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Neue Solidarität
Nr. 34-35, 22. August 2012

Die galaktische Menschheitsgeschichte: ein Anfang

Die Evolution in unserer Gattung

Von Lyndon LaRouche

Der folgende Kommentar erschien im englischen Original am 28. Juli 2012.

Im Laufe der letzten Woche hat sich jenes beginnende Grollen lawinenartiger Verschiebungen weg vom globalen Chaos, das sich zuerst in wichtigen Kreisen des Vereinigten Königreiches ankündigte, auch in den Vereinigten Staaten als eine Art politischer Erdrutsch bemerkbar gemacht. Seit bestimmte maßgebliche Kreise in Großbritannien unvermittelt mit ihrem Vorstoß anfingen, die Sturmwolken globalen Untergangs zu vertreiben und das Trennbankensystem Glass-Steagall zu erneuern, und seit diese Hoffnung auch in den Vereinigten Staaten ihren Widerhall findet, bewirkt die Macht des Menschen zur Gestaltung seiner eigenen Zukunft in führenden Kreisen unseres Planeten eine wundersame Veränderung. Der Kurswechsel hat begonnen.

Was wird nun als nächstes geschehen? Ich höre von fern Benjamin Franklins Stimme widerhallen: Wir haben etwas gewonnen, was die Geburt einer Weltordnung großer Republiken werden kann - wenn wir sie bewahren können.*/ Über die erfolgreiche Geburt hinaus ist bisher noch nichts sicher, aber - der Mensch war eigentlich nie ein Tier. Wir sind von Natur aus schöpferische Wesen und mit einer Kraft ausgestattet, die kein anderes bekanntes Lebewesen besitzt: der Kraft, unsere Gattung immer wieder selbst auf einem höheren, bisher unbekannten Schöpfungsniveau neu zu erschaffen. Die Zukunft gebiert eine neue Menschheit - aber wird sie auch weiterleben?

Der erste Donner am Horizont kam mit der Ankündigung bestimmter bedeutsamer Kreise im Vereinigten Königreich von England, Schottland und Wales, daß sie eine Trennbankenreform beabsichtigen, was noch immer Wellen schlägt. Das ist aber nicht die einzige Veränderung. In der letzten Woche wurde dies auch in führenden Finanzkreisen der Vereinigten Staaten hörbar aufgegriffen.

Mehr als das ist bisher noch nicht sichergestellt. Das Kind ist geboren; die Frage ist, wird es weiterleben und wachsen? Dennoch, etwas Großartiges ist geschehen, und die nachfolgenden Wirkungen werden immer untrennbar damit verbunden sein. In dieser Hinsicht müssen wir und unsere Nachkommen in die Fußstapfen des großen Johann Sebastian Bach treten, indem wir jetzt unsere Zukunft komponieren. Genau das ist es, was unsere Gattung von niederen Lebensformen wie den Tieren grundlegend unterscheidet.

I. Das Prinzip: Die Geschichte der Zukunft

Es ist jetzt an der Zeit, sich von der naiven Vorstellung zu trennen, die aufeinanderfolgenden menschlichen Generationen würden ihren Eltern „nachkommen“ [im Sinne eines „Abstiegs“, engl. „descend“ -  d. Übers.]. Manchmal ist das so. Man sollte sich das aber nicht als die Grenze vorstellen. Törichte Menschen neigen leider oft zu der Vorstellung eines absteigenden Entwicklungsgangs der Geschichte.

Tatsächlich überwiegt gewissermaßen eine solche „Abstammung“ in der langen Evolutionsgeschichte von Lebewesen außer dem Menschen, und das anscheinend noch heute. Dennoch sind wir, die Menschheit, bewußt als eine Gattung erschaffen, die in der Konsequenz ganz anders ist als alle bekannten anderen Gattungen von Lebewesen. Deshalb dürfen wir uns nicht länger wie Tiere verhalten. Wir, die menschliche Gattung, müssen akzeptieren, daß uns ewiger Fortschritt als Lebensaufgabe aufgetragen ist - quasi vom Gotteskind auf dessen erklärte Nachfahren: kein Tod, sondern Wiedergeburt der Menschheit für eine höhere, machtvollere Mission, als wir sie bisher gekannt haben, im Sonnensystem und in weiter entfernten Teilen der Galaxis.

Das ist kein bloßer Wunsch. Es ist letztlich das einzige Prinzip, das man kennen muß.

Die Eltern werden sterben; aber gerade darum sollen sie sicher sein dürfen, daß das, wofür sie gelebt haben, nicht verschwendet war, sondern daß wir alle entschlossen sind, keine Verschwender, sondern Schöpfer zu sein. Unsere Sonne hat absehbar eine begrenzte Lebensdauer; aber das, was wir durch den schöpferischen Fortschritt der Menschheit erreichen müssen, wird nicht vergebens sein, was sich auch sonst immer verändern mag. Von jetzt an dürfen wir uns immer nur wirklich schöpferischen Aufgaben widmen, wie sie dem Anspruch einer Menschheit genügen, die im Dienst eines erkennbaren, allumfassenden Schöpfers steht. Das Beste, was über uns gesagt werden kann, sollte das sein, daß wir uns wirklich der Mission endloser weiterer Schöpfung verschrieben haben.

Das ist die eigentliche Bestimmung der Menschheit als der Gattung, die anders ist als alle anderen uns derzeit bekannten Gattungen. Dies weiß ich mit Gewißheit; soviel ist uns mit dem Verstand zugänglich, wenn wir diese in der Zukunft liegende Bestimmung akzeptieren. Die noch bescheidenen Veränderungen, die sich durch das Vorgehen einiger im Vereinigten Königreich und jetzt auch in bestimmten, dadurch angeregten Kreisen in den Vereinigten Staaten ergeben, eröffnen uns die Gelegenheit, dem Inferno des Wahnsinns, das in letzter Zeit unsere Nationen besonders im transatlantischen Raum erfaßt hat, zu entkommen.

Ich möchte deshalb nun das Grundsätzliche der angesprochenen Lage darstellen. Man untersuche dazu, was seit der Belagerung Trojas schon so lange für so große Teile der Menschheit der Fluch eines zutiefst destruktiven Einflusses war, den man treffend als das „oligarchische Prinzip“ bezeichnen kann.

„Über Glass-Steagall hinaus“

In seiner minimalen Form ist das Trennbankengesetz „Glass-Steagall“, das unter dieser Bezeichnung erstmals unter US-Präsident Franklin Roosevelt in Gang gesetzt wurde, eine dringliche Maßnahme einzelner Länder und Ländergruppen, doch für sich genommen reicht es nicht für eine vollständige Problembewältigung. Glass-Steagall im besten Sinne, so wie es unter Präsident Franklin Roosevelts Regierung weitgehend erfolgreich angewendet wurde, war nur eine notwendige Hilfseinrichtung des Nationalbankprinzips. Damit sich die eigentliche Absicht dahinter entfalten kann, muß es Teil eines nationalen Kreditsystems für Banken und Finanzmärkte sein, das darauf ausgerichtet ist, realwirtschaftliches Wachstum zu erzeugen. Letzteres erreicht man mit Glass-Steagall durch quantitativ und qualitativ höhere Investitionen in Realkapital sowie eine höhere reale Produktion pro Kopf - Maßnahmen, die eine reale Steigerung des notwendigen physischen Fortschritts pro Kopf und pro Quadratkilometer in jeder Nation und für die Menschheit insgesamt sicherstellen.

In unserer neueren Zeit stehen der Menschheit qualitativ neue Fähigkeiten zur Verfügung, um im Bereich unseres Sonnensystems und unbedingt auch darüber hinaus existieren zu können. Für den Übergang zu dieser größeren menschlichen Macht innerhalb unseres Erdorbits, dem Nachbarorbit des Mars und darüber hinaus besteht für uns die unmittelbare Aussicht auf die Beherrschung der kontrollierten Kernfusion innerhalb nur einer Generation in der Zukunft. Ein solches höheres Energieniveau, höher als das der Kernspaltung, erschließt der Menschheit schöpferische Fähigkeiten, die weit, weit über das hinausgehen, was die heutige Gesellschaft im allgemeinen begreift.

Die unmittelbaren Zukunftsoptionen für die Menschheit, die sich den heute lebenden Generationen für ihren Entwicklungsgang auftun, werden sämtliche bisher erreichten menschlichen Existenzmöglichkeiten komplett verändern und uns eine edlere Rolle in unserem Sonnensystem und darüber hinaus erreichen lassen. Indem wir mit der irrigen Tradition brechen, wir müßten für alle Zeiten nur auf der Erde hocken bleiben, eröffnet sich der Menschheit eine Zukunftsperspektive der Gestaltung der weiteren Geschichte unseres Sonnensystems und darüber hinaus. Wir unsererseits müssen die Erkenntnis des damit verbundenen größeren Schicksals der heutigen und zukünftigen Menschheit begrüßen und fördern, u.a. auch durch ein richtiges Verständnis der Bedeutung der Trennbankenreform, indem wir diese in den größeren Zusammenhang der Steigerung der menschlichen Arbeitskraft mit der Kolonisierung von Mond und Mars stellen.

Bei der Umsetzung dieser eben von mir zusammengefaßten Mission bleibt, auch unter den derzeitig verfügbaren Fortschrittsmöglichkeiten, hier auf der Erde viel zu tun. Das verweist auf ein tieferes Prinzip, welches das gesamte Leben auf der Erde umspannt, aber auch eine Vorausschau auf das erlaubt, was darüber hinaus entsteht.

II. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier

Verfolgt man das Kommen und Vergehen uralter und heute bekannter Lebensformen, menschliches Leben sei von dieser Auflistung ausgenommen, so hatten alle Aspekte bekannter Lebensformen außer dem Menschen immer nur ein vorübergehendes Dasein als Ausdruck des Lebens. Unsere menschliche Gattung hat in dieser Hinsicht ein besonderes Potential als wahrhaft selbstkreative Gattung bewiesen. Wann immer der Mensch entscheidet, sich auf alte, festgelegte Verhaltensweisen zu beschränken, ruft unsere Gattung selbst die Gefahr des Erlöschens ihrer Existenz hervor, so wie die sogenannte „grüne Politik“ in einigen Kulturen auf den künftigen Untergang dieser Bevölkerung hinausläuft, die praktisch einen derartigen Gattungsselbstmord betreibt.

Alle Teile der menschlichen Gattung, die ein sogenanntes „technologisches Nullwachstum“ betreiben, sind im Voraus zu der gleichen Selbstauslöschung verurteilt wie viele frühere untergegangene Stämme und Nationen, die auf diese Weise einer tierischen Verhaltstradition Vorschub geleistet haben.

Die Gefahr eines drohenden Untergangs ist aber nicht auf solche Kulturen beschränkt, die „technologisches Nullwachstum“ praktizieren. Auch diejenigen Kulturen sind vom Untergang bedroht, die dem wissenschaftlichen Fortschritt Schranken auferlegen. Wachstum der menschlichen Bevölkerung und Steigerung der wissenschaftlich-technischen Aktivität sind voneinander abhängige Größen.

So ist menschliches Leben beispielsweise nicht nur an die Bedingungen auf der Erde gebunden; die Bedingungen auf der Erde unterliegen ja den sich verändernden Lebensbedingungen im Sonnensystem. Und die Bedingungen für menschliches Leben im Sonnensystem insgesamt werden wiederum durch zyklische und andere Veränderungen in unserer Galaxis beeinflußt. Gesteinsbrocken und Kometen innerhalb des Sonnensystems müssen als zunehmende Gefahr betrachtet werden, u.a. wegen der Veränderung der Umlaufbahnen unseres Sonnensystems in den Bereichen des galaktischen Arms, in denen andere Bedingungen herrschen.

Während wir über die Möglichkeit menschlicher Siedlungen auf Himmelskörpern wie dem Mars sprechen, besteht gleichzeitig die Notwendigkeit, sich auf die „Verteidigung der Erde“ vor Gefahren aus dem Sonnensystem und der Galaxis vorzubereiten. Die Aufgabe erfordert es, daß wir uns bereits heute wirksam vor der Auslöschung oder Beinahe-Auslöschung durch solche Gefahren schützen - eine wichtige praktische Herausforderung für das zukünftige Leben auf diesem Planeten. Ab sofort müssen Schutzmaßnahmen gegen solche Gefahren Gegenstand einer umfassenden Mobilisierung sein.

Auch wenn die eben angesprochenen Probleme Vorbereitungen erfordern, die nun eingeleitet werden müssen, ist schon jetzt reine „Verteidigung“ nicht das ausschließliche Ziel unserer dringend erforderlichen Schutzmaßnahmen. Der Fortbestand der Menschheit nicht nur hier auf der Erde, sondern in unserem Sonnensystem hängt von Schutzvorrichtungen ab, die über das Sonnensystem hinaus auch galaktische Faktoren berücksichtigen müssen. Dieser Schutz und andere systematische Fortschritte menschlichen Handelns stoßen uns darauf, wie fundamental wichtig die vordringliche Entwicklung der Kernfusion und der Materie-Antimaterie-Reaktionen ist. Die dringende Notwendigkeit der Entwicklung solcher Technologien zu diesem Zweck fällt mit anderen Überlegungen zusammen, unser Sonnensystem mit einer Vielzahl verschiedener Systeme sozusagen zu „überziehen“. Wir werden, auf absehbare Zeit noch hauptsächlich hier auf der Erde bleiben, und umfangreiche, ja gewaltige Systeme steuern, die überall im Sonnensystem verteilt sind und über die der Mensch sowohl die von ihm für seine Aktivitäten im Sonnensystem installierten Anlagen fernsteuern als auch seine Präsenz in diesem größeren Gebiet ausweiten kann.

Als beste Methode, sich heute derartige Pläne für Verpflichtungen im Sonnensystem usw. zu durchdenken, muß man sich einen Prozeß der Weiterentwicklung vorstellen, der vom allgemeinen praktischen Einsatz der gewaltigen Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung von Kernfusion und Materie-Antimaterie-Reaktionen geprägt sein wird. Sobald der Mensch Methoden für diese praktischen Anwendungen einführt, muß sich schon deshalb nicht nur unser Denken über das Sonnensystem - besonders bis zum Bereich der Marsbahn - grundlegend verändern, sondern infolgedessen auch die Sicht unserer eigenen Existenz, die dann zunehmend davon abhängen wird, wie wir Forschungs- und Schutzsysteme durch „Fernsteuerung“ und verwandte Mittel betreiben können. Dadurch wird sich das Bewußtsein der menschlichen Aktivität zunehmend so erweitern, daß wir das Sonnensystem aus der Ferne konzeptionell immer mehr vom Standpunkt des Sonnensystems als ganzem und noch weiter betrachten.

Das ist keine bloße Fiktion. Das ist schon jetzt ein praktischer Betätigungsbereich zum „Schutz der Menschheit“ und ähnlicher Überlegungen.

Der Mensch muß das Sonnensystem zuerst mit seinen Geisteskräften und den für diese Aufgabe eingesetzten Instrumenten erobern. Diese Aufgabe hat praktisch bereits begonnen.


*) Eine Anspielung auf eine berühmte historische Anekdote: Nach dem Verfassungskonvent in Philadelphia 1787 wird Benjamin Franklin von einer Frau Powell gefragt: „Was haben wir denn nun, Doktor, eine Republik oder eine Monarchie?” Franklin antwortet: „Eine Republik, wenn ihr sie bewahren könnt.”