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Neue Solidarität
Nr. 26, 27. Juni 2012

Africa Pass:
Ein revolutionäres Projekt für Afrika und den Mittelmeerraum

Von Hussein Askary

Der folgende Artikel basiert auf einem von dem ägyptischen Ingenieur Aiman Rscheed vorgelegten Entwurf (es gibt noch keine Machbarkeitsstudie), den dieser in den Monaten nach der Ägyptischen Revolution vom Januar 2011 öffentlich bekannt gemacht hat. Die Originalstudie ist in Arabisch und wurde vom Autor dieses Artikels teilweise ins Englische übersetzt und in diesen Artikel aufgenommen.

Rscheed, 1964 geboren, gehört einer Altersgruppe an, die zwischen der Generation von Präsident Gamal Abdul Nasser und der heutigen jungen Generation aufwuchs, die jetzt gegen die soziale und politische Ungerechtigkeit protestiert, die Ägypten und dem restlichen Afrika durch westliche Finanzkreise auferlegt und in Ägypten durch das Regime von Hosni Mubarak brutal umgesetzt wurde.

Das Projekt Africa Pass unterstreicht das große menschliche Potential, das in dieser alten und gleichzeitig jungen Nation steckt. Wie Rscheed mitteilte, gibt es in Ägypten heute über 470.000 Ingenieure. Jedes Jahr kommen 20.000 Hochschulabsolventen zu dieser riesigen Armee von Ingenieuren hinzu. Die über 80 Millionen Ägypter leben auf einem schmalen Streifen Land entlang des Nils und im Nil-Delta. Africa Pass wird die Wüste im Westen des Landes für Entwicklung und weitere Besiedlung öffnen. Das Projekt wird auch die Wirtschaft von Schwarz- und Nordafrika sowie die Beziehungen innerhalb des Kontinents und über das Mittelmeer bis nach Europa revolutionieren.

Im Februar 2012 präsentierte Rscheed im Amtssitz von Premierminister Kamal Al-Ganzouri seinen Entwurf dieses Projekts, das in letzter Zeit die Unterstützung durch Tausende von Ingenieuren, Universitätsprofessoren und die Öffentlichkeit im allgemeinen erhalten hat. Rscheed hat in zahlreichen ägyptischen Fernsehsendern Interviews gegeben, um seine Idee einem Land zu erläutern, das sich nach einer Lösung für die tiefe Armut und soziale Ungerechtigkeit sehnt, welche die Menschen auch noch nach dem Sturz des Mubarak-Regimes knechtet. Der IWF will unbedingt nach Ägypten zurückkehren, doch eine starke Widerstandsbewegung hindert die jetzige Führung daran, erneut Kompromisse zu machen.

Aiman Rscheed diente in der ägyptischen Luftwaffe als Oberst und arbeitete dort in der Luftfahrttechnik, Katastrophenhilfe und -planung. Im Jahr 2008 beendete er den Militärdienst und promovierte an der Ain-Shams-Universität im Fach Maschinenbau. Er hatte zuvor am Institut der Luftwaffe studiert und als leitender Ingenieur für die Planungs- und Instandhaltungswerkstätten gearbeitet. 1986 erwarb er seinen Bachelor of Science von der Militärakademie.

Karten: http://www.facebook.com/#!/aiman.rsheed
Karte 1: Das von dem ägyptischen Ingenieur Aiman Rscheed vorgeschlagene Projekt Africa Pass.


Karte 2: Ein 40 m breiter und 15 m tiefer und 3800 km langer Kanal soll entlang des gleichen Korridors Wasser aus dem ostafrikanischen Hochland durch die Sahara bis zum Mittelmeer leiten.

Rscheed kandidiert für den Vorsitz des Ägyptischen Ingenieursverbandes, deren 470.000 Mitglieder er als eine Streitmacht betrachtet, die dieses Megaprojekt tragen und durchführen soll. Rscheed ist politisch unabhängig und gehört keiner politischen Partei an. Gegenwärtig arbeitet er als Planungsleiter in der Firma Misr Training and Technical Consultation in Kairo.

Zusammenfassung des Projekts

Africa Pass besteht aus zwei wichtige Komponenten:

A. Verkehr: In einer ersten Phase soll in Sidi Barrani im Nordwesten Ägyptens nahe der Grenze zu Libyen ein großer moderner Seehafen gebaut werden, der durch Schnellbahntrassen und moderne Autobahnen  mit den Ländern der Großen Seen (Ruanda, Burundi, Uganda, Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik und Süd- und Nordsudan) verbunden sein wird (Karte 1). In einer zweiten Phase werden Somalia und Äthiopien angebunden. In einer dritten Phase wird Ägypten über einen Tunnel unter dem Suezkanal und eine Brücke vom Südsinai nach Saudi-Arabien über die Insel Tiran im Süden des Golfs von Akaba mit Asien verbunden. In einer vierten Phase wird über ein Schnellbahnnetz, das sich über Nordafrika westlich erstreckt, durch den geplanten Gibraltar-Tunnel eine Verbindung mit Europa hergestellt.

Allein innerhalb von Ägypten und entlang des Africa-Pass-Korridors sollen wie auf einer Perlenkette im Abstand von 250 km fünf große Städte entstehen - in einem Gebiet, das heute praktisch nur aus Wüste besteht. Dies wird den demographischen Druck, der auf den ägyptischen Städten lastet, mildern und mit Hilfe des Kanals, der Wasser aus dem Kongo nach Norden leitet (siehe unten), die Wüste wieder mit Leben füllen.

Der Bau des Sidi-Barrani-Hafens, einer modernen Containerumschlagsanlage und Industriezentrum am Mittelmeer mit einem großen internationalen Flughafen, ist der Studie zufolge der erste und am einfachsten zu bewältigende Teil des Projekts. Die große Industrie- und Touristenzone in der Gegend wird Firmen, ägyptische Facharbeiter und Investoren anziehen und sofort Arbeitsplätze für viele Ägypter schaffen, die momentan arbeitslos sind.

B. Wasser: Das noch eindrucksvollere Wasserprojekt, das von Rscheed geplant wird, weist Ähnlichkeiten mit dem Transaqua-Projekt auf (das detailliert von EIR und dem Schiller-Institut auf Grundlage der Arbeit des italienischen Ingenieurs Marcello Vichi dargestellt wurde). Ein 40 Meter breiter, 15 Meter tiefer und etwa 3800 km langer Bewässerungskanal wird sich vom Hochland des Ostkongo, wo der mächtige Kongo entspringt, nördlich durch die Zentralafrikanische Republik, den Süd- und Nordsudan bis nach Ägypten erstrecken und die Qattara-Senke westlich von Kairo mit Frischwasser auffüllen (Karte 2). Sieben Wasserkraftwerke werden den Höhenunterschied von 1500 Metern über dem Meeresspiegel im Süden bis zur Qattara-Senke 80 Meter unterhalb des Meeresspiegels für die Stromproduktion nutzen. Die Studie enthält keine Angaben darüber, ob dieser Kanal schiffbar sein wird, was jedoch dringend zu empfehlen ist. Es ist offensichtlich, daß Massengutbeförderung über den Kanal billiger und einfacher zu handhaben wäre als auf Schiene oder Straße.

Der Kanal wird entlang der Bahnlinien und Straßen geführt, ebenso Strom- und Kommunikationsleitungen, die die zukünftigen landwirtschaftlichen und städtischen Zentren entlang des Kanals versorgen werden. Um den Binnenländern die Ausfuhr ihres Öls zu ermöglichen, können auch Ölpipelines entlang des Korridors gebaut werden.

Allein im Umkreis der Qattara-Senke könnten Millionen Hektar Ackerfläche entstehen, die Ägypten in eine Kornkammer verwandeln und von bisherigen Lebensmittelimporten unabhängig machen würden. Der Qattara-Süßwassersee und die ihn umgebenden Grünflächen werden enorme hydrologische Auswirkungen haben, indem sie für ein gemäßigteres Klima in der Wüste sorgen und den Wasserkreislauf in der Region durch vermehrte Regenfälle erhöhen, wodurch die Wüste schrumpfen wird.

Ziele des Projekts

Rscheed hat die ägyptische Regierung, d.h. den Premierminister, aufgefordert, eine fünftägige Konferenz einzuberufen, auf der die Projektidee von Fachleuten aus verschiedenen ägyptischen Ministerien präsentiert werden kann, um so dem Projekt den Charakter einer nationalen Mobilisierung zu verleihen. Außerdem empfahl er dem Außenministerium, unverzüglich mit anderen Nationen, die von dem Projekt profitieren könnten, in Verhandlungen zu treten und Konferenzen mit ihnen abzuhalten. Außerdem will Rscheed den Ägyptischen Ingenieursverband zum offiziellen Berater für das Projekt machen, um von dem Fachwissen der ägyptischen Ingenieure vor Ort zu profitieren. Zum Auftakt sollte der Sidi-Barrani-Hafen und die dortige Industriezone ohne Rücksicht auf das weitere Schicksal von Africa Pass umgehend in Angriff genommen werden, um ein Beispiel für das große Potential zu geben, das im Land vorhanden ist und wie es am besten genutzt werden kann.

Auch wenn die spezifischen technischen Details und topographischen Schwierigkeiten in weiteren Studien durch verschiedene ägyptische Ministerien bewertet und ausgearbeitet werden müssen, ist die von Rscheed vorgelegte Konzeption und Zielsetzung solide und machbar. Seine Vorlage enthält jedoch noch eine Reihe von Problemen hinsichtlich der Finanzierung, die nach so vielen Jahren der IWF-Gängelei und korrupter Regierungspraktiken wohl auf Unkenntnis und mangelndem Vertrauen in ein System staatlich geschöpfter Kredite basieren. Das ganze Projekt wird sich jedoch nicht von der Lösung trennen lassen, welche von der LaRouche-Bewegung international zur Bekämpfung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vorgeschlagen wurde.

Darüber hinaus gibt es in dem Entwurf Mißverständnisse und Illusionen in bezug auf die Möglichkeiten der Sonnenenergie in Afrika. Das finanziell und wissenschaftlich unhaltbare Desertec-Projekt zur Erzeugung von Solarstrom in der Sahara, das von Deutschland, der EU und einigen Partnern in Nordafrika betrieben wird, wird in dem Bericht positiv dargestellt. Eine definitive und eindeutige Widerlegung dieses Schwindels ist im Magazin EIR (http://www.larouchepub.com/eiw/public/2010/2010_40-49/2010-40/2010-40/pdf/13-16_3740.pdf) sowie in Neue Solidarität und Fusion erschienen. Auch die meisten Afrikaner haben inzwischen erkannt, daß es für sie in Zukunft keine Alternative zur Atomkraft gibt. Die von der EU in geringem Umfang subventionierte Solarenergie in Marokko dient lediglich dazu, die Entscheidung Marokkos für die Nukleartechnik zu verzögern und auch die Europäer weiter im Glauben an diese Art von grünem Utopismus halten.

Ägyptens Absicht, bis zum Jahr 2025 vier Atomkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 4 Gigawatt zu bauen, ist mit dem Ende des Mubarak-Regimes nicht hinfällig geworden. Am 13. Februar 2011 wiederholte der ägyptische Übergangspremier Ahmed Shafiq, daß diese Pläne von den politischen Entwicklungen im Land nicht beeinflußt würden. Der amtierende Premierminister Kamal al-Ganzouri setzte am 16. Januar 2012 seine Minister darüber in Kenntnis, daß die Regierung ihre Pläne zum Bau des ersten ägyptischen Kernkraftwerks umsetzen werde. Das Baugelände der Anlage befindet sich in Dabaa im Regierungsbezirk Matrouh am Mittelmeer, wo in der Nähe der Sidi-Barrani-Hafen samt Industriekomplex entstehen soll. Alle führenden Nuklearunternehmen aus Japan, Rußland, China, Frankreich, den USA und Südkorea haben ihr Interesse bekundet. Eine Ausschreibung für das Projekt sollte noch in diesem Jahr erfolgen, wurde jedoch bis zur Bildung einer neuen Regierung nach den laufenden Präsidentschaftswahlen verschoben.

Inmitten des fortgesetzten Kampfs für ein neues und gerechtes Weltwirtschaftssystem, das auf der Respektierung der staatlichen Souveränität gründet, ist es wichtig, daß die Europäer auf der anderen Seite des Mittelmeers das enorme menschliche und natürliche Potential in Afrika mit den Augen patriotischer und leidenschaftlich kreativer Afrikaner wie Aiman Rscheed sehen. Die Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Kluft zwischen Afrika und Europa hängt von der Umsetzung genau der Ideen und Bestrebungen ab, wie sie in diesem Bericht dargelegt werden.