Interview in der Sendung von Jean-Jacques Bourdin, einem der bekanntesten Journalisten Frankreichs, im Sender Radio Monte Carlo bekanntgegeben. Cheminade schloß das Interview mit den Worten: „Mitterrand versprach, gegen die Finanzwelt zu kämpfen, aber das ist nie geschehen. Jacques Chirac verurteilte die Finanzspekulation beim Gipfeltreffen in Halifax als ,finanzielles AIDS’, aber er tat nichts. Sarkozy hat in seiner Rede in Toulon so getan, als kämpfe er gegen die Spekulation, aber tat nie etwas. Nun sagt Francois Hollande, er wolle es mit der Finanzwelt aufnehmen, aber er fordert nur eine Trennung der Bankaktivitäten, während wir eine völlige Aufspaltung der Banken selbst und eine neue Pecora-Kommission brauchen“.
Die Tatsache, daß einem „kleinen Kandidaten“ gelungen war, woran „große“ Kandidaten scheitern, wurde schon bald zur heißesten Nachricht des Tages. Sie wurde sofort von den Nachrichtenagenturen Reuters und AFP durch Meldungen weiterverbreitet, die dann von mindestens fünf Dutzend Internetseiten und allen großen Tageszeitungen Frankreichs aufgegriffen wurden - u.a. von Zeitungen wir Le Figaro, Le Parisien, La Croix, France-Soir, 20minutes, Wochenzeitungen wie L’Express, Le Point und Le Nouvel Observateur, von nationalen Fernsehsendern wie TF1, dem Nachrichtensender LCP, TV5, TV6, Radiostationen wie Europe 1, France Info, regionalen Tageszeitungen wie Le Progres (Lyon), La Montagne (Auvergne) und Internetseiten wie Terrafemina usw.
Die Berichterstattung war im allgemeinen sehr sachlich, mit Ausnahme der französischen Ausgabe des mit der Washington Post verbundenen und von dem früheren Le Monde-Chef Jean-Marine Colombani, und Jacques Attali gegründeten Internetmagazins Slate (slate.fr). Das Aufsehen war so groß, daß Cheminades Name zwischen 8 Uhr morgens und 3 Uhr nachmittags zu den zehn meistgesuchten Wörtern auf Twitter gehörte.
Cheminades genau geplante Medienoffensive wurde von einer großen Anzahl Aktivitäten seiner Wahlhelfer in ganz Frankreich begleitet. Allein in Paris waren 25 Teams unterwegs, um die Bevölkerung über Cheminades Kandidatur zu informieren - in den Finanzdistrikten in La Defense und Issy les Moulineaux, am Außenministerium und an den großen Bahnhöfen Montparnasse und Saint Lazare wurden insgesamt 25.000 Flugblätter mit dem Titel „Wer hat Angst vor Jacques Cheminade“ verteilt. Weitere 25.000 Exemplare dieses Flugblatts, von dem bisher 250.000 Exemplare gedruckt wurden, wurden von ähnlichen Teams in Rouen, Nantes, Rennes, Lyon, Toulouse, Bordeaux, Toulon, Nizza, Marseille, Saint-Etienne, Clermont-Ferrand, Grenoble und anderen Städten verteilt.
Am Nachmittag stellte Cheminade dann bei einer Pressekonferenz sein ausführliches Programm vor, das soeben in Buchform (362 Seiten) unter dem Titel „Eine Welt ohne die City und die Wall Street, eine große Baustelle für morgen“ von dem Verlag L'Harmattan herausgebracht wurde, der in Frankreich vor allem für die Veröffentlichung afrikanischer Autoren bekannt ist. Sieben Journalisten und etliche Kamerateams kamen zu dieser Konferenz und machten Aufnahmen für ITV, Le Parisien, France2, TF1, Canal Plus, 20minutes und Dimanche plus.
Abends um 19:10 Uhr war Cheminade in der Sendung „Le Grand Journal“des Senders Canal Plus. Dort konfrontierten die Journalisten ihn mit der früheren Ministerin Christine Boutin, die große Schwierigkeiten hat, die notwendigen Unterstützungsunterschriften für ihre Präsidentschaftskandidatur zusammen zu bekommen. Der Moderator der Sendung, Jean-Michel Apathie, war völlig perplex, weil Cheminade einen großen Stapel dieser Unterstützungserklärungen neben sich liegen hatte. Apathie wiederholte mehrfach, kleine Kandidaten sollten gar nicht erst antreten, weil deren Kandidatur „nutzlos“ sei. Aber das Publikum mußte sich fragen: Wie kann es sein, daß Cheminade gelungen ist, woran Boutin offenbar scheitern wird? Cheminade antwortete dann, er habe schon 1995 vor der Schwere der Krise gewarnt, und daß die Bürgermeister ebenso wie das übrige Land nach neuen Köpfen Ausschau halten, die auf die Wut der Bevölkerung reagieren und Antworten haben. Außerdem habe er, Cheminade, eine sehr dynamische Jugendbewegung, die entschlossen sei und wirkliche Ideen habe. Er kämpfe z.B. für die vierte Generation der Kernkraft, die Reaktoren der Zukunft wie den natriumgekühlten Schnellen Brüter oder Thorium-Reaktoren. Auf den Vorwurf, man bezeichne ihn sowohl als linksextrem wie als rechtsextrem, antwortete er, er sei ein „linker Gaullist“ oder das, was man in Frankreich als „alten Linken“ bezeichnet - jemand, der noch den Mut habe, den wissenschaftlichen Fortschritt als Grundlage sozialer Gerechtigkeit zu verteidigen.
Um 20:20 Uhr brachte der Sender TF1 kurze Ausschnitte aus der Pressekonferenz vom Nachmittag. Der Journalist sagte, einige Kandidaten hätten die notwendigen Unterschriften, während andere nur so tun, als hätten sie sie. Auf die Frage, wie er zu seinen Unterschriften gekommen sei, antwortete Cheminade mit einem verschmitzten Lächeln: „Weil ich intelligent bin.“
Karel Vereycken