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Zehn Jahre nach der Einführung des Euro ist das Scheitern der Gemeinschaftswährung unübersehbar.
Am 2. Januar wurde die europäische Einheitswährung zehn Jahre alt. Die EU hat alle Feierlichkeiten abgesagt, was allein schon mehr sagt als tausend Analysen: Für einen Leichnam kann man nicht Geburtstag feiern.
Vor einem Jahr schrieben wir, die Weltwirtschaft sei in eine neue Phase eingetreten, was sich daran ablesen lasse, daß Brasilien und der US-Staat Illinois über 12% Zinsen auf Anleihen zahlen mußten. Inzwischen hat die EU eine vergleichbare Phase erreicht, da in Italien die Zinsen für langfristige Staatsanleihen über 7% stiegen und auch Frankreich „angesteckt“ wird. Diese Entwicklung läßt sich im Rahmen des jetzigen Systems nicht aufhalten, weil trotz des offenen und geheimen Geldpumpens von Federal Reserve und EZB die Schulden schneller wachsen als die Geldmenge.
Nichts auf der Welt kann die Lücke zwischen den wachsenden Schulden und einer zusammenbrechenden Realwirtschaft schließen, und die Brüning-artige deflationäre Sparpolitik der transatlantischen Regierungen verschlimmert alles nur noch.
So schrumpften die Aktienmärkte 2011 weltweit um insgesamt 6,3 Bio.$ (6300 Mrd.$), obwohl die Fed im August 1,6 Bio.$ und die EZB im Dezember 500 Mrd. Euro Liquidität pumpten. Das sind neue Schulden, jedoch nur ein kleiner Teil der weltweiten finanziellen Verpflichtungen, die zum Großteil auf das Derivatkasino der Schattenbanken entfallen. Gleichzeitig schrumpft die Realwirtschaft der Welt. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße Rezession, sondern um einen Zusammenbruch, der eine unberechenbare Eigendynamik annimmt. Griechenland ist sicher der dramatischste Fall in Europa - seit Beginn der Krise 2011 schrumpfte die Wirtschaft um ein Viertel, und die Zahl der Selbstmorde stieg um 40% -, aber die Austeritätspolitik in größeren und theoretisch „robusteren“ Ländern wie Italien wird ähnlich verheerend wirken.
So gilt Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der EU, inzwischen als wichtigster möglicher Auslöser eines Zusammenbruchs. Die EU-Führung bemüht sich verzweifelt, das zu verhindern, aber ihr fallen dazu nur finanzielle Maßnahmen ein, die eine Geld-Hyperinflation schüren.
Die EZB verlieh bei der ersten von zwei dreijährigen Ausschreibungen (die 2. folgt im Februar) eine halbe Billion zu 1% an die Banken, und die parkten den Großteil davon wieder zu einem Viertelprozent bei der EZB, machen also beträchtlichen Verlust. Das Geld liegt damit weit weg von der Realwirtschaft und von Staatsanleihen der Eurozone - ausgenommen kurzfristigen. Bei der letzten Auktion italienischer Anleihen herrschte nur Nachfrage nach 3-Jahres-Bonds, deren Zinsen sanken von 7,89% bei der letzten Auktion auf 5,6%. Aber 7-Jahres-Bonds, die nicht von der EZB gestützt sind, mußten zu 7,42% verkauft werden, fast 3% mehr als die 4,52% Ende August.
Wie der EU-Marionettenpräsident Mario Monti bei seiner Pressekonferenz zum Jahresende sagte, wird die italienische Wirtschaftsentwicklung „über die Zukunft des Euro und der Weltwirtschaft“ entscheiden.
Der Chefökonom der Deutschen Bank, Thomas Mayer, gab Erläuterungen in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 25. Dezember unter der Überschrift „Das Jahr 2012 wird das Schicksalsjahr für den Euro“. Er sagte: „Zu Beginn des nächsten Jahres wird Italien in eine tiefe Rezession stürzen. Wenn es dem Land gelingt, da vor den Wahlen im Mai 2013 wieder herauszukommen - was ich erwarte -, dann kann Italien ein Vorbild für alle südeuropäischen Staaten werden. Ansonsten wird die Eurozone auseinanderbrechen.“
Lineare Projektionen der Bank Intesa SanPaolo zeigen 2012 einen Rückgang des italienischen BIP um 1%. Das Land muß in diesem Jahr 400 Mrd. Euro umschulden, und die EU fordert einen Abbau des Defizits auf Null bis 2013. Außerdem fordert sie, daß Italien seine Schuldenlast um jährlich 5% bis auf 60% verringert. Auch Ökonomen haben erkannt, daß diese Absichten absurd sind.
Mayer antwortete auf die Frage, ob in diesem Jahr ein Land aus der Eurozone austreten werde: „Mit der Möglichkeit muß man rechnen. Ein Austritt Griechenlands ist nicht mehr tabu.“ Es bestehe ein Risiko, daß dort nach der nächsten Wahl „eine Regierung kommt, die entweder nicht willens ist oder nicht fähig, den Anpassungsprozeß weiterzuführen. Dann würden vermutlich die Hilfsprogramme eingestellt. Und die Griechen müßten eigenes Geld drucken, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Dieses können sie Drachme nennen oder auch anders.“
Ein Auseinanderbrechen der Eurozone ist unausweichlich und notwendig. Aber das allein ist noch keine Lösung. Diese kann nur in einer kräftigen Erholung der Realwirtschaft liegen, und die Voraussetzung dafür ist eine Reform des bankrotten Finanzsystems durch ein Trennbankensystem.
eir