|
|
Kurzkommentar
Es ist eine gute Nachricht für Deutschland, daß bei dem Referendum in Baden-Württemberg über den Ausbau des Hauptbahnhofs in Stuttgart, das Projekt S21, die Mehrheit der Bürger den Grünen eine herbe Niederlage bereitete. Die grüne Partei und die radikalen Umweltschützer allgemein organisieren seit 14 Monaten Proteste und Gewaltakte gegen den Bau. Das Resultat der Volksabstimmung ist eindeutig: 58,8% waren dafür, nur 41,2% dagegen. Sogar in Stuttgart selbst, einer Hochburg der grünen Obstruktionspolitik, waren 52,9% dafür und 47,1% dagegen.
Das ist ein bedeutender Rückschlag für die Grünen, in der Stadt und im Ländle, wo sie im März nach der Hysterie um den Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima die Landtagswahl gewonnen hatten, aber auch für ihre bundesweiten Ambitionen.
Das Ergebnis ist begrüßenswert, doch nun sollten die Bürger, die in dieser Einzelfrage die Grünen besiegt haben, sich auch in anderen Fragen engagieren. Denn bei einem Referendum abzustimmen, ist eine Sache; eine ganz andere ist die konstruktive politische Intervention des einzelnen Bürgers bei den wirklich drängenden Fragen unserer Zeit.
Die Auseinandersetzung um S21, die im wesentlichen von interessierter Seite angestoßen war (wir berichteten darüber) und hauptsächlich von den inzwischen sprichwörtlich gewordenen „Wutbürgern“ getragen wurde, war in erster Linie ein Ablenkungsmanöver, das der immer unzufriedener werdenden Bevölkerung den Blick auf das Wesentliche verstellte.
Die Fokussierung auf dieses Einzelprojekt nahm dieser nämlich die Möglichkeit, den Überblick über das politische Geschehen zu behalten bzw. zu gewinnen. Bei Themen wie der Bankenrettungspolitik, einem Referendum über den Ausstieg aus dem Euro oder der weltweiten Kriegsdynamik, die alle eng miteinander zusammenhängen, ist der Durchblick des Bürgers gefragt; und nur vor dem Hintergrund einer wirklichen Lösung dieser strategischen Hauptthemen ist eine vernünftige Bewertung von Projekten wie S21 möglich und sinnvoll.
Wenn es uns nicht in kürzester Zeit gelingt, einen Ausweg aus den Tag für Tag weiter zunehmenden Spannungen im Nahen und Mittleren Osten zu finden, indem wir endlich eine Lösung der Weltfinanzkrise anstreben, statt die Geldschleusen immer weiter zu öffnen, wird die Diskussion um S21 schon bald irrelevant geworden sein. Umgekehrt ist aber bei einer dringend notwendigen Neuausrichtung der Weltwirtschaft mit konkreten Fortschrittszielen für die nächsten Generationen auf dem gesamten Globus (und darüber hinaus) auch dem eher fantasielosen Gegenwartsmenschen der Sinn eines Infrastrukturprogramms zur Produktivitätssteigerung der Volkswirtschaft als ganzer vermittelbar. Und um nichts anderes handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21.
Daß allerdings Wolfgang Schuster, der Oberbürgermeister von Stuttgart, als Quintessenz aus der ganzen Debatte und dem Referendum über S21 feststellte, daß die Politik daraus lernen sollte, die Bevölkerung zukünftig bei derartigen Entscheidungen von vornherein einzubinden, ist sicherlich begrüßenswert.
Christoph Mohs, Landesvorsitzender BüSo Baden-Württemberg