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Im dänischen Parlament bildet sich eine Mehrheit für die Einsetzung einer „Angelides-Kommission“.
Immer mehr Menschen in aller Welt werden aktiv, weil sie nicht hinnehmen wollen, daß der Wirtschafts- und Finanzkollaps ihnen ihre Zukunft raubt, und in diesem Zusammenhang zeichnet sich in Dänemark eine neue Entwicklung ab, die auch international bedeutsam ist. Wie das nationale Radio am 21. Februar berichtete, gibt es jetzt im Parlament, dem Folketing, eine Mehrheit für die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Vorgänge im Finanzsektor.
Die beiden Regierungsparteien - die liberale Venstre und die Konservative Volkspartei - und der Bankenverband sind gegen eine solche Untersuchungskommission, die Parteien der linken Opposition sind schon seit einiger Zeit dafür. Jetzt hat sich auch die rechte Dänische Volkspartei, die gewöhnlich die Minderheitsregierung stützt, dafür ausgesprochen.
Damit ist der Weg frei für eine umfassende Untersuchung in Dänemark, am besten nach dem Vorbild der vom früheren Finanzminister Kaliforniens, Phil Angelides, geleiteten Untersuchungskommission zur Finanzkrise (FCIC) des US-Kongresses, die Ende Januar ihren Abschlußbericht veröffentlichte.
Die Entscheidung der Volkspartei erfolgte vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der neuntgrößten Bank Dänemarks, Amagerbanken. Wenige Tage zuvor hatte die LaRouche-Bewegung in Dänemark allen Abgeordneten im Parlament die neueste Kampagnenzeitung des Schiller-Instituts mit der Forderung nach einer „dänischen Angelides-Kommission“ als Schlagzeile zugestellt. Der Vorsitzende des Schiller-Instituts, Tom Gillesberg, hatte schon am 28. Januar vor dem Europa-Ausschuß des Parlaments zu dem Thema gesprochen.
Die Kampagnenzeitung, die in einer Auflage von 60.000 Exemplaren verteilt wird, enthält u.a. diesen Aufruf Gillesbergs: „Wir brauchen in Dänemark eine finanzielle Untersuchung wie die Angelides-Kommission, die die tiefverwurzelte Inkompetenz der Politiker, der Finanzwelt und der staatlichen Autoritäten im Umgang mit der Finanzkrise in den letzten Jahren aufdeckt und dokumentiert.“
In dem Heft wird ausführlich über die Schlußfolgerungen der Angelides-Kommission berichtet, dazu enthält es den Text von Lyndon LaRouches Internetforum vom 22. Januar und Gillesbergs Erklärung im Parlament vom 28. Januar. (Auf der Internetseite der BüSo finden Sie unter www.bueso.de/node/9624 ein Video mit Tom Gillesberg zu den jüngsten Entwicklungen in Dänemark.)
Die Radiomeldung beruht auf einem Artikel im Wochenblatt der dänischen Gewerkschaften, A4, mit der Überschrift „Politiker werden alles über die Finanzkrise aufdecken“. Dort wird auch über die amerikanische Untersuchung berichtet:
„In den letzten Jahren haben Ökonomen in den USA und mehreren Ländern Europas die Finanzkrise um und um gedreht, um Antworten zu finden, wie eine neue Krise vermieden werden kann. Aber hier bei uns hat sich die Regierung bisher geweigert, die Ursachen der Finanzkrise aufzudecken. Nun zeigt sich jedoch, daß es eine politische Mehrheit für die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchung der Finanzkrise in Dänemark gibt...
Mehrere Länder haben ihre Untersuchung der Finanzkrise bereits abgeschlossen. Die Studien, die die meiste Aufmerksamkeit gefunden haben, kommen aus den am härtesten betroffenen Ländern wie Irland oder Island, aber auch in Frankreich, Norwegen, England und Holland wurde die Finanzkrise untersucht. Schließlich hat die US-Kommission zur Untersuchung der Finanzkrise im Januar ihren Bericht vorgelegt.“
Durch den Krach der Amagerbank wird die Regierung umgerechnet mindestens 900 Mio. Euro verlieren, die der Staat erst vor drei Monaten in die Bank gesteckt hatte. (Dänemark ist kein Euroland, der Euro wurde 2000 in einem Referendum abgelehnt.) Am 28. Januar, zehn Tage vor dem Kollaps von Amagerbanken und einen Tag nach der Vorlage des Angelides-Reports, konnte das Schiller-Institut vor dem Europa-Ausschuß des Parlaments Stellung zur Finanzkrise nehmen und dabei auf die Schlüsse und die Bedeutung der Angelides-Kommission hinweisen. Die Stellungnahme wurde über den Internetkanal des Parlaments ausgestrahlt.
Das dänische Schiller-Institut ist im ganzen Land und im Parlament bekannt für seine zahlreichen Stellungnahmen auf der Grundlage von Lyndon LaRouches Warnungen vor dem Finanzkollaps und seinen Vorschlägen für die Wiederherstellung der Wirtschaft, nicht zuletzt durch ein Trennbankensystem. Die Parlamentarier erinnern sich auch an die weitsichtigen Slogans, mit denen die „Freunde des Schiller-Instituts“ in die drei letzten Wahlkämpfe in Dänemark gezogen waren: „Wenn die Blase platzt - ein Neues Bretton Woods“ (2005), „Nach dem Finanzkrach - eine Magnetbahn über das Kattegat“ (2007) und „Wirtschaftskollaps: Nur ein neues Kreditsystem kann Dänemark retten“.
Nachdem Sozialdemokraten und Sozialisten schon länger dafür waren, hat nun auch die Dänische Volkspartei ihre Unterstützung erklärt. Der Vizepräsident der Partei, Peter Skaarup, sagte A4, eine Kommission solle „die Torheiten und Fehler in der Krise untersuchen. In diesem Zusammenhang läßt sich die Rolle der Banken nicht umgehen.“
Der Finanzsprecher der Sozialdemokraten, Morten Bødskov, wird in A4 zitiert: „Wir haben in den achtziger und neunziger Jahren und in jüngster Zeit größere Finanzkrisen in Dänemark erlebt. Jedesmal sah man hohe Verschuldung im Immobiliensektor, äußerst kreative Finanzinstrumente, Bankmanagements, die hochriskante Investitionen genehmigen, und eine staatliche Finanzaufsicht, die hinterherhinkt. Wir wollen das einfach nicht noch ein viertes Mal erleben. Deshalb ist eine Kommission notwendig.“
Der Ökonom Jesper Rangvid von der Copenhagen Business School betont, die Kommission müsse auch Empfehlungen aussprechen, wie künftige Finanzkrisen zu vermeiden seien: „Was haben die dänischen Banken in den Jahren vor der Krise getan, um sich vor riskanten Krediten zu schützen, und waren die Regeln dafür angemessen?“ Die Regierung mache es falsch, wenn sie neue Gesetze vorbereite, ohne vorher die Ursachen der Krise und insbesondere die Rolle der Banken zu untersuchen. Ein anderer Ökonom, Jacob Funk Kierkegaard vom Peterson Institute for International Economics, kritisierte, es habe in Dänemark praktisch keinerlei Versuch einer Machtprobe mit den Banken gegeben.
Der Sprecher der Sozialistischen Partei, Ole Sohn, hob besonders die Rolle der Regierung hervor, etwa durch Zulassung von „Nur-Zins-Hypotheken“ (mit Tilgung erst nach mehreren Jahren), die zur Entstehung der Eigenheimblase beitrugen.
Nach der neuesten Fassung der Finanzgesetze, dem „Bankenpaket III“ der Regierung, war Amagerbanken die erste europäische Bank seit dem Kollaps der isländischen Banken, deren Sparer und Anleger Geld verloren. Sparguthaben werden nur bis 100.000 Euro voll erstattet, bei höheren Summen und bei den vorrangigen Anleihen verlieren die Anleger ca. 41%.
Die dänische Finanzaufsicht hat selbst erklärt, daß wahrscheinlich noch weitere Banken krachen werden. Tatsächlich wurde schon einen Tag nach der Radiomeldung über die Untersuchungskommission bekannt, daß die nächste Bank, Aarhus Lokalbank, am Ende ist. Die Bank hat praktisch selbst öffentlich zugegeben, daß sie bankrott ist, versucht aber mit einem Trick Zeit zu gewinnen, indem sie Anleger überredet, die Anleihen der Bank in Aktien umzuwandeln (was für diese im nur allzu wahrscheinlichen Fall des formellen Bankrotts eine große Verschlechterung bedeutet). Der Vorstandsvorsitzende sprach laut dem Bericht der Finanzzeitung Boersen von 2010 als einem „annus horribilis“. Die Bank hat wegen Abschreibungen im Immobiliensektor und bei Landwirtschaftskrediten einen Verlust von 40 Mio.Euro gemacht. Damit fällt sie unter „rote Linie“, die ihr die staatliche Bankenaufsicht im letzten Jahr gesetzt hat. Die Aufsicht gibt ihr trotzdem noch etwas Zeit, frisches Kapital aufzutreiben. Der dänische Staat hat sich bereit erklärt, das „Hybridkapital“, das die Bank ihm schuldet, in Aktien umzutauschen, womit der Staat 67% der Bank besitzt. Es bleibt abzuwarten, ob auch die anderen Investoren zustimmen, aber die Bank sagt ganz offen, daß selbst dann noch die Gefahr der Pleite besteht. Die Aktie der Bank stürzte an diesem Tag um 28% ab, seit Jahresbeginn ist sie um 65% gefallen.
Auf einer Liste der „18 gefährdetsten europäischen Banken“, die von der Brüsseler Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel erstellt wurde, stehen auch zwei führende Banken Dänemarks, die „zu groß zum Scheitern sind“, d.h. deren Bankrott eine Systemkrise auslösen würde: die skandinavische Großbank Nordea und die Danish Bank.
Das Schiller-Institut wird weiter auf der Einsetzung der dänischen „Angelides-Kommission“ und einem Trennbankengesetz bestehen, u.a. durch die Verbreitung der Kampagnenzeitung und des Videos des LaRouche-Aktionskomitees zu den Ergebnissen der Angelides-Kommission.
Michelle Rasmussen