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Neue Solidarität
Nr. 34-35, 22. August 2012

Mit Neugier den grünen Zukunftspessimismus besiegen

Die spektakuläre Landung des Marsrovers Curiosity (Neugier) hätte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können. Mit der dadurch ausgelösten Welle des Optimismus besteht die Chance, die Zusammenbruchskrise und die grüne Wissenschaftsfeindlichkeit zu überwinden.

Es ist ein schöner Zufall der Geschichte, daß der Nachbarkrater des Gale-Kraters, in dem am 5. August die Marssonde Curiosity  gelandet ist, den Namen dieses großen deutschen Wissenschaftspioniers trägt. Kurd Lasswitz war für alle, die ihn kannten, genauso inspirierend, wie es Curiosity für alle ist, die heute dieses großartige Werk der Ingenieurskunst bestaunen. Lasswitz inspirierte Persönlichkeiten wie Wernher von Braun, Eugen Sänger und Wladimir Wernadskij zu ihren großen Durchbrüchen in der Wissenschaft, und genauso sollten wir uns heute von ihm und von Curiosity begeistern lassen, Großes zu denken und zu leisten.

Die erfolgreiche Landung des selbstfahrenden Wissenschaftslabors Curiosity auf dem Mars hätte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können, und im Gefolge davon ist auch der populäre wissenschaftsfeindliche Spott über Pläne zur Besiedelung des Mars plötzlich verstummt, statt dessen herrschen Stolz und eine Begeisterung vor, die an die Stimmung während der Mondlandung im Jahr 1969 erinnern.

Die Raumfahrt ist also alles andere als nutzlos oder überflüssig, sondern der nächste Schritt in der Evolution der Menschheit. Überall, wo der Mensch die Natur bezwingt, tritt seine ihm eigene Kraft als Mensch entgegen, denn der Mensch ist das einzige uns bekannte Lebewesen, das sich nicht der Natur unterwerfen muß, sondern selbst entscheiden kann, wo es klüger ist, nachzugeben, und wo es besser ist, die Natur zu bezwingen. Je mächtiger die Bezwingung der Natur, um so mehr tritt von der Natur der Menschheit darin zutage, wodurch, wie schon Lasswitz sagte, ein ungeheures Potential freigesetzt wird, das die Menschheit ein Stück weiter zur wahren Humanität bringt. Curiosity repräsentiert eine solche Bezwingung der Natur.

Nach Opportunity ist Curiosity der zweite betriebsfähige Roboter auf dem Mars, der herausfinden soll, ob sich in naher Zukunft eine bemannte Mission zu unserem roten Bruder wird realisieren lassen. Aber auch unmittelbar ist diese Mission immens wichtig für die Menschheit, denn dadurch erweitert sich unsere Sinneswahrnehmung - nicht nur in dem Sinne, daß wir jetzt auf dem Mars präzise Messungen vornehmen können, sondern daß wir sogar multiple Parameter wahrnehmen können, die es uns erlauben, Zusammenhänge zwischen Veränderungen der Erde und des Mars innerhalb unseres Sonnensystems zu erfassen. Erst kürzlich wurde nämlich in Studien deutlich, daß es innerhalb unseres Sonnensystems häufig in regelmäßigen Abständen von etwa 64 Mio. Jahren zu Ereignissen gekommen ist, die Massenaussterben nach sich gezogen haben.

Da wir uns derzeit genau an einem solchen Punkt der galaktischen Geschichte befinden, ist es unklar, ob uns dieses Schicksal erspart bleibt oder ob es tatsächlich wieder zu einem Massenaussterben auf unserem Planeten kommen wird, so wie es schon fünfmal zuvor geschehen ist.

Dank Curiosity können wir jetzt wesentlich genauer untersuchen, ob es dem Mars in diesem galaktischen Zyklus genauso ergangen ist wie der Erde, und vor allem läßt sich herausfinden, ob auf dem Mars ähnliche Destabilisierungen eintreten, wie wir sie infolge der veränderten Sonnenaktivität und der kosmischen Strahlung derzeit auf der Erde - in Form von Tsunamis, Erdbeben, Starkregen (La Niña in Kolumbien), Tornados und Dürren - erleben. Eines der wichtigsten Instrumente dafür ist der in Kiel entwickelte Radiation Assessment Detector (RAD), der speziell für die Messung kosmischer Strahlung und Sonnenstrahlung ausgelegt ist. Ebenfalls lassen sich damit Schauer von Teilchen erfassen, um die Marsatmosphäre und deren Struktur besser verstehen zu können.

Mit Curiosity und Opportunity auf der Marsoberfläche und mit drei in einer Marsumlaufbahn befindlichen Satelliten (Mars Odyssee, Mars Express und Mars Reconnaissance Orbiter) existiert bereits eine erste Infrastruktur vor Ort, die jetzt weiter ausgebaut werden muß, bis Menschen selbst die ersten Schritte auf dem Mars tun können.

Die derzeitige Marsinfrastruktur

Die Sonde Mars Odyssee (gestartet am 7. April 2001) ist die älteste aktive Infrastruktur vor Ort. Ihre Hauptaufgabe war es, die chemische Zusammensetzung des Mars zu untersuchen. Dabei wurden unter den Polkappen des Mars massive Eisvorkommen entdeckt. Außerdem wurde bei dieser Mission deutlich, daß die Strahlungsumgebung auf dem Mars Gefahren, aber auch Vorteile für den Menschen bedeuten könnte, und die Sonde suchte nach geeigneten Landeplätzen für die Marsrover Spirit und Opportunity und jetzt für Curiosity.

Der Mars Express der ESA (gestartet am 2. Juni 2003) ist ein ganz ähnliches Projekt wie Mars Odyssee. Seine Aufgabe ist die Suche nach Wasser und möglichem früheren oder noch vorhandenem Leben auf dem roten Planeten. Ebenfalls kartographierte Mars Express den Mars mit einer Stereokamera. Beide Sonden in der Umlaufbahn des Mars ergänzen sich gut.

Der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO, gestartet am 12. August 2005) soll die Suche nach Wasser auf dem Mars fortzusetzen. Durch seine Aufnahmen wurde bewiesen, daß einst Wasser auf dem Mars floß, aber wie lange und ob in dieser Zeit Leben entstehen konnte, blieb offen. Weiterhin überwacht die Sonde das Marswetter, kann detaillierte Aufnahmen von der Marsoberfläche machen und sucht nach Wasservorkommen unter der Oberfläche.

Ein großer Durchbruch bei dieser Mission war die neue Kamera an Bord, die Objekte auf der Marsoberfläche von der Größe eines Eßtisches unterscheiden kann, wohingegen das bisher kleinste unterscheidbare Objekt die Größe eines Schulbusses hatte. Die schärferen Bilder ließen besser erkennen, welche Objekte oder Gegenden näher untersucht werden sollten. Mit seinen Instrumenten konnte der MRO drei verschiedene sich verändernde Jahreszeiten auf dem Mars unterscheiden. Der gesamte Planet befindet sich nach wie vor in einem dynamischen Wandel, wobei Stürme, neue Krater und Geröll-Lawinen beobachtet wurden.

Überdies dient der MRO als Kommunikationsbrücke zwischen Mars und Erde, wodurch jetzt Landungen von Robotern wie Curiosity wesentlich besser gesteuert werden können.

Die Marsrover Spirit und Opportunity (gestartet am 10. Juni bzw. 7. Juli 2003) sind Roboterzwillinge, die Gestein und Bodenproben untersuchen und dabei nach Hinweisen auf vergangene Wasseraktivität Ausschau halten sollen. Spirit landete im Gusev-Krater, der wahrscheinlich einmal ein gigantischer See war, und Opportunity landete im Maridiani Planum (einer Tiefebene), wo man Ablagerungen fand, die darauf hindeuten, daß der Mars eine nasse Vergangenheit hatte.

Die beiden Zwillingsroboter funktionieren im Grunde wie zwei Geologen, die sich mit einem Hammer und anderen Instrumenten über den Mars bewegen und Gesteinsproben untersuchen. Das Ausgangsziel war, daß die Rover pro Tag 40 Meter und insgesamt mindestens 1 km zurücklegen; beide Roboter haben dieses Ziel bei weitem überschritten. Mit Spirit ist der Funkkontakt seit dem 22. März 2010 wahrscheinlich wegen leerer Batterie abgebrochen, wodurch der Rover in eine Tiefschlafphase versunken ist. Mit einer Atombatterie, mit der Curiosity jetzt ausgestattet ist, wäre das wohl nicht so schnell geschehen, denn dabei wird Elektrizität durch den Zerfall von Plutonium gewonnen. Opportunity, der andere Zwilling, funktioniert auch nach 10 Jahren noch immer.

Ein weltweites Projekt

All diese technologischen Errungenschaften und Erkenntnisse sind nicht in einem oder zwei Ländern allein entstanden, sondern waren immer das Resultat multinationaler oder internationaler  Zusammenarbeit; und genau daran liegt die eigentliche Wahrheit von Lasswitz’ Worten:

Wenn man sich vergegenwärtigt, daß allein an der Curiosity-Mission über 10 Nationen direkt und einige weitere indirekt mitgewirkt haben, so wird deutlich, wie nah sich die Menschheit käme, wenn wir tatsächlich eine Gruppe von Menschen auf den Mars bringen wollten. Dabei dürfen engstirnige Überlegungen hier auf der Erde keine Rolle mehr spielen, sondern man muß einsehen, daß dies eine Aufgabe der gesamten Menschheit ist, die dadurch ihr eigentliches Potential beweisen muß.

Curiosity ist zwar eine NASA-Mission, aber an seiner Umsetzung waren viele Länder beteiligt: Südafrika und Australien beteiligten sich an der Flugüberwachung auf der Südhalbkugel, in Spanien bauten 40 Wissenschaftler das Rover Environmental Monitoring System (REMS) zur Überwachung des Wetters, Kanada lieferte ein Gerät zur Messung der Alphastrahlung, Rußland baute ein neutronenbasiertes Instrument zur Bodenuntersuchung, aus Frankreich  kam ein Laser zur Bodenanalyse, und Deutschland lieferte aus Kiel den Radiation Assessment Detector (RAD) zur Messung der Sonnen- und kosmischen Strahlung, welcher wiederum in Zusammenarbeit mit Japan, Südafrika und anderen europäischen Ländern getestet wurde.

All diese Länder waren nötig, um diesen kleinwagengroßen Forschungsroboter auf den Mars zu bringen. Wieviel mehr Zusammenarbeit wäre für eine bemannte Marsmission erforderlich, die die Länder und Kulturen in noch engere Freundschaft zusammenbringen würde.

Der Schlüssel zur Lösung unserer Probleme heißt Fortschritt, nicht blind und dumpf, sondern darauf ausgelegt, die Menschheit insgesamt voran zu bringen und auf die nächste Stufe ihrer Evolution zu heben. Der deutsche Raumfahrtpionier Krafft Ehricke sagte einmal:

Gerade in Deutschland sollte die Curiosity-Landung dazu nutzen, um endlich das fortschritts- und menschenfeindliche Paradigma der grünen Kultur zu überwinden. Wie Kurd Lasswitz und Krafft Ehricke zeigen, ist Deutschland eigentlich ein der Zukunft zugewandtes Land, das begeisterungsfähig ist, weil es kulturell versteht, daß Fortschritt gut ist, aber Fortschritt, der nicht dem Menschen dient, nie Fortschritt sein kann. Lassen wir uns daher die jetzige Krise lösen, indem wir ein Finanzwesen schaffen, das einen solchen Fortschritt tragen kann. Das bedeutet die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken und die Wiedergewinnung der Währungshoheit mit staatlicher Kreditschöpfung. Auch die Realwirtschaften aller anderen Länder müssen aufgebaut werden, damit sie an all diesen Programmen teilhaben können, und vor allem brauchen wir einen Dialog der Kulturen, denn nur, wenn man den anderen versteht, kann man mit ihm arbeiten.

Toni Kästner