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Eine Konferenz der Universität der Region Moskau in Dubna befaßte sich ausführlich mit Lyndon LaRouches Ideen und unterstützte seine Vorschläge.
Die Zweite Internationale Konferenz über „Fundamentale Probleme der nachhaltigen Entwicklung im System Natur-Gesellschaft-Mensch“, die am 29.-30. Oktober an der Universität für die Natur, die Gesellschaft und den Menschen in Dubna (Region Moskau) stattfand, begann mit einer Videobotschaft von Lyndon LaRouche über „Die Aussichten für die weitere Existenz der Menschheit“ (siehe Neue Solidarität 45/2012). Darin warnte LaRouche vor der Gefahr eines thermonuklearen Krieges und kontrastierte dies mit einem optimistischen Appell an die jungen Wissenschaftler, auf dem Weg zur Beherrschung des Sonnensystems und der galaktischen Prozesse die Führung zu übernehmen. Dies setzte den Ton für die Diskussionen der beiden folgenden Tage, in deren Rahmen zwei weitere Videos von Mitgliedern des LaRouche-Wissenschaftsteams präsentiert wurden. Am 30. Oktober fand dann eine Diskussionsrunde „Zu Ehren des 90. Geburtstages des modernen Universalgelehrten Lyndon LaRouche“ statt.
Wie schon im vorigen Jahr sprach sich die Konferenz in ihrer Abschlußerklärung für die Glass-Steagall-Bankentrennung aus, aber in diesem Jahr ging die Resolution noch weiter und unterstützte auch die Kampagne von Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche für die Schaffung nationaler Kreditsysteme zur Finanzierung der Entwicklung der Realwirtschaft und auch den Vorschlag für eine internationale Zusammenarbeit bei der „Strategischen Verteidigung der Erde“, den Benjamin Deniston und Peter Martinson vom LaRouche-Wissenschaftsteam vorgestellt hatten.
An der Konferenz nahmen knapp 200 Personen teil, darunter viele Studenten der Universität Dubna. Bei einer Diskussionsrunde über den visionären russischen Raumfahrtpionier Konstantin Ziolkowski, in der das von Deniston und Martinson produzierte Video „Aussichten für die weitere Entwicklung der Menschheit“ gezeigt wurde, war der Saal zum Bersten voll. Teilnehmer kamen nicht nur aus Rußland, sondern auch aus anderen Ländern, insbesondere aus Kasachstan, wohin die Dubna-Universität gute Beziehungen hat.
Die Hauptorganisatoren der Konferenzreihe sind der Rektor der Universität Dubna, Prof. Oleg Kusnezow, und Prof. Boris Bolschakow. Kusnezow leitet auch die Russische Akademie der Naturwissenschaften (RANS), eine große nichtstaatliche Organisation, die in den neunziger Jahren gegründet wurde. Die Universität Dubna selbst ist eine Einrichtung der Region Moskau. Die RANS wie auch die Universität Dubna sind bekannt dafür, daß sie sich für das Erbe des großen russischen Wissenschaftlers Wladimir Wernadskij und für die Russische Kosmische Bewegung einsetzen, deren Gründer Wernadskij nahestanden. Prof. Bolschakow leitet das Projekt der Wissenschaftlichen Schule für nachhaltige Entwicklung, die diese Konferenzreihe veranlaßt hat.
Kusnezow und Bolschakow waren auch Koautoren des brillanten Wissenschaftlers und Industriekonstrukteurs Pobisk Kusnezow (1924-2001), der in den neunziger Jahren mit Lyndon LaRouche befreundet war und mit ihm zusammenarbeitete. Bei einer Konferenz zur Erinnerung an das Leben und Werk Pobisk Kusnezows hielt LaRouche eine Rede über „Rußlands wesentliche Rolle bei der Lösung der globalen Krise“, in der er sagte: „Wenn die Welt erfolgreich aus dieser großen finanziellen, monetären und wirtschaftlichen Krise herauskommen soll, dann muß Rußland eine ganz entscheidende, zentrale Rolle spielen.“ Wesentlich seien dabei Wernadskijs Denken über das Leben, die Biosphäre der Erde und den Bereich der menschlichen Kreativität, die Noosphäre, sowie die wissenschaftlichen Anschauungen unkonventioneller Denker wie Pobisk Kusnezow. Das wissenschaftliche Potential in Rußland „schläft seit einiger Zeit“, sagte LaRouche, aber seine Wiedererweckung werde für die ganze Menschheit lebenswichtig sein. Er beschrieb dann einen Wernadskijschen Ansatz für die wirtschaftliche Entwicklung Nord- und Zentraleurasiens als die „größte Transformation der Biosphäre in der Geschichte“.
Pobisk Kusnezow war es auch, der LaRouche 1994 zu dessen ersten Besuch in Rußland einlud. In seinen Schriften reagierte Kusnezow begeistert auf LaRouches Lehre der physikalischen Ökonomie. Er schlug vor, eine Einheit zur Messung des relativen Bevölkerungsdichtepotentials einzuführen, die er LaRouche zu Ehren als „La“ bezeichnete.
Die diesjährige Konferenz in Dubna bot eine Gelegenheit, auf diese Ideen zurückzukommen und eine fruchtbare Debatte darüber anzustoßen. Die Konferenz war offiziell zwei verschiedenen Ereignissen gewidmet: dem 155. Geburtstag Ziolkowskis sowie dem im Juni von den Vereinten Nationen ausgerichteten „Rio+20“-Gipfel für nachhaltige Entwicklung.
Bei der Eröffnung der Diskussionsrunde über Ziolkowski rief ein Teilnehmer aus dem Publikum: „Was hat ein amerikanischer Ökonom schon über unseren Konstantin Ziolkowski zu sagen?“ Der Streit zwischen Bolschakow und diesem skeptischen Zuhörer erwies sich dann als die beste Einführung für den Film von Deniston und Martinson, der zuvor aufgenommen und mit russischen Untertiteln versehen worden war.
Martinson begann seine Rede: „Jede Generation hat ihre Visionäre. Vor mehr als 100 Jahren gab es Konstantin Ziolkowski, einen der größten Visionäre der Raketentechnik. Heute haben wir Lyndon LaRouche, einen der größten Visionäre der Ökonomie der letzten 100 Jahre. Wir brauchen Visionäre, denn erstens inspirieren sie die junge Generation dazu, nach Großem zu streben... Noch wichtiger ist, wie LaRouche in seinem Konzept der physikalischen Ökonomie betont, daß der Visionär eine wesentliche Rolle beim Wachsen der Wirtschaft spielt.“
Martinson führte aus: „Wirtschaftswachstum bemißt sich nicht am Geld oder der Summe monetären Gewinns. Wachstum bemißt sich durch die Steigerung dessen, was LaRouche das relative Bevölkerungsdichtepotential nennt: Wie viele Menschen kann man pro Flächeneinheit des Landes erhalten? Es ist ein Maß des technischen Fortschritts und der Macht des Menschen über seine Umwelt.“ Er entwickelte dann die physikalisch-ökonomischen Konzepte des relativen Bevölkerungsdichtepotentials und der Steigerung der Energieflußdichte durch die Anwendung von Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien.
„Deshalb brauchen wir Visionäre“, schloß Martinson. „Darin liegt die Bedeutung der Visionäre für die Wirtschaft. Sie sind die Quelle des Wissens, der neuen Entdeckungen. Eine vernünftige Regierungspolitik sollte daher eine Politik des ,Wissenschaftsmotors’ sein, wie LaRouche es nennt. Die Regierung hat die Aufgabe, die Pionierbereiche des wissenschaftlichen Wissens zu identifizieren, und dann die Verantwortung, zu investieren, um Durchbrüche in diesen wesentlichen Bereichen zu erreichen, weil diese Durchbrüche zum Überleben und besseren Lebensumständen für die Menschheit und der Steigerung unserer Anzahl führen werden.“
In ihrem Video behandelten Deniston und Martinson dann zusammengefaßt das Konzept eines Kreditsystems als einzige Antwort auf die ewige Frage: „Wer soll das bezahlen?“ In der zweiten Hälfte des Films skizzierte Deniston das Konzept der Strategischen Verteidigung der Erde (SDE), d.h. unseren Planeten vor Asteroiden- und Kometeneinschlägen zu schützen. (Die Videos der Grußbotschaft von Lyndon LaRouche sowie der Vorträge von Martinson und Deniston finden Sie in englischer Sprache mit russischen Untertiteln im Internet unter www.youtube.com/LaRouche0na0russkom.)
Das Thema „Rio+20“ löste noch mehr Kontroversen aus. Wieviel entwicklungsfreundliche Ideen man auch in die Agenda eines solchen UN-Gipfels hineinzubringen versucht, wie es viele russische Wissenschaftler tun möchten: Das Denken dahinter ist und bleibt die berüchtigte Idee der „Grenzen des Wachstums“, die in den letzten 40 Jahren durch radikale grüne Kampagnen in alle Welt verbreitet wurde.
Bei der Diskussionsrunde über Rio+20 zeigte sich der unlösbare Widerspruch zwischen dem „Erd-Gipfel“ und der optimistischen Anschauung von Ziolkowski, Wernadskij, Pobisk Kusnezow und LaRouche in dramatischer Weise an den Einwänden eines Konferenzteilnehmers - dem ehemaligen Staatspräsidenten eines zentralasiatischen Landes. Er protestierte gegen LaRouches wirtschaftswissenschaftliche Methode. Das Bruttoinlandsprodukt sei doch das allgemein anerkannte Maß des Wirtschaftswachstums, warum wolle LaRouche es dann durch das relative Bevölkerungsdichtepotential oder irgendein anderes Kriterium ersetzen? Vertreter der Tradition Pobisk Kusnezows widerlegten energisch dieses konventionelle Denken, das nur in eine Sackgasse führen kann.
Diese intensive Diskussion wurde am nächsten Tag in der Diskussionsrunde über LaRouche fortgesetzt, die Prof. A. Petrow von der Universität Dubna und Sergej Dyschlewskij vom Moskauer Staatsinstitut für Auswärtige Beziegungen (MGIMO) leiteten.
In einem ebenfalls vorab auf Video aufgezeichneten Beitrag berichtete die Verfasserin über LaRouches jahrzehntelangen Dialog mit russischen Wissenschaftlerkreisen. Sie behandelte dann auch einige der „kontroversen Aspekte der Ideen und des Werks von Lyndon LaRouche - kontrovers aus Sicht der heute allgemein akzeptierten Axiome des politischen Denkens“. Sie berichtete, wie LaRouche seine Bewegung in den siebziger Jahren durch den Kampf gegen die Neomalthusianer des Clubs von Rom und die Anhänger Bertrand Russells in der Ökonomie, der Systemanalyse und aller Arten des reduktionistischen Denkens aufbaute.
Der Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“ selbst diente dabei als Beispiel. In der russischen Übersetzung, die auch im Titel der Konferenz verwendet wurde, bedeutet er soviel wie „stabil“, „stetig“ oder „anhaltend“. Im Westen jedoch „bedeutet nachhaltige Entwicklung seit der Gründung des Clubs von Rom Ende der sechziger Jahre, dem ersten ,Tag der Erde’ im Frühjahr 1970 und der Einführung der ,grünen’ Axiome in die Vereinten Nationen und andere Foren soviel wie ,nicht zuviel Entwicklung’, was letztendlich auf ,gar keine Entwicklung’ hinausläuft, denn wenn man eine ,begrenzte Wirtschaft’ haben will, dann wird diese ,begrenzte Wirtschaft’ die Wirtschaft ruinieren und das Resultat wird sein, daß gar keine Entwicklung stattfindet.“
Douglas berichtete über Helga Zepp-LaRouches Intervention bei der Weltbevölkerungskonferenz in Bukarest 1974, wo sie John D. Rockefeller III. und andere Malthusianer aus dem Konzept brachte, indem sie darauf hinwies, daß jegliche „Ressourcenknappheit“ durch die Entwicklung der kontrollierten Kernfusion überwunden werden kann. Das Publikum in Dubna applaudierte, als Douglas die Axiome des Rio+20-Gipfels verurteilte, die in einem Bericht der Britischen Royal Society über „Menschen und der Planet“ vom letzten April und anderen Traktaten der Handlanger Prinz Philips in unverhüllter Form zutage treten, wonach die „Tragfähigkeit“ der Erde bei lediglich ein bis zwei Milliarden Menschen liege.
Sie beschrieb dann LaRouches mehr als 50jährigen Kampf gegen die Systemanalyse, die Informationstheorie und die Spieltheorie, und wies darauf hin, daß die Sowjetunion und auch heute noch Rußland von diesen Ideen infiziert sind, insbesondere durch den Einfluß des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA). Sie zeigte dann einen mit russischen Untertiteln versehenen Ausschnitt aus Helga Zepp-LaRouches Vortrag vom Oktober beim Weltforum Dialog der Zivilisationen über die Notwendigkeit eines grundlegenden Paradigmenwandels weg vom Pessimismus der britisch-imperialen Reduktionisten, der nur in ein finsteres Zeitalter führen kann.
Die Beiträge von Prof. Alexander Braginskij und anderen Vertretern der Universität Dubna und der Kreise Pobisk Kusnezows zur Diskussionsrunde über LaRouche bewiesen, wie intensiv sie sich mit LaRouches Arbeiten zur physikalischen Ökonomie auseinandergesetzt haben, und daß sie in seinen Werken einen wesentlichen Beitrag zur heutigen Wissenschaft sehen.
Rachel Douglas