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Neue Solidarität
Nr. 13, 28. März 2012

Vorsichtiges Tasten zum Trennbankensystem

Die SPD hat im Bundestag eine kleine Anfrage zum Trennbankensystem gestellt, die inzwischen von der Bundesregierung beantwortet wurde.

Als im vergangenen Oktober Zehntausende von Menschen an den Occupy-Demonstrationen teilnahmen und begeistert auf den Vorschlag der BüSo reagierten, statt der endlosen Bankenrettungs- und Sparpakete ein Trennbankensystem nach dem Vorbild des Glass-Steagall-Gesetzes der Roosevelt-Ära einzuführen, meldeten sich eilig auch etablierte Politiker wie die Vorsitzenden von SPD und CSU, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer, zu Wort und bekannten sich - wenigstens verbal - ebenfalls zum Trennbankensystem.

Das Thema verschwand damals jedoch sehr schnell wieder in der Versenkung, vermutlich, weil die Finanzwelt Gabriel, Seehofer & Co. zu verstehen gab, daß sie von solchen Ideen gar nichts hält.

Um so mehr muß es überraschen, daß es inzwischen tatsächlich einen Vorstoß für ein Trennbankensystem im Deutschen Bundestag gegeben hat - oder vielmehr ein Vorstößchen, denn eine kleine Anfrage an die Bundesregierung ist natürlich noch lange keine Gesetzesvorlage. Aber immerhin: Im Februar richtete die Bundestagsfraktion der SPD in einer kleinen Anfrage 42 Fragen zum Trennbankensystem an die Bundesregierung, die Anfang März auch beantwortet wurde.

Einleitend heißt es in der Anfrage: „Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und ihrer Ursachen muß über die Vor- und Nachteile der beiden Ordnungsalternativen für das Bankwesen, nämlich das Trennbankensystem und das Universalbankensystem, neu diskutiert werden.“

Nach einer kurzen Charakterisierung des in Deutschland bestehenden Universalbankensystems wird auf die Geschichte des Trennbankensystems in den USA eingegangen. „Mit dem Glass-Steagall Act ist Anfang der dreißiger Jahre das Trennbankensystem durch zwei Bundesgesetze eingeführt worden. Insbesondere das zweite Gesetz, der Banking Act of 1933, etablierte die institutionelle Trennung zwischen dem Einlagen- und Kreditgeschäft und dem Wertpapiergeschäft.

Vergleichbar mit der heutigen Situation waren während der Bankenkrise von 1929 bis 1933 durch die starke Integration und Vernetzung zwischen dem Investment- und Commercial-Banking massive Verluste sowohl auf der Wertpapierseite als auch durch Kursstürze auf der Kreditseite, die zu Kreditausfällen führten, zu konstatieren. Durch die Trennung sollten sich diese Ereignisse nicht wiederholen. Das Trennmodell war bis in die neunziger Jahre sehr effektiv. Danach kam es zu Veränderungen im System.“

Diese Veränderungen würden in den USA „unter dem Einfluß der aktuellen Finanzkrise seit 2008“ allerdings wieder in Frage gestellt, doch geht die SPD nicht auf die verschiedenen Initiativen im Kongreß zur Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes ein.

Vielmehr wird gegen Ende der Einleitung des Antrags die britische Vickers-Kommission erwähnt, die im September 2011 eine Empfehlung zum sogenannten „ring-fencing“, d.h. der Abschirmung vor den Spekulationsrisiken, abgab, die allerdings sehr viel milder und nicht so durchgreifend wie Glass-Steagall ist, womit sich die berechtigte Frage stellt, ob so etwas überhaupt effizient wäre. Jedenfalls, so die SPD, müsse „die Frage nach der zukünftigen Bankenstruktur... auch an die Bundesregierung gestellt werden“.

42 Fragen

Die Antworten der Bundesregierung auf die 42 konkreten Fragen zur Bankentrennung verlaufen mehr oder weniger alle nach dem Schema „Genaues kann man nicht sagen, aber wir begrüßen die Diskussion.“ Die Frage nach der Einrichtung einer Kommission zur Bankentrennung in Deutschland wird mit der Aussage beantwortet: „Vor kurzem hat die EU-Kommission eine Kommission mit hochrangigen Experten zur Prüfung möglicher Strukturreformen im Bankenbereich eingesetzt... Eine parallel hierzu auf nationaler Ebene tätige Kommission wäre zurzeit nicht zielführend.“

Ein Argument der Bundesregierung dafür, daß ein Trennbankensystem für Deutschland eigentlich nicht angebracht sei, ist die Aussage, daß in Deutschland Genossenschaftsbanken und Sparkassen dominieren, die „mit einer besonderen Ausrichtung auf das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft die breite Versorgung von Privatkunden sowie besonders von kleinen und mittleren Unternehmen sichern“. Allerdings muß sie zugeben, daß auch Genossenschaftsbanken und Sparkassen nach dem Universalbankensystem eingerichtet sind.

Vollends banal wird die Argumentation der Bundesregierung zu zukünftigen „Risiken für das Gesamtsystem“ durch „Refinanzierung und Vernetzung“ im Bankwesen, die auch bei einem Trennbankensystem noch bestünden. „Lehman Brothers z.B. war eine reine Investmentbank, deren Zusammenbruch gleichwohl aufgrund ihrer Vernetzung gravierende Auswirkungen hatte. Auch im Trennbankensystem unterliegen Institute also einem Insolvenzrisiko...“

Mit einer weiteren Banalität beantwortet die Bundesregierung die Frage nach dem Eigenhandel der Banken mit Staatsanleihen und Wertpapieren: „Im Interesse der Sicherstellung der Liquidität des Marktes befürwortet die Bundesregierung den Eigenhandel mit Staatsanleihen. Eine hohe Liquidität des Marktes hat insbesondere den Vorteil, daß sie die Finanzierungskosten für die öffentlichen Haushalte senkt...“

Die letzten Fragen beziehen sich auf ein Papier für ein Trennbankensystem des bayerischen Finanzministers Markus Söder, über das die Süddeutsche Zeitung am 13. Januar 2011 unter der Überschrift „Fair Finance“ berichtet hatte. Die Antwort der Bundesregierung dazu lautet nur, daß sie es begrüße, wenn „der Diskussionsprozess engagiert geführt wird“. Das bayerische Finanzministerium dementierte auf Anfrage die Existenz eines solchen Papiers.

Da ist man beruhigt, daß zumindest die Existenz des Finanzministers nicht bestritten wird.

hpm

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Kernthema: Glass-Steagall
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