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Neue Solidarität
Nr. 38, 19. September 2012

Tremonti will mit eigener Liste für Bankentrennung kandidieren

Der frühere italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti hat am 5. September in einem Interview mit Corriere della Sera angekündigt, bei der nächsten Parlamentswahl mit einer eigenen Kandidatenliste und einem Programm zur „Wiederherstellung der nationalen Souveränität“ anzutreten. Es müsse verhindert werden, daß Italien in seiner Entwicklung „150 Jahre zurückfällt“, also vor die Zeit der Unabhängigkeit. Im Zentrum des Programms stehen die Bankentrennung und ein Verbot von Derivaten.

Am Anfang des Interviews zitiert Tremonti die italienische Nationalhymne: „Wir wurden seit Jahrhunderten getreten und ausgelacht, weil wir kein Volk sind, weil wir geteilt sind.“ Italien stehe an einem Wendepunkt, sagt er: „Entweder wir haben die Kraft, wieder die Herren in unserem eigenen Haus zu werden, oder wir werden kolonisiert.“ Er werde wieder bei Wahlen antreten, aber „nicht innerhalb der alten Parteien, nicht mit Generälen von toten Armeen, nicht mit Leuten, die nur Puppen sind. Ich werde mit einem Programm, mit einer kollektiven Liste antreten, die vor allem für die Jugend offen ist... Was gebraucht wird, ist die Wiederherstellung der nationalen Souveränität und der persönlichen Würde.“

Seit 2008 weise er darauf hin, daß das Financial Stability Board unter dem jetzigen EZB-Chef Mario Draghi, das Regierungen Empfehlungen zur „Bekämpfung“ der Finanzkrise erteilt, sich wie ein Trojanisches Pferd des Finanzsystems verhalte. Es diene nur dazu, Zeit zu gewinnen und die Regierungen beiseite zu schieben. „In Italien wurde das ganze als eine innenpolitische persönliche Auseinandersetzung [mit Draghi] angesehen. Das war es nicht. Die gesamte Gesetzgebung in Italien ging in die falsche Richtung. Im Jahr 1999 wurde das Bankengesetz von 1936 aufgehoben, welches besagte: ‚Wenn Sie eine Bank sind und Spareinlagen annehmen, dann können Sie nur Kredite an Unternehmen, Arbeitnehmer, private Haushalte oder Kommunen vergeben, aber nicht die Gelder für Wetten im Finanzkasino einsetzen.‘ Derzeit habe ich eine Gesetzesvorlage im Parlament eingereicht, um dieses Gesetz wiedereinzuführen. Für mich ist das eine fundamentale Frage.“

Weiter sagte er: „In Verbindung mit der Bankentrennung, die ich schon erwähnte, würden wir Derivate verbieten, und wir würden festsetzen, daß Bankerboni für einige Jahre als Pfand hinterlegt werden müßten. Das sind Ideen der britischen Konservativen. Es ist merkwürdig, daß das in der Debatte in Italien ausgelassen wird.“

Zu Montis sogenanntem „Wachstumsgesetz“ meinte Tremonti sarkastisch: „Im Kern sind das ein paar Grundsatzdekrete und 400 Umsetzungsverordnungen... Ich habe einmal ausgerechnet: Wenn Sie die Durchschnittsgröße früherer Gesetze als Bezug nehmen, dann würden allein 15 Prozent der neuen Gesetze [als Seiten aneinandergelegt] die Fläche von 180 Tennisplätzen oder vier Fußballfeldern ausfüllen oder über vier Kilometer lang sein... Wird dadurch das Wirtschaftsleben einfacher oder komplizierter?“

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