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Von Helga Zepp-LaRouche
Auf dem Bundesparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität am 16. Juni 2012 in Frankfurt/M. hielt die Bundesvorsitzende der BüSo die folgende Rede.
Liebe BüSo-Mitglieder, sehr verehrte Gäste,
ich glaube, jeder, der mit wachem Geist in diesen Tagen und Wochen die Weltlage beobachtet, wird das sehr unangenehme Gefühl haben, daß sich die Menschheit in wirklich ernsthafter Gefahr befindet. Die Weltlage ist bestimmt von zwei Hauptproblemen, die beide die Menschheit existentiell in Gefahr bringen. Das ist einerseits, daß das transatlantische Finanzsystem dabei ist, zu desintegrieren, und zwar während wir hier sitzen; an diesem Wochenende kann es sein, daß es auseinanderfliegt. Und der zweite Punkt ist, daß wir uns in einer akuten Kriegsgefahr befinden.
Die Panik an den Finanzmärkten ist derart, daß die führenden Zentralbanken unverhohlen die Geldhähne aufdrehen. Der Gouverneur der Bank von England, Mervin King, hat am Freitag [15.6., d. Red.] gesagt, wir müßten soviel Liquidität in das System hineinpumpen wie immer nötig - ohne Grenze. Wenn also irgendwo die Gefahr eines unkontrollierten Kollapses besteht, wird einfach Geld gedruckt oder mit elektronischer Methode geschaffen.
Die Gefahr ist, wenn man versucht, dieses absolut bankrotte Finanzsystem auf diese Weise aufrechtzuerhalten, daß wir dann genau wie 1923 in Deutschland eine hyperinflationäre Explosion erleben, nur mit dem Unterschied, daß es sehr viel schneller gehen wird. Wie die meisten von Ihnen wissen, hat die Hyperinflation 1923 in Deutschland eigentlich dreieinhalb Jahre gedauert, nämlich ab 1919, aber sichtbar war sie erst im Frühjahr 1923. In einem halben Jahr stiegen dann die Preise bis zu dem Punkt, daß die Leute am Schluß das Geld in Schubkarren bis spätestens 12 Uhr zum Bäcker brachten, weil der Wert dann schon wieder neu festgelegt wurde.
Das war aber nur in einem einzigen Land, und wir reden dieses Mal von der gesamten Eurozone, und wir reden vom gesamten Dollarbereich, und das sind nicht nur die USA, sondern der Dollar spielt immer noch eine wichtige Rolle als Weltleitwährung.
Wir sind heute an einem Punkt, wo das monetaristische System - das, was man normalerweise als Globalisierung bzw. als Britisches Empire bezeichnet, das natürlich nicht England oder Großbritannien ist, sondern mit Britischem Empire ist die Kombination von Zentralbanken, Investmentbanken, Hedgefonds, Beteiligungsgesellschaften, Zweckgesellschaften, Versicherungskonzernen, Rückversicherungen gemeint, d.h. das ganze Geflecht der Finanzstruktur, die die Globalisierung repräsentiert - wo dieses System heute bankrotter ist, wenn man das so sagen kann, als es die DDR am 9. November 1989 gewesen ist.
Diesen Kollaps haben wir im übrigen bereits 1990 vorhergesagt, als ich davor warnte, daß man, wenn man den Fehler machte, dem bankrotten kommunistischen System das de facto ebenso bankrotte System der freien Markwirtschaft überzustülpen, den Kollaps vielleicht um einige Jahre verzögern und dabei enorme Profitraten erzielen könnte, daß es dann aber zu einem Kollaps käme, der noch weit schlimmer wäre als der Kollaps der Kommunismus. Die Gefahr ist, daß der Zusammenbruch des heutigen globalen Finanzsystems nicht so friedlich verläuft, wie es der Zusammenbruch des Kommunismus letztlich tat, weil daraus keine größeren Kriege entstanden.
Der Grund, warum wir uns heute in einer akuten Kriegsgefahr befinden, liegt in der sogenannten Blair-Doktrin, also der Doktrin, die Tony Blair zum ersten Mal in Chicago 1999 formulierte, als er de facto gesagt hat, das Völkerrecht wird ad acta gelegt und ab sofort ist es legitim, unter dem Vorwand humanitärer Interventionen überall auf dem Globus militärisch zu intervenieren.
Die Doktrin von Tony Blair steht in totalem Gegensatz zu der sogenannten Putin-Doktrin des russischen Präsidenten Putin, der erklärt hat, daß Rußland das Völkerrecht, die UN-Charta, die Verteidigung der nationalen Souveränität zum Maßstab nehmen wird. Der Ort, wo diese beiden Doktrinen aufeinanderprallen, ist jetzt die zugespitzte Lage in Syrien.
Es gibt, um das gleich vorwegzunehmen, eine Lösung für diese Situation.
Das wäre der sofortige Stopp aller Rettungspakete für die bankrotten Banken, die sofortige Umsetzung eines globalen Trennbankensystems, eines globalen Glass-Steagall-Standards in der Tradition von Franklin D. Roosevelt. Das ist der unerläßliche erste Schritt - daß in Europa die EU-Verträge von Maastricht bis Lissabon aufgekündigt werden, daß alle europäischen Nationen ihre Souveränität über ihre eigene Währung und Wirtschaft wiedererlangen, daß man sofort wieder feste Wechselkurse einführt und ein Kreditsystem für ein Wiederaufbauprogramm, für ein Wirtschaftswunder in Südeuropa, im Mittelmeerraum und Afrika beschließt.
Es ist eine glückliche Fügung - im Unglück sozusagen -, daß dieser Bundesparteitag an genau diesem Wochenende stattfindet, denn ich glaube, daß die Illusionen der Menschen allmählich verschwinden. Sogar in Deutschland, wo die Tendenz zur Realitätsverweigerung eine besondere Ausprägung hat, merken die Leute, daß dieses System wirklich am Ende ist. Wir können diese Veranstaltung nutzen, um unsere Mitglieder, alle Teilnehmer dieser Konferenz, aber auch befreundete Organisationen in anderen europäischen Nationen, in Amerika und anderen Teilen der Welt zu einer Riesenmobilisierung aufzurufen, um das Programm, das ich gleich im einzelnen vorstellen werde, umzusetzen. Es wird sehr weitgehend von dieser Mobilisierung abhängen, ob diese historische Epoche als Tragödie endet, nämlich in Chaos und möglicherweise Krieg, oder ob wir eine neue, optimistische Epoche der Menschheit beginnen können.
Schauen wir zunächst auf die Lage. Die Zentralbanken haben beschlossen, die Geldschleusen ohne Begrenzung aufzudrehen. Das ist schon in den letzten Wochen vermehrt geschehen; so wurde z.B. im Wochenbericht der New York Federal Reserve berichtet, daß die EZB in der vergangenen Woche 1,544 Mrd.$ an Swap-Krediten der Federal Reserve in Anspruch genommen hat. Normalerweise sind das nur 300-500 Mio.$. Es gibt seit letzten September Swap-Abkommen, d.h. unbegrenzte Kreditlinien zwischen der EZB, der Bank von Kanada, der Bank von England, der Schweizer Nationalbank und der Bank von Japan.
Diese Zentralbanken sind sich einig, daß alles getan werden müsse, um keinen weiteren Kollaps wie den von Lehman Brothers 2008 oder eine Kettenreaktion des Bankrotts einer „Too big to fail“- Bank, die dann eine Ansteckung oder etwa einen Staatsbankrott auslösen würde, der ebenfalls ansteckend wirkte, zuzulassen, und einfach soviel Liquidität zur Verfügung zu stellen wie nötig. Charles Evans, FED-Chef von Chikago, sagte, wir bräuchten „aggressive Infusionen“, um die Wirtschaft „kugelsicher“ zu machen. Das Institute of International Finance, die Organisation der 420 größten Banken in der Welt, die im übrigen seit geraumer Zeit bei EU-Gipfeln immer mit am Tisch sitzen, damit die nötige „Fachkompetenz“ bei den Staatschefs vorhanden ist, hat einen offenen Brief an den G-20-Gipfel in Mexiko geschrieben, daß „die Märkte“ eine koordinierte Politik erwarteten, um „Wachstumsperspektiven nachhaltig wiederzubeleben“.
Das ist natürlich Banker-Sprache und heißt übersetzt, die Regierungen sollten zustimmen, daß einfach massiv Geld gedruckt wird. 2009 hätte es ein Stimulus-Programm von einer Billion Dollar - 1000 Mrd. - gegeben, aber das sei heute absolut nicht mehr ausreichend. Wir bräuchten heute sehr viel schneller und sehr viel mehr solche Injektionen.
Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz, die gerade in der Nähe von Washington stattgefunden hat, trafen sich anschließend bei einem weiteren Treffen des Atlantic Council, und wir haben von verläßlichen Quellen gehört, daß Herr Ackermann hinterher bei einer Konferenzschaltung die Linie ausgegeben hat, die offensichtlich von dieser Bilderberg-Konferenz kam: Man müsse einfach nur warten, bis die Panik soweit eskaliert sei, daß die Politiker unter dem Eindruck der Panik dann dem ganzen Paket zustimmen werden, und dieser Punkt ist jetzt da.
Die Hysterie über die Wahl in Griechenland, die morgen [17.6., d. Red.] stattfindet, ist groß, aber eigentlich ist es ganz egal, ob die eine oder andere Partei gewinnt, denn in internationalen Bankkreisen ist ein Austritt Griechenlands aus dem Euro im Grunde längst beschlossene Sache. Die Lage wird total verändert sein, denn wenn die linke SYRIZA-Partei gewinnt, wird sie die Abmachung mit der EU-Kommission aufkündigen, also die Sparauflagen nicht mehr erfüllen; wenn die konservative Seite gewinnt, wird die katastrophale wirtschaftlichen Situation in Griechenland in Verzweiflung umschlagen und die sozialen Probleme so groß werden, daß klar wird, daß es so nicht weitergeht.
In der letzten Woche wurden den spanischen Banken noch einmal schnell 100 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, und es war völlig klar, daß es dabei gar nicht darum ging, diese Banken zu retten - dafür würde man etwa 600-700 Mrd. Euro brauchen -, sondern es ging nur darum, über das Datum der Griechenlandwahl die spanische Krise nicht eskalieren zu lassen. Das hat natürlich nicht funktioniert, es hat eine „negative Reaktion“ der Märkte gegeben, weil jeder wußte, das einzige, was man damit erreicht hat, ist, daß der Staat Spanien 100 Mrd. mehr Schulden hat.
Deshalb hat auch die Ratingagentur Moody’s am 13. Juni die spanischen Banken gleich um drei Stufen heruntergestuft, bis eine Stufe über Ramsch-Niveau, und die 10-Jahres-Rendite ist sofort auf sieben Prozent gesprungen. Früher galt, daß schon fünf Prozent die Obergrenze sind, darüber wäre es zu teuer, die Schulden zu refinanzieren.
Wenn die Zinsen dermaßen steigen, ist klar, daß irgendwann diese Grenze erreicht ist. Im Grunde sind die Staatsschulden in Spanien mit sieben Prozent nicht mehr zu finanzieren. Deshalb ist auch eine Kapitalflucht in Gang gekommen.
In Italien, mit einer Staatsverschuldung von 1,9 Billionen, ist die 5-Jahres-Rendite ebenfalls auf 5,3% hochgegangen. Angesichts dieser Zuspitzung gab es in den letzten Tagen vor der Griechenlandwahl hektische transatlantische Anrufe und Konferenzschaltungen zwischen Obama, Blair, Hollande, Van Rompuy und verschiedenen anderen, bei denen die Linie ausgegeben wurde, die negative Reaktion der Märkte auf das 100-Mrd.- Rettungspaket für Spanien zeige, daß sehr viel mehr erforderlich sei.
Inzwischen kamen verschiedene neue Vorschläge. So solle z.B. die EZB doch gleich eine Banklizenz bekommen, um direkt Liquidität an die europäischen Banken geben zu können, es wurden Forderungen nach einer Vertiefung der Finanzunion und nach Eurobonds laut, und der ESM müsse verstärkt werden. Der Druck auf Deutschland wuchs ungeheuer, Deutschland müsse der Kollektivierung der Schulden zustimmen, was im Klartext heißt, daß der deutsche Steuerzahler seine Spareinlagen für die Zockerschulden in ganz Europa opfern solle.
Selbst die FAZ, die nicht für eine Roosevelt-freundliche oder an der Realwirtschaft orientierte Linie bekannt ist, kam zu dem Schluß, weder der Bau von Brandmauern, noch die Errichtung einer Schuldenunion, noch die deutsche Einlagensicherung, noch eine Bankenunion, noch Eurobonds oder Target-Ersatzkredite der EZB schützten die Euro-Länder vor Ansteckung. Vielmehr führe jeder Ausbau der Gemeinschaftshaftung zu mehr Infektion mit dem Schuldenvirus, bis auch der letzte gesunde Staatsschuldner die Last nicht mehr tragen könne.
Das bedeutet das Eingeständnis, daß das System am Ende ist und es egal ist, welcher Vorschlag jetzt auf dem Tisch liegt, denn das Problem wird sich nur noch weiter verschlimmern.
Hilmar Kopper, der frühere Chef der Deutschen Bank, fühlte sich bemüßigt, in der Bildzeitung auszuführen, warum er gegen die Einführung von Eurobonds sei. Es klingt wie ein schlechter Witz, aber er meinte, die Sozialdemokraten wollten brave deutsche Steuerzahler für Gelder haften lassen, die in Länder gepumpt werden, wo reiche Bürger sie dann wieder rausschleppen.
Herr Brüderle, Wirtschaftsminister der FDP, hat vorgestern [15.6., d. Red.] in der Bundestagsdebatte gesagt, wenn es nach den Vorstellungen von Trittins neuen Freunden bei der Bilderberger-Hochfinanz ginge - Trittin hat am Bilderberger-Treffen teilgenommen - dann würde das Sparbuch der deutschen Oma für Zockerschulden ausländischer Investmentbanker verpraßt. Immerhin Herr Brüderle! Er sprach dann von einer Politik der „grünlackierten Schicki-Micki-Partei“, was Gysi [von der Links-Partei] sofort dazu veranlaßte, die Grünen gegen Brüderles Pöbeleien in Schutz zu nehmen. Soviel zu der Links-Partei und ihrem Verständnis.
Das Problem ist, daß im Grunde alle im Bundestag vertretenen Parteien für den Euro und für die Aufrechterhaltung eines Systems, eines Konstrukts sind, das hoffnungslos am Ende ist.
Die einzige ehrliche Antwort auf diese Situation wäre, zuzugeben, daß der Euro ein gescheitertes Experiment ist - eine Erkenntnis, zu der selbst Alan Greenspan in der letzten Woche gekommen ist.
Herr Kopper fügte in dem oben genannten Interview noch hinzu, es sei Unfug zu behaupten, der Euro sei nur aus politischen Gründen eingeführt worden. Aber das ist genau der Punkt! Der Euro ist eingeführt worden - wir haben das damals vehement bekämpft -, weil die Briten, Margaret Thatcher, François Mitterrand und George Bush sen. entschlossen waren, das wiedervereinigte Deutschland aus geostrategischen Gründen in das Korsett der EU und des Maastrichter Vertrages zu zwängen.
Der frühere Berater von François Mitterrand, Jacques Attali, hat seither in vielen Interviews - auch in der Biographie, die er über Mitterrand geschrieben hat - zugegeben, daß Mitterrand [Bundeskanzler] Kohl damals Krieg angedroht hat, wenn Deutschland nicht bereit wäre, die D-Mark als Preis für die Wiedervereinigung aufzugeben. Attali hat außerdem in mehreren Interviews gesagt, der Geburtsfehler des Euro sei bewußt hineingestrickt worden, damit dann unter Krisenbedingungen die damals nicht zu erzielende politische Union unter Panik-Umständen doch akzeptiert wird.
Das ist der Plan. Die eskalierte Krisensituation soll genutzt werden, um Europa zu einer politischen Union, zu einem Bundesstaat zu machen, ohne daß eine Befragung der Bevölkerung in allen Mitgliedsländern in Gang gekommen wäre. Prof. Dr. Hermann August Winkler schrieb in der FAZ vom 13. Juni unter der Überschrift „Vom Staatenbund zur Föderation“: „Es blieb die Hoffnung [bei der Euro-Einführung], daß die Währungsunion mit innerer Zwangsläufigkeit zur politischen Einigung Europas führen würde.“ Er preist dann die „legendäre Europa-Rede“, wie er sie nennt, von Joschka Fischer - der u.a. im European Council of Foreign Relations eng mit George Soros zusammenarbeitet - vom 12. Mai 2000, in der Fischer damals eine europäische Regierung gefordert habe, die tatsächlich gesetzgebende und exekutive Gewalt haben würde und auf einen Verfassungsvertrag gegründet sei. Damals sei die Zeit für einen derartig revolutionären Schritt nicht reif gewesen, aber die Schuldenkrise habe eine neue Situation geschaffen. Sie erzwinge eine neue „Finalitätsdebatte“, einen breiten öffentlichen Diskurs über Ziel und Zweck des europäischen Einigungsprozesses. Es lägen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch, der EU-Kommission mehr Kompetenzen zu geben, die dann eine Art europäische Regierung sein könnte.
Sie müssen sich das einmal vorstellen: Wollen Sie die EU-Kommission als europäische Regierung? Ich nicht!
Und weiter: Ein starkes Parlament mit dem Recht der Gesetzesinitiative und dem Recht der Wahl der Kommission solle entstehen, sowie eine zweite Kammer, bestehend aus dem Rat der Regierungschefs, und dem Europäischen Gerichtshof als oberstem Gericht. Prof. Winkler macht dann den richtigen Punkt, man dürfe dieser Debatte nicht länger ausweichen und wir brauchen eine Volksabstimmung nach Art. 146 GG. Der Art. 146 GG besagt, daß, wenn es zu einer neuen Verfassung kommt, diese nur durch eine Volksabstimmung legitimiert werden könne.
Genau das brauchen wir jetzt. Wir brauchen eine breite Debatte darüber, was für ein Europa wir wollen: Wollen wir ein Europa der verknöcherten Bürokraten, die mit ihren Richtlinien ganze Industriezweige kaputt machen, die die EU in eine imperiale, offensive Kraft verwandeln, wie es Robert Cooper, der Berater von Lady Ashton, ausführlich dargelegt hat, oder wollen wir ein Europa, mit dem die Menschen sich identifizieren und in dem sie die Institutionen selber wählen können?
Mit der EU-Kommission und wenn der ESM jemals zustande kommen sollte, was die Intention der Bundestagsparteien noch für diesen Monat ist, dann werden wir von Gremien regiert, die niemandem gegenüber mehr rechenschaftspflichtig sind. Die Politik dieser Gremien ist schon jetzt gescheitert. Der Euro und die EU-Politik haben nicht, wie sie es sich auf ihre Fahnen geschrieben haben, den Frieden in Europa gestärkt, sondern wenn man sich heute die politische Landschaft anschaut, muß man feststellen, daß die Völker Europas seit 1945 niemals so zerstritten und verfeindet waren wie heute. Niemals war Deutschland so verhaßt.
Die Politik der Troika ist dabei, Griechenland in afrikanische Zustände zu bringen. Der 77jährige Rentner Dimitris Kristolas, ein Apotheker im Ruhestand, der sich vor einigen Wochen nur 50 Meter vom griechischen Parlament entfernt selbst erschossen hat, ist zum Wahrzeichen des griechischen Widerstands geworden. Es gibt eine Epidemie von Selbstmorden. Die Sterblichkeit steigt. 300 lebensnotwendige Medikamente sind in griechischen Krankenhäusern und bei den Ärzten nicht mehr verfügbar.
Das ist nur Griechenland. Spanien, Portugal und Italien befinden sich auf demselben Weg. Über 70 mittelständische Unternehmer haben sich in Italien seit Anfang des Jahres umgebracht.
Hier (Abb. 1) sehen Sie eine Demonstration der Witwen dieser Unternehmer, Mittelständler, die größtenteils im Auftrag des Staates öffentliche Aufgaben wahrgenommen haben. Dann hat der Staat sie nicht bezahlt und gleichzeitig die Steuerbehörden geschickt, um die Steuern einzutreiben. 70 dieser Menschen oder mehr haben sich das Leben genommen.
Das ist nur ein Vorgeschmack darauf, was uns allen droht, wenn die Politik der Troika, des Institute of Finance, der Bilderberger usw. durchgeführt wird.
Die Hyperinflation, und das wissen alle Menschen in Deutschland, ist die brutalste Form der Enteignung der Bevölkerung und wird mit Sicherheit zu sozialem Chaos und einem Kollaps der Zivilisation, so wie wir sie bisher gekannt haben, führen.
Es gibt eine Alternative, und diese Alternative müssen wir an die Stelle dieser bankrotten Politik setzen. Das ist unser Aufbauprogramm für ein Wirtschaftswunder in Südeuropa, dem Mittelmeerraum und Afrika. Ich werde diese Projekte gleich beschreiben. Wenn wir diese Projekte durchsetzen, dann gibt es keinen einzigen Grund, warum wir nicht innerhalb von kürzester Zeit wieder Optimismus, Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung sollten erreichen können.
Der erste Schritt muß eine transatlantische Einführung des Trennbankensystems, des Glass-Steagall-Gesetzes in der Tradition von Franklin D. Roosevelt sein. Roosevelt hat Amerika in den dreißiger Jahren durch die Kombination von Pecora-Kommission, Glass-Steagall, TVA, Infrastrukturprogramme und New Deal innerhalb weniger Jahren aus der Depression geholt. Es gibt heute im amerikanischen Kongreß eine Gesetzesvorlage von Marcy Kaptur mit inzwischen fast 70 Co-Sponsoren, die aber auch von sehr vielen Institutionen unterstützt wird: Gewerkschaften, regionalen Sparkassenverbänden, Bürgermeister, Stadträten, Leuten, die vor Ort von der Wirtschaftskrise am meisten betroffen sind.
Das ist das Ergebnis unserer eigenen Mobilisierung. Jetzt in dieser Krise, wo der Euro auseinanderzufliegen und auf die amerikanischen Banken überzugreifen droht, wächst der Druck vor allem auf den Kongreß und den Senat, wo eine ähnliche Gesetzesvorlage in Vorbereitung ist, jetzt kurzfristig Glass-Steagall durchzusetzen.
Glass-Steagall würde bedeuten, die Geschäftsbanken von den Investmentbanken zu trennen und die Geschäftsbanken unter staatlichen Schutz zu stellen. Die Investmentbanken hätten dann keinen Zugriff mehr auf die Einlagen der Geschäftsbanken und müßten ihre Bücher ohne Rettungspakete in Ordnung bringen. Wenn sie insolvent sind, müssen sie ihren Bankrott erklären und ihre Tätigkeit einstellen. Wir wären aber nicht länger in der Geiselhaft von „Too big to fail“ und der Fortsetzung der Rettungspakete.
In der letzten Woche stieg die Unterstützung für Glass-Steagall explosionsartig, nicht nur bei den Demokraten - so ist z.B. Robert Reich, ehemaliger Arbeitsminister unter Clinton, dafür -, sondern auch bei den Republikanern. So hat sich Thomas Hoenig, früher einer der zwölf Gouverneure der Federal Reserve und jetziger Vorsitzender der Bankenaufsicht FDIC, für Glass-Steagall ausgesprochen und ist zum Zentrum der Mobilisierung für die Republikaner geworden.
Auch dazu gehören Leute wie Stiglitz oder Prof. Luigi Zingales von der Universität Chicago, der gerade in der Financial Times einen langen Artikel veröffentlicht hat, worin er beschreibt, wie er von einem Gegner von Glass-Steagall zu einem absoluten Befürworter geworden ist - ein Konvertit seiner Zunft.
Die kreativen Finanzinstrumente der Investmentbanken müssen wir einfach abschaffen. Das ist natürlich der schwierige psychologische Punkt, denn viele Leute fragen sich, ob denn ihre Zertifikate, strukturierten Finanzprodukte und andere Wertpapiere bei einer solchen Reorganisation nicht wertlos würden. Das werden sie. Das ist eine gewisse psychologische Hürde, aber man muß sich ganz rigoros klar machen, wenn es zur Hyperinflation kommt, dann ist alles entwertet, dann sind alle Rentenansprüche, alle Spareinlagen genauso verschwunden, wie sie 1923 verschwunden waren, als die Leute auch dachten, sie hätten 10.000 Reichsmark für ihre Rente sicher, doch dann kostete ein Pfund Brot 10.000 Reichsmark.
Es gibt einen sehr einfachen pädagogischen Weg, sich klarzumachen, daß Geld keinen Wert an sich hat. Der Beweis dafür ist die Tatsache, daß man nach dem November 1923 einfach die Geldnoten, 1-Billion-Mark-Scheine, 1-Milliarde-Mark-Scheine zum Tapezieren benutzt hat, weil das damals das billigste Papier war. Leute, die sich keine Tapeten mehr leisten konnten, haben damals die Geldnoten benutzt, um die Wände zu tapezieren.
Heute hat Geld noch nicht einmal den Papierwert, sondern nur noch einen rein virtuellen Wert, und ein Druck auf die Entfernen-Taste am Computer reicht aus, um dem ganzen Spuk ein Ende zu machen.
Der erste Schritt ist das Trennbankensystem, dann müssen sofort die EU-Verträge von Maastricht bis Lissabon aufgekündigt werden. Das ist eine Forderung, die auch von Vaclav Klaus erhoben wurde, und es gibt keinen Grund, warum Europa nicht sehr gut funktionieren soll, wie es vor 1992 der Fall war. Ein Europa der Vaterländer, wie de Gaulle es gefordert hat, kann sehr wohl und viel besser auf multinationaler Ebene für gemeinsame europäische Ziele zusammenarbeiten. Wir brauchen keine supranationale Bürokratie, die sich inzwischen völlig verselbständigt hat.
Der nächste Schritt muß die Rückkehr zu nationalen Währungen sein. Es gibt mehrere Studien, u.a. von Prof. Dirk Meyer aus Hamburg, aber auch von Geldinstituten, wie man das machen würde. Man könnte z.B. an einem verlängerten Wochenende, vielleicht Samstag bis Mittwoch, Bankfeiertage einrichten, an denen die Salden der Konten von Bürgern und Firmen festgestellt würden. Dann würde man zeitlich begrenzte Kapitalverkehrs- und Grenzkontrollen einrichten, damit es nicht zu wilden Zuflüssen von Euros aus anderen Ländern käme. Gleichzeitig würde man die vorhandenen Euros mit magnetischer Tinte stempeln und festlegen, daß diese Euros ab sofort neue D-Mark, neue Drachmen oder neue Franc seien. Man könnte durch einen Beschluß z.B. des Europarats die Währungssouveränität zu den nationalen Regierungen zurücktransferieren. Es müßten neue nationale Währungsgesetze verabschiedet werden, und der Euro könnte für eine gewisse Zeit als Rechnungseinheit zwischen den Zentral- und Nationalbanken weiter benutzt werden.
Bei alldem könnte man sich die Erfahrungen des Übergangs von der D-Mark zum Euro zunutze machen, denn das hatte auch einigermaßen geklappt.
Der nächste Schritt wäre, daß jedes Land in Europa eine eigene Nationalbank errichtet. Genauso wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die damals nach dem Modell der Reconstruction Finance Corporation, also der von Roosevelt geschaffenen Finanzinstitution, funktioniert hat. Die Nationalbanken würden Kredite für wohldefinierte Projekte zur Verfügung stellen, die ausschließlich auf den Aufbau der Realwirtschaft begrenzt wären. Die Projekte müßten sich an den Prinzipien der physischen Ökonomie, d.h. an wissenschaftlichen Kriterien orientieren.
Man müßte sich vollkommen von der Idee der Ackermannschen 25-%-Profitrate verabschieden. Das ist eine perverse Idee. Niemand kann auf ehrliche Weise 25% Profit machen. Jeder Mittelständler, jeder Landwirt weiß das. Es ist eine absurde Vorstellung, daß Geld Geld macht, das sind Luftblasen, sondern wir müßten diese Kredite ausschließlich auf das begrenzen, was realen Wert schafft.
Das erste Prinzip muß wieder sein, daß die Wirtschaft nur dem Menschen dient. Die Wirtschaft muß die Basis für eine erweiterte Reproduktion und für verbesserte Lebensbedingungen von Generation zu Generation erzeugen.
Seit geraumer Zeit wird gesagt, daß die heutige Generation die erste in der Geschichte überhaupt ist, die nicht mehr davon ausgeht, daß es den Kindern und Enkeln einmal besser gehen werde als den heute lebenden Erwachsenen, sondern daß die Zukunft düster ist. Das ist eine sterbende Zivilisation und nicht zu akzeptieren. Es gibt keinen einzigen legitimen Grund, warum die katastrophale Unterentwicklung in Teilen Europas, die inzwischen auf afrikanische Verhältnisse absinken, und in Afrika insgesamt nicht durch eine auf eine bis zwei Generationen konzipierte Entwicklungsstrategie für immer überwunden werden kann, und warum es nicht möglich sein soll, ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen in dieser Region zu verwirklichen und eine wirkliche Zukunft zu bauen.
Wenn man den gesamten Mittelmeerraum und Afrika betrachtet, dann fällt zunächst eines ins Auge, und das ist der eklatante Mangel an Infrastruktur. Deshalb ist der Beginn eines Aufbauprogramms für die Entwicklung genau dieser Infrastruktur absolut notwendig. Das war immer die Voraussetzung, wenn es zu einer erfolgreichen Industrialisierung gekommen ist, ganz gleich ob das in Deutschland im 19. Jahrhundert war oder in Amerika, in Rußland, in China oder in irgendeinem anderen Land auf dieser Welt.
Das Europa-Mittelmeer-Afrika-Programm ist Teil des Ausbaus der Weltlandbrücke (siehe Karte 1), wozu Entwicklungskorridore von Chile im südlichsten Zipfel Lateinamerikas durch Zentral- und Nordamerika gehören. Dazu gehört das NAWAPA-Projekt, das größte Infrastrukturprogramm in der Geschichte, das die ungeheuren Wassermengen, die ungenutzt in Kanada und Alaska in das Meer fließen, durch ein integriertes System von Kanälen und Flußumlenkungen entlang der Rocky Mountains bis nach Mexiko leitet, wodurch unmittelbar sechs Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Ich kann Ihnen versichern, daß wir in Amerika im Augenblick eine riesige Mobilisierung gestartet haben, um in Verbindung mit Glass-Steagall und der Schaffung eines Kreditsystems genau dieses NAWAPA-Programm in Gang zu setzen. Wenn wir die enormen Wassermengen entlang der Rocky Mountains in Gegenden lenken, die alle Wüste sind oder zumindest großen Wassermangel haben, könnte man dort neue Landwirtschaft, neue Wälder entwickeln, es würden sich neue Niederschlagssysteme einstellen, weil die Pflanzen Feuchtigkeit abgeben, sich Wolken bilden und die Feuchtigkeit dann wieder abregnet. Man könnte neue Städte bauen, wozu man enorme Mengen an Beton und Stahl braucht, man muß Magnetbahnen bauen, weil es dort große Steigungen zu überwinden gilt.
Dieses Programm hat schon jetzt die Phantasie Tausender von Menschen angeregt - Ingenieurfirmen, Städtebauer, Fachleute, die sich mit solchen Projekten beschäftigen und die jetzt erleben, wie Amerika desintegriert. Wenn man heute in Detroit herumläuft, sieht die Stadt in weiten Teilen aus wie Dresden nach der Bombardierung im Zweiten Weltkrieg. Fabrikgebäude haben längst keine Fenster mehr, sondern nur Bretterverschläge.
In dem sog. Autogürtel von Ohio herrschen katastrophale Umstände. Es gibt aber immer noch sehr viele ausgebildete Arbeitskräfte, die nur darauf warten, durch so ein Programm wieder eine Existenz und Beschäftigung zu bekommen, die ihnen eine Perspektive gibt.
Das NAWAPA-Programm ist das einzige Mittel, das in Amerika verhindern kann, daß das Land kollabiert. Es ist eine Frage von Sein oder Nichtsein.
Das NAWAPA-Programm wird ergänzt durch einen Tunnel unter der Beringstraße, der Alaska mit Sibirien verbindet, was Präsident Putin zur absoluten Priorität erklärt hat. Der Chef der russischen Eisenbahngesellschaft, Jakunin, hat gesagt, die Planungen müßten bis 2015 fertig sein, und dann dauerte es nur wenige Jahre, um es zu verwirklichen.
Über die Beringstraße hinaus wird die Eurasische Landbrücke weiter ausgebaut, um die arktischen Regionen Rußlands zu erschließen, was für Europa und Deutschland extrem wichtig ist. In den arktischen Regionen Rußlands gibt es alle Rohstoffe, alle Elemente, die im Periodensystem Mendelejews vorkommen - allerdings unter Permafrost-Bedingungen.
Man muß also, wenn man diese Reichtümer erschließen will, die für die gesamte Menschheit und nicht nur für Rußland in den nächsten fünfzig oder einhundert Jahren absolut entscheidend sind, Bedingungen schaffen, damit Menschen unter diesen sibirischen Permafrost-Bedingungen leben können. In diesem Zusammenhang plant die russische Regierung, die Stadt Umka mit 5000 Wissenschaftlern und Ingenieuren zu bauen, die vollkommen abgeschlossen ist. Innerhalb der Stadt wird es Vegetation geben, indem die Bedingungen repliziert werden, wie sie z.B. auf der Raumstation ISS existieren.
Deshalb ist die Entwicklung der arktischen Regionen eine wichtige Stufe für die Entwicklung der bemannten Raumfahrt, der Kolonisierung des Mondes und des Mars, weil man dort lernt, unter extremen Bedingungen zu überleben.
Die Eurasische Landbrücke wird dann weiter verbunden durch Entwicklungskorridore zur Iberischen Halbinsel, durch einen Tunnel nach Marokko in der Nähe von Gibraltar und durch den Bau der Brücke von Messina und einen Tunnel nach Tunesien. Daran wird sich wiederum ein Entwicklungskorridor durch Ägypten in Verbindung mit dem sog. Africa Pass anschließen, ergänzt durch das Transaqua-Projekt zwischen Kongo und Tschadsee.
Nun fragen Sie natürlich, wer das bezahlen und wer das alles machen soll.
Dazu muß ich Ihnen sagen, das zugrundeliegende Menschenbild, das dieses Programm ermöglichen wird, ist nicht die menschenverachtende Vorstellung des oligarchischen Modells, in dem der Mensch nur als Belastung der Umwelt erscheint und die Erde angeblich nur eineinhalb Milliarden Menschen tragen kann, wie es die Royal Society gerade in ihrem Jahresbericht verkündet hat - wo sich die Frage stellt, was mit den fünfeinhalb Milliarden Menschen geschehen soll, die jetzt noch zusätzlich leben. Sollen sie wie die Heloten in Sparta umgebracht werden? Das ist in der Tat die gegenwärtige Politik der Globalisierungsbefürworter.
Ich bin einmal im Sudan gewesen und habe gesehen, wie die Menschen dort leben. Familien leben dort von einer einzigen Ziege, die irgendwo an einem Pflock angebunden ist. Das ist es, wovon die Menschen leben.
Unsere Vorstellung ist eine ganz andere. Wir gehen davon aus, daß die Wiege der menschlichen Zivilisation wahrscheinlich die Region in Afrika gewesen ist, wo heute Äthiopien liegt, und daß sich die Menschen von da aus verbreitet haben. Und vor allem hat Ägypten für die Entstehung der europäischen Kultur eine ganz entscheidende Schlüsselrolle gespielt.
Auch die Vision, die wir für Griechenland haben, ist entsprechend nicht von dem jetzigen Zustand dort geprägt, sondern von dem Beitrag, den Homer, Aischylos und die anderen Tragödiendichter, Platon u.a. geleistet haben, und damit der Idee, daß mit diesen großen griechischen Philosophen, Tragödienschreibern und Erzählern die Bewußtwerdung des Menschen als eines Wesens entstand, das zu Ideen fähig ist.
Das war keineswegs selbstverständlich. Denn die meisten Bundesbürger sind heute immer noch nicht soweit, zu wissen, daß es so etwas wie Ideen gibt, weil diese nicht praktisch sind und nicht unbedingt zu ihrer Lebensweise gehören. Aber dies war die einzigartige Rolle und der Beitrag von Griechenland. Denn zuvor unter den babylonischen Priestern waren die Menschen ausschließlich von Vorurteilen, von mystischen Vorstellungen bestimmt und hatten vollkommen verschwommene Begriffe. Aber durch Homer, Aischylos und Platon ist zum ersten Mal die Idee entstanden, daß der Mensch fähig ist, adäquate Ideen zu haben, die zu einem Fortschritt in Wissenschaft und Kultur führen können - daß der Mensch fähig ist, immer weiter adäquate Hypothesen aufzustellen, was Platon dann schließlich die Hypothese der höheren Hypothese nannte. Der Mensch ist sich zum ersten Mal bewußt geworden, daß er im Unterschied zu allen anderen Lebewesen ein kreatives Wesen ist.
Das ist etwas, das heute wieder die Vision für Griechenland sein muß.
Wir gehen von einem Italienbild aus, das geprägt ist von der Kultur der Etrusker und der Kultur der italienischen Renaissance; einem Bild von Spanien und Portugal, das geprägt ist von Alfons dem Weisen, der andalusischen Renaissance, von Goya und Cervantes.
Schon 1990, als wir als Antwort auf den Kollaps der Sowjetunion und der DDR den Vorschlag eines „Produktiven Dreiecks“ machten, verfolgten wir die Idee von Entwicklungskorridoren durch den Balkan bis nach Griechenland und die Türkei.
Dieses Programm ist leider nie ausgeführt worden. Auf Jacques Delors’ Karte von 1994 [für das transeuropäische Infrastrukturnetz] waren viele Ideen ausgeführt, die wir in unserem Produktiven Dreieck hatten, außer den Entwicklungskorridoren in den Balkan. Das war natürlich Zynismus, weil man davon ausging, daß der Balkan sich wegen der Bürgerkriege und NATO-Einsätze sowieso nicht entwickeln würde, und das ist auch heute der Zustand von vielen Balkanländern, nämlich wirtschaftliches Chaos und Elend. Die Infrastruktur ist weitgehend zerstört, die Bevölkerungszahlen sind zurückgegangen, und eine Entwicklung hat nie stattgefunden.
Es bleibt aber nach wie vor die Aufgabe, im Balkan und in Griechenland die Entwicklung der Infrastruktur voranzutreiben: moderne Bahnstrecken, Straßen, Häfen, Wasserwege, Luftverkehr, Energieproduktion und -verteilung, medizinische Versorgung, sanitäre Anlagen, sauberes Trinkwasser, Hochwasserschutz und Bewässerungsanlagen, Schutz vor Erdbeben und Vulkanausbrüchen.
In Griechenland (siehe Karte 2) gibt es dabei zwei prinzipielle Nord-Süd-Achsen: den adriatischen Seeweg im Westen und den ägäischen Korridor im Osten, der dann über den Hafen von Thessaloniki und den Vardar-Morava-Flußkorridor bis nach Serbien führt.
Mit dem Ausbau der Weltlandbrücke würden Produktion und Handel zwischen Asien, Europa und Afrika enorm zunehmen, und wir hätten dann dasselbe Problem, das sich jetzt in Südostasien zeigt, wo die Straße von Malakka vollkommen überlastet ist, und deshalb ein altes Projekt von uns, der Bau des Kra-Kanals, wieder auf die Tagesordnung kommt; augenblicklich entschließen sich offenbar Japan, China und die südostasiatischen Länder, in diese Richtung zu gehen. Griechenland würde unter den veränderten Bedingungen der Weltlandbrücke ein Verkehrsknotenpunkt für diesen verstärkten Handel.
Griechenland hat einen sehr großen Vorteil: Es hat die größte Handelsflotte der Welt und damit eine wertvolle Ressource an Fachkräften im Schiffbau und in der Schiffahrt. Es könnte damit zu einem Knotenpunkt werden, der über den Rhein-Main-Donau-Kanal die Verbindung zu den Häfen in Antwerpen, Rotterdam und Hamburg im Westen schafft, und im Osten durch die Donaukorridore zum Schwarzen Meer, weiter zum Dnjepr-Wolga-Don-Kanal, von da aus zum Kaspischen Meer nach Zentralasien und schließlich nach Westsibirien. Nach Südosten wäre es mit der anatolischen Halbinsel durch Schienenkorridore verbunden, die über den Irak und den Iran bis nach Indien führen. Und drittens würde von Griechenland über die Türkei, Jordanien, den Sinai eine Verbindung nach Nord- und Ostafrika entstehen, die weiter durch den Suezkanal und die Straße von Gibraltar den Weg zum Indischen Ozean und zum Atlantik eröffnet.
China hat die zukünftige Rolle Griechenlands bereits erkannt und hat langfristige Verträge über die Nutzung des Hafens von Piräus abgeschlossen und baut dort auch verschiedene Anlagen.
Mit der Politik der Troika hingegen ist der Betrieb von Bahnverbindungen von Griechenland über die Grenzen hinaus eingestellt worden. Es gibt von Griechenland keine einzige Bahnverbindung nach Europa oder nach Asien. Und jetzt sorgt sich sogar die Financial Times, daß die EU-Politik vielleicht geopolitische Konsequenzen haben und sich Griechenland seiner historischen Beziehungen zu Rußland bewußt werden könnte. Das ist es auch genau, was Griechenland im Augenblick tut.
Die Politik von EU und Welthandelsorganisation (WTO) hat dazu geführt, daß Griechenland 40% seiner Lebensmittel importieren muß. Dabei hat Griechenland ein sogenanntes „mediterranes Agroklima“, d.h. es wachsen dort Zitrusfrüchte, Oliven, Trauben, natürlich Gemüse aller Art. Es gibt heute griechische Agronomen, die Expertisen für eine sogenannte Präzisionslandwirtschaft entwickelt haben, bei der man Felder mit GPS überwacht, mit Sensoren beobachtet, Daten speichert, exakte Bemessungen macht, welche Kombination von Dünger und Bewässerung notwendig ist, wann Bestellung, Aussaat und Ernte optimal sind.
Das ist im Grunde dasselbe, was Astronomen vor 3000 Jahren gemacht haben, als sie zum ersten Mal mit Hilfe der Beobachtung zyklischer Bewegungen der Planeten überhaupt erst die Voraussetzung für die Entwicklung der Landwirtschaft geschaffen haben: daß man wußte, wann man im Frühjahr aussäen, wann man ernten mußte, usw.
Wenn wir uns jetzt die Iberische Halbinsel anschauen, dann haben wir dort die höchste Arbeitslosigkeit in Europa: im Durchschnitt 24% und über 50% Jugendarbeitslosigkeit. Es gibt eine völlige wirtschaftliche Schieflage durch die Betonung des Tourismus. Tourismus ist für kein Land nützlich. Er ist nützlich für die internationalen Tourismusfirmen, die damit einen großen Profit machen, aber die eigentliche Ressource des Landes, nämlich die Produktivität der Arbeitskraft, wird nicht oder so gut wie nicht entwickelt. Wer in einem großen Hotelkomplex in der Bar oder als Zimmermädchen arbeitet, dessen Arbeitskraft und kognitives Potential wird nicht besonders entwickelt.
Zweitens hat sich vor allem der Immobiliensektor als Blase herausgestellt.
Aber Spanien kann genauso wie Griechenland eine Katalysatorfunktion am Schnittpunkt verschiedener Zivilisationen haben. Das war schon öfter in der Geschichte der Fall, zum Beispiel in der Zeit von Alfons dem Weisen. Von 1252 bis 1282 war Toledo, die Hauptstadt Kastiliens, eines der wichtigsten Wissenschaftszentren in Europa, das half, den Einfluß der griechischen Klassik und der arabischen Renaissance nach Europa zu bringen, und es gab damals berühmte Astronomen und eine Übersetzerschule, in der Gelehrte der monotheistischen Weltreligionen - Islam, Christentum und Judentum - die wichtigsten Texte und Ideen in die Sprachen der jeweils anderen Kultur übertragen haben.
Wenn für Griechenland eine der Stärken, auf die man aufbauen kann, der Schiffbau ist, dann ist es im Fall Spaniens der Eisenbahnsektor. Die wenigsten Leute wissen, daß Spanien das Land in Europa ist, das mit 2600 km das bestausgebaute Hochgeschwindigkeitsnetz in Europa hat und sich weltweit nach China auf Platz zwei befindet.
Spanien (siehe Karte 3) ist auch weltweit führend bei der Entwicklung und Produktion von Kapazitäten der Eisenbahntechnik, und es gibt bereits Pläne der Regierung für weitere 10.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitstrassen, die natürlich unter dem jetzigen Spardiktat der EU unmöglich sind.
Spanien hat traditionell eine andere Spurweite als die meisten anderen Länder Europas, was wahrscheinlich der Grund dafür war, daß spanische Unternehmen eine Technologie entwickelt haben, wie man die Spurweite der bestehenden Achsen automatisch während der Fahrt des Zuges - bei 15 km/h Geschwindigkeit - ändern kann, was auch wichtig ist bei der Umstellung der Spurweiten, die in Osteuropa existieren.
Die weltweit operierende Firma Talgo hat bereits 1969 eine solche Technologie für spurwechselnde Systeme entwickelt, und zusammen mit anderen spanischen Unternehmen wie der Eisenbahngesellschaft Renfe, CAF, AVE bauen und betreiben sie Eisenbahnstrecken in Kasachstan, Argentinien und den USA, verkaufen Eisenbahnwaggons an Rußland usw.
Die bestehende Hochgeschwindigkeitsstrecke verbindet Spanien schon jetzt mit Berlin, Paris und Perpignan, und demnächst soll ein neuer Eisenbahntunnel unter den Pyrenäen gebaut werden, der dann die französische Seite mit Barcelona und Madrid verbindet.
Spanien muß deshalb eine führende Rolle bei Planung, Bau und Export von Hochgeschwindigkeitslinien in Afrika übernehmen und muß die entsprechenden Zulieferindustrien im Bau- und Stahlsektor, der Metallverarbeitung, der Elektro- und Elektronikindustrie und der Telekommunikation ausbauen.
Viele offensichtliche Projekte, wie z.B. der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Madrid nach Lissabon, liegen auf Anweisung der Troika auf Eis. Ebenso die vier geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken Vigo-Porto, Salamanca-Porto, Madrid-Huelva-Lissabon und Sevilla-Huelva-Faro.
Der südlichste Punkt des Bahnnetzes in Spanien ist Algeciras. Von hier aus soll eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Tarifa und Cádiz gebaut werden, weil Tarifa der spanische Endpunkt eines Tunnels sein wird, durch den eine Hochgeschwindigkeitsbahn unter der Straße von Gibraltar nach Tanger in Marokko und damit dem afrikanischen Teil der Weltlandbrücke führen soll.
Dieser Tunnel wurde erstmals 1930 vorgeschlagen, und es gab mehrere Machbarkeitsstudien, in denen verschiedene Möglichkeiten untersucht wurden, z.B. eine feststehende Brücke über die Straße von Gibraltar, eine schwimmende Brücke oder einen am Meeresboden befestigten Tunnel zu bauen. Doch alle diese Varianten haben sich als nicht machbar herausgestellt, weil es dort eine sehr große Meerestiefe, sehr starke Strömungen und deshalb große Instabilität gibt.
2003 wurde ein Abkommen zwischen Spanien und Marokko für den Bau eines festen Tunnels geschlossen; das Projektdesign dafür wurde 2006 im Auftrag der staatlichen Firmen SECEGSA und SNED an die schweizerische Tunnelbaufirma Lombardi vergeben. Die Firma Lombardi hat 2009 eine Machbarkeitsstudie erarbeitet und der EU vorgelegt, doch wegen der damals ausbrechenden Finanzkrise ist seither nichts mehr geschehen.
Der Lombardi-Plan kam zu dem Schluß, daß die engste Stelle zwischen den beiden Kontinenten, wo die Straße von Gibraltar 14 km breit ist, für einen Tunnel nicht geeignet sei, denn dort ist das Meer 900 m tief, sondern daß sich die Route von Tarifa nach Tanger in Marokko, wo die Seetiefe nur 300 m beträgt, besser eignet. Damit wäre dieser Tunnel der tiefste Unterwassertunnel der Welt. Er hätte eine Länge von 40 km mit zwei Röhren für Personen- und Frachtzüge und einem Versorgungstunnel dazwischen. Für den Tunnel wären nur 15 Jahre Bauzeit erforderlich. Im Vergleich dazu verläuft der Kanaltunnel zwischen Frankreich und England nur 50 m unter dem Meeresspiegel und ist 49 km lang. Der Tunnel unter der Beringstraße wäre ungefähr 54 m tief und 85 km lang, allerdings unterbrochen durch Inseln, die die längste Tunnelstrecke auf 35 km verkürzen.
Es gibt noch viele weitere Projekte für Spanien, z.B. ein Flußumleitungsprojekt für den Ebro, für die Bewässerung der Trockengebiete entlang der Mittelmeerküste, der Bau neuer, inhärent sicherer Kernkraftwerke der vierten Generation, ein neues euro-afrikanisches Raumfahrtzentrum auf den Kanarischen Inseln, das bereits jetzt entsteht, eine neue Wissenschaftsstadt und eine Startbasis für Satelliten, wofür sich die Kanarischen Inseln auch sehr gut eignen, weil es dort Lavaböden gibt, die der Mondoberfläche sehr ähnlich sind.
Dann muß gemeinsam mit Griechenland, Italien und vielen anderen Ländern die Forschung an der Früherkennung von Erdbeben verstärkt werden. Die Notwendigkeit dafür haben wir gerade jetzt in Italien wieder sehr deutlich erlebt, denn einer der Gründe, warum Frau Gorini nicht hier sein kann, ist, weil sie in diesem Erdbebengebiet wohnt und nicht von zu Hause weg kann.
Es gibt bereits umfangreiche Forschungen und Projekte im Bereich der Erdbebenfrüherkennung, die aber noch nicht umgesetzt worden sind, und andere Projekte im Rahmen des Programm zur Verteidigung der Erde - z.B. Forschungen für die Abwehr von Asteroiden, die sich aufgrund der veränderten Position der Erde in unserer Galaxis im Augenblick verstärkt auf uns zu bewegen.
Es ist offensichtlich, daß Italien (siehe Karte 4) ebenfalls eine Identität als Brückenkopf zwischen Europa, Afrika und dem Nahen Osten haben muß. Das ist die Tradition von Enrico Mattei, der ein Symbol für eine Entwicklungspolitik war, die explizit nicht kolonialistisch, sondern auf die wirkliche Entwicklung der Arbeitskraft in Afrika und im Nahen Osten ausgerichtet war.
Für Italien ist die Entwicklung des Südens, des sog. Mezzogiorno, eine absolute Notwendigkeit, so wie auch der Bau einer Brücke über die Straße von Messina, wo die südlichste Spitze des „Stiefels“ durch die längste Hängebrücke der Welt von 3,3 km nach Palermo in Sizilien verbunden werden soll. Dabei wird zwischen Messina und Reggio di Calabria ein neues Ballungszentrum entstehen, das auf der einen Seite durch eine Hochgeschwindigkeitslinie an Mittel- und Norditalien und auf der anderen Seite durch einen Tunnel von Sizilien nach Tunesien angebunden sein wird. Der Plan hierfür ist auch bereits von der italienischen Technologiebehörde ENEA ausgearbeitet. Bei diesem Tunnel muß eine Distanz von 155 km überwunden werden, wobei fünf einzelne Tunnel zwischen den Küsten und künstlich geschaffenen Inseln entstehen werden.
Natürlich ist dieses Programm verbunden mit der Entwicklung des Maghreb, wobei algerische und andere Ingenieure seit langem Pläne für die Entwicklung der Schotts ausgearbeitet haben, d.h. der Senken in der Maghreb-Region, wodurch sich die dortige Landwirtschaft völlig verändern würde.
Dieses Programm muß in das Transaqua-Projekt integriert sein, das ich jetzt nicht weiter vorstellen will, weil wir es auf anderen Konferenzen bereits ausführlich beschrieben haben. Dabei geht es vor allem darum, die enormen Wassermengen des Kongos durch ein Fluß- und Kanalsystem zum Tschadsee zu führen, der heute auf weniger als 10% seiner ursprünglichen Größe geschrumpft ist. Auf diese Weise könnte man einen großen Teil der Sahelzone bewässern; man könnte dort riesige landwirtschaftliche Flächen für die Ernährung der Bevölkerung schaffen.
Das Transaqua-Projekt muß jetzt auch mit dem sogenannten „Africa Pass“ verbunden werden. Als wir uns entschlossen, das Mittelmeer-Afrika-Entwicklungsprogramm zu entwerfen, wurden wir zu unserer Freude von einem ägyptischen Ingenieur, Aiman Rscheed, kontaktiert, der bereits im Januar 2011, unmittelbar nach der ägyptischen Revolution, seine Vision einer Entwicklung Ägyptens vorgeschlagen hat. Dabei hat er sich, wie man leicht sehen kann, von unseren Bildern der Weltlandbrücke inspirieren lassen. Wo heute absolute Wüste ist und kein Halm wächst, könnte das in einigen Jahren so aussehen (siehe Abbildung 2).
Africa Pass ist ein riesiges Programm für die Entwicklung des großen menschlichen Potentials von neun afrikanischen Staaten, für die Entwicklung der Landwirtschaft in Gebieten, die heute Wüste sind.
Die erste Phase dieses Programms wäre der Bau eines großen, modernen Seehafens in Sidi Barrani im Nordwesten Ägyptens nahe der Grenze zu Libyen, der einerseits mit der Hochgeschwindigkeitstrasse des Maghreb, aber auch mit den Ländern der Großen Seen (Ruanda, Burundi, Uganda, Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik, Süd- und Nordsudan) als einer Verkehrslinie verbunden wäre. Dieses Netz wird dann, wie gesagt, über den Maghreb mit den Tunneln nach Sizilien und Spanien verbunden und damit in die Weltlandbrücke integriert werden.
Entlang des Africa-Pass-Korridors sollen in jeweils 250 km Abstand fünf große neue Städte gebaut werden, angefangen mit dem Hafen Sidi Barrani, wo eine moderne Containerumschlagsanlage, Industriezentren und ein großer internationaler Flughafen entstehen sollen. Dann macht es natürlich auch Sinn, daß ein 40 m breiter und 15 m tiefer Bewässerungskanal über 3800 km vom Hochland im Ostkongo bis nach Ägypten geführt werden soll. Die Kattara-Senke würde auf diese Weise mit Frischwasser vom Kongo aufgefüllt werden. Im Verlauf dieses Kanals sind sieben Wasserkraftwerke geplant, die den Höhenunterschied von 1500 Metern über dem Meeresspiegel im Süden bis zur Kattara-Senke 80 Meter unterhalb des Meeresspiegels für die Stromproduktion nutzen. Der Kanal soll entlang von Bahnlinien und Straßen so gebaut werden, daß er als Wasserweg für Schiffe genutzt werden kann.
Es müssen auch landwirtschaftliche Zentren für die Nahrungsmittelweiterverarbeitung entstehen. Das ist der Schlüssel, denn diese Region - der Sudan, Ägypten, Teile der Sahelzone - haben die fruchtbarste Erde der Welt. Man braucht dort nur Wasser darauf zu tun, keinerlei Zusätze, und man kann drei bis vier Ernten pro Jahr haben.
Man braucht aber sofort die geeignete Infrastruktur und Lebensmittelweiterverarbeitung, weil sonst die Nahrungsmittel verrotten und verloren wären.
Allein um die Kattara-Senke könnten Millionen Hektar landwirtschaftlicher Flächen geschaffen werden, die Ägypten in eine Kornkammer verwandeln würden. Und durch den neuen großen Süßwassersee und die neuen grünen Gebiete entständen enorme hydrologische Effekte; es gäbe ein gemäßigteres Klima, der Wasserkreislauf in der Region würde sich durch vermehrte Regenfälle erhöhen, und die Wüste würde Stück für Stück zurückgedrängt.
Neun afrikanische Länder werden durch dieses Projekt entwickelt, anstatt weiter das Katastrophengebiet zu sein, das Sie vorhin auf den Bildern der Sahelzone sehen konnten, wo Dutzende von Millionen Menschen sterben, über die gar nicht berichtet wird. Man hört immer nur: 20 Millionen Tote bei Hungerkatastrophe in Ostafrika, weitere 20 Millionen Tote bei Hungerkatastrophe in Westafrika, und dann hört man nichts mehr. Warum wohl?
Statt dessen könnte man diese Länder entwickeln und dort moderne Landwirtschaft, Viehzucht, Milchwirtschaft und arbeitsplatzschaffende Industriezentren aufbauen.
Wie der ägyptische Ingenieur Rscheed sagte, gibt es in Ägypten heute bereits über 470.000 Ingenieure. Jedes Jahr kommen 20.000 Hochschulabsolventen dazu, und diese Menschen haben die Revolution gemacht, weil sie unter den damaligen Bedingungen der Mubarak-Regierung absolut keine Zukunft gesehen haben.
Diese Menschen aber sind der Schlüssel nicht nur für die Transformation Ägyptens, sondern für den Beginn einer wirklichen Entwicklung Afrikas. Es ist auch völlig klar, daß es für die Industrienationen und -regionen Europas die einzige Perspektive ist, wie wir nachhaltig unsere Zukunft sichern können.
Dieses Fünfeck (siehe Karte 5) ist das, was wir früher das Produktive Dreieck genannt haben, wo wir aber jetzt Norditalien und die Schweiz mit dazugenommen haben. Das ist das „Kraftwerk“ Europas. Dort befindet sich immer noch die größte Ansammlung von industriellen Kapazitäten weltweit. Es ist völlig klar, daß wir eine Zukunft entwerfen müssen, wo unsere Interessen als Industrienationen und die Interessen der Menschheit insgesamt in Übereinstimmung kommen. Wir sind zwar Exportweltmeister, aber wir brauchen auch eine langfristige Orientierung.
Wir sollten uns nicht darüber beklagen, daß Afrika seine Rohstoffe an die Chinesen verkauft, denn die Chinesen machen das, was die Afrikaner gerne haben wollen, nämlich wirkliche Infrastrukturentwicklung für Rohstoffe. Klare Geschäftsbeziehungen im Interesse der beiden Seiten sind den Afrikanern viel lieber als Sonntagsreden der EU, worin über „good governance“ und über Menschenrechte und über dies und das geredet wird, aber unterm Strich nichts an Entwicklung herauskommt, sondern im Gegenteil die Konditionalitäten des IWF sogar jede Entwicklung blockieren.
Wir müssen auch langfristig mit Rußland bei der Erschließung der Rohstoffe in Sibirien kooperieren. Der deutsche Mittelstand hat eine absolute Aufgabe bei der Entwicklung der Infrastruktur in Rußland, in Asien, in Afrika, im Mittelmeerraum, und was wir brauchen, sind multilaterale Kooperationsverträge zwischen souveränen Regierungen, in denen die Kreditlinien so langfristig konzipiert sind, daß die hier genannten Projekte realisiert werden können und damit die Produktivität der involvierten Arbeitskräfte gesteigert wird, wodurch langfristig die Kaufkraft entstehen kann, die diese Länder brauchen, um überhaupt wirtschaftlich tätig zu sein.
Wir müssen uns von der Idee kurzfristiger Profite verabschieden und auf die langfristige wirkliche Entwicklung der Realwirtschaft umschwenken.
Wirkliche Infrastrukturentwicklung und wirklicher Technologietransfer müssen und können sofort beginnen. Das ist für Europa die moralische Testfrage, an der sich auch die Überlebensfähigkeit Europas entscheidet.
Den Mittelmeerraum, den Nahen Osten, Nord- und Schwarzafrika zu entwickeln, wird unseren Nationen nicht nur eine vernünftige langfristige wirtschaftliche Perspektive geben, sondern es ist die wirkliche Alternative zur gescheiterten Politik der EU und des Britischen Empire.
Wir haben die Wahl: Entweder formen wir eine Allianz von souveränen Staaten für eine wirkliche Entwicklungsperspektive, oder wir werden von dem untergehenden Empire in einen Krieg mit Rußland und China hineingezogen.
Ich möchte noch einmal kurz auf diese Gefahr eingehen, weil sie sehr, sehr real ist. Die gefährlichste Situation ist im Augenblick die Lage in Syrien. Was immer Sie in den Medien über Syrien erfahren, hat absolut nichts mit der Lage vor Ort, sondern alles mit der Blair-Doktrin zu tun. Blair hat in seiner berühmten Rede von 1999 erklärt, ab sofort sei das Völkerrecht außer Kraft gesetzt - das hat er natürlich nicht so, aber de facto gesagt -, und unter dem Vorwand humanitärer Interventionen seien Militärinterventionen überall auf der Welt ab sofort legitim. Diese sogenannte Blair-Doktrin ist leider auch die strategische Doktrin der Obama-Administration geworden und trägt den Namen „Responsibility to Protect“ (Schutzpflicht). Es gibt dort eine Institution, den „Atrocity Prevention Board“ (Rat zur Verhinderung von Greueltaten), dessen Vorsitzende eine gewisse Samantha Power ist, die Frau von Cass Sunstein, der die Theorie des Social Engineering entwickelt hat, d.h. wie man die axiomatische Glaubensstruktur von Bevölkerungen durch Medienkampagnen u.ä. verändern kann. Dieses Gremium stellt Listen von Ländern auf, in denen Menschenrechts- oder Demokratieverletzungen stattfinden, was dann als Vorwand für militärische Interventionen herhalten muß.
Genau das ist jetzt in Syrien der Fall - in völliger Konfrontation mit der sogenannten Putin-Doktrin, die sich explizit die Verteidigung der nationalen Souveränität und der UN-Charta auf die Fahnen geschrieben hat. Der russische Ministerpräsident Medwedjew hat auf einer Sicherheitskonferenz in St. Petersburg kürzlich hinzugefügt, daß die Verletzung dieser Doktrin auch zum Einsatz von Atomwaffen führen könnte. Generalstabschef Makarow hat im übrigen das gleiche über das europäische Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien gesagt: daß es deswegen auch zu einem Einsatz von Atomwaffen in Europa in einem regionalen Krieg kommen könnte.
In der englischsprachigen Ausgabe von Russia Today stand vor ungefähr zwei Wochen ein Artikel, worin gesagt wurde, vielleicht müsse man die Lage im Nahen Osten, die Drohungen von Israel, den Iran anzugreifen, und die Lage in Syrien im Zusammenhang mit der Ostausweitung der Nato und dem Raketenabwehrschirm in Polen und Tschechien sehen. Vielleicht sei das alles Teil eines finsteren Plans. Der Artikel geht dann weiter auf die Diskrepanz zwischen Obamas Wahlversprechungen und seinen Handlungen ein.
Der einzige Grund, warum diese Lage noch nicht zum großen Krieg geführt hat, ist, daß nach dem Militärschlag gegen Libyen und der bestialischen Ermordung Gaddafis nicht nur Putin absolut klargestellt hat, daß er nicht akzeptieren werde, daß Syrien oder der Iran angegriffen werden, sondern sich auch der amerikanische Generalstabschef Dempsey immer wieder in gewissen Gegensatz zu Obama gebracht und gesagt hat, nein, der Iran hat eine rationale Regierung, mit der man verhandeln kann.
Nur auf Grundlage der Bemühungen von Lyndon LaRouche, Putin und Dempsey wurde diese Kriegsgefahr bisher verlangsamt, aber, wie gesagt, nicht beendet.
Als mein Ehemann am 9. April 2009 zum ersten Mal sagte, Obama habe das Psychoprofil von Kaiser Nero, und wir ab sofort eine Photographie mit einer gewissen Dekoration ausgestattet haben, werden Sie sich daran erinnern, daß es einen Aufschrei - selbst bei Mitgliedern unserer Organisation - gab, die sagten, das geht jetzt aber wirklich zu weit, denn das ist ja immerhin der amerikanische Präsident. Inzwischen hat sich aber erwiesen, daß auch diese Einschätzung von LaRouche absolut richtig war, und inzwischen kann man in der New York Times, in der Los Angeles Times und in vielen anderen Zeitungen die Liste der Verfassungsbrüche lesen, derer sich Obama schuldig gemacht hat. Selbst in Europa ist inzwischen die Botschaft angekommen, daß es einen Riesenunterschied zwischen Obama und dem amerikanischen Militär gibt.
Die Liste von Obamas Vergehen, die bisher relativ unkommentiert sind, ist lang. Aber immerhin hat Der Spiegel erwähnt, daß Obama persönlich jede Woche festlegt, welche Terroristen mit Drohnenattacken umgebracht werden. Die Zivilisten, die dabei so nebenbei als Kollateralschaden umkommen, seien dann eben bloß Leute aus dem Jemen oder Pakistan und den Journalisten nicht wert, einen Kommentar darüber abzugeben.
Die amerikanischen Militärs haben deshalb auf die Bremse getreten, weil sie wissen, was ein thermonuklearer Krieg bedeuten würde. Der Aufmarsch, den wir seit letztem Herbst im Arabischen Meer, im Indischen Ozean und im östlichen Mittelmeer haben, ist genug, um die Menschheit mehrfach auszulöschen. Die U-Boote der Ohio-Klasse, die im Indischen Ozean praktisch in der zweiten Verteidigungslinie stationiert sind, haben alle strategische Langstreckenraketen mit atomaren Sprengköpfen an Bord, die selbst beim Einsatz nur eines Bruchteils davon zu einem nuklearen Winter auf der Erde führen würden. Kein menschliches Leben wäre dann mehr übrig. Die Vegetation würde verschwinden, Tiere würden nicht mehr leben können, und wie damals schon Kennedy sagte, die Menschen, die bei einem solchen thermonuklearen Krieg zuerst sterben, wären glücklich zu preisen im Verhältnis zu jenen, die unter diesen Umständen noch für kurze Zeit weiterlebten.
In Syrien ist, wie gesagt, die Lage auf der Kippe. Wir erleben dort die Blair-Doktrin in Aktion, und die Medienkampagne ist wirklich ein himmelschreiender Skandal.
Nach vielen Gesprächen, die wir mit Experten aus dem Nahen Osten geführt haben, Leuten, die sich wirklich in der Tiefe mit der Lage auseinandergesetzt haben, gibt es keinen Zweifel: Alle Regierungen wissen, daß das Problem nicht die Assad-Regierung ist, sondern es gibt umfangreiche Berichte u.a. von katholischen Schwestern, von orthodoxen Bischöfen, von Alawiten, von anderen Religionsvertretern, die einhellig aussagen, daß es zu ethnischen Säuberungen gegen diese anderen Religionen jedesmal dann kommt, wenn die syrische Armee zum Rückzug gezwungen wird. Daß die Leute, die dort den Aufstand machen, libysche Terroristen sind, Söldner, die aus Libyen eingeflogen werden, Al-Kaida-Mitglieder aus dem Irak, finanziert durch Saudi-Arabien und Katar.
Und obwohl dieses Wissen Allgemeingut ist, kommt dann Anne Will in ihrer Fernsehsendung daher und sagt, Assad schlachte Kinder. Das ist schwarze Propaganda für das Britische Empire! Wir sollten das nicht länger hinnehmen, denn wenn es über Syrien zum Krieg mit Rußland kommt, wenn es eine Militärintervention gäbe, würde die sich sofort auf den Libanon, die Hisbollah, die Hamas und damit natürlich auf den Iran ausweiten, und der große Krieg wäre dann nur eine Frage der Zeit.
Amerikanische patriotische Kräfte wissen um diese Gefahr. Das ist der Grund, warum der republikanische Kongreßabgeordnete Walter Jones die Resolution HR107 eingebracht hat, die besagt, wenn noch einmal irgendein Präsident den Krieg erklärt, ohne den amerikanischen Kongreß um Erlaubnis gefragt zu haben, dies umgehend zu dessen Amtsenthebung führen werde.
Das gleiche kommt im Prinzip von dem demokratischen Senator Webb, der einen Antrag gestellt hat, der den Präsidenten verpflichtet, vor „humanitären“ Interventionen die Zustimmung des Kongresses einzuholen.
Es gibt inzwischen eine Situation in Amerika, die fast schon Watergate-Dimensionen erreicht hat. Dabei sind mehrere Skandale im Spiel, u.a. der sog. „Fast and Furious“-Skandal um Waffenlieferungen an die mexikanische Drogenlobby, wobei die Regierung wie bei Watergate versucht, die Wahrheit zu verschleiern. Oder auch die Enthüllungen über die sogenannten Drohnenmorde durch Obama, über die ja in der Presse berichtet wurde. Die Republikaner hatten eine Untersuchung verlangt, wie es zu diesen Enthüllungen kommen konnte. Dabei kam heraus, daß dies Teil von Obamas Wahlkampfstrategie war, um sich als harter und starker Präsident zu präsentieren. Dadurch seien aber Agenten vor Ort gefährdet worden. Das wird jetzt weiter untersucht.
Obama hat aber den gleichen Fehler gemacht wie Nixon, indem er nämlich in einer Presseerklärung sagte, das Weiße Haus hätte nichts damit zu tun. Die Untersuchungen führen jetzt aber zu dem unmittelbaren Beraterstab, der für Obamas Wahlkampfstrategie verantwortlich ist. Das könnte sehr schnell zu seinem Watergate führen.
Das heißt, wir haben eine Situation, in der das Schicksal der Zivilisation am seidenen Faden hängt. Auf der einen Seite herrscht diese Gefahr - Kriegsgefahr, Finanzkollaps -, auf der anderen Seite gibt es eine beispiellose Mobilisierung für Glass-Steagall und für NAWAPA. In vielen europäischen Ländern gibt es Anstrengungen, Glass-Steagall-Gesetze durchzusetzen, so von Senator Peterlini in Italien, und es gibt viele französische Ökonomen, die in diese Richtung denken. In anderen Ländern ist die Situation ähnlich.
Eines kann man sagen: Egal, wie die Wahl in Griechenland morgen ausgeht, ob es zum sofortigen Euro-Austritt kommt, oder erst etwas später, das Finanzsystem ist hoffnungslos bankrott. Wir müssen in dieser außergewöhnlichen, eigentlich nie dagewesenen Krise der menschlichen Gattung das oligarchische System des Britischen Empire abschütteln und durch ein Europa und eine Weltallianz souveräner Republiken ersetzen, die sich an einem wirklichen Aufbauprogramm mit der Idee orientiert, daß jede Person wieder einen Arbeitsplatz bekommt und sich ihre Lebensgrundlage selbst erarbeiten kann.
Wir müssen dieses Wirtschaftsaufbauprogramm, das ich hier nur skizzenhaft vorstellen konnte, natürlich weiter ausbauen. Wir werden uns an Ingenieurfirmen, Architekten, Städteplaner u.a. wenden, mit der Bitte, daß sie uns helfen, das zu verwirklichen. Das wird nur gehen durch eine breite Mobilisierung der Bevölkerung.
Dieses Aufbauprogramm muß mit dem Anknüpfen an den Hochphasen unserer Kultur verbunden werden - an der griechischen Antike, an der italienischen und spanischen Renaissance, an der Ecole Polytechnique in Frankreich und an der deutschen Klassik.
Wir müssen aufhören, die Kultur der Globalisierung zu akzeptieren, die uns jetzt in eine existentielle zivilisatorische Krise gebracht hat. Eine Gesellschaft, in der zehn- bis zwölfjährige Kinder Pornoaufnahmen machen und sie dann per Handy verschicken, zerstört diese Kinder für den Rest ihres Lebens. Die Jugendkultur ist inzwischen hauptsächlich satanisch, und die gegenwärtige Popkultur ist so häßlich und so degradierend, daß man sagen muß, die Menschenwürde wird durch diese Kultur verletzt.
Das muß ersetzt werden durch eine Rückkehr zum humanistischen Menschenbild als Mittelpunkt der Politik. Wir müssen eine Politik machen, in der jeder Mensch sein kreatives Potential entwickeln kann, denn die Kreativität des Menschen ist die wichtigste Ressource - nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die Gesellschaft insgesamt. Wir müssen sofort eine Politik machen, daß wir vor den Augen Platons, Philos von Alexandrien, von Augustinus, Alfons dem Weisen, Goya, Dante, Leonardo da Vinci, Nikolaus von Kues, Johanna von Orleans, Madame Curie, Leibniz, Friedrich Schiller - um nur einige zu nennen - bestehen können; daß wir es aushalten können, von ihrem Blickwinkel aus betrachtet zu werden.
Wenn wir das tun und unsere eigene Kreativität befördern und einbringen, dann gibt es überhaupt keinen Grund, pessimistisch zu sein, sondern dann können wir mit absolutem Frohsinn an die Bewältigung dieser Aufgaben gehen, im Bewußtsein, daß wir dabei sind, eine neue Ära der Menschheit zu gestalten.
Vielen Dank.