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Von Helga Zepp-LaRouche
Mit dem Fiskalvertrag würde unwiderruflich eine Brüningsche Sparpolitik zementiert, die die Realwirtschaft in ganz Europa in den Abgrund reißt, während gleichzeitig mit dem ESM ein außerhalb jeglicher demokratischer Kontrolle stehender, Hyperinflation produzierender Mechanismus geschaffen würde, der das Volksvermögen entwertet. Wir brauchen eine Volksabstimmung zur Wiedererlangung der Souveränität über die eigene Währungs- und Wirtschaftspolitik!
Der Countdown hin zu einer Katastrophe von beispiellosem Ausmaß läuft unerbittlich. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß wir durch die Kombination einer wachsenden Weltkriegsgefahr und der Zusammenbruchskrise des globalen Finanzsystems auf ein historisches Großereignis zusteuern, welches das Ende der menschlichen Zivilisation bedeuten könnte. Die Zeit verstreicht in gnadenloser Beharrlichkeit, ohne daß sich bisher angemessener Widerstand regt oder die meisten Menschen die drohenden Gefahren auch nur erahnen.
Anstatt zuzugeben, daß der Euro ein gescheitertes Experiment und die Kasinowirtschaft am Ende ist, drängen die EU, die deutsche Regierung und die Oppositionsparteien (außer der Linkspartei) darauf, so schnell wie möglich den Fiskalvertrag zur Einführung von Schuldenbremsen in allen EU-Staaten und den ESM-Vertrag durch den Bundestag ratifizieren zu lassen. Diese Politik ist ebenso inkompetent wie gefährlich, und sie muß unter allen Umständen verhindert werden. Denn mit dem Fiskalvertrag würde unwiderruflich eine Brüningsche Sparpolitik zementiert, die die Realwirtschaft in ganz Europa in den Abgrund reißt, während gleichzeitig mit dem ESM ein außerhalb jeglicher demokratischer Kontrolle stehender, Hyperinflation produzierender Mechanismus geschaffen würde, der das Volksvermögen entwertet. Die politischen und sozialen Folgen wären katastrophal - und würden vor allem Dingen die Kriegsdynamik beschleunigen. Es ist eine Sekunde vor zwölf, aber es ist noch nicht zu spät.
Der euphemistisch „Demokratiedefizit“ genannte Zustand in der EU und Europa hat eine so bedrohliche Dimension angenommen, daß zur vollständigen Diktatur nur noch ein einziger, winziger Schritt fehlt. Die Kombination von Fiskalunion und ESM ist ein so himmelschreiender Angriff auf die Verfassung, die demokratische Grundordnung und das Gemeinwohl der Bevölkerung zugunsten des hochspekulativen Finanzsystems, daß einen nur das kalte Entsetzen packen kann in Bezug auf das, was dies über die Regierungen und Parteien verrät, die dieses Paket durchpeitschen wollen. Wenn der ESM erst einmal ratifiziert ist, kann der Gouverneursrat jederzeit, auch gegen die deutsche Stimme, Zugriff auf die deutschen Staatsfinanzen nehmen - ohne Limit.
Nach einem anfänglichen Stammkapital von 800 Milliarden Euro (Art. 8), von dem in der ersten Phase 80 Milliarden Euro eingezahlt werden müssen und an dem Deutschland mit mehr als 27 % beteiligt ist, soll dieses periodisch erhöht werden; und im Notfall - also um etwa Staatsanleihen eines Euro-Risikostaates zu kaufen oder „systemische“ Banken mit Liquidität zu versorgen - kann der Gouverneursrat weitere Hunderte von Milliarden innerhalb von sieben Tagen „unwiderruflich und uneingeschränkt“ (Art. 9) anfordern. Falls die anderen Mitgliedstaaten nicht zahlen können - und die Liste dieser Länder wird immer länger -, wird der deutsche Steuerzahler einen immer größeren Anteil übernehmen müssen. Falls die Eurogruppe die Schaffung von Eurobonds, also die Vergemeinschaftung der neuen Schulden, beschließt, so ist dies nach Art. 21 bereits möglich und bedarf keiner weiteren Vertragsänderung.
Der ESM muß sich gegenüber niemandem verantworten, Gouverneursrat, Direktorat und Mitarbeiter sind immun, es gibt keine Veröffentlichungspflicht, Entscheidungen werden ohne jegliche Öffentlichkeit getroffen. Gouverneure und Direktoren können das Kapital nach Belieben und ohne Aufsicht investieren, keine Staatsanwaltschaft kann bei Inkompetenz oder Betrug eingreifen. Die Höhe der Gehälter des Gouverneursrats ist geheim und unterliegt nicht der nationalen Einkommensteuer, es ist auch keinerlei Finanzaufsicht zuständig, die die Qualifikation des Rates überprüfen könnte.
In Kombination mit dem ESM ist der Fiskalvertrag tödlich. Ganz so, wie schon der Vertrag von Lissabon hinter dem Rücken der Öffentlichkeit durchgezogen wurde, wurde auch der Fiskalvertrag in höchster Eile und ohne Konsultationen der nationalen Parlamente oder gar der Bevölkerung von den Staats- und Regierungschefs beschlossen. Mit der Einführung von nationalen Schuldenbremsen und automatischen Korrekturmechanismen wird die EU-Kommission in Zukunft dafür sorgen, daß auch bei schwerwiegenden Wirtschaftsabschwüngen automatisch die Ausgaben gekürzt werden, außerdem wird sie die Prinzipien für unabhängige Überwachungsinstitutionen vorgeben. Mitgliedsstaaten können sich gegenseitig vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen, aber auch die Kommission wird ein Klagerecht erhalten. Es ist kein Kündigungsrecht vorgesehen; einzelne Mitgliedstaaten können nicht den Vertrag einseitig aufkündigen, er kann nur einstimmig von allen Mitgliedsstaaten aufgehoben und geändert werden.
Vom Standpunkt der physischen Wirtschaft ist die Kombination ESM-Fiskalvertrag so grauenhaft inkompetent und falsch, daß der Verdacht nahe liegt, daß die Absicht ihrer Architekten, also der Finanzoligarchie, eine ganz andere ist, als sie vorgeben. Einerseits wird die Hyperinflation in Gang gesetzt, um die Banken zu retten; andererseits werden die Staatsschulden, die zuvor durch die Rettung der Banken entstanden sind, durch Kürzungen auf die Realwirtschaft und das Gemeinwohl abgewälzt. Geht es hier nur darum, Zeit zu gewinnen (vielleicht bis ein neuer Krieg die Voraussetzungen für eine Neuordnung schafft?), oder soll die Entwicklung der Gesellschaft auf das Niveau der Feudalgesellschaft im Mittelalter zurückgefahren werden - oder beides?
Die Konsequenzen dieser Politik sind offensichtlich für jeden, der sie sehen will. Otmar Issing, ehemaliger Chefökonomen der Bundesbank, brachte es bei einer Veranstaltung anläßlich des 60jährigen Bestehens der Börsenzeitung auf den Punkt: Das ganze Konzept, ein von einer zentralisierten Bürokratie kontrolliertes „vereintes Europa“ per Fiskalunion zu erzwingen, indem die Bevölkerung mit dem Argument der Dringlichkeit der Krise erpreßt wird, sei von Anfang an falsch und könne nur zum Desaster führen. Wer auch immer Eurobonds propagiere, solle so ehrlich sein, der Bevölkerung auch die Folgen mitzuteilen: Enteignung, Inflation und Verlust der Souveränität. Der Herausgeber der Börsenzeitung, Claus Döhring, sprach sogar das H-Wort aus - Hyperinflation!
Wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Kommentar zu diesem Thema betont, enthält der Fiskalvertrag keine Bestimmung über Beendigungsmöglichkeiten. Genau darüber triumphierte Frau Merkel während einer Pressekonferenz im Kontext des Eurogipfels am 31. Januar 2012: „Es geht darum, daß die Schuldenbremsen dauerhaft in die Rechtsordnungen eingefügt werden, daß sie bindend und ewig gelten.“
Zum wiederholten Male stellt sich die Frage: Was um Himmels willen motiviert diese Frau? Wieso verfolgt sie eine Politik, die so haarsträubend gegen die deutschen Interessen verstößt? Hat sie das Lissabon-Urteil des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts nicht gelesen, das ausdrücklich eine weitere Kompetenzübertragung an Brüssel an die Notwendigkeit eines Referendums über eine Verfassungsänderung geknüpft hat? Und wieso will sie Ewigkeitsrechte für die Fiskalunion, wenn Karlsruhe in demselben Urteil explizit befunden hat, daß dieser Ewigkeitscharakter nur den Grundrechten zukommt, und diese in der Befugnis des Grundgesetzes bleiben und nicht an den EU-Vertrag abgegeben werden dürfen?
Es ist gut, wenn jetzt Ökonomen wie Issing, Staatsrechtler, Analysten, die Linkspartei und andere anfangen, sich zum Widerstand zu formieren, bevor das Kind endgültig in den Brunnen fällt. Genauso wichtig aber ist es, sich darüber klar zu werden, daß die Ungeheuerlichkeit, die uns jetzt mit dem ESM-Fiskalvertrag-Paket droht, von Anfang an von den Architekten des Maastrichter Vertrags und der Europäischen Währungsunion beabsichtigt war. Issing irrt, wenn er meint, der einzige Fehler sei gewesen, die Kriterien des Maastricht-Vertrags nicht eingehalten zu haben. Jacques Attali, damaliger Berater von Mitterrand, hat offen zugegeben, man habe bewußt einen Geburtsfehler in das Konzept der Europäischen Währungsunion eingebaut, um die damals nicht vorhandene politische Union Europas später zu erzwingen.
Nach dem Kollaps der Sowjetunion ging es der anglo-amerikanisch dominierten Finanzoligarchie von vorneherein darum, ein Welt-Empire auf der Basis der anglo-amerikanischen Sonderbeziehung zu errichten. Dazu gehörte die Politik des Regimewechsels gegen alle Regierungen, die nicht bereit sind, sich diesem Empire zu unterwerfen, ebenso wie die Selbsteindämmung des wiedervereinigten Deutschlands in die Zwangsjacke des Maastrichter Vertrags. Die Absicht war von vorneherein (nach den Worten von Robert Cooper, dem Berater der sogenannten EU-Außenministerin Lady Ashton), die expandierende EU in das größte Empire der Geschichte zu verwandeln. Die Abscheulichkeit des ESM-Fiskalvertrag-Pakets ist nur die vorletzte Konsequenz dieser Absicht. Die allerletzte Konsequenz bestünde darin, eher einen neuen Weltkrieg zu provozieren, als dem Untergang des eigenen Empires zuzusehen, auch wenn man damit das Ende der Zivilisation riskiert.
Die einzige Alternative besteht in der sofortigen Einführung eines Trennbankensystems in der Tradition des Glass-Steagall-Gesetzes von Franklin D. Roosevelt, und eines Kreditsystems, das ausschließlich der Finanzierung von Investitionen in wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt für die Verbesserung der Produktivität von Industrie und Arbeitsplätzen dient. Dazu gehört die Rückkehr zu einem System der festen Wechselkurse und langfristige multilaterale Kooperation zwischen souveränen Nationen für die Rekonstruktion der Weltwirtschaft.
Die Bevölkerung muß in einer Volksabstimmung darüber befinden dürfen, welche Währung sie haben möchte, welche Verfassung, und in welcher Art von Staat sie leben möchte. Der Art. 20 des Grundgesetzes gibt uns das Recht auf Widerstand gegen jeden, der den Charakter Deutschlands als demokratischen und sozialen Staat bedroht. Art. 146 verlangt angesichts der endgültigen Verlagerung von Kompetenzen an Brüssel eine Volksabstimmung.
Für eine Volksabstimmung zu ESM, Fiskalvertrag, den EU-Verträgen von Maastricht bis Lissabon, Euro, bzw. Wiedererlangung der Souveränität über die eigene Währung- und Wirtschaftspolitik!
Diesen Coupon bitte abtrennen und einsenden an:
Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Postfach 221128, D-55050 Mainz.
Sie können den Aufruf auch online unterzeichnen über die Internetseite der BüSo, http://bueso.de/aufruf-esm-fiskalpakt.
Ich unterstütze den nebenstehenden Aufruf zu einer Volksabstimmung über den ESM und die Fiskalunion.
Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich auch einverstanden, daß mein Name als Unterzeichner veröffentlicht wird, z.B. in Zeitungsanzeigen. (Diesen Satz ggf. streichen.)