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Währung. Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos kam es zu einer interessanten Debatte zwischen dem Euro-Kritiker Wilhelm Hankel und EZB-Chef Jean-Claude Trichet.
Die wichtigste Diskussion, die beim Weltwirtschaftsforum in Davos stattfand, wurde von den Massenmedien verschwiegen. Es war eine Podiumsdiskussion über die Zukunft des Euro am 28. Januar - weitgehend eine Konfrontation zwischen EZB-Chef Jean-Claude Trichet und Prof. Wilhelm Hankel, einem der fünf Professoren, die in Deutschland Verfassungsklage gegen den Bankenrettungsfonds der EU eingereicht haben. Hankel erhielt Applaus von dem dichtgedrängten Publikum, als er wiederholt erklärte, der Euro sei ein „lebender Leichnam“, und die Versuche, ihn zu retten, würden die Demokratie in Europa zerstören. Trichet und andere Teilnehmer der Diskussionsrunde, darunter der bekannte Ökonom Nouriel Roubini, hatten Hankels Argumenten wenig entgegenzusetzen.
„Ich komme aus einem Land“, sagte Hankel, „das noch nach 80 Jahren unter dem tragischen Fehler leidet, daß eine Regierung versucht hat, öffentlich zu sparen und gleichzeitig Schulden zurückzuzahlen. Das war die Regierung, bevor Hitler kam in Deutschland. Und wir wissen seit dem deutschen Debakel, daß es einen großen Unterschied macht, ob eine Volkswirtschaft spart - wenn sie das tut, dann muß sie Einkommen kürzen, dann muß sie Abgaben kürzen; das mag alles für ihre Seriösität als Schuldner beitragen, aber es trägt nicht dazu bei, daß ein solches Land die Schulden, die es bereits hat, zurückzahlen kann. Und was ich fürchte... ist, daß diese Politik der Rettungsschirme nicht - schon das Wort Rettung ist falsch - nicht rettet, sondern die betreffenden Volkswirtschaften noch tiefer in die Krise stürzt, und damit Europa in ein unlösbares Problem, daß nämlich alle Schulden, die bisher gemacht worden sind... nicht mehr zurückgezahlt werden können, und das wäre dann das Ende des Euro.“
Er spreche jedoch nicht nur als deutscher Volkswirt, sondern auch als Demokrat. Der Staat habe zwei Arme, um der Bevölkerung zu helfen: den Staatshaushalt und die Währung. Beides müsse der Staat nutzen, um möglichst viel Wohlstand in seiner Wirtschaft herzustellen, aber ohne eigene Währung sei ihm ein Arm genommen.
Später wurde Hankel von der Moderatorin gebeten, seine Lösungsvorschläge darzulegen. Hankel antwortete:
„Ich denke, guter Wille, wie ihn Herr Präsident Trichet immer gezeigt hat, ersetzt keine Fakten. Und die Fakten sind: Wir haben eine Eurokrise, weil die den Euro tragenden Staaten zu zwei Drittel entweder schon bankrott sind oder sehr nahe bankrott sind, und das kann man nicht wegreden. Das kann man auch nicht schönreden.
Und das ergibt sich daraus, daß wir mit der Währungsunion etwas geschaffen haben, was in meinen Augen völlig ungeheuerlich ist, denn es hat niemals so etwas in der ganzen Welt- und Geldgeschichte gegeben. Alle großen Währungsbündnisse, ob Bretton Woods, Goldstandard, ob die Nordische Union oder die mal von Frankreich inszenierte Lateinische Münzkonvention - das waren Wechselkursbündnisse, die Staaten haben nie die Währung aus der Hand gegeben, sondern nur den Außenwert der Währung, den Wechselkurs aus der Hand gegeben.
In der Eurozone haben wir nun die Währung aus der Hand gegeben, in Hände von Leuten, die zuhause keine demokratische Legitimation haben. Und so richtig es ist, was Präsident Trichet sagt - wir brauchen Surveillance über das Budget -: das bedeutet eine Entdemokratisierung, denn die Surveillance über das Budget, das muß das nationale Parlament machen, nicht eine Kommission und auch keine Zentralbank.“
Das bedeute, daß man ein tiefgreifendes Verfassungsproblem in Europa habe, und das führe zu der Frage: „War es klug, eine Währungsunion einzuführen? Und die Lösung ist furchtbar einfach: Wenn man die Währungsunion aufgibt, führt man in allen Staaten das Budget - das ist das Parlament - und die Währung - das ist die Zentralbank - wieder zusammen. Und da sieht der neue Vertrag von Lissabon auch zwei ideale Möglichkeiten vor: Griechenland - und jedes andere Land, kann in die andere Kammer der EU eintreten, nämlich da, wo es eine eigene Währung und einen Wechselkursmechanismus gibt, das nennt man das ,WKM 2’. Oder aber wir könnten kollektiv zurückgehen zu einem System, was 40 Jahre Prosperität in Europa gebracht hat, und das war das Europäische Wechselkurssystem, in dem jeder seine Währung hatte und nur die Wechselkurse arrangiert wurden. Wir hatten den ECU und nicht den Euro, und ich plädiere dazu, Frau Wille, aus dem Euro wieder einen ECU zu machen.“
In seiner Antwort konnte Trichet nur seine übliche Litanei wiederholen, der Euro sei ein Erfolg, weil er die Inflation in Rekordtiefen gehalten habe. Aber schon bei der monatlichen Pressekonferenz der EZB am 3. Februar in Frankfurt vernichtete Trichet selbst sein einziges Argument, indem er bekanntgab, die EZB erwarte, daß die Inflation in den kommenden zwölf Monaten das Ziel von 2% übersteigen werde.
Bei dieser Veranstaltung bat Claudio Celani von EIR den EZB-Chef um einen Kommentar zu den Schlußfolgerungen des Angelides-Berichtes und verlas eine Passage aus dem Bericht. Trichet versuchte interessanterweise, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, indem er sagte, er stimme mit dem Bericht darin überein, daß die Krise vorhersehbar und vermeidbar gewesen sei. Er behauptete sogar, die EZB und alle anderen Zentralbanken hätten bei einer Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich 2007 vor der bevorstehenden Krise gewarnt. Das widerspricht den Aussagen des Angelides-Berichtes, der den Zentralbanken vorwirft, sie hätten u.a. darin versagt, die Krise vorherzusehen und zu verhindern, und sie hätten den Banken ein kriminelles Verhalten gestattet.
Wie schon zuvor in der Diskussion über den Euro in Davos wurde die offizielle Antwort der EZB auf den Bericht der Angelides-Kommission über die Ursachen der Finanzkrise von den Massenmedien ausgeblendet.
eir