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Neue Solidarität
Nr. 6, 9. Februar 2011

Den Berliner Wahlkampf weltweit führen!

Im Wortlaut. Stefan Tolksdorf wurde auf dem BüSo-Landesparteitag in Berlin zum Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahlen im September gewählt. Seinen Rechenschaftsbericht benutzte er dafür, die Wahlstrategie der BüSo zu umreißen. Es folgt der leicht bearbeitete Wortlaut seiner Rede.

In gewisser Weise erklärt sich ein Teil der Rechenschaft, die wir hier pflichtig sind, aus den Dingen, die bereits erwähnt wurden, und ich bin ganz dankbar, daß das alles schon geschehen ist. Ich will nur noch einmal daran erinnern: Der Sieg über die Reform, die im Berufsrecht der Ärzte vorgenommen werden sollte, den gerade wir errungen haben, ist noch nicht komplett, einfach weil der Grund der geplanten Änderung noch nicht beseitigt ist: nämlich die Sparpolitik.

Wenn man sich andererseits den von Helga bereits angeführten Angelides-Bericht anschaut, kann man wirklich sagen: Was ist angesichts dieses Berichtes die „politische Leitlinie“ der letzten zwei Jahre? Auch ganz konkret zu dem, was uns Frau Merkel immer über die „Alternativlosigkeit“ der Maßnahmen gesagt hat, die sie ergriffen hat.

Um einmal etwas Kontrast hier hereinzubringen: Ich weiß nicht, ob sich jemand von Ihnen die Mühe gemacht hat, sich die Rede zur Lage der Nation anzuschauen, die Präsident Obama gehalten hat. Das war einige Tage, nachdem Lyndon LaRouche in den USA seine eigene Rede zur Lage der Nation gehalten hat - und der Kontrast kann gar nicht größer sein zwischen diesen beiden.

Ich will nur einmal vorwegschicken: Wenn hier jemand ist, der denkt, Obama sei ein guter Redner, dann muß ich leider sagen, derjenige leidet an Geschmacksverirrung und sollte schleunigst überdenken, ob er das wirklich meint. Es ist schrecklich, was Obama macht. Er guckt nach links und rechts und liest von seinem Teleprompter Dinge ab, die er offensichtlich (a) nicht versteht und (b) auch nicht glaubt.

Denn er sagte ja: „Wir haben der Krise den Rücken gebrochen!“; auf Deutsch gesagt: „Wir haben die Krise geknackt!“, „Wir sind auf dem Weg zum Aufschwung“. Woran sieht man das? An den Börsenwerten! Die Börsen sind wieder oben! Und die „Corporate Profits“ - also die Firmengewinne, die damit einhergehen - sind auch wieder ganz oben. Das ist unser Maßstab. Wie sichern wir die Krise? Indem wir den Haushalt ausgleichen und Sparmaßnahmen verhängen.

Bei solchen Reden entsteht immer eine gewisse Spannung, weil man etwas erwartet. Man denkt, der arbeitet auf einen gewissen Punkt hin, er baut eine gewisse Spannung auf, aber wie das bei solchen Leuten halt ist, da passiert nichts. Es hält einfach eine unbeschreibliche Langeweile Einzug.

Berliner Wahlkampf weltweit

Es wurde schon ein paarmal angesprochen: Wir machen hier in Berlin eine nationale Kampagne, ja eine weltweite Kampagne. Und ich kann Ihnen versichern, daß das, was Frau Zepp-LaRouche vorhin dargelegt hat, eine Lektion in Staatskunst einer Art war, die Sie für kein Geld der Welt irgendwo bekommen. Deswegen sollten Sie die Chance nutzen, mehr aus ihr herauszukriegen, solange sie heute hier ist. Dabei müssen Sie überlegen, welche enorme Höhe wir erstiegen haben, einerseits im Blick auf die Ursachen des Problems, aber auch gleichzeitig auf die Möglichkeiten der Veränderung der ganzen Sache.

Ich habe für einiges hiervon ein paar Ideen, die man in gewisser Weise einüben kann. Wenn wir solche Treffen machen wie hier, dann geht es nicht darum, daß wir alle hier sitzen und uns lange etwas anhören, sondern darum, ob es gute Ideen gibt. Und wenn die Ideen gut sind, wie macht man sie sich am besten und am schnellsten zueigen?

Wir haben diesen Anspruch, und außerdem stehen wir vor der Notwendigkeit, daß wir zwar in Berlin eine Kampagne machen, aber eigentlich nicht für Berlin, sondern von Berlin für Deutschland und die ganze Welt. Das heißt, diejenigen, die uns gut zuhören müßten, sitzen u.a. in der Bundesregierung, im Bundestag und im Kanzleramt, wo ja offensichtlich einige Verwirrung herrscht - vor allem, wenn man sich überlegt, daß Frau Merkel zum Jahresbeginn die falsche Rede gehalten hat; das ist peinlich.

Andererseits habe ich neulich einen Artikel von Herrn Martenstein [im Berliner Tagesspiegel] gelesen, der Berlin als das Mogadischu Europas bezeichnet, was ich eigentlich ganz zutreffend fand. Er ist bekannt für seine spitze Zunge, aber er sagt, wir haben ein Transportsystem, das nur dann funktioniert, wenn es gerade nicht schneit oder nicht irgendein anderer dummer Zufall passiert, was damit zusammenhängt, daß wie früher im Kolonialreich die lokalen Eliten quasi die Führung übernommen haben, nachdem die Besatzungsmacht weg war. So ist es in verschiedenen ehemaligen Kolonien tatsächlich geschehen: Es funktionierte einfach nichts mehr, weil die lokalen Eliten sich darauf konzentrieren, sich den Bauch vollzustopfen, Partys zu feiern und dergleichen.

Ich glaube, man lehnt sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt: „Von Berlin an sich ist nichts zu erwarten.“ Man kann noch froh sein, wenn man durch die Stadt durchkommt, irgendwie, aber ansonsten ist es einfach so: Der Laden ist tot, da passiert nichts. Genauso auf der noch kleineren, lokalen Ebene. Vergleichen wir einmal das, was Sie hier heute gehört haben, mit der Diskussion über Flugrouten und dem ganzen anderen Kleinkram - wirklichem Kleinkram -, mit dem die Leute heiß gemacht werden. Das sind Dinge, die vielleicht im unmittelbaren Umfeld ein Thema sein können, die aber nichts mit der Krise zu tun haben.

Und außerdem: Erinnert sich noch jemand an den Bankenskandal in Berlin? Das ist schon knappe zehn Jahre her. Die Bankgesellschaft Berlin war ja ein Sparschweinchen, ein Kinderspielzeug im Vergleich mit dem, was wir jetzt alleine in Europa an Rettungspaketen haben. Die Größenordnung ist einfach enorm.

Weil Berlin aber nun Gastgeber der Bundesregierung ist, sollten wir diese Funktion als Gastgeber auch verantwortlich ausüben. Ein Gastgeber hat verschiedene Pflichten und Rechte dem Gast gegenüber, er weist z.B. die Gäste darauf hin, wo sie ihre Jacken hinhängen sollen und dergleichen; er sorgt auch dafür, daß manchmal die Fenster geöffnet und die Aschenbecher geleert werden, und er sagt, wann die Feier vorbei ist und die Gäste bitte wieder nach Hause gehen sollen. Er sagt vor allem, wie man sich benimmt und welche Art von Diskussion man am Tisch führt, und welche nicht.

Dann könnte eine Diskussion darüber, wie wir weiter privat gemachte Schulden verstaatlichen, einfach nicht mehr stattfinden.

Gegen die Alternativlosigkeit

Die Diskussion, die wir aufbringen müssen, ist das Trennbankensystem. Ich kann einmal eine persönliche Erfahrung erzählen: Bei einem Treffen, das ich zusammen mit einem Kollegen mit jemandem hatte, der eine wichtige Funktion im Deutschen Bundestag innehat, fiel gar nicht das Wort Alternativlosigkeit, sondern es hieß lediglich: „Wir haben keine Lösung, wir haben kein Konzept.“ So kann man Alternativlosigkeit natürlich auch nennen.

Das heißt, es gibt zweifellos eine Offenheit für das, was wir zu sagen haben. Man sieht das auch z.B. daran, wie sich so langsam bestimmte politische Kräfte in Deutschland mit der Idee anfreunden, daß die grüne Partei und die grüne Bewegung an sich ein Problem sind. Man fängt an, die Grünen die „Dagegen-Partei“ zu nennen, die überall dort auftaucht, wo etwas passiert und sagt: „Nein, Schluß damit, wir sind dagegen“ - ganz egal, ob sie das vorher mitbestimmt und mitbeschlossen haben, damit haben sie moralisch kein Problem.

Der zweite Kracher, und dafür ist der Angelides-Report auch toll, ist die Frage des „Verdachtsmoments“. Als wir nämlich in besagter Diskussion im Bundestag die Frage aufbrachten, ob man nicht eine Pecora-Kommission einsetzen sollte, um zu untersuchen, wie es zu dem Finanzkollaps gekommen ist, war die Antwort: „Aber wir können doch jetzt nicht einfach die Staatsanwälte in die Banken schicken, es gibt ja kein Verdachtsmoment.“ So so!

Wir sind gerade dabei, einen Katalog zusammenzustellen, um den Leuten alle diese „Verdachtsmomente“ präsentieren zu können. Der erste Fall, den wir diskutiert haben, ist natürlich Griechenland und die Rolle, die Goldman Sachs dabei gespielt hat. Goldman Sachs hat Griechenland nicht nur dabei zu beraten, wie man durch „kreative Buchführung“ - sprich: Bilanzfälschung, sprich Betrug - in den Euro reinkommt, sondern dieses Schauspiel wurde vierteljährlich wiederholt. Bei jeder neuen Prüfung waren sie da, die Berater von Goldman Sachs mit ihren Dreiteilern, und haben den Leuten gezeigt, wie man das Geld mal kurzfristig auf Konten auslagert, und dann wieder zurückbringt. Das wäre einer der Fälle, den man mindestens nennen sollte.

Nach allem, was wir heute schon gehört haben, muß ich noch einmal feststellen: Wir repräsentieren hier und heute eigentlich eine völlig andere Welt. Denn wie Frau Merkel führt auch Obama eine Sprache - bzw. der Teleprompter führt eine Sprache -, bei der es nur um „Wettbewerb“ und „Märkte“ geht. „Märkte“, das ist ein ganz phantastisches Ding, denn kein Schwein weiß, was das eigentlich ist. Man müsse sich Geld an den „Märkten“ leihen. Ja, wo geht man denn da eigentlich hin, wo ist dieser „Markt“?

Das sind alle leere Worte, und ich unterstütze den Aufruf, daß Sie sich alle mit unserem Buch [„Das Geheimnis der Wirtschaft“] ausstatten, denn einige der Schriften darin, ganz besonders die von Kardorff, werfen ein sehr gutes Licht darauf, daß die ganze Freihandelstheorie im Grunde nur eine Ideologie ist. Sie ist eine Glaubenslehre, die mit Wirtschaft nichts zu tun hat, sie ist eine Glaubenslehre, die uns blöd machen soll. Leider ist es beim Menschen so, daß er das, was er im Kopf hat, meistens auch außerhalb seiner selbst wahrnimmt. Wenn er dann nur Schrott in der Birne hat, weil er das an der Universität so gelernt hat, kann er leider auch selten etwas anderes sehen.

Die Menschenwürde ist unantastbar

Es gibt aber Ausnahmen. Und mit einer dieser Ausnahmen möchte ich Sie kurz bekannt machen. Es geht hierbei um einen ehemaligen amerikanischen Sklaven, Frederick Douglass.

Douglass ist eine bemerkenswerte Person, die einen, wenn man sie kennenlernt, sehr bereichern kann. Er ist als Sklave aufgewachsen und hat genau das erlebt, was alle anderen auch erlebt haben. Es war den Sklaven verboten, lesen oder schreiben zu lernen.

Bei Douglass hat es gewissermaßen einen „Unfall“ gegeben, denn als etwa Sieben- oder Achtjähriger kam er in einen zumindest nominell christlichen Haushalt, wo er sich um ein kleines Kind kümmern mußte. Die Frau hatte, als sie ihrem eigenen Sohn das Alphabet beibrachte, den kleinen Douglass immer dabei gehabt - das war für sie ganz normal. Der lernte es einfach mit, das machte ihm Spaß, und er saugte wie jedes andere Kind das ganze Wissen in sich auf und freute sich, wenn er etwas erreicht hatte. Bis zu dem Tag, wo dem Ehemann klar wurde, was da passierte. In Anwesenheit von Frederick Douglass hielt er seiner Frau eine Standpauke und sagte ihr: „Du bringst dem Neger hier nicht das Lesen bei, denn dadurch machst du ihn für den Rest seines Lebens ,unfit’, Sklave zu sein.“

Für Douglass war das der Wendepunkt: „In dem Moment war mir absolut klar, was ich machen mußte, um da herauszukommen.” Und er beschreibt, was ihm passierte, als er das Alphabet lernte. Er ließ sich von anderen Kindern helfen, die er auf seinen Botengängen traf, und kam dabei in den Besitz eines kleinen Büchleins mit Reden. Darin war u.a. eine Rede von einem gewissen Sheridan, einem irischen Amerikaner, gegen die Sklaverei.

Je mehr er das gelesen habe, sagte Douglass, je mehr er das in sich aufgesogen habe, habe er durch Nachfragen gewisse Worte verstehen gelernt, und um so mehr Licht kam in seinen Geist. Denn plötzlich konnte er Gedanken, die schon in seiner Seele waren, in Worte fassen, die ansonsten vorbeigehuscht und wie flüchtige Schatten nie greifbar gewesen wären.

Später, als alter Mann, sagte er, daß das Schlimmste an der Sklaverei nicht die Ketten sind, nicht die Peitschen, nicht die Vergewaltigungen und nicht die Morde. Das sind alles Schrecklichkeiten, aber das schlimmste an der Sklaverei ist die permanente Dunkelheit, in der der menschliche Geist gehalten wird. Er sagt, es war so finster im eigenen Geist, daß man nicht einmal eine Vorstellung davon hatte, was man eigentlich ist.

Wenn man sich unsere heutige Jugendkultur anschaut, so ist das genau dasselbe - ohne Ketten, ohne Peitschen, und die Leute bezahlen auch noch elend viel Geld dafür. Sie bezahlen elend viel Geld dafür, in Clubs herumzuhängen, wo es so laut ist, daß man sich nicht mehr unterhalten kann, daß man mit gedröhntem Schädel nach Hause geht, sich aufgrund des ganzen Alkohols, der Drogen usw. an das wenigste erinnern kann, und das wird auch noch gefeiert.

Den Schritt, den Douglass gemacht hat, müssen heute noch so einige machen, und wir sind eine gute Adresse, um das in Gang zu setzen, damit irgendwo wieder Licht in die Köpfe der Leute hineinkommt.

Das hat keine direkte praktische Bewandtnis, sondern eher eine unpraktische. Denn in dem Zusammenhang kann man nicht die Frage beantworten: „Was soll ich jetzt genau konkret tun?“ Es geht vielmehr um den Grundsatz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und dieses Dunkel zu beseitigen, ist ein ganz wichtiger Teil davon.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Auf der einen Seite werden in unserer Gesellschaft bestimmte Werte gepredigt werden - und ich sage in dem Fall bewußt „gepredigt“, weil es ein Problem ist, wenn man Menschen Dinge zu vermitteln versucht und nicht sagen kann, warum sie so sein sollen. Ein ganz tolles Wort bei uns ist ja das Wort „Toleranz“. Wir sollen tolerant sein gegenüber Andersdenkenden, wir sollen tolerant sein gegenüber Ausländern, gegenüber Frauen - alles Sachen, die absolut richtig sind. Aber gleichzeitig kriegen wir durch das Fernsehen, durch die politischen Parteien, durch den „main stream“ der sogenannten allgemeinen Meinung eine Ideologie beigebracht, daß nicht irgendeine Menschengruppe als solche, also nicht die Schwarzen, nicht die Frauen, nicht die Schwulen, nicht die Behinderten usw., sondern der Mensch an sich eine Krankheit und ein Bakterium sei.

Wie pervers ist denn das, wenn man so eine Meinung über den Menschen an sich haben darf, wenn man sagen darf, der Mensch ist eine Krankheit, die den Planeten kaputt macht, und es sei besser, wenn wir die Menschheit reduzieren? Gleichzeitig soll man aber vor allen diesen Menschengruppen Respekt haben - das geht auf keine Kuhhaut, was da gemacht wird.

All das läßt sich aber durchschauen, und mit ein wenig Unterstützung von einem Ehrenbürger Berlins läßt sich daraus tatsächlich ein Ausweg finden. Dieser Ehrenbürger ist Moses Mendelssohn - der große Moses Mendelssohn, der hier in Berlin gelebt hat.

Er hat in einer seiner Schriften, dem Phaedon, einen ganz, ganz wichtigen Hinweis gegeben. Er hat diesen Dialog Platons erst übersetzt, dann aber festgestellt, übersetzen reicht nicht, man muß ihn dem Publikum des 18. Jahrhunderts etwas anders näherbringen.

Mitten in der Diskussion sagt er nämlich in der Person des Sokrates: Liebe Leute, wir dürfen nicht Vernunfthasser werden. Als er gefragt wird, was er damit meine, sagt er: Jeder kennt das ja; man setzt Vertrauen in einen bestimmten Menschen, und wird in irgendeiner Weise enttäuscht. Das passiert vielleicht zwei oder drei Mal. Ganz oft ist es dann so, daß diese wenigen persönlichen Enttäuschungen dafür sorgen, daß man das auf die ganze Menschheit überträgt und sagt: „Dem Menschen an sich kann man nicht vertrauen. Der Mensch an sich ist unehrlich, der Mensch an sich ist schlecht usw.“

Das ist natürlich ein Riesenfehler, denn man kann Pech haben, aber dreimal daneben heißt nicht, daß es das vierte Mal auch so ist.

Mit der Vernunft ist es genauso. Wenn man einen Schluß gezogen hat und feststellt, der war falsch - das ist keine große Sache. Das kann auch dreimal passieren. Das heißt aber nicht, daß man nichts wissen kann.

Frau Zepp-LaRouche hat oft davon gesprochen, wie sie damit umgegangen ist, als der Kommunismus untergegangen ist. Sie sagte: Wenn man dem bankrotten Ostsystem das bankrotte Westsystem überstülpt, werde das zu einem noch viel größeren Kollaps führen. In diesem Kollaps sind wir jetzt mittendrin, aber die Tatsache, daß das passiert und daß Dinge, die man mit Vorbehalt oder vielleicht sogar für vollauf richtig gehalten hat, jetzt zusammenbrechen, heißt natürlich nicht, daß es nicht möglich wäre, eine Friedensordnung aufzubauen. Das heißt auch nicht, daß es nicht möglich wäre, die Menschheit zu entwickeln. Im Gegenteil.

Aber man braucht die Freiheit, um die kreativen Durchbrüche zu machen, die einem dabei helfen, die Dinge konzeptionell im Kopf klarzukriegen. Denn sobald der eigene Geist gewissermaßen in sich ruht, weil man ein Konzept kennt, weil man eine Lösung hat, dann kann man ganz anders ins Leben eintreten.

Das Beispiel mit dem Geld haben wir, glaube ich, zur Genüge diskutiert, aber eine andere Frage ist im Zusammenhang mit der Kultur auch ganz wichtig, und das ist die Unsterblichkeit. Nichts, was uns hier als Bürgerrechtsbewegung Solidarität, als Mitglieder, als Gäste, gerade bewegt, sind Sachen, die unser eigenes unmittelbares Leben betreffen, das in einigen Fällen vielleicht erst vor 20 Jahren, in einigen Fällen aber schon viel, viel früher angefangen hat. Der Kampf, den wir aufnehmen, das Ringen für eine Welt, in der der Mensch die Freiheit hat, kreativ sein zu können, ist viel, viel älter. Das ist eine der Fesseln, die nicht so gut sichtbar sind. Aber wenn man sie erkannt hat, kann man sie auch abschütteln - diese Fesseln, eingesperrt zu sein zwischen der eigenen Geburt und dem eigenen Tod, die einen automatisch dazu bringen, zum Pragmatismus überzugehen: „Was kann ich denn jetzt wirklich erreichen - konkret, konkret!“ - Sobald man diesen Schritt geht, hat man in der jetzigen Welt verloren. Das ist leider so.

Das Gute wiederum ist: Man kann sich an etwas anschließen. Schiller hat das sehr schön formuliert. Man kann Teil von etwas zu werden, wo die wahre Unsterblichkeit zu finden ist, wo die Tat, die man tut, weitereilt, wenn auch vielleicht der Name ihres Täters hinter ihr zurückbleibt. Eine Welt ohne Oligarchie: da wollen wir eigentlich hin. Denn diese ist der große Block, der uns im Weg steht. Dann ist der Weg frei, den Mond zu kolonisieren und die Welt so zu entdecken, wie wir sie als Menschen eigentlich entdecken können.

Überlegen Sie sich einmal, wir würden hier vor 100 Jahren sitzen, oder sogar vor 200 Jahren, das ist noch besser. Wie erklärt man einem damaligen Menschen Elektrizität? Wie erklärt man ihm Magnetbahnen, Flugzeuge oder Raketen? Es gab für ihn damals keinen Begriff dafür.

Ich kann mich nur vollkommen dem anschließen, was Frau Zepp-LaRouche vorhin gesagt hat: Die Idee, daß wir bereits alles entdeckt hätten, ist absurd, absolut absurd. Das Universum ist gigantisch - soviel wissen wir zumindest davon, es ist gigantisch groß. Und wir haben nur den allerwinzigkleinsten Teil bis jetzt entdeckt. Es gibt auch Dinge auf dem Grund des Ozeans, die wir nicht kennen. Da gibt es noch jede Menge zu entdecken. Deswegen sollten wir über die Kampagne, die wir jetzt gemeinsam anfangen, nicht als eine praktische Sache nachdenken, sondern als eine höchst „unpraktische“, denn alles, was praktisch ist, hat sich doch in der letzten Zeit als gescheitert erwiesen.

Unpraktisch wäre, wenn wir den Spieß umkehren, uns konzentrieren und sagen: Wir können gemeinsam mit dem Wahlkampf in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg, gemeinsam mit den sechs Kongreßkandidaten in den Vereinigten Staaten - die übrigens auch ihre Grüße übermitteln - etwas ganz anderes auf die Tagesordnung setzen. Die Vorschläge, die wir bereits in der Vergangenheit gemacht haben, geben uns das Gewicht und auch die Ruhe und Zuversicht, daß wir Frau Merkel und der deutschen Regierung sofort zur Seite stehen können, wenn sie sich entscheiden - mit den Konzepten Glass-Steagall, mit dem Kreditsystem und dem Programm für den Wiederaufbau. Die Lösungen sind da; das einzige, was wir jetzt brauchen, ist neben guten Konzepten ein bißchen Geduld - wenn auch nicht wahnsinnig viel -, aber ansonsten die Ruhe und Zuversicht, die sich aus großen Ideen ergeben.

Vielen Dank.